Freitag, 22. April 2011

Bienen aus der Dose

Der Japanische Staudenknöterich (Fallopia japonica) ist der Satan in Staudengestalt.
Einem Tyrannen gleich zwingt er allem und jedem seine ganz eigene Form der Landschaftsgestaltung auf, nach dem Motto: Du sollst keine andere Staude neben mir haben.


Ehemals artenreiche Gebiete werden von ihm überrollt und in eine Monokultur verwandelt, die ihresgleichen sucht.
Ob Bahndamm oder Bachufer, Parkanlage oder Pausenhof - der vermaledeite Knöterich ist immer da, wenn man ihn nicht braucht.
Soviele Verwünschungen man ihm auch an den Hals wünschen mag, er hört einfach nicht zu. "Wachs doch, wo du herkommst!" (oder auf Ostwestfälisch: "Wachs doch, wo du wech kommst!") ist noch die harmloseste Beschimpfung, die einem bei seinem Anblick so einfällt.
Hilft aber alles nichts. Es wird ein aussichtsloser Krieg gegen ihn geführt, die Waffen sind Aushungern durch immerwährendes Abmähen, Dämpfen, Ausgraben bis hin zu Herbizideinsatz als letztem Akt der Verzweiflung.

Lässt sich denn wirklich gar nichts Gutes über ihn sagen?

Alys Fowler erntet die jungen Triebe wie Spargel und dünstet sie in Olivenöl.


Außerdem soll er als Bienenweide taugen, weshalb er überhaupt erst so eine rasche Verbreitung fand.

Ob die Bienen in meinem Garten auf Knöterich-Blüten fliegen, möchte ich lieber nicht ausprobieren. Stattdessen kann man ihnen etwas anderes angedeihen lassen: Nisthilfen aus Knöterich-Stengeln!

Da die hohlen Triebe im Herbst oberirdisch absterben und vertrocknen, lassen sie sich den ganzen Winter über sammeln. Selbst jetzt kann man noch Stellen finden, an denen junge Triebe neben alten wachsen, wenn die Stadtgärtner noch nicht aufgeräumt haben.

Die Stengel sind spröder als Bambus und brechen leicht, dafür sind sie kostenlos und man kann sie ohne Säge kleinkriegen.
Sie sind immerhin haltbar genug, um sie in Stücke zu schneiden und in eine Nisthilfe für Wildbienen zu verwandeln.
Geschnitten wird immer unterhalb eines Internodiums (der Verdickung im Stengel, die zwei Hohlräume teilt). Das geschlossene Ende kommt nach hinten ins Insektenhotel, das offene nach vorn, damit die Bienen einfliegen können.
Waagerecht und wettergeschützt aufgehängt wird in Kürze die erste Kundschaft erscheinen.

Ich habe mich für eine alte, schon etwas angerostete Kaffeedose entschieden, die passenderweise mit einem Duftveilchendekor aufwartet, um die Bienen restlos zu überzeugen:



Um eine Halteschnur einzufädeln, habe ich die Dose hinten mit dem Dosenöffner bearbeitet, was den schönen Nebeneffekt einer eingebauten Belüftung bietet.

Die erste Mauerbiene hat bereits Quartier bezogen!

Auf diese Art kann man den nervigen Neophyten dann doch noch zu etwas Sinnvollem gebrauchen.

Mittwoch, 20. April 2011

Von Ruhm und Rühmchen

Auf der Wiese
sprach man von den Reisen
der Zuchtrosen
und ihren Preisen.
Da fragte das Gänseblümchen:
"Und wir kommt unsereiner
zu seinem Rühmchen?"

(von Peter T. Schulz aus dem Buch "Der Esel")

Die Frage ist berechtigt, doch immerhin hat es das Gänseblümchen unter seinem botanischen Namen Bellis in diversen Zuchtformen dann ja doch zu einigem Ruhm gebracht. Allein der lateinische Name lässt ja schon auf ein Quäntchen Wertschätzung rückschließen.

