Mittwoch, 30. Juni 2010

Tipps für Warmduscher

Der Garten als Oase - dieser Begriff ist so vielzitiert wie überstrapaziert, aber in diesen Wochen stimmt er dann doch. Er ist keine Wellnessoase, dazu ist es mir viel zu heiß. Eher schon eine Fitnessoase, denn fit wird man zwar schon vom vielen Gießkannenschleppen, aber Spaß macht das nicht. Die ersten Tage sind ja noch ganz anregend, bei der abendlichen Wasserstandskontrolle seine Schützlinge ganz genau zu beobachten und allen wenigstens einen flüchtigen Blick zu gönnen. Spätestens nach einer Woche verliert der Anblick von unter sengender Sonne welkenden Wicken und siechendem Sonnenhut schon ein wenig seinen Reiz, nach zwei Wochen feuert man jede Gewitterwolke einzeln an sich zu erleichtern, nach dreien überlegt man, ob Auswandern in die mit Niederschlägen gesegneten Niederlande eine Option wäre (was ein Tuin ist, weiß man immerhin schon, und davon verstehen die Niederländer was).
Rund um den Garten verbrannte Erde, versucht man, gerade eben dies im eigenen Reich mit allen Mitteln zu verhindern - die Bezeichnung Oase fällt einem wieder ein und wie zutreffend sie doch ist in diesen Tagen.



Eine Regentonne ist natürlich Pflicht, aber es ist wie früher mit dem Taschengeld: Man muss sparsam sein und kann nicht mehr ausgeben als da ist, und irgendwann ist alles verplempert. Zum Glück gibt es Kredit in Form eines Brunnens - hier kann man sich Wasser pumpen, im ganz wörtlichen Sinn.
Das geht auf Kosten des Grundwassers - ob das Anzapfen dieser Vorräte ihm auf Dauer gut tut, darüber bin ich mir irgendwie nicht ganz sicher.

Leitungswasser ist dagegen eine scheinbar unerschöpfliche Resource, aber es hat auch seinen Preis.
Sparen lässt sich hier mit einem separaten Wasserzähler für den Garten, dabei entfallen immerhin die Abwassergebühren.
Trotz allem hat sich jemand sehr viel Mühe damit gemacht, dieses Wasser aufzubereiten und Energie hineingesteckt, es uns in Trinkqualität ins Haus zu liefern. Eigentlich ist es also viel zu schade für den Garten.


Warum also nicht das nutzen, was sowieso im Ausguss landen würde?
Beim Gemüse- und Obstwaschen kann man das Leitungswasser einfach in einer Schüssel auffangen, das reicht dann schon mal für ein paar Blumenkübel.
Wer gerne Blattsalate isst, schafft es womöglich, der ganzen Terrassenbepflanzung damit den Tag zu retten.

Für Warmduscher habe ich einen ganz besonderen Tipp, bei dem sich diese oft belächelte Randgruppe der Gesellschaft (ich gehöre auch dazu) einmal so richtig nützlich vorkommen kann: Solange noch so ganz fies kaltes Wasser aus der Dusche rinnt, einfach die Gießkanne unter die Brause halten, bis die richtige Verwöhntemperatur erreicht ist.
Je nach Art der Warmwasserbereitung kann man dabei schon ordentlich kostbares Nass ernten - Kostenfaktor gleich Null. Nur kalt duschen ist billiger, aber das können ruhig die anderen machen.
Die Ausbeute sollte dann am besten Zeit haben, sich auf Außentemperatur zu erwärmen, denn Pflanzen sind auch bekennende Warmduscher.


Gegen die momentane Trockenheit im Garten kann man allerdings nur schwerlich anduschen. Mein Rasen ist schon letzte Woche rasend schnell ganz braun geworden und raschelt wehleidig bei jedem Schritt. Aber der bekrabbelt sich schon wieder, sieht nur unschön aus - die Oase ist eben doch nicht perfekt.
Allerdings - meine Stauden will ich nicht welken lassen, das kann ich dann doch nicht mit ansehen.
Also hoffe ich weiterhin auf Regen in den nächsten Tagen, damit die Regentonne wieder aufgefüllt wird und ich mich zur Abwechslung auch mal einen Abend entspannen kann.
In dem Sinne: Viele Grüße aus der Sahelzone von NRW. Ich geh dann mal duschen.

