Freitag, 24. September 2010

Schneller Brüter

Ein Jahr nach Tag X, dem großen Rasenabstech-Massaker, bei dem einige neue Beete entstanden waren, war irgendwie die Luft raus.
Selbst die anspruchslosen Ringelblumen mickerten nur noch vor sich hin.
Als die neuen Beete gerade frisch von Rasensoden befreit waren, lief alles wie geschmiert - der Boden hatte noch etwas zu bieten für die neue Kundschaft. Aber jetzt fehlte dem Boden was, er taugte nur noch für Unkraut.

Wie hieß es doch so schön: Gut gedüngt ist halb gewachsen.

Aber womit denn? Wie war das doch noch gleich mit dem schwarzen Gold des Gärtners?

Ein Komposter musste her! Und weil es ja schnell gehen sollte, am besten ein Schnellkomposter!
Einen schnellen Brüter mit Turbo-Verrottung. Oben Küchen- und Gartenabfälle rein, unten feinste Erde wieder raus. Geht kinderleicht. Und super schnell. Oder?


Da stand es nun, das grüne Ungetüm. Innen gähnende Leere. Das konnte man ja ändern - immer rein damit, viel hilft viel. Strauchschnitt, was vom Kochen übrigblieb, Staudenschnitt, Blätter, alles wurde dem Komposter feierlich mit großer Geste übergeben. Und weil das Ganze so ein bisschen ist wie Kuchenbacken, kam immer noch eine großzügige Prise Schnellkomposterpulver oberndrauf. Oder zwei. Viel hilft immer noch viel.

Im nächsten Frühjahr wurde das grüne Plastikobjekt voller Vorfreude geöffnet. Die Rettung des Gartenbodens nahte!
Doch statt duftender schwarzer Erde kamen nur alte Bekannte zum Vorschein - und die hatten sich auch kaum verändert, sahen bestenfalls etwas angegammelt aus.
Besonders der Strauchschnitt war frischen Ästen fast wie aus dem Gesicht geschnitten: Irgendwie hatte ich das Schnellkomposterpulver wohl ein wenig überschätzt - die Kompostbakterien für Nagetiere, sprich: Biber, gehalten.

Das Experiment war jedenfalls gründlich daneben gegangen.

Und dann tat ich etwas, bei dem ich erkannte, dass ich endgültig gartenverrückt geworden war: Ich habe mir Kompostwürmer zum Geburtstag gewünscht!

Meine Freunde ließen tatsächlich nichts unversucht, mir diese heißbegehrten Nutztiere zu besorgen.
Zusammen öffneten wir die Komposterklappe und entließen hunderte hungriger Würmer in ihr neues Zuhause.

Wie schön der Inhalt des schnellen Brüters ab jetzt immer zusammensackte! Die Tierchen leisteten ganze Arbeit bei freier Kost und Logis.
Im Frühjahr holte ich meinen ersten richtigen Kompost aus dem grünen Kasten!

Wieder geschah etwas, bei dem ich wusste, dass mich nur noch andere Gartennarren verstehen würden: Ich war so unsagbar stolz auf meinen frisch mit Kompost versorgten Boden, der dazu noch richtig schick und ordentlich aussah mit seiner neuen schwarzen Oberschicht.

Inzwischen habe ich die meisten Tricks raus:
  • Ich weiß jetzt, dass man den Ehering beim Kompostverteilen abnimmt, wenn er nicht wochenlang aussehen soll wie aus einem Kanal gezogen.
  • Ich habe gelernt, dass es rückenschonender ist, wenn man möglichst nicht gerade mit dem schwersten aller Gefäße durch den halben Garten rennt, um das kostbare Gut zu verteilen.
  • Ich habe erfahren müssen, dass kompostierbare Folien von keinem Kompostwurm, der etwas auf sich hält, verdaut werden - man findet sie jedes Jahr in unveränderter Form wieder.
  • Allzu holziger, dicker Strauchschnitt bleibt aus Ermangelung eines Häckslers draußen, denn auch die Kompostwürmer sind keine Nagetiere.
Kompost jedenfalls ist toll - die schönste Erde und preiswerteste Bodenverbesserung, die es gibt! Und alles selbstgemacht!

Dieses Jahr hat mein Komposter sogar einen neuen Bewohner, eine Rötelmaus:


Solange sie meine Nutztiere in Ruhe arbeiten lässt, darf sie natürlich bleiben.

