Donnerstag, 8. August 2013

Von der Gier des Gärtners

Stauden lassen sich in so viele Kategorien werfen, dass einem ganz schwummerig werden kann. Man könnte sie in Leit- und Füllstauden einteilen, in Sonnen- und Schattenliebhaber, nach Familienzugehörigkeit, Essbarkeit oder nach Blattschmuckstauden und Blütenwundern. Selbst in Säufer und genügsameres Grün könnte man sie kategorisieren

Vor allem aber ist eine Unterscheidung von ganz großer Wichtigkeit für den Gärtner: Stauden, die er hat und solche, die er unbedingt haben will. Beide Kategorien haben nicht immer eine Schnittmenge. Oft hat man Pflanzen im Garten, die man gar nicht wollte. Grundsätzlich gilt aber, dass die Menge der Stauden, die man haben möchte, stets die derer übersteigt, die man bereits glücklich im Beet hat. Selbstredend würden nie alle gleichzeitig in den Garten passen, das muss nicht extra erwähnt werden.
 


In ganz kleinen Gärten muss man deshalb aufpassen, dass man seine Gier irgendwie unter Kontrolle hält. Ich bin auch so eine, arbeite immer daran, den kleinsten botanischen Garten der Welt zu erschaffen, nur ohne Namensschilder an den Pflanzen. Schließlich soll ja immer etwas blühen, und dann gibt es noch so viele interessante Staudenraritäten. Aber es wird schon einen guten Grund haben, warum botanische Gärten im Allgemeinen nicht in Reihenhausgärten angelegt werden.



Manche Stauden machen es dem gierigen Gärtner aber auch nicht leicht. Da wäre zum Beispiel mein Geranium 'Jolly Bee' (mittlerweile firmiert die Sorte nur noch unter 'Rozanne') - eine wirklich großartige Staude, die von Mai bis Oktober durchblüht, also einfach ideal für kleine Gärten ist. Soviel Dauerblüte braucht allerdings auch Platz - einen Quadratmeter sollte man ihrem krakenartigen Wuchs schon spendieren. Was sie aber am Ende so perfide macht, ist ihr Erscheinungsbild im Frühjar und am Ende des Hochsommers. Im April kann man nämlich nur schwer glauben, dass aus diesem unscheinbaren, winzigen Austrieb mal so eine ausladende Staude werden wird. Spätestens im September schließlich besinnt sich 'Jolly Bee' wieder auf ihr Kerngeschäft und bildet eine ganz neue, kompakte Blattrosette aus, während die langen Ranken langsam absterben. Während sie also so überschaubar und brav daherkommt, gilt es, ihre gigantischen Ausmaße während des Sommers nicht zu vergessen! Ich habe ihr schon mehrfach Fette Hennen oder Malven als Nachbarn unterjubeln wollen, die sie im nächsten Juni gnadenlos überwuchert hatte.


Möchte man ihre wahre Natur also immer in Erinnerung haben, sollte man sie entweder nicht zurückschneiden (sieht unschön aus) oder ein großes Panorama-Foto von ihr im blühenden Zustand neben das Beet stecken (dito).

Ein Zusammenleben mit Blumenzwiebeln und Frühlings-Knollenpflanzen wie Hohlem Lerchensporn toleriert dieses Geranium aber ganz wunderbar. Auch Herbstzeitlosen sind aufgrund des unsteten Lebenswandels von 'Rozanne' perfekte Partner! Sommerblühende Stauden dagegen müssten schon früh austreiben und hoch aufschießend wachsen, um dem rankenden Storchschnabel Paroli bieten zu können - Taglilien etwa funktionieren in der Beziehung ganz gut.



Wer also gar keine Ambitionen hat, einen botanischen Garten anzulegen und nur eine schöne Staude möchte, die lange blüht und aufgrund ihrer Größe den Kauf weiterer Kandidaten überflüssig macht: Bitteschön - 'Rozanne' ist die Dame der Wahl. Spart euch den Erwerb weiterer Pflanzen, wenn ihr einen kleinen Garten habt. Dieser sagenhafte Storchschnabel ist zwar an sich etwas teurer, aber es reicht ja auch ein einziger pro Quadratmeter - Blumenzwiebeln natürlich noch nicht mitgerechnet, die sind aber vergleichsweise günstig.


Wenn ihr also so genügsam seid, dass euch 'Rozanne' reicht, seid froh. Ich dagegen werde spätestens ab September wieder vergessen haben, welchen Riesenkraken ich da in meinem Beet habe und ihr irgendeinen zum Scheitern verurteilten Nachbarn daneben pflanzen. Gier schlägt Gedächtnis, das wird wohl immer so bleiben.