Mittwoch, 23. Juni 2010

Tauschobjekt der Begierde

Und ich dachte, auf einer Pflanzentauschbörse könnte man höchstens Maiglöckchen gegen Goldfelberich tauschen. Oder Echten gegen Falschen Mehltau, je nach Großwetterlage. Ich hätte mich nicht mehr irren können...
Ich war im September zum ersten Mal auf unserer hiesigen Veranstaltung bei wunderschönem Herbstwetter, im Gepäck überzählige Goldlauch-Zwiebeln, Walderdbeeren und Wiesenstorchschnabel - alles staatlich geprüfte Wucherer.
Fachsimpeleien, Tee und Kekse gab es gratis. Was dagegen dort gar nicht gern gesehen wurde, waren Leute, die mit leeren Händen kommen, noch nicht mal Kekse mitbringen und sich ihre Gartengrundausstattung erschleichen wollen.

Weil ich früh dort war, konnte ich mir gleich ein (karmesinrotes) Sahnehäubchen ertauschen - einen Ausläufer von Rose de Resht, der sagenumwobenen persischen Rose, die erst in den 40er Jahren des letzten Jahrhunderts nach Europa kam, aber trotzdem oft zu den historischen Rosen gestellt wird.
Meistens wird sie den Damaszener-Rosen zugeschlagen, Herr Austin sieht sie dagegen lieber bei den Portlandrosen.
Macht aber nichts - in den Portland-Rosen fließt Damaszener-Blut. Irgendwie sind die alten Rosen ja alle um drei Ecken verschwägert.
Sie ist öfterblühend, zierlich und sensationell duftend - perfekt für kleine Gärten.
Nicht-veredelte Rosen, die auf eigenen Wurzeln stehen, teilen sich eine Eigenschaft mit den Wildrosen: Sie bilden Ausläufer. Das trifft man oft bei historischen Rosen an, dadurch sind sie sogar langlebiger als gepfropfte Sorten.
Es gibt keine Unterlage, die Wildlinge treiben könnte, und die Ausläufer kann man weiterverschenken, wenn sie lästig werden.

Die Platzfrage war zuhause schnell geklärt: Die Pendulina-Rose im Vorgarten musste weichen - ich hatte sie sowieso schon dreifach gepflanzt. Tat mir zwar leid, aber was tut man nicht alles für eine Persische Prinzessin. Manchnal muss man eben hart sein. Weil ihre Hoheit so klein bleibt, kann sie den Vorgarten auch nicht dominieren - was ihre Vorgängerin schon in einer Saison geschafft hatte.

Dieses Jahr blüht der Zwerg schon! Kleine, stark gefüllte Blüten:



Damit ich ihren Duft genießen kann, ohne vor ihr nieder zu knien, mich waghalsig halb über das Beet zu beugen und mich somit zum Gespött der Nachbarn zu machen (ich unternehme diese akrobatischen Verrenkungen nur, wenn keiner zuschaut!), muss Madame allerdings noch wachsen, damit mir diese Peinlichkeiten in Zukunft erspart bleiben.
Aber wenn man schon so eine Berühmtheit im Vorgarten beherbergt, deren Duft einer der besten sein soll, den die Rosenwelt zu bieten hat, macht man sich doch gerne auch mal zum Affen.

Dienstag, 22. Juni 2010

Wolliger Wonneproppen

Ich glaube, es gibt keinen Ziest, den ich nicht mag. Zumindest ist mir noch keiner untergekommen.
Selbst der etwas eigen riechende Waldziest (Stachys sylvatica), der in einem ebay-Paket zu mir kam - als Dreingabe zum Echten Herzgespann (Leonurus), auf das ich es eigentlich abgesehen hatte, um Wollbienen anzulocken - hat seinen ganz eigenen Charme, wenn man ihm erstmal näher kommt. Die Blätter sehen aus wie Brennnesseln, aber statt einem Brennen gibt es nur diesen etwas widerlichen Geruch, wenn man die Blätter zerreibt.
Seine dunkelroten Blüten sind ganz fein weiß gezeichnet und aus der Nähe betrachtet wunderschön. Wollbienen zieht er ebenso an wie das Herzgespann:


Der Waldziest ist immer für eine Überraschung gut - verbreitet sich durch Ausläufer, so dass er jedes Jahr an ganz neuen Stellen wieder auftaucht. Entgegen seinem Namen sogar an sonnigen Stellen, wo er allerdings oft etwas mickrig bleibt.