Samstag, 18. September 2010

Mutter und Kind

Auch im Herbst ist es Zeit, dem Bodenpersonal ein bisschen Aufmerksamkeit zu gönnen. Was die Frühlingszwiebeln können, können Herbstkrokus und Herbstzeitlose schon lange.

Eine ganz besondere Kostbarkeit ist das winterharte Herbst-Alpenveilchen (Cyclamen hederifolium), das auch Efeublättriges Alpenveilchen genannt wird - man sieht auch sofort, warum:


Es liegt gern Sträuchern und Bäumen zu Füßen und nimmt auch mit den Schattenseiten des Lebens vorlieb.

Die Blüten erscheinen schon vor dem Laub, das über Sommer einzieht.


In großen Gruppen gepflanzt sehen die kleinen Alpenveilchen einfach umwerfend aus:


Doch wie kommt man überhaupt an so eine große Ansammlung? Die Knollen sind gar nicht billig und zu allem Überfluss kann man auch noch aus Versehen Wildfänge erstehen, da ein Großteil der Alpenveilchen noch in der Natur geräubert wird.
Es wird daher empfohlen, nur kleine Knollen zu kaufen, so kann man noch am ehesten Pflanzen aus Kultur und nicht Natur bekommen. Je größer die Knolle, umso eher fehlt sie irgendwo im Balkan.

Wenn man nur wenige kaufen möchte, braucht man eine Engelsgeduld, bis ein schöner Teppich entsteht.

Allerdings sind uns die Ameisen bei der Vermehrung behilflich, denn sie verschleppen die Samen netterweise überallhin. Nach dem Verblühen wickelt sich der Blütenstiel spiralig auf, bis er schließlich in bequemer Ameisenreichweite am Boden ankommt.

Sind die Ameisen zu faul, keimt der Samen auch schon mal dort, wo er hingewickelt wurde - direkt auf der Mutterknolle. Das finden weder Mutter noch Kind besonders gelungen, aber der winzige Sämling hat im Zweifelsfall doch das Nachsehen.
Man muss auch loslassen können: Auf diese Huckepacksämlinge sollte man auf jeden Fall ein wachsames Auge haben und den Abnabelungsprozess zur Not selbst in die Hand nehmen - wieder ein Alpenveilchen mehr, wenn auch eine Miniaturausgabe!




Hat man die kleinen und großen Cyclamen nun sicher unter der Erde, sollte man sich die Stelle gut merken, und zwar so richtig gut. Dass die Blätter im Sommer einziehen ist zwar einerseits super (muss man ihnen wenigstens nicht über Durststrecken hinweghelfen), andererseits aber kann so eine schlafende Knolle schnell mal einem nervösen Spaten zum Opfer fallen. Bei Narzissen ist das ja schon ein wirklicher Fauxpas, aber bei einem Alpenveilchen, das auch noch die Größe eines mittelprächtigen Kuhfladens einnehmen kann, ist die tödliche Trefferquote natürlich ungleich größer und der Tag ist gelaufen.

Daher lieber in Warnschilder investieren, etwa: "Achtung, Alpenveilchen im Tiefschlaf!".

Wenn die Cyclamen-Kolonie dann mit der Zeit größer und prächtiger wird, hat man alles richtig gemacht.

Damit es ihnen so richtig gut geht, teile ich mit meinen auch noch das Frühstück - sie kriegen die Eierschalen, ich den Rest.
Kalk mögen sie nämlich gerne.
Dann klappt's auch mit dem Wachstum.

Sonntag, 12. September 2010

Die Goldene Hornisse

Er ist der Protagonist in meinem Garten und zugegebenermaßen etwas größenwahnsinnig. Eigentlich sollte es ihn auch überhaupt nicht geben. Ein Danziger Kantapfel sollte es sein, als Schattenbaum und zentrales Element.
Aber da waren wir wohl auch ein bisschen größenwahnsinnig, denn der nette Gärtner in der Bio-Baumschule riet uns energisch davon ab. Ein Danziger Kant im Reihenhausgarten, das passt nicht, dann platzt der Garten.

Eine Süßkirsche auf schwachwachsender Unterlage, das könnte er verantworten uns zu empfehlen.
Aye Sir, wird gemacht, rein in den Einkauskorb.
Und nun? Aus der Traum von der Apfelblüte? Wenigstens einen Zierapfel oder zwei?
"Golden Hornet!", (also die goldene Hornisse) sprach der Gärtner, "der bleibt schmal und bekommt keinen Apfelschorf."
Darf's ein bisschen mehr sein? Aber gerne doch, wir wollten gleich zwei, aus Symmetriegründen.
Der gute Mann packte das winzige Bäumchen am Stämmchen und zog es mit einem einzigen schnellen Ruck aus der Erde. Anabolika? Nein, Sandboden.

