Dienstag, 27. Dezember 2011

Die Kleiderklinik

Die meisten Unfälle passieren zwar im Haushalt, aber die meisten Löcher in Kleidungsstücken entstehen wohl im Garten. Entgegen anderslautender Meinungen rührt das Gros der Kratzer an meinen Händen und Unterarmen sowie die meisten aufgerissenen Pullover nämlich nicht von meiner Katze, sondern von meinen Rosen her. Rosensträucher sind in dieser Beziehung eindeutig den Destruenten zuzuordnen.
Auch das Radfahren zum Gartencenter und zu Ausflügen in die öffentlichen Gärten der Region hinterlässt Spuren: Die Lieblingsjeans bekommt Löcher. Nun wäre es nicht meine Lieblingsjeans, wenn der Verlust nicht schmerzen würde: Etliche glückliche Jahre haben wir zusammen im Garten verbracht. Ein geübter Blick auf das Gebiss ihres Reißverschlusses lässt auf ein Alter von etwa 7 Jahren schließen. Historische Bilddokumente unterstützen diese erste Schätzung. Aber Jeansjahre sind Hundejahre und sieben Sommer damit für ein Beinkleid, das oft getragen wird, ein geradezu biblisches Alter.


Was also tun, wenn man sich mit diesem Kleidungsstück nur noch vermummt ins nächste Gartencenter traut? Wegwerfen ist zwar naheliegend, aber der Ersatz nicht billig und die Tat nicht umweltfreundlich. Eine Reparatur wäre schön, aber geht das?


Um das herauszufinden, habe ich mit Spannung das Buch "Hilfe, meine Jeans hat ein Loch - Repair-Ideen für Kleiderkatastrophen" aus dem Frechverlag gelesen. Ich stelle es hier vor, weil es ein Zeichen setzt gegen die Wegwerfgesellschaft. Das Titelbild ist meiner maroden Gartenhose außerdem wie aus dem Gesicht geschnitten:



Die Autorin des Buches, Laura Hertel, ist erst Anfang 20, und so jugendlich frisch sind auch ihr Schreibstil sowie die Bilder und Zeichnungen. Die Zielgruppe sind daher auch junge Leute oder Junggebliebene - schließlich wird der Leser hier geduzt.

Die ersten Kapitel beschäftigen sich mit Stoffkunde und Nähzubehör, bis es um die eigentlichen Kleiderkatastrophen geht. Damit man gleich mit dem Reparieren anfangen kann, werden zunächst einfache Malheure beschrieben, die man mit der Hand ohne Nähmaschine kurieren kann: Aufgeplatzte Nähte, abgefallene Knöpfe, ausgerissene Säume, Löcher in T-Shirts oder gezogene Fäden an Strickjacken (das Spezialgebiet der Rosen).
Im nächsten Kapitel wird dann maschinelle Hilfe hinzugezogen: Löcher in Jeans und ausgefranste Säume sowie kaputte Reißverschlüsse werden repariert, bis es im dritten Abschnitt schließlich nicht mehr um akute, sondern um chronische Kleiderdefizite geht: Was nicht passt, wird hier passend gemacht, sei es ein zu kurzer Rock oder ein schlabberiges T-Shirt.



Zu jeder Katastrophe gibt es die Pflicht und die Kür: Erstmal den Schaden konventionell beheben und dann kreativ noch eins draufsetzen mit bunten Flicken oder Pailletten, um jeden Zweifel am Kleidungsstück aus dem Weg zu räumen und etwas ganz Individuelles zu schaffen.

Die Autorin verspricht, dass ihr Buch Lust macht, den Kleiderschrank nach möglichen Patienten zu durchsuchen und unverzüglich zu deren Rettung zu schreiten. Bei mir zumindest hat es geholfen: Ich habe gleich mehrere Löcher in T-Shirts und Strickwerk gestopft, bis ich schließlich besagter und betagter Lieblingsjeans zu Hilfe kam: Ich habe unter das Loch von links mit einer paar Handstichen einen Flicken genäht - mit Blümchenmuster, ist doch Ehrensache. Anschließend habe ich die Hose gewendet, um die Stofftransplantation mit der Maschine für die Ewigkeit zu bannen. Hier ergab sich gleich die erste Hürde: Wie bekomme ich die dicke Jeans unter den Nähfuß? Mit Geduld und Spucke sowie ein paar Dehnübungen (des Stoffes) ging es endlich. Dann begann der Nahkampf: Um die zu reparierende Stelle mit der Maschine zu erreichen, ohne die Hosenbeine zuzunähen, habe ich diese in immer neuen Verrenkungen um das Gerät geschlungen. Einmal musste ich ein Stück wieder auftrennen, hatte ich es doch erfolgreich fertiggebracht, eine Falte in die Jeans zu nähen, wo vorher keine war und auch keine sein sollte.