Ausläufer macht auch sein silbriger Verwandter, der Wollziest (Stachys byzantina). Er vermehrt sich so gut, dass man Glück haben kann und ihn geschenkt bekommt.
Ich habe ihn dummerweise vor ein paar Jahren gekauft und ich könnte schwören, dass auf dem Etikett eine blühende Pflanze abgebildet war.
 

Trotzdem wurde nicht geblüht. Er hatte wohl das Etikett nie gesehen. Jahrelang kroch er so vor sich hin, begnügte sich mit seinem Dasein als Bodenpersonal, ohne sich auch nur einmal zu seiner vollen Schönheit mit rosa-weißem Blütenstand zu erheben.



Man kann ihn tatsächlich als reinen, blühunwilligen Bodendecker zur Beetabgrenzung an sonnigen Stellen kaufen, es handelt sich dann um die Sorte "Silver carpet". Ich wollte aber keinen silbernen Teppich, sondern einen fliegenden - grau schimmernde, wie aus Watte gewebte Blütenkerzen sollten es sein, die Bienen anlocken und in der Abendsonne glitzern.
Zum Glück hatte meine Mutter genau so ein Exemplar, das sich Quadratmeter um Quadratmeter ihres Vorgartens einverleibte und unermüdlich blühte. Natürlich hat sie mir ein paar Triebe abgestochen, Mütter machen so etwas gerne.
Meine Beute habe ich an genau dieselbe Stelle gepflanzt, wo der Blühmuffel stand, und siehe da: Jetzt wird geblüht!


Ja, so hatte ich mir das vorgestellt: Silberne Raketen hinter Frauenmantelwolken!
Der Steppensalbei steht ihm dabei außerordentlich gut:



Wollziest spart aber nicht nur bei der Anschaffung Geld! Mit seinem dichten Pelz ist er Meister im Wassersparen und auch ansonsten Kummer gewohnt. Einen nahrhaften Boden braucht er nicht, die jährliche Ladung Kompost, die ich allen Beeten gönne, erträgt er aber trotzdem.
Schnecken scheinen den pelzigen Belag auf der Zunge auch nicht zu mögen.

Außer in schattige Gärten passt der wollige Wonneproppen überall hin!

Samstag, 19. Juni 2010

Erdkunde

Torffreie Blumenerde ist manchmal schwieriger zu finden als Spekulatius im Juni.
Wenn ich in den Baumärkten keine sehe, frage ich nach. Zum einen, weil ich Tomaten auf den Augen haben könnte, zum anderen, um meinen Bedarf anzukündigen. Oft genug muss man sich dann allerdings anhören, ohne Torf geht es doch nicht, die Pflanzen wachsen nur in Torf, Torf gibt es doch genug und ist so billig, usw. usw.
Dabei ist Torf zwar wirklich unglaublich billig (weil z.B. in Lettland noch riesige Moorflächen existieren, während Moore bei uns schon ein seltener Lebensraum sind - Torfstecherei sei Dank), auf der anderen Seite aber auch unglaublich nährstoffarm. Ohne Zusätze wächst darin kaum etwas. Der pH-Wert ist im sauren Bereich, außerdem neigt Torf dazu, Wasser zu speichern und dann erstmal für sich zu behalten - die Pflanze muss darben. Ist er dann erstmal so richtig trockengefallen, kann man ihn nur schwer zur erneuten Aufnahme von Wasser überreden. Die Pflanze muss wieder darben.
Es ist ein weit verbreiterer Irrtum, dass Rhododendron und Azaleen nur durch Wagenladungen voll Torf am Leben erhalten werden können. Sauren Boden erreicht man genausogut mit einer Packung Rindenmulch (Mulchen danken Rhododendren als Waldpflanzen sowieso) oder Laubstreu von Eiche oder anderen Bäumen mit eher saurem Laub.

Warum ist das Zeug also so beliebt? Ein 20-Liter Sack Blumenerde, dem der Torf zu den Ohren wieder herauskommt, kostet so um einen Euro - dann aber inklusive einem ganzen Zoo an Trauermücken.
Torf ist eben leider immer noch zu billig.
Eine Eigenschaft, die torffreie Blumenerde nicht mitbringt. Aber egal - weil ich meine Begegnung mit Ziegenmelkern im Uchter Moor an einem warmen Sommerabend nie vergessen werde, bezahl ich bis zu einer gewissen Schmerzgrenze alles.
Das eigentliche Problem ist, dass torffreie Blumenerde im Handel so selten zu finden ist wie Moore in der Landschaft.
Zugegeben, diese handlichen Briketts aus Kokosfasern gibt es in der Tat ziemlich oft zu kaufen, allerdings reagierten viele meiner Pflanzen einigermaßen beleidigt auf das Angebot, also musste richtige Erde her.