Da hat ein anderer schon mehr Grund zum Jammern, nämlich der gute alte Polsterphlox (Phlox subulata).

Während wir andächtig vor seinem großen Vettern, der Hohen Flammenblume (Phlox paniculata), niederknien, ist sein kriechender Verwandter ein wenig aus der Mode gekommen.

So ist das mit Bodendeckern - solange sie ihren Job gut machen, nimmt man sie kaum wahr, und wenn sie kränkeln, fliegen sie raus.
Nicht so Phlox paniculata - dem wird jeder Wunsch von den Blättern abgelesen.

Strauß aus Phlox und Cosmeen

Vielleicht liegt es an seiner Zickigkeit, dass er soviel Ruhm einheimst?
Wird er dieses Jahr blühen? Hat er genug Wasser? Wird er wieder wehleidig mit mehltaugezeichnetem Blattwerk dahinsiechen?
Fragen über Fragen.
Dazu noch eine Vielzahl allzu begehrenswerter Sorten, eine recht späte Blütezeit und der Name Karl Förster - das ist der Stoff, aus dem Helden gemacht werden. Na gut, wenn schon keine Helden (siehe Mehltau), dann wenigstens Legenden.

 Sommerliches Beet mit Hohem Phlox im Botanischen Garten Berlin-Dahlem

Zugegeben - soviel nervenzerfetzende Spannung bietet der Polsterphlox nun nicht gerade.
Erschwerend kommt hinzu, dass er zu einer Zeit blüht, in der die Natur geradezu explodiert und jeder Blüten-Hinz-und-Kunz ihm die Show stiehlt.

Er ist eher der Phlox für's Grobe als der aufsehenerregende Staudenheld.

Braucht nicht viel Wasser und krönt selbst Mauerkronen zuverlässig mit Kaskaden von Blüten, die in einer Vielzahl von Rosatönen aufwarten können oder ganz in edlem Weiß daherkommen (die Sorte White Delight) - allesamt in Form kleiner Spielzeug-Windmühlen.

Diese Sorte, vermutlich Emerald Cushion Blue, blüht jetzt in meinem Garten


Trockene, steinig-magere Böden, sogar eher sandiges Terrain, sind sein Metier. Dort enttäuscht er nicht, solange er genug Sonne bekommt.
Er ist selbst getopft absolut winterhart.

Jeder Zweig, der den Boden berührt, wurzelt an. Jeder Zweig, der abgeschnitten und in Erde gesteckt wird, tut das ebenfalls. So lässt sich der Polsterphlox ganz einfach vermehren.

Warum also zur Anwechslung nicht mal diesem gutmütigen Bodendecker zu mehr Ehre verhelfen?
Er bietet sich geradezu zum Sortentausch an, so unbeschwert lässt er sich vermehren.

Vielleicht kommt er doch noch zu seinem Rühmchen. Verdient hätte er es.

Sonntag, 17. April 2011

Auflösung zum Wimmelbild

Auf vielfachen Wunsch hier mein Rateergebnis zur Pflasterfugen-Pflanzen-Bestimmung:
















Ich musste feststellen, dass die kleineren Storchschnäbel, die man gemeinhin nicht als gartenwürdig erachtet, auf den ersten Blick (und eigentlich auch auf den zweiten) relativ schwer zu bestimmen sind, ebenso wie die Mohnarten, daher hoffe ich, dass Geranium pusillum richtig getippt ist.
Vom Gräser-Gerate lasse ich mal besser gleich die Finger, noch dazu ohne Blüte - vom Moos ganz zu schweigen! Auch die Flechten sind eindeutig etwas für Fortgeschrittene, aber auch über jeden Zweifel erhaben, und man wird kaum in Versuchung kommen, sie jäten zu wollen...

In diesem Ensemble verdient das Sedum am ehesten das Prädikat "Freundlicher Fugenfüller".

Freitag, 15. April 2011

Keimzeit

Einer der ehernen Grundsätze des günstigen Gärtnerns ist die Unschuldsvermutung: Im Zweifel für den Angeklagten.

