Samstag, 18. Juni 2011

Mein Überraschungsgast

Diese Staude sieht aus, als hätte sie sich nicht entscheiden können, ob sie lieber ein Vergissmeinnicht oder ein Borretsch wäre. Ein eindeutiger Fall von gespaltener Persönlichkeit: Die Blüten sehen aus wie ein Myosotis auf Testosteron, die Blätter sind reibeisenähnlich wie von Borago.


Meiner naiven Meinung nach sollte das sowieso etwas ganz anderes werden, nämlich ein Fingerhut. Für diesen hielt ich den winzigen Sämling nämlich zunächst, als ich ihn gejätet und weggeworfen im botanischen Garten fand.
Ihn vor dem sicheren Tod durch Vertrocknen oder Zertrampeln zu retten, war natürlich Ehrensache. Für einen Fingerhut tu ich fast alles.

Im nächsten Frühjahr bekam ich dann doch erste, ganz leise Zweifel. Die Blätter wuchsen und wuchsen zu einer stattlichen Blattrosette heran, wurden aber immer spitzer und vor allem immer rauher!
Ab sofort schied Fingerhut aus. Die Borretschverwandtschaft war nicht mehr zu leugnen, allerdings ist der bekanntermaßen nicht über den Winter zu bringen, während diese Pflanze hier ganz frech mit immergrünen Blättern angab.

Dann erschienen die ersten Blüten und ich hatte endlich einen Anhaltspunkt, die Identität dieser Staude zu lüften. Ich betrieb also Ahnenforschung im Internet (was haben wir früher bloß ohne gemacht?) und konnte den Namen von Mr. X am Ende doch noch herausfinden:
Mein Überraschungsei war eine Pentaglottis sempervirens, eine Immergrüne Ochsenzunge.
Auf Englisch heißt sie Green Alkanet, was auf ihre frühere Bedeutung als Färberpflanze hindeutet - hennafarben soll das werden.

Heute findet man Pentaglottis nicht mehr in Gärten, höchstens aus Versehen, wenn sie irgendwo keck aus einer Hecke spitzt. Seit ich ihren Namen kenne, sehe ich sie plötzlich sowieso überall. Sie verfolgt mich regelrecht.
Aber nie darf sie einen Platz in der Staudenrabatte bekleiden - nur der botanische Garten hat sie mit voller Absicht ausgestellt.

Dabei ist sie durchaus wertvoll. Sie bringt Farbe in schattige Gartenbereiche und blüht gute zwei Monate durch. Die Hummeln und Bienen lieben sie.

Mittagssonne ist ihr verhasst, sie quittiert so eine Frechheit mit wehleidig welken Blättern. Das kann man aber ruhig erstmal ignorieren. Sieht sie am Abend im Schatten immer noch nicht besser aus, kann man sie gießen, aber meistens beruhigt sie sich von allein wieder.

Als Beetschwestern kann ich Akelei und Geranium phaeum empfehlen, sowie die bezaubernde Baptisia australis - Färberpflanzen unter sich:


Baptisia ist eigentlich ein Sonnenfreund. Da kann man mal sehen, wie tolerant Pentaglottis in ihrer Standortwahl doch ist - hier haben sich beide auf Halbschatten geeinigt.

Mit Akelei und Braunem Storchschnabel:






Die Samenstände ähneln sehr dem Borretsch:


Pentaglottis sät sich bereitwillig selbst aus. Das hat sie vom Vergissmeinnicht.
Was sie wiederum vom Borretsch hat, ist das fettreiche weiße Samenanhängsel, das Elaiosom, das Ameisen gnädig stimmen und zum Verschleppen der Samen animieren soll:


Scheint zu helfen. In meinem Garten finde ich immer neue Sämlinge.

Die Samen dort oben habe ich für euch gesammelt. Dabei lief mir eine riesige Zecke auf die Hand (was ich nicht alles für euch tue). Was nicht heißen soll, dass Pentaglottis ein stadtbekannter Zeckenmagnet ist. Sie wächst nur dummerweise am Rötelmausbunker.

Wer also diese mit großer Wahrscheinlichkeit nicht im Handel befindliche Wildstaude für schattige Bereiche in seinem Garten ziehen möchte, der schreibe mir das als Kommentar und bekommt die Samen zugeschickt.
Sollte wider Erwarten mehr als eine Beifallsbekundung eingehen, entscheidet das Los.
Bei ganz großen Sympathieäußerungen für Pentaglottis wäre ich auch noch einmal bereit, mich zwischen die Zecken zu werfen.

Also, wer will noch mal, wer hat noch nicht?