Dieses Jahr war dann plötzlich alles anders. In fast jedem Baumarkt in meiner Nähe gab es torffreie Blumenerde.

Weil 20-Liter-Säcke so gut auf's Rad passen, habe ich mich nur auf diese Packungsgröße eingelassen.
Hier mein Testbericht:

Floragard torffreie Blumenerde, gefunden bei Hornbach:
Bei aller Liebe, aber 7,49 Euro für 20 Liter waren mir dann doch zu teuer und ich habe mir erlaubt, den Test gleich an dieser Stelle abzubrechen.
Außerdem meint der BUND zu dieser Erde:
"Diese Erde enthält Xylit. Dieser Zusatzstoff ist ein Nebenprodukt beim Braunkohleabbau. Dieser fügt der
Natur genau wie der Torfabbau große Schäden zu."

Plantania Blumenerde torffrei, gefunden bei Obi:
Kostenpunkt: 4,49 Euro
Der 20-Liter-Sack war sehr schwer, was an den vielen unverrotteten hölzernen Bestandteilen liegt.
Meine Pflanzen machen in der Erde einen guten Eindruck, allerdings verhärtet sie sehr stark, wenn sie austrocknet. Das Substrat zeigt nach ein paar Wochen Verpilzung - kein Schimmel, sondern richtige kleine Lamellenpilze. Obwohl es reizvoll erscheint, ein komplettes Zucchini-Pilz-Gericht im selben Topf zu ziehen, ist die Erde aufgrund der Pilzkulturen nicht so gut für die Wohnzimmerfensterbank geeignet. Das könnte Fragen zur häuslichen Hygiene aufwerfen.
Im Hochbeet könnte ich mir das Substrat aber sehr gut vorstellen - der geringe Verrottungsgrad wird Regenwürmer en masse anziehen.

Toom BauMarkt "Schöner Garten" Bio-Blumenerde
20 Liter kosten 3,99 Euro.
Die Erde ist sehr leicht und feinkrümelig, wirkt fast wie Torferde.
Keine groben unverrotteten Bestandteile, also auch keine Pilzzucht.

Verfügbare Nährstoffe:
pH - Wert (CaCl2): 6,5 2
Salzgehalt (H20): 2,0 g/l
Stickstoff N: 200 mg/l
Phosphat P2O6 : 200 mg/l
Kalium K2O: 650 mg/l

Weil das Substrat auf den ersten Blick so einen guten Eindruck machte, habe ich der Erde gleich eine Aussaat anvertraut, mit der ich sonst nie Glück hatte: Basilikum! Das Tütchen war ein Werbegeschenk, wäre also kein großer Verlust gewesen, falls es nicht klappt.
Klappt aber, und zwar völlig problemlos.


Auch meine Tomaten zeigen keine Anzeichen von Schwäche.

Diese Blumenerde ist daher mein Preisleistungssieger.

Und bald gibt es wieder Pesto Genovese!

Mittwoch, 16. Juni 2010

Rosen-Sharing

Kleine und vor allem schmale Gärten können ganz schön schwierig sein. Wenn das Gartenvirus voll zugeschlagen hat, möchte man am liebsten alles auf einmal und möglichst viele schöne Pflanzen auf dem kleinen Raum versammeln. Man wird zum Jäger und Sammler.
Bald platzt der Garten aber doch und es geht wirklich keine Rose mehr hinein.
Platzsparend und preisgünstig ist, wenn man sich mit seinem Nachbarn zusammen tut und die gemeinsame Grenze mit ihm plant.

Von offenen Grenzen halte ich nicht viel, schließlich möchte man sich ja auch weiterhin so gut mit seinem Nachbarn verstehen. Ein bisschen Fachsimpelei und Pflanzentausch über den Gartenzaun sind natürlich super, aber manchmal möchte man doch ein bisschen Rückendeckung haben, wenn die Frisur mal wieder nicht sitzt ("Bad hair day") oder man bei der Nacktscheckenrazzia nicht erwischt werden möchte (für den Fall dass der Nachbar ein echter Tierfreund ohne Ausnahme ist, woraufhin wir ihm die ganze Bagage aber auch gleich zur Adoption überlassen können).