Noch ein bisschen rumgeschnippelt und so sieht nun das Endprodukt aus:



Taugt sicher nicht für einen feudalen Theaterbesuch, aber vielleicht doch für den Tripp ins nächste Gartencenter?

Schade fand ich, dass das Buch keine Fotos zu der klassischen Jeansrettungsmethode mit einem farblich passenden Flicken und anschließendem flächigen Drübernähen mit der Nähmaschine zeigt. Anhand der Zeichnungen kann man sich das Endergebnis nur schwer vorstellen - wie unauffällig ist diese Lösung wirklich? Gefehlt hat außerdem eine kreative Variante für den vom Fahrradfahren zerschlissenen Hosenboden, der immerhin beiläufig erwähnt wird. So eine Jeans habe ich nämlich auch noch im Fundus und einfach keine Idee, wie etwaige Flicken dort ausgehfein werden können. Ansonsten sind die Anleitungen aber verständlich geschrieben und die Zeichnungen so aufbereitet, dass man sich den Fadenlauf gut vorstellen und nachmachen kann. Nähprofis werden das Buch nicht brauchen, Anfänger dagegen bekommen eine gute Einführung in die einzelnen Techniken.

Und jetzt entschuldigt mich - ich muss einen Flicken annähen, um ein bereits repariertes Loch in einem T-Shirt endgültig ungesehen zu machen. Wie wäre es mit einem in Rosenform?

PS: Vielen Dank an bloggdeinbuch und den Frechverlag für das Rezensionsexemplar.

17 Kommentare:

  1. Hallo Elke
    Hey, das ist ja super! Wie gut, dass ich meine heissgeliebte Jeans nicht weggeschmissen hab. Sie hat einen zerschlissenen Saum an den Beinen (wo den sonst :o)!). Passenden Blümchenstoff hätte ich ja zu genüge und nun hast Du mich motiviert, das Teil zu flicken. Mal schauen, ob das klappt... aber schlimmer geht nimmer und sonst dann eben doch ab in die Stoffverwertung.
    Danke für die geniale Rezension.
    Grutzli
    Alex

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  2. Hallo Elke,
    danke, dass du dieses Buch vorgestellt hast. Die Ideen mit dem Saum und dem unterfütterten Loch finde ich gut. Was mir noch fehlt ist eine Idee für die Löcher, die durchgescheuert an den Oberschenkelinnenseiten entstanden sind.:(
    Die restliche Jeans ist nämlich noch fast wie neu.
    GLG von
    Claudia

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  3. Hi,
    ich nehme für sowas immer die Klebestoffe und bügel die von Innen auf.
    Ganz besonders bei dünnen Oberschenkel-Innenseiten vom Rad fahren. ;o)
    LG - Heike

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  4. Hi Elke,

    ich finde deine Jeans sieht jetzt wunderbar aus ;) Der zarte Stoff harmoniert perfekt mit dem Jeansstoff ;)

    Lg Sandra

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  5. Hallo, Elke,
    durchgescheuerten Hosenboden kann man eigentlich nur ersetzen durch ähnlichen Stoff.
    Dazu wird die Mittelnaht der Beine oben und die Hosenbodennaht aufgetrennt, dann ein Stück Stoff auf das kaputte gesetzt und festgenäht und zuletzt die Mittelnähte wieder zugenäht.
    Aber bitte mit einer 110er Jeansnadel und dickem Faden, langsam und mit Zunge im Mundwinkel.
    Und wenn garnix mehr geht, mache ich aus der Jeans eine Tasche, siehe www.tinistaschen.blogspot.com Tasche aus alter Jeans.

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  6. Wie lustig, ich wollte dir vorschlagen deine Jeans mutig mit Loch zu tragen, die jungen Menschen tun das schließlich auch, manche ( meine Tochter) schneiden sich auch extra Löcher rein...aber die Anleitung zum Flicken ist natürlich großartig und das Ergebnis auch. Bücher gibts...;-) Habe an meinen Rosen schon ein feines Blüschen verloren, ja wenn man auch gleich losarbeitet ohne sich vorher die Schutz( Arbeits-) kleidung überzuziehen...
    Liebe Grüße und einen guten Rutsch mit oder ohne Loch in der Hose ;-) Annette

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  7. wow liebe Elke, also diese Jeans ist definitiv gerettet - ja, so ist sie sogar zu einem wahren Hingucker geworden - im positiven Sinn natürlich. Ich kenn es ja auch und oft denke ich, dass ich einfach viel zu unkreativ bin, eben was Nähen anbelangt. Aber diees Buch ... hm, könnt vielleicht sogar meins werden.
    Ich wünsch dir gute Tage und schick liebe Grüsse
    Ida

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  8. Die Jeans sieht ja jetzt echt super aus...:-))

    Lg Eva

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  9. Das Blümchenmuster macht deine Jeans perfekt.
    Das Hin- und Herschieben der Jeans ist wirklich übel. Ich repariere regelmäßig die durchgewetzten Knie der Jeans meines sechsjährigen Enkels. Jedes Mal verzweifel ich bei dem Versuch, das Hosenbein unter den Nähfuß zu bekommen.
    Einen guten Rutsch ins neue Jahr und alles erdenklich Gute für 2012 wünscht dir
    Anette