Jetzt hatten wir also zwei wurzelnackte Winzlinge - das Stück zu 12,50 Euro - bei denen gerade die Knospen schwollen (es war März).

Schön symmetrisch eingepflanzt in die neu angelegten spitzen Beete im hinteren Gartendrittel harrte man also der Blüte. Die musste nicht im ersten Jahr passieren, hatte der Gärtner gewarnt. Aber es passierte. Zumindest bei dem linken Baum.
Der rechte weigerte sich noch nach Jahren, wurde aber immer breiter, was der linke sich verkniff, der wuchs schön aufrecht und zeigte die typischen goldenen Äpfelchen.


Was auch immer da schieflief, der rechte Baum war irgendwas, aber kein Golden Hornet. Raus musste er schließlich, sonst wäre auch ohne Danziger Kant der Garten geplatzt. Die Symmetrie war dahin, aber was tut man nicht alles für den Nachbarschaftsfrieden...

Obwohl wurzelnackte Bäume eigentlich eine tolle Sache sind, würde ich nach dieser Erfahrung lieber zu Containerware greifen, da kann man den Baum wenigstens in voller Blüte oder mit Frucht sehen. Das ist am Ende billiger und nervenschonender. Teuer sind Zieräpfel ja sowieso nicht, da gibt es extravagantere Gehölze.

Der verbliebene Goldie wuchs und wuchs, nahm dankbar jede Kompostgabe, tolerierte eine Unterpflanzung mit Blumenzwiebeln und war alles in allem eine echte Frohnatur - nie krank, blühte und fruchtete wie ein Uhrwerk und das alles ohne ihm einmal mit der Schere zu kommen.

Apropos Schere: Hört der eigentlich auch mal auf zu wachsen? Auf dem Etikett stand etwas von zwei Metern. Wie niedlich. Im Topf vielleicht. In fetter Gartenerde neigt er zum Größenwahn. Jetzt ist er schon über 4 m und er ist gerade mal 5 Jahre alt. Aber er wird immerhin langsamer, das kann man an den Äpfelchen sehen - alles darüber ist Zuwachs von diesem Jahr.


Die Äpfelchen sind neben der Blüte sowieso der Höhepunkt des Jahres: Jetzt im September kann man ihnen dabei zuschauen, wie sie von Grün nach Gelb wechseln.

Zum Basteln sind sie toll - hier habe ich Fallobst und wurmstichige Exemplare zu einem Kranz auf Draht gezogen:



Zu guter Letzt ist ein Zierapfelbaum übrigens der Joker unter den Äpfeln - sie können jeden anderen "richtigen" Apfelbaum bestäuben - Bienen vorausgesetzt.

Auch wenn sie mir über den Kopf wächst - meine goldene Hornisse möchte ich nicht missen.

Mittwoch, 8. September 2010

Mein blaues Wunder

Ich bin bestimmt kein strenger Gartenpurist, der nur einheimische Gewächse duldet. In meinem Reich tummeln sich Gäste aus Asien, Afrika und Amerika.

Aber manche mitteleuropäischen Pflanzen haben's einfach drauf. Echte Naturtalente gibt es darunter, wie den heimischen Wiesenstorchschnabel (Geranium pratense).

Die nervigen Nacktschnecken hassen ihn, was schon mal ein guter Grund ist, ihn zu lieben.
Dazu von Juli bis September Blüten in Massen in einem malerischen Himmelblau, was will man mehr.




 
Er steht bei mir zwischen Geranium x magnificum und der Kleinstrauchrose mit dem Arbeitstitel Lovely Fairy.
Zur Rose bietet er ein farbliches Kontrastprogramm bei glücklicherweise gleicher Blütezeit:


Geranium x magnificum aber blüht viel eher und auch nicht so ausdauernd wie G. pratense.

Meinen Wiesenstorchschnabel habe ich eigenhändig aus Samen herangezogen (selbstverständlich nicht an Naturstandorten gesammelt) - daher bin ich natürlich besonders stolz auf meinen Zögling, ich bitte, mir das nachzusehen.

Die Aussaat ist ganz leicht - und wenn man sie lässt, macht die Pflanze das von ganz allein.

Die Samenernte allerdings ist schwieriger, als einen Sack Flöhe zu hüten...