Wenn man nämlich den Garten einfach Garten sein lässt, macht die Natur schon ihre Arbeit und einige zuvorkommende Pflanzen sorgen für reichlich Nachwuchs. Nicht jeder Keimling ist erwünscht, aber oft kann man sie in früher Jugend noch nicht voneinander unterscheiden - ich wette, nicht mal ihre Mutter könnte das.

Daher gilt erstmal Gnade vor Recht, bis man sicher weiß, wessen Saat dort aufgegangen ist.


An ihren Keimblättern sollt ihr sie erkennen - bei manchen Arten klappt das mit ein bisschen Übung sogar:




Keimlinge vom Wilden Wein

 Frauenmantel


Sobald das erste richtige Blattpaar erschienen ist, sollten die arttypischen Merkmale ausgeprägt genug sein, um zu entscheiden, ob der Keimling bleiben darf oder gehen muss.
Soll er weichen, geht in diesem Stadium noch nicht die Welt unter, denn kaum ein Sämling schafft es im zarten Alter schon, zum Tyrannen aufzusteigen, der dann mühsam mit Blauhelmeinsatz eliminiert werden muss.

Aufmerksame Leser werden sicher bemerkt haben, dass ich die oberen Bilder oben schon einmal gezeigt habe.
Und damit dieser Blog nicht dem Fernsehen ähnelt mit viel zu viel Wiederholungen, gibt es noch eine zweite Tafel mit brandneuen Keimlingsfahndungsfotos obendrauf:


















Und zu guter Letzt noch ein Wimmelbild zum Suchen.
Was wächst hier?
Alles Unkraut - oder was?
















Viel Spaß beim Identifizieren!

Dienstag, 12. April 2011

5 Dinge, die man mit alten Kartoffeln machen kann

Es gab mal eine Zeit, da hatte jeder Haushalt mit eingebautem Stauraum eine große Schütte im Keller, in die im Herbst zentnerweise Kartoffeln eingelagert wurden.
In den schweren Säcken befanden sich nicht immer nur Schönheitsköniginnen. In so manchen tobte der Gammel, daher bedurfte es stundenlanger Auswahl, bis eine handverlesene Ansammlung Knollen in ihrem Behältnis überwintern konnte.
Ich erinnere mich bis heute an diesen erdigen, ein bisschen fauligen Geruch, der dieser Kartoffelschütte entströmte.


Es verging kaum ein Tag, an dem kein Kartoffelgericht auf den Tisch kam, ich welcher Form auch immer, allerdings konnte man ganz sicher sein, dass keine Pommes dabei raussprangen.
Die gab es allerhöchstens zum Kindergeburtstag frisch aus der Friteuse - ein Festtag sondergleichen!

Heute sind die Einkellerungskartoffeln weitestgehend Geschichte. Die alte Friteuse auch, möge sie in Frieden ruhen.


Pasta und Pizza haben der Kartoffel längst den Rang abgelaufen, und auch ich bekenne mich in höchstem Maße schuldig, euer Ehren!

Zuhause kommen eher Spaghetti auf den Tisch, denn die muss man bekanntlich nicht schälen. Im Gegensatz zu Kartoffeln sind Nudeln auch keine Lebewesen, also mit deutlich längerer Haltbarkeit gesegnet.

Zuweilen kaufen wir dann doch zu Ehren von Linda, Sieglinde, Hansa und Anverwandten einen kleinen Sack Knollen.

Leider passiert manchmal doch, was nicht passieren soll: Der Sack wird nicht leer, immer noch tummeln sich darin ein paar wenige Kartoffeln, die für eine ganze Mahlzeit nicht mehr reichen. Stattdessen kommt doch wieder nur eine schnelle Brotzeit dazwischen - oder in Spiralen gepresster Hartweizengrieß.
Das ist schlimm und beim Anblick der verschrumpelten Gebilde in der Tüte, die sie sich mit ihren Wurzeln schon kramphaft am Netzgewebe des Behältnisses festgekrallt haben, bekommt man prompt ein schlechtes Gewissen, das sich gewaschen hat.