31 Kommentare:

  1. Oh das macht mich ja neugierig und ich bewerbe mich eum Samen dieser Pflanze
    ich kann Dir weiße , blauen Borettsch, sowie die Saat soweit ist und Saat von der weißen Nachtviole schicken. Vergissmeinnicht habe ich auch in Weiß , da müßte ich aber nochmals nachsehen.
    herzliche Grüße Frauke

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  2. Darf ich auch ganz leise meinen Finger heben? Ich liebe Pflanzen, die sich von selbst verbreiten und mich den Garten genießen statt ständig betüddeln lassen. Aber ich wüsste nicht, was ich Dir dafür bieten könnte. Magst Du Nachtkerzen? Davon säen sich bei mir immer wieder welche da aus, wo sie grad wollen. Ansonsten habe ich gelbe Schwertlilien im Teich, aber ob dieses Jahr viele Samen raus kommen, weiß ich noch nicht. Ansonsten kriegst Du Häkelblümchen. Die wachsen nicht mehr, Du musst sie auch nicht gießen, und sie blühen dabei sehr, sehr lange.
    Liebe Grüße,
    Verena

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  3. Ha, sofort auf Anhieb erkannt :-) Aber wie schon so vieles: Oft versucht, aber keine Chance in unserem Garten. Die Färberhülse hatte uns übrigens auch mal ein paar Jahre erfreut!
    Daher mich bitte nicht in den Lostopf werfen - wäre Schade drum. vor allem, wenn die Ernte der Samen auch noch unter Einsatz der eigenen Gesundheit stattfindet ...
    Ich erfreue mich lieber hier an den zauberhaften Blüten und hoffe, dass sie in einem anderen Garten genauso prachtvoll gedeiht.
    LG Silke

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  4. nun, ich würde mich auch gerne um die samen bewerben. freunde des halbschattens zu finden ist ja nicht immer einfach... tauschen ist bei mir gerade schwierig - sicher anbieten kann ich in diesem jahr nur die samen einer rosafarbenen wicke... oder eines orangefarbenen mohn...
    liebe grüsse, stefanie.

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  5. Liebe Elke, ich erfreue mich nur wieder an deinem Beitrag, aber das Pflänzlein darf gerne bei dir weitergedeihen.LG Sibylle

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  6. Liebe Elke,

    Dein Post bringt mich wieder zum Schmunzeln. Aber da der Platz auf meinem Balkon sehr begrenzt ist, werde ich mich auch weiterhin an Deinen Bildern und Deinem Text erfreuen.

    Liebe Grüße
    Jutta

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  7. Liebe Elke,
    zu Deiner Frage, bei den Häkelblümchen handelt es sich um die gemeine "flosculus opera hamulus", welche in vielen Farben und Formen vorkommt. Für Ihre Aufzucht sind feines buntes Garn und ein hakenförmiges Werkzeug, sowie viel Zuwendung notwendig. Günstige Standortbedingungen findet dieses sehr anpassungsfähige Blümchen an Haargummis, in kleineren oder größeren Gruppen auch an Sonnenhüten oder an Taschen. Dort blüht sie dann auch gerne jahrelang ganzjährig.
    *g*
    PS: Ich hatte übrigens nie Latein, und da Mr. Online-Latein-Übersetzer keine Häkelblümchen kennt, hab ich eben etwas improvisiert

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  8. Sehr hübsch, läuft im FloraWeb als lokaler Neophyt und wird dort als Spanische Ochsenzunge bezeichnet. Also vorsicht ;-) eine Wilde *grins* und dann auch noch ein sogenannter Konkurrenz- Stratege, was immer das heißt! Ich finde es sehr hübsch wie Du sie wildwiesenartig integriert hast!http://www2.biologie.uni-halle.de/bot/ag_chorologie/neophyten/NEO_TXT63.html
    LG
    Sisah

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  9. Tja, da bin ich wohl zu spät - dabei hätte auch mein Garten gern eine Ochsenzunge beherbergt.... falls zwischen den Zecken noch was zu finden ist, könnte ich mich mit orangenem Mohn oder Bärlauch-Saat revanchieren... passen gut noch mit ins halbschattige Arrangement ...

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  10. *Kicher*.... ich lese hier so gerne mit

    **************************
    ein Königreich für die Elke!
    **************************

    ich habe bereits linaria purpurea und div. andere Wildstauden - deshalb lasse ich hier meinen Kommentar ohne Samenwunsch da.
    LG Carmen

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  11. Liebe Elke,

    dein netter Kommentar hat mich zu diesem Besuch
    bei dir angeregt.