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  10. Ja man muß sich zu helfen wissen liebe Elke.
    Blümchen sind immer schön egal wo, so kann man seine geliebte Jeans retten.
    Habe auch schon aus jeans Röcke genäht.Hosenbeinen anschneiden Innen Hosennähte auftrennen und schonen Blümchenstoff einsetzen.Habe ich schon für meine Tochter gemacht.
    Wünsche dir noch schöne Tage im alten Jahr.Und einen Guten Rutsch ins Neue Jahr.
    Sei lieb gegrüßt von Jana

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  11. Liebe Elke
    Das sieht wirklich ganz toll und zudem auch modisch aus! Super gelöst!
    Ich wünsche Dir noch viele frohe Stunden im alten Jahr und einen guten Rutsch ins 2012.
    Herzlichst grüsst Dich Yvonne

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  12. Das ist mal wieder ein toller und nützlicher Beitrag und wieder so super geschrieben! Gebiß des Reißverschlusses - ich mußte wirklich lachen!

    Vor kurzem schrieb ich ja auch in Herz und Leben über das Stopfen. Bin wirklich drauf und dran, es nochmal zu erlernen. Wir werfen einfach zu viel weg. Die Kommentare bestätigen es - Socken sind halt so billig und stopfen so zeitraubend ;-) Man hat heute so viele andere Interessen ... nur - das Leben ist ein Kreis ... das vergisst man oft dabei ...

    Ich finde es überhaupt wunderbar, daß so junge Leute, wie die Autorin sich mit diesen wichtigen Themen befassen! Da kann man nur sagen, es ist doch noch nicht "Hopfen und Malz" verloren! Denn die Elterngeneration hat das ja oftmals nicht gerade vorgelebt, ich selbst eingeschlossen. Allerdings stopfte meine jetzt 82j. Mutti, solange sie es konnte, sehr fleissig all unsere Klamotten sehr fein!

    Ja, aber ... muß so ein Buch nicht der Mode-Industrie ein gewaltiger Dorn im Auge seion? Wir "Verbraucher" sollen schließlich neu KAUFEN!

    Ich wünsche Dir einen guten Rutsch in das Neue Jahr 2012 und lasse viele liebe Grüße hier
    Sara

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  13. Donnerwetter! Sieht ja prima aus, der Flicken. Leider kann ich jetzt hier nicht länger verweilen, meine alte Jeans hat das Foto gesehen und beschwert sich, über meine beiherigen Stopfversuche. Ich muss sie jetzt beruhigen...

    Herzliche Grüße zum Jahresende. Ich freue mich auf ein neues Bloggartenundkreativjahr hier bei dir.
    Jo

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  14. das erinnert mich sehr an die unterwaesche-"flicken", die meine oma uns kindern frueher gemacht hat. da tauchten statt loecher auf einmal kleine gestickte bluemchen auf:)) ich fands lustig, aber leider hab ich nun nur zwei maenner im haus - die ueber blumen auf der unterwaesche vermutlich weniger entzueckt waeren:) ich flicke natuerlich jeans etc. auch - wobei sie dann schonnmal ein stadium erreichen, wo ich sie wirklich nur noch im garten anziehen kann:)) aber wenn einem sonst nix mehr bleibt, kann man sie immer noch in streifen schneiden und zu teppichen oder sitzkissen verhaekeln....
    viele gruesse und ein schoenes neues jahr mit vielen feinen gartenideen!
    Bettina

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  15. Hallo Elke,
    es ist zwar schon ein bißchen spät (ich komme erst jetzt dazu, meine verpasste Blogtour nachzuholen), aber vielleicht kannst Du mit meinem Jeansflicktipp ja auch was anfangen? Auf meinem Blog, auf der Seite "Anleitungen" habe ich den entsprechenden Artikel verlinkt. Da ist beschrieben, wie Du mit passendem Garn und Nähmaschine zerschlissene Stellen relativ unsichtbar flicken kannst, so dass der Stoff wieder richtig stabil und belastbar ist. Das wäre also grad für den Schritt gut geeignet. Wobei mir Deine Blümchenstofflösung richtig gut gefällt - nur eben nicht im Schritt der Jeans meines mich (eben deshalb noch) liebenden Göga ;-)
    Liebe Grüße und ein gutes neues Jahr wünscht Verena

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  16. Ein super Tipp, danke! Ich bin nähtechnisch eine Niete, aber vielleicht sollte ich mir das Buch zulegen und mir etwas mehr zutrauen, denn ich bin auch eine, die immer alle Kleider "retten" will!
    Liebe Grüße, Margit

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  17. Es hat Spaß gemacht, deinen Post zu lesen. Vielen Dank und herzliche Grüße,
    Kaddi

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