Wie kommt man jetzt möglichst elegant aus dieser verschwenderischen Situation heraus, womöglich noch mit einer guten Tat?

Hier die 5 besten Dinge, die man mit den Schrumpfköpfen anstellen kann:

  • Ab auf den Kompost mit den Elendsgestalten. Die Mäuse werden einen Riesenabend haben, den sie so schnell nicht vergessen werden.
  • Kartoffelstempel basteln! Dazu muss man nicht einmal schnitzen können, denn die nicht mehr ganz prallen Knollen ergeben so schon hübsch amöbenhafte Formen, die stark an moderne Kunst erinnern - oder an die Ursuppe.
  • Schrumpfkopf-Kartoffelmännchen bauen - die halten vielleicht Einbrecher fern.
  • Als Schneckenköder verwenden.
  • Einpflanzen! Schließlich sind die Knöllchen perfekt vorgetrieben! Selbst ein paar Frostgrade machen den Kartoffeln nichts aus, und schon hat man eigene Pflanzen. Das klappt auch im Kübel!
Ich habe mich für letztere Variante entschieden. Und tatsächlich: Sie wachsen!
Das erste Grün schiebt sich aus der Erde, die schrumpeligen Erdäpfel haben nach wie vor Lebenswillen:


Mit ein bisschen Glück steht im Herbst eine eigene Ernte ins Haus! So kann man selbst aus verschmähten Kartoffeln noch eine Tugend machen.
Sie diesmal brav aufzuessen ist natürlich Ehrensache, schließlich stammen sie aus dem eigenen Garten!

Montag, 11. April 2011

Gewonnen!

Die Gewinnerin meiner Jubiläumsverlosung 


 ist:

Bärbel, alias Gartenfee, vom Maifelder Gartenlust-Blog!

Ich schicke das Paket in den nächsten Tagen los!

Mittwoch, 6. April 2011

Alarm im Supermarkt

Warum ist das nur so? Warum haben wir immer das Gefühl, bei den Angeboten beim Discounter gibt es was geschenkt?
Das ist vor allem bei Pflanzen der Fall und bei sämtlichem Gartenzubehör sowieso.


Die Supermarktketten scheinen uns willenlose Gärtner auch bestens zu kennen - locken sie doch im tiefsten Winter mit Rosenangeboten für nicht mal einen Euro, wenn wir für alles lebendige Grün noch anfälliger sind als für eine Erkältung.


Ganz schlimm wird's, wenn man seinen Garten erst ganz neu einrichten muss. Was habe ich zu der Zeit nicht alles herausgeschleppt bei allen nam- oder zweifelhaften Läden der Umgebung.
Besagte Ein-Euro-Rosen und zwar derer gleich drei, von denen nur eine überlebte.
Eine Spiraea im Miniaturformat, die sich später als echter Überraschungsgast entpuppte und eine Purpurbeere wurde.
Stauden, die von den Schnecken begeisterter empfangen wurden als von meinem Garten, und schon am ersten Abend gegessen waren. Oder solche, die nur einen äußerst minimalistischen Wurzelballen hatten. Das Ergebnis war dasselbe, nur ohne dabei die Schnecken satt zu machen.
Tonnenweise billige Narzissenzwiebeln - doch sie tanzten nur einen Frühling.
Frauenmantelrhizome in befremdlichen Verpackungen - die wuchsen sogar an! Das war ungefähr eine Woche, bevor ich entdeckte, dass mein neuer Garten voll mit Frauenmantel war. Er bestand fast nur aus Frauenmantel.