Meine Favoriten für eine gemeinsame Grenze sind - natürlich - Rosen! Große Rosen! Riesige Rosen!

Im Sommer sind sie blickdicht und jeder Eindringling, der über genau den Weg in den Garten will, erwartet entweder Dornröschen auf der anderen Seite und nimmt dafür alle Schmach in Kauf, oder hat eine Ritterrüstung dabei, ansonsten wird er den Garten nur unter Schmerzen erreichen. Rosen machen keine Ausnahme: Auch wenn man nur ihr bestes will, versuchen sie bei jedem arglosen Griff in ihr Astwerk einem die Pulsadern mit ihren Stacheln aufzuschlitzen. Ein Kettenhemd ist mindestens Pflicht.

So richtig perfekt abschirmend bei gleichzeitig unten rum genug Platz für kleinere Mitbewohner sind Kletterrosen. Man muss nur für ein stabiles Rankgerüst sorgen - voll belaubt bei einem Sommersturm wiegt so eine Rose mehr, als man ihrer anmutigen Gestalt zutrauen würde. Das liegt sicher daran, dass sie bis an die Zähne bewaffnet ist.

Bleibt noch die Frage der Farbe. Wenn man rote Rosen partout nicht ausstehen kann, der Nachbar aber gerne Rot sieht, hilft es nicht, das gerne zitierte und so ungemein tröstende Mantra "Eine Rose ist eine Rose ist eine Rose" aufzusagen - die Farbe wird doch auf Dauer ein Dorn im Auge sein.
Pastelltöne passen eigentlich immer zusammen.

Also, Vorhang auf, hier ist unsere Rosengrenze:
Hinten Ilse Krohn Superior (10 Jahre alt), in der Mitte eine meiner Lieblingswildrosen, die chinesische Büschelrose (Rosa multiflora), und ganz vorn Kordes' Rose Moonlight (6 Jahre alt), die sich in der Farbe nicht ganz entscheiden kann und zwischen Rosa und Gelb changiert:


Die kleinblütige Büschelrose und die Moonlight-Rose mit ihren riesigen Blüten bilden einen schönen Gegensatz:



Madame Moonlight ist nicht ganz gefüllt, so dass auch Bienen noch auf ihre Kosten kommen:



Rosa multiflora ist natürlich sowieso bei Insekten beliebt:


Auf der gemeinsamen Grenze kann es übrigens schon mal zu heftigen Eifersuchtsszenen kommen, wenn eine Rose dem Nachbarn mehr Blüten schenkt als ihrem Besitzer. Und das liegt nicht daran, dass man durch besseren Dünger oder gutes Zureden versucht, ihre Hoheit für sich zu gewinnen. Rosen machen eben keine Unterschiede.

Sonntag, 13. Juni 2010

We apologize for any convenience

Ich fahre gerne Zug. Wirklich. Einfach nur dasitzen, aus dem Fenster schauen, lesen oder seinen Gedanken nachhängen. Wenn die Mitreisenden das zulassen und man nicht die ganze Zeit panisch auf die Uhr schaut, weil der ICE wieder mal kurz vor dem Umsteigebahnhof unvermittelt auf offener Strecke anhält und der Anschlusszug wenn man es mal brauchen kann natürlich keine Verspätung hat.
Nirgendwo sonst bekommt man soviel Nervenkitzel geboten (außer vielleicht beim Zahnarzt) inklusive einem umfassenden Fitnessprogramm beim Sprinten zum Anschlussgleis. Wer das Risiko liebt, der sollte einmal versuchen, aus einem hoffnungslos verspäteten Intercity am Berliner Hauptbahnhof Tief kommend einen auf dem obersten Gleis abfahrbereiten ICE nicht zu verpassen (Hoffnungslos verspäteter Intercity ist übrigens eine Tautologie, wie der Weiße Schimmel).
Trotz allem: Ich fahre gerne Zug. Wenn sich der reservierte Sitzplatz nicht gerade samt halbem ICE wegen der Achse des Bösen in der Werkstatt befindet, kann man die Zeit wirklich genießen und erreicht Ziele, die man mit dem Auto auch bei Vollgas und unter Umgehung sämtlicher Verkehrsregeln in derselben Zeit niemals schaffen würde.