Man muss genau den richtigen Zeitpunkt erwischen, sonst sind die Samen auf und davon und keimen bald munter in jeder Pflasterfuge. Versucht man es zu früh, ist der Inhalt noch grün hinter den Ohren, erntet man zu spät, hat das storchschnabel-patentierte Katapultsystem seine Fracht schon meterweit in Nachbars Garten geschleudert. Zurück bleibt nur noch die leere Schleuder:



Dieses Jahr ist es besonders schwierig, an intakte Samen zu kommen, denn die Feuerwanzen sind meistens schneller und hatten ihren Rüssel schon in den Samen, um sie gründlich auszusaugen.

Das Tolle an dem Katapult ist aber, dass man die Staude beruhigt zurückschneiden kann, ohne schlechtes Gewissen, dass man den Vögeln die Nahrung raubt, denn es sind garantiert keine Samen mehr drin - höchstens umherirrende Feuerwanzen und die sehen nicht umsonst aus wie die Feuerwehr - sie schmecken den Vögeln nämlich nicht.

Letztes Jahr konnte ich massenweise Samen ernten (es waren auch keine Wanzen in der Nähe), daher habe ich mich auch einmal als Guerilla-Gärtner versucht und ganze Ladungen in die wilden Parkwiesen verklappt.


Dieses Jahr würde ich gerne mit euch teilen und unterbreite euch ein Tauschangebot:

Ich biete euch Samen vom Wiesenstorchschnabel im Tausch gegen andere Samen, Pflanzen oder was auch immer es euch wert erscheint.
Also: Wer will noch mal, wer hat noch nicht?

Schreibt mir einfach einen Kommentar oder eine Mail mit eurem Angebot.

Samstag, 4. September 2010

Wunderbare Wicken - wunderbare Falter

Im Juli hatte ich bereits von den wunderbaren Wicken geschwärmt - und auch jetzt im September blühen meine Staudenwicken immer noch! Ein echter Dauerbrenner also - mittlerweile sind sie schon auf über zwei Meter Höhe geklettert und die Karriereleiter ist nun zuende, jetzt hängen sie waagerecht auf dem Rosenbogen ab.

Aber finden die Insekten die Langfinger auch genauso toll wie ich? In meinem Garten werden sie von Blattschneiderbienen und Ackerhummeln heiß und innig geliebt.
Neulich bei einem Gartenbesuch bei meinen Eltern entdeckte ich schließlich noch einen glühenden Verehrer von Lathyrus latifolius:

Ein Zitronenfalter segelte durch die Luft und ich schlich schon mal mit der Kamera in Richtung Schmetterlingsflieder, um ihn da abzufangen. Aber na nu - was war das denn? Weg war er, schleunigst nach links abgebogen... Während die Buddleia von zahlreichen Kleinen Füchsen und Admirälen geentert worden war, mied der Zitronenfalter den Strauch wie der Teufel das Weihwasser.


Ein Kostverächter also? Spiel nicht mit den Schmuddelkindern? Immerhin gehören die Schmetterlingsflieder-Fans mit der düsteren Flügelunterseite doch zu den Edelfaltern. Will man sich etwa von den Brennnesselfressern distinguieren? Faulbaum als Nahrung für den Zitronenfalternachwuchs klingt ja nun auch nicht viel vornehmer.
Schließlich fand ich die gelbe Lichtgestalt wieder - an der Staudenwicke!


Der Zitronenfalter hat also auch was die Nahrung des erwachsenen Tieres angeht einen erlesenen Geschmack. Mir soll's recht sein - den gelben Schmetterling mag ich besonders gern, weil er so besonders rätselhaft ist - mit 12 Monaten Lebenserwartung sind sie echte Methusalems und übertreffen damit alle anderen mitteleuropäischen Schmetterlinge. Und noch einen Rekord stellt Gonepteryx rhamni auf - als einziger heimischer Falter überwintert er schutzlos im Geäst von Sträuchern. Kein Wunder also, dass er auch was seine liebsten Nektarpflanzen angeht sich etwas abheben möchte von den anderen flatterhaften Geschöpfen und einen Alleingang wagt.

Zäh sind sie wirklich beide - die Staudenwicke und ihr gelber Gast.

Übrigens: Im Moment sieht man an vielen Gartenzäunen Wicken, die über und über voll hängen mit reifen Schoten, aber kaum noch Blüten zeigen. Da kann man ruhig mal zugreifen und ein Schötchen abzwacken - frei nach dem Motto: Wer die Blüte nicht ehrt, ist die Schote nicht wert!