Damit man also sein Geld nicht ständig zum Fenster herauswirft, habe ich folgende Tipps:

  • Neue Gärten langsam kennenlernen, bevor man Pflanzen kauft, die schon da sind, oder beim Einpflanzen alteingesessene verhackstückt.
  • Keine Billiggeräte kaufen. Bei Rosenbögen zum Beispiel ist ihre Haltbarkeit in etwa proportional zu ihrem Preis. Ab einem gewissen Niveau ist allerdings keine weitere Steigerung mehr zu erwarten - Swarovski-Kristalle tragen schließlich wenig zur Stabilität bei. Leider verhält sich unsere Kauflust umgekehrt proportional zum Preis, aber da muss man durch, wenn's lange halten soll. Wenn es doch einer dieser berüchtigten Unter-10-Euro-Bögen sein soll, dann besser erst mit einjährigen Kletterern testen, denn eine Kletterrose aus den Trümmern zu operieren ist kein Spaß, für alle Beteiligten.
  • Lernen, was Schnecken wollen, und das dann möglichst nicht kaufen.
  • Stauden vorsichtig im Laden aus ihrem Topf ziehen. Ist der Wurzelballen kompakt? Oder gar verfault? Gibt es überhaupt einen, der diesen Namen verdienen würde?
  • Wenn die Pflanze nur so mitteldringend sein muss, lieber noch eine Nacht drüber schlafen. Hat man eine schlaflose, weil man sich Sorgen macht, ob die Pflanze auch am nächsten Tag noch zu haben ist, kann man sie beruhigt kaufen.
  • Die Wettervorhersage beachten - sinken die Temperaturen und damit auch die Überlebenschancen der neuen Pflanze?
  • Discounter sind grundsätzlich wasserscheu, will sagen: Pflanzen, die nicht sofort gekauft werden, sterben in Bälde einen grausamen Vertrockungstod. Auch wenn hier aus unserem Mitgefühl Profit geschlagen werden soll - hart bleiben beim Anblick der floralen Elendsquartiere. Man kann auch handeln - und so manche Wackelkandidaten habe ich auf Nachfrage sogar geschenkt bekommen.
  •  Wenn es wirklich nur ein klitzekleiner Einkauf werden soll, empfiehlt es sich, keinen Einkaufswagen zu nehmen. Wer erstmal genug Joghurtbecher waghalsig auf den Armen balanciert und mit dem Kinn abstützen muss, wird sich nicht noch einen Staudentopf mit Erde darin aufhalsen wollen. Die Gefahr des kompletten Einstäubens mit Erdkrümeln steigt stets proportional zur Länge der Kassenschlange, die sich prächtig unterhalten fühlen wird.

Sollte doch ein Malheur passiert sein, hilft nur noch eins: Standortbedingungen des Neuzuganges beachten, damit es ihm an nichts mangeln wird.
Bei anderem Gartenzubehör wie einem Rosenbogen hilft selbst das nicht, da kann man nur hoffen, dass er möglichst lange Haltung bewahrt, wenn wir das schon nicht schaffen beim nächsten Besuch im Supermarkt...


PS: Dieser Beitrag soll nicht suggerieren, dass die Qualität der Pflanzen beim Discounter grundsätzlich schlecht ist. Das ist sie nicht, man muss nur genau hinschauen und überlegen, ob man wirklich noch Platz hat für die floralen Verführer.

      Freitag, 1. April 2011

      Partylöwe

      In der neuesten Ausgabe Der Zeit ist eine Deutschlandkarte der Zoologischen Gärten mit den beliebtesten Zootieren abgedruckt. Die beliebtesten Zootiere sind meistens groß. Sehr groß. Und sie könnten dem Menschen durchaus gefährlich werden. Pinguine jetzt weniger, aber Löwen, Tiger, Giraffen, Eisbären, Krokodile, Elefanten und auch Flusspferde. Das ist interessant. Warum faszinieren uns gerade die großen Arten, denen wir ohne schützende Zäune nicht im Dunklen begegnen wollten? Warum ist die Zwergziege nicht dabei, obwohl man sie sogar streicheln kann?