    Ich bin auch ohne Samenswunsch (nicht wunschlos
    glücklich, aber zufrieden).

    Liebe Sonntagsgrüße
    Elisabeth

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  12. Liebe Elke,
    Das ist ja ein super nettes Angebot! Da ich gerade dieses Jahr einen weiteren ziemlich schattigen Bereich im Garten mit blau ( niedrige Glockenblumen) aktiviert habe, der Garten hat im Sommer zu viel grün ( nicht wirklich, aber zu wenig Farbe), käme diese süße Staude gerade richtig! Ich bewerbe mich hiemit offiziell für deine Samen :-)
    Bin sonst sehr für Integration, aber in diesem Fall würde ich die Zecke nicht beheimaten, wir haben selbst welche, leider.
    Mag deine Fotos in diesem Post wieder sehr. Das Farbenspiel gefällt mir und gerade die Schattenbereiche im Garten können sehr charmant gestaltet werden.
    Liebe Grüße
    Elisabeth

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  13. Liebe Elke
    Jetzt ärgere ich mich grad grün - echt, denn genau heut hab ich dieses Pflänzchen begutachtet und war hin und her gerissen, ob ich es doch kaufen soll oder nicht. Und weils angeschrieben war von wegen eben eine Sonnenanbeterin hab ich es stehen lassen. Nun denn, ich bewerbe mich jetzt einfach mal bei dir um ein paar Sämchen und ich wünsch mir selber gaaaaanz viel Glück, dass vielleicht das eine oder andere bei mir einziehen dürft! Auf jeden Fall war dein Post sehr interessant und lehrreich und das nächste Mal werd ich daran bestimmt nicht mehr vorbeiziehen - gefällt mir!
    Hab einen schönen Sonntagabend uns sei herzlich gegrüsst
    Ida

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  14. Było warto czekać na jej kwitnienie, bo to delikatny ładny kwiatek Pozdrawiam

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  15. Hier meldet sich eine stille Mitleserin, die zaghaft den Finger hebt und sich für den intressanten Text bedankt!

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  16. Hallo Elke,
    ich habe sie gleich an den Blüten erkannt, dieses Blau ist einfach umwerfend! Bei mir wächst und gedeiht die Ochsenzunge nämlich seit einigen Jahren auch im Garten. Sie steht neben Sonnenhut, Phlox, Bartblume und Dahlien im sonnigen Beet, was ihr scheinbar gut gefällt. In den ersten Jahren hat sie eine Höhe von weit über 1 m erreicht (laut Wikipedia ein "Extremfall"). Mit Samen bin ich also bestens versorgt.;-)

    Liebe Grüße und eine schöne Woche! Bärbel

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  17. hallo elke!
    ich schau immer wieder mal - und das sehr gerne - vorbei und freu mich über deine schnittigen texte und die salopp verpackte information samt deinen schönen gartenbildern!
    ich habe meinen garten noch nicht so lange und bin noch am lernen.... ich suche schon länger eine pflanze zum kombinieren, die - so schön - blau blüht wie diese hier! falls du noch einen samen übrig haben solltest, würde ich mich gern dafür bewerben. ich hab einige samen von meinem garten (Akelei, Lupinien, Bartnelken, gelbe Schwertlilie, Montbretie), die ich dir anbieten kann - doch ich glaub fast, da bist du schon versorgt damit... meine adresse ist schwemmholz@gmail.com.
    liebe grüße vom traunsee und eine angenehme woche!
    karin

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  18. Liebe Elke! Herzlichen Dank für die Info, nun habe ich wieder etwas gelernt, denn die Ochsenzunge war mir bisher kein Begriff.

    lg kathrin

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  19. hallo elke,
    na, da hast du aber glück gehabt, beim retten des angeblichen finderhutes. ich selber finde es jedes jahr neu spannend, was so im garten gross wird.
    mit ganz ganz jungen fingerhut und borretschpflanzen vertu ich mich allerdings oft, wenn ich sie verpflanze. aber was solls, sind beide schön.
    zu deinem kommentar bei mir.. nein, da war keine erde aufgeweicht, es war noch sehr trocken hier. es war auch kein wind oder gewitter. das schlechte wetter kam erst nacch pfingsten zu uns. der ast brach einfach so.. - von innen war er aber schon schwarz, dass sah man später am restbaum.
    ob es die lange trockenheit oder eine krankheit ist, das wissen wir nicht und werden es wohl nie erfahren.
    ich schick dir liebe grüsse
    alke

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  20. Was für ein schöner Bericht. Ohne die Pflanze näher untersucht zu haben, hätte ich glatt vermutet es wäre eine Anchusa - aber Anchusa liebt die Sonne.