Diesmal war Göttingen das Ziel: Die alte Universitätsstadt mit gleich drei botanischen Gärten. Soviel Luxus ist ja an sich schon Verlockung genug.
Der ersten Verlockung musste ich allerdings schon auf dem Marktplatz trotzen: Ein Stand mit Kräutern, Heil- und Duftpflanzen, die man selten leibhaftig vor sich sieht, bzw. von deren Existenz man noch nicht mal ahnen konnte. Der Gärtner erklärte kompetent und freundlich alle seine Schätze und ich war schon versucht, wenigstens die Mohnbrötchenblume (Scrophularia chrysantha) mitzunehmen, aber ich habe doch keinen Platz mehr im Garten. Diese stark behaarte Staude ist völlig winterhart, eine gute Bienenweide und die Blätter duften wirklich verblüffend nach frischgebackenen Brötchen! Wenn es zuhause mal nur zum Toastbrot reicht - diese Pflanze zaubert Sonntagsflair auf den Frühstückstisch.
Ein paar Straßen weiter wurden in einem Buchladen die schönsten historischen Rosen und dazu passende Stauden verkauft, zudem konnte man Rosentorte kosten (lecker!). Zum Glück hilft auch Zugfahren ganz hervorragend gegen den Kaufrausch, sonst müsste ich mir jetzt einen Zweitgarten zulegen.

Die Göttinger scheinen Rosen wirklich zu lieben, das zeigte auch der Spaziergang durch die Innenstadt und schließlich der alte botanische Garten:
Die Anlage ist völlig kostenlos zu besichtigen und schafft es trotzdem, mehrere Gewächshäuser zu unterhalten, darunter ein altes Farnhaus von 1875, das jahrzehntealte Geweihfarne enthält, die vermutlich älter sind als ich. Das Viktoriahaus zeigt wunderschöne Seerosen, die namengebende Victoria cruciana sowie eine Reihe Tillandsien:


Das Wüstenhaus bietet sogar eine besondere Attraktion, nämlich frei lebende, gefräßige Raubtiere (betreten auf eigene Gefahr!): Eine Kolonie des Bienenwolfes, der sich in dem trockenen, warmen Klima wohl fühlt und im Boden seine Nester anlegt:



Der historische Gartenteil enthält einen Rosengarten mit ausschließlich ebensolchen Sorten, eine schöner als die andere. Umgeben von Stauden und anderen Bauerngartenpflanzen wirken sie einfach umwerfend:


Gallica- und Alba-Rosen in mehreren Sorten stehen neben Moosrosen und umrahmen den Mittelpunkt, den ein riesenhaftes Exemplar von Rosa alba "Maxima" (1450) krönt:


Am Nachmittag fing es leider an zu regnen und wir haben die anderen botanischen Gärten nicht mehr anschauen können.

Zurück am Bahnhof erheiterte die Lautsprecherdurchsage anlässlich einer rekordverdächtigen Zugverspätung auf dem Nachbargleis: "We apologize for any convenience". Kein Grund sich zu entschuldigen, Göttingen, wir kommen trotz der vielen Annehmlichkeiten gerne wieder - wenn ich Platz geschaffen habe für die Mohnbrötchenblume.

Freitag, 4. Juni 2010

Holler, die Waldfee

Seit die Gärten immer kleiner werden und der Begriff "Handtuchgarten" bestenfalls gerade mal ein Gästehandtuch umschreibt, hat der Schwarze Holunder (Sambucus nigra), auch Fliederbeere oder Holler genannt, keinen Zutritt mehr. Zumindest nicht mit voller Absicht, wächst er doch schnell zur Größe eines mittleren Werkzeugschuppens heran.
Zum Glück sieht man den weißen Riesen in Feldrainen und Parks noch häufig.
Seine Beeren sind roh nur für Mönchsgrasmücken oder andere fliegende Mägen genießbar und auch sonst als Wildobst eher was für den, der kulinarischen Experimenten aufgeschlossen gegenüber steht.
Und so kommt es, dass die Vögel nach erfolgreicher Verdauung schon mal einen Holunderstrauch im Garten pflanzen, damit sie bald noch mehr leckere Beeren ernten können, wenn da nicht der Kleinstgartenbesitzer Einspruch erheben würde. Meistens landen die Samen unter den Gartensträuchern oder direkt am Zaun, weil Vogel nun mal gerne dort verweilt. Dort keimen die Samen zunächst siegessicher (oft im Niemandsland genau im Zaun) und wachsen unbemerkt, bis man sie doch entdeckt und dann enden sie in den meisten Fällen auf dem Kompost.
Sollte doch jemand Großgrundbesitzer sein oder besonderen Enthusiasmus für den Holler hegen, bekommt er ihn daher von den Vögeln geschenkt. Kaufen muss man nur die besonderen Sorten "Laciniata" (und selbst der wächst bei uns im Park) oder "Black Beauty". Letzterer ist für den Purpurgarten schon ein ordentlicher Hingucker, wenn man dann noch Platz für andere violette Pflanzen hat, aber immerhin zügelt er seinen Wuchs etwas im Vergleich zur grünen Wildform.