      Da habe ich mich gefragt, wie denn wohl eine Karte der Gärten mit den beliebtesten Gartenpflanzen aussähe?
      Gärten sind ja auch so eine Art Zoo, nur für Pflanzen. Die Tiere können kommen und gehen, wann sie wollen. Wenn sie Glück haben. Die Pflanzen aber müssen bleiben oder welken.

      Magnolien wären vielleicht auf so einer Karte verzeichnet. Rosen ganz sicher. Die sind ja auch gefährlich, können uns allerhand Ungemach bereiten - von ruinierten Frisuren angefangen bis hin zu zerkratzten Unterarmen.
      Trotzdem finden wir sie gut. Wie die Löwen eben, die auch kratzen können.

      Im Gegensatz zu den beliebtesten Zootieren würde eine Gartenpflanzenkarte mit den Jahrzehnten einem Wandel in der Beliebtheit der Arten unterliegen. Rosen wären aber immer drauf, da darf man ganz sicher sein.
      Das ist das eherne Gesetz des Gartens. Die Rose ist die Königin der Herzen.

      Eine Pflanze, die ganz sicher und gar niemals auf dieser Karte verzeichnet wäre, ist das Waldgeißblatt (Lonicera periclymenum).
      Das ist so ein bisschen die Zwergziege unter den Gartenpflanzen. Dabei kann sie es durchaus mit einer Würgeschlange aufnehmen, windet sie sich doch an allem empor, was sie finden kann. Nur langsamer.

      Am Rosenbogen kann man das Waldgeißblatt gut ranken lassen. So sorgt es für eine schöne Vertikale, die schnittverträglich ist. Wenn man es lässt, wird es zwischen 3-6m hoch, gibt sich aber auch mit weniger zufrieden.

      Man weiß wirklich nicht, welche Eigenschaft man zuerst hervorheben soll. Es hat viele gute.

      Der Austrieb im März ist sensationell filigran gemustert, besonders im Gegenlicht kann man das bewundern:


      Im Juni folgen duftende, riesige Blüten, die so exotisch aussehen, dass man nicht glauben kann, dass dies eine einheimische Pflanze ist:


      Der Duft ist übrigens abends am stärksten - die ideale Pflanze für Berufstätige! Man sollte sie daher auch in die Nähe des Sitzplatzes pflanzen, dann kann man sie gut riechen. An lauen Sommerabenden scheint es oft, als hätte das Geißblatt einen Schalter umgelegt, wenn urplötzlich ein Duftschwaden hereinbricht und jede gesellige Runde andächtig verstummen lässt. Ein echter Partyknaller!

      Finden auch die Schwebfliegen, Falter und langrüsseligen Hummeln, denn sie lieben die Blüten sehr.


      Wenn ab Spätsommer die ersten roten Beeren erscheinen, heißt das nicht, dass schon mit dem Blühen aufgehört wird. Jeder neue Ranktrieb kann bis zum ersten Frost neue Blüten hervorbringen. Bis man irgendwann eine Leiter braucht, um am floralen Beiwerk zu riechen.


      Die Beeren sind giftig, aber sehr dekorativ und bei den Vögeln ungemein beliebt. Besonders Rotkehlchen und Gimpel kann man damit begeistern.

      So sorgen sie auch fleißig für Geißblatt-Nachwuchs.

      Sollte das nicht klappen, oder braucht man größere Pflanzen, kann man einfach die verholzten Triebe vom Frühjahrsschnitt in Erde stecken. Die meisten wurzeln an einem feuchten, schattigen Ort an.
      (Ich kann auch gerne Jungpflanzen verschicken, sprecht mich einfach an).

      Wenn man ganz großes Glück hat, wird sogar der exotischste aller Schmetterlinge von den exotischsten aller einheimischen Blüten angelockt: Das Taubenschwänzchen (Macroglossum stellatarum).

      Das ist dann viel besser als ein Zoobesuch mit sämtlichen beliebtesten Zootieren zusammen.
      Vielleicht hat das Wald-Geißblatt doch noch eine Chance auf die Karte zu kommen?