    Danke für deinen Kommentar in meinem Blog. Du hattest eine Frage. Ich beantworte sie dir mal hier, weil ich vermute, dass du das eher findest.
    Semperviven können leider von einer Schwebfliegenart befallen werden. Sie legen ihre Eier wahrscheinlich im Boden ab. Die kleine Made, die sich aus dem Ei bildet, frisst sich manchmal durch die unteren Blätter. Danach sehen die Pflanzen ziemlich mitgenommen aus. Aus den Blättern bilden sich kleine braune Puppen, die man manchmal auf der Erde findet. Ich habe sie auch schon unter dem Topf gefunden.
    Wenn ich merke, dass die Pflanze befallen ist, suche ich sie nach der Made ab. Das ist gar nicht so schwer. Die Made vernichte ich. Auch die Puppen.

    Wenn kein Schädling mehr in der Pflanze zu finden ist, muss man auch nichts mehr tun. Wenn's nicht stört, kann man die Blätter dranlassen.

    Ein Befall ist ärgerlich, aber die Pflanze erholt sich in der Regel wieder ziemlich schnell.

    Ich glaube ich werde mal in der nächsten Semperecke von diesem Schädling erzählen und Bilder einstelen.

    Übrigens - der Schädling kann auch eine Narzissenfliege sein.
    Bis bald. majorahn

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  21. Schon heute (unglaublich!!) ist bei mir ein Brief angekommen mit der Saat und einer ganz arg netten Gute-Besserungs-Karte für mein (gestern operiertes) Katzentier :-)
    Ich habs ihm vorgelesen, und er hält sich dran: hat schon wieder ordentlich Hunger, und schnurren geht auch wieder, es wird ....
    Danke, Elke!!

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  22. Ein toller Bericht, Elke. Ich finde es auch immer wieder spannend zu sehen, was aus so einem Samenkorn wird.
    Und das eine Blättlein entwickelt sich sehr gut. ich hoffe nur,dass meine Lieben es hegen und pflegen werden, während ich 1 Woche in Urlaub bin.
    Ich liebe auch die Blaublütigen.
    LG heidi

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  23. Schau mal :-)
    http://fjonka.wordpress.com/2012/05/17/pentaglottis/

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  24. Werte

    Elke Schwarzer,

    meine verzweifelte Suche nach Pentaglottis Sempervirens Spanische Ochsenzunge im Netz ergab nur einen Treffer und das bei ihnen.

    Ich bin Hobbyimker und hätte liebend gerne so ein paar Samen von diesen blauen Blumen.

    Könnten sie mir da vielleicht helfen ?

    Wenn ja, würde ich mich sehr darüber freuen und meine Bienen auch.

    MfG. Hartmut Böhmel / Thür. Tel. 036843 / 70764

    Wenn sie helfen möchten, dann melden sie sich doch bitte mal bei mir.

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    1. Hallo Herr Böhmel,
      ich schicke Ihnen gerne Samen, allerdings habe ich letztes Jahr keine gesammelt. Ich kann Ihnen aber im Sommer welche sammeln und zuschicken, wenn Sie möchten.
      VG
      Elke Schwarzer

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    2. Schade das ich dann in diesem Jahr noch keine habe, so bleibt mir nur übrig zu warten, bis sie neue Samen ernten können. Vielen Dank vorerst für ihre freundliche Rückantwort.

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    3. Ich kann aber gern im Garten nach Sämlingen Ausschau halten - die wird es auf jeden Fall reichlich geben. Die kann ich Ihnen dann zuschicken. Senden Sie mir einfach Ihre Adresse zu, dann bekommen Sie Post. Wenn Sie das nicht mehr Email machen möchten, gern auch per Postkarte oder Brief - meine Adresse finden Sie im Impressum.
      VG
      Elke Schwarzer

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    4. Falls Sie noch mitlesen - ich habe Samen gesammelt und könnte sie verschicken.

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  25. |-|/-\|\||\|/-\1. Juni 2021 um 04:39

    liebe Elke.. dein beitrag finde ich mindestens so toll, wie das pflänzchen selbst.. so eine liebevolle pflanzenbeschreibung trifft man selten.. mir ist das pflänzchen aufgefallen beim besuch des botanischen Gartens bei den Königlichen Gewächshäusern in Brüssel-Laeken.. habe mich sofort verliebt in die pentaglottis.. wenn es noch die Möglichkeit besteht, würde ich mich sehr über die Zusendung von ein paar Samen freuen.. vielen Dank..

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