Wenn auch die Beeren nicht jedermanns Sache sind, sind die Blüten doch Anlass zu so einigen Küchenexperimenten. Geradezu legendär sind Holunderblütensekt oder Holundersirup.

Und eben jenen habe ich im Selbstversuch getestet:

Das Rezept in Kurzform:
Zutaten:
  • Etwa 20 Holunderblütenrispen
  • 500 g Zucker
  • 1 Liter Wasser
  • 3 Biozitronen (nicht gerade günstig, aber leider nicht in meinem Garten zu finden)
Eine Zitrone in Scheiben schneiden, die anderen entsaften. Blütenrispen von den Stengeln befreien, die Zitronenscheiben dazugeben und mit kochendem Wasser übergießen. Zucker und Zitronensaft unterrühren. Alles 2-3 Tage ziehen lassen, noch mal aufkochen, dann in Flaschen abfiltrieren.



Klingt einfach. Ist es auch. Am Anfang.

Die Blütenrispen zu bekommen ist nicht schwer. Ich habe sie an einem bedeckten, kühlen Morgen gesammelt, dann hat man am wenigsten Beifang in Form von Käfern dabei.
Die Beute dann erstmal draußen ausbreiten, um etwaigen Bewohnern die Chance zur Flucht zu geben.


Dann das Rezept anwenden und ein paar Nächte drüber schlafen.

Und dann geht der Spaß los... Es fängt damit an, dass man diesen altmodischen Kaffeefilterhalter wiederfinden muss, den man seit dem Kauf des zweipersonenhaushaltkompatiblen schicken Standgerätes, das mit Kaffeepads gefüttert wird, nicht mehr gesehen hat. Ok, gefunden, ganz hinten im Schrank oben links, wo man nur noch mit Stuhl hinkommt, war ja klar.
Jetzt den Sud noch mal aufkochen, das Gröbste mit einem Schaumlöffel herausangeln, Flasche bereitstellen, Filterhalter mit Filter obendrauf, und dann Schöpfkelle für Schöpfkelle in den Filter gießen.
Kennt ihr noch das morgendliche Kaffeebrühen von Hand, wo der frische Kaffee so gemütlich langsam in die Kanne tröpfelte? Vergesst das mal schnell wieder - Sirup filtern dauert noch lääääänger.
Und zwar geht das so quälend langsam, dass man nach ein paar Kellen erste Experimente wagt: Bleibt der Filterhalter ohne fremde Hilfe auf der Flasche stehen? Er bleibt. Zum Glück wohnen wir nicht an einer Straße mit Schwerlastverkehr. Alle halbe Stunde kann man mal wieder eine Kelle nachgießen.

Während ich das hier schreibe, läuft gerade die letzte Filterladung durch.
Probiert habe ich schon - lecker ist das falsche Wort - es ist unglaublich köstlich!

Gekühlt mit Mineralwasser oder Prosecco sicher ein Hit.

So, ich geh dann mal nachschauen, ob die Flasche voll und der Filter leer ist.

Dienstag, 1. Juni 2010

Überleben im Gartencenter

Hand auf's Herz: Wer kennt ihn nicht, den Kaufrausch im Gartencenter? Eigentlich wollte man nur gerade mal schnell ein Tütchen Rucola-Samen kaufen, Kostenpunkt noch nicht mal ein Euro. Oder nur mal kurz schauen, wo der Hammer hängt und was er kostet. Oder eine Tüte Blumenerde - ist ja nützlich und man braucht nun mal jetzt neue, sonst kommen die Tomatensämlinge nicht in die Erde und man verpasst das schöne Wetter, das ihnen einen guten Start ermöglichen wird.
Soweit, so gut, alle guten Vorsätze werden noch mal vor Betreten der heiligen Hallen in Erinnerung gerufen.
Aber dann.... Beim Anblick all der schönen getopften Sommerblumen, Raritäten wie panaschiertem Salbei oder Stauden, die man schon immer mal haben wollte, geht einem die Contenance schneller verloren, als man "Rose" sagen kann.

Dann erblickt man zu allem Überfluss auch noch das magische Wort "Reduziert" am nächsten Regal!
Wer kann da schon widerstehen?


Zuhause kommt dann das jähe Erwachen aus dem Gartencenterkoma: Eigentlich hat man doch gar keinen Platz mehr!
Ganz perfide ist das im zeitigen Frühjahr - der Gärtner lechzt sowieso nach Grün und ist dem Kaufrausch noch viel rapider erlegen, aber der Garten liegt noch halb im Winterschlaf und man erblickt überall vermeintlich freie Plätze im Beet! Natürlich passt doch da noch die neu erstandene Christrose hin?
Den Anblick just dieser Stelle im Sommer (der Ausdruck "Grüne Hölle" wäre hier passend) hat man bereits geflissentlich vergessen. Man kann sich nicht alles merken. Schon beim Pflanzen der Staude wird einem dann doch etwas mulmig zumute. Sollte es auch, denn der Tod durch Verschatten lauert im Untergrund - schon in ein paar Wochen wird der Frauenmantel aus der Winterruhe erwacht sein und dem Neuankömmling zeigen, was 'ne Harke, pardon: ein Blatt ist. Alchemilla kennt da keinen Spaß.

Ein paar Tricks gibt es aber doch, wie man den Schaden einigermaßen in Grenzen halten kann:

Tipp 1: Am besten jemanden mitnehmen, der einem ins Gewissen redet. Ehemänner eignen sich ganz hervorragend für diese Aufgabe. Die wollen sowieso eigentlich nur in die Werkzeugabteilung, und das bitte plötzlich. Da haben sie dann ihren ganz eigenen Kaufrausch, aber wenigstens wir sind dann nicht schuld am Kollaps des Bankkontos.

Tipp 2: Mit dem Rad zum Gartencenter/Baumarkt fahren. Ist sowieso gesünder, falls man nicht gerade an einer vierspurigen Straße langradeln muss. Einen Parkplatz findet man sofort, direkt am Eingang. Wenn man sich die Ausmaße von Gepäckträger und Rucksack immer wieder plastisch ins Gedächtnis zurückruft, kann eigentlich nichts mehr schiefgehen. Und nicht mogeln - die Seitenpacktaschen vom letzten Radurlaub bleiben selbstverständlich daheim - man möchte ja schließlich bei der nächsten Tour keine Erdkrümel in der Wäsche haben.
Wird es doch ein bisschen mehr als gedacht, sollte man es sportlich nehmen. Mit dem Auto einkaufen kann ja jeder, aber nichts erfüllt einen so mit Stolz wie der erfolgreiche Tranport eines Sacks Blumenerde auf dem Fahrradgepäckträger! Es geht, ich habe es ausprobiert! 20-Liter-Säcke sind ein Kindergeburtstag.
Alternativ funkioniert der Trick natürlich auch mit Bus&Bahn - da fehlt dann auch noch der Gepäckträger.
Ganz Mutige gehen gleich zu Fuß.
Es sei an dieser Stelle ausdrücklich gewarnt vor Freunden mit Minibussen!

Tipp 3: Wenn der Kaufrausch sich partout nicht vermeiden lassen will, sollte man ihm besser antizyklisch nachgeben. Pflanzen, die gerade frisch und blühend hereingekommen sind, sind erstmal teuer. Werden die Bestände dann langsam reduziert, reduziert sich meistens auch der Preis. Am besten geht das zu fortgeschrittener Jahreszeit - ab Oktober kriegen die Händler Panik und halbieren die Preise von Gehölzen und Stauden, bevor sie am Ende alles wegwerfen müssen.
Ebenso fällt der Preis mit der Anzahl der Blüten. Ist die Blühsaison einer Pflanze vorbei, bekommt man sie fast hinterhergeschmissen. So konnte ich dieses Jahr schon eine Christrose für noch nicht mal 30 Cent statt 2,99 Euro ergattern (was dann geschah, siehe oben)!

Vor allem Tipp 2 funktioniert übrigens ganz besonders gut bei Gartenfestivals jeglicher Couleur!



Man hat eine schöne Radtour und gleichzeitig vermeidet man den Pleitegeier mangels Stauraum.
Es sei denn, die Händler liefern neuerdings auch schon frei Haus, dann hat man den Salat....

Wie man den Kaufrausch im Internet verhindert, steht freilich auf einem anderen Blatt.