11 Kommentare:

  1. Da bin ich ja jetzt doch ein wenig froh...das es auch offensichtlich eingefleischten Gärtnerinnen so geht, dass man sich immer ein wenig verschätzt...in der Pflanzenwahl...;-) LG Lotta.

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  2. Ach, liebe Elke, da spricht eine erfahrene Gärtnerin. Ich habe mir eine Liste angelegt, welche Stauden ich mir kaufen möchte. Du kannst Dir sicher vorstellen, was passiert. Die Liste wird immer länger.
    Aber ich muss auch sagen, dass ich mich auch schon von Sachen getrennt habe, wenn sie überhaupt nicht meinen Erwartungen entsprochen haben. Und ab und zu geht ja leider auch mal was kaputt. Bei aller Traurigkeit darüber überlegt man natürlich auch sofort, wie man den freigewordenen Platz nutzen kann.
    Irgendwie gibt es einfach zu viel schönes Blumen und in jedem Gärtner steckt halt auch ein kleiner Messi.

    Liebe Grüße
    Jutta

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  3. Ich bin gierig! Wo bekomme ich die sagenhafte Krake Rozanne??
    Danke für deinen lebhaften Beicht... Soviel schöner Garten!
    Hetzlichst
    yase

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  4. Kommt mir irgendwie bekannt vor!!!!!!!!!!!!!!!!

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  5. Dieser Blog schlägt jedes Hochglanz-Gartenmagazin um Längen!!! Soooo viel Wissen und eigene Erfahrungen in jedem Beitrag, immer mit einem Augenzwinkern und sehr anschaulich geschrieben - und das Ganze auch noch kostenlos! Nicht zu vergessen natürlich die vielen Fotos, die das reale Gartenleben zeigen statt eine geschönte und idealisierte "künstliche" Gartenkulisse wie in den Gartenzeitungen!
    DAAANKE für das Engagement und die Ausdauer!!!

    sommerbunte Gartengrüße
    Cornelia

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  6. Liebe Elke,

    herrlich, ich mag Deine Texte wahnsinnig gerne. Du hast uns alle durchschaut *grins*
    Hast Du bei mir den Wiesenstorchschnabel entdeckt ? Habe ich extra für Dich gepostet, er ist inzwischen sehr, sehr hoch.

    Herzliche Grüße
    von Anke

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  7. das gefuehl kenn ich nur zu gut. wir sahen bei einer alten nachbarin eine pink bluehende geranium. klein und kompakt, sehr huebsch. erbaten uns einen ableger. kaum gepflanzt, legte das teil los und in jedem jahr kaempfe ich nun mit dieser wucherei... ich konnte ja nicht ahnen, dass das teil nur klein und kompakt war bei der nachbarin, weil auch frisch gepflanzt:) aber inwischen lebt die alte dame nicht mehr und ich bring es nicht uebers herz, die erinnerung an sie per blume ganz wegzumachen - auch, wenn sie in jedem jahr aufs neue alles ueberwuchert, was nicht schnell genug weglaufen kann... zum glueck haben wir ja nicht grad einen handtuchgarten - also muss alles andere eben mit dem restlichen platz vorlieb nehmen:)
    viele gruesse von der gruenen insel
    Bettina

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  8. immer wieder gerne lese ich dien Blogs und kann deine Erfahrungen nur teilen, meine Rozzane steht an zwei Standorten , an einem blüht sie wunderbar und üppig am anderen bildet sie nur Triebe, wahrscheinlich zu schattig , aber ich habe ja noch einen gro0en Knick an dem die historischen Rosen und Staudenwicken und alles was zu groß wuchert wachsen darf, dahin wird sie nun bald umgesiedelt,
    aber dies Blau ist wunderschön
    Frauke

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  9. Hallo Elke,
    bei mir ist sie sie gar nicht so stark wuchernd, sitzt aber auch im Halbschatten, vielleicht liegts daran. Aber schön ist Rozanne auf jeden Fall.
    Liebe Grüße
    Dagmar

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  10. Hallo Elke
    Lach, ja so geht es mir auch immer wieder mit diesem grössenwahnsinnigen Gewächs. Ich schnipple sie jetzt aber gnadenlos, wenn sie mir meine kleine Rose Grace begraben will. Aber meine Habenwill-Liste ist leider auch ziemlich lang... viel zu lang *seufz*.
    En liebe Gruess u en guete Wuchestart
    Alex

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  11. Hallo Elke,
    wieder einmal herrlich geschrieben und so wahr...hier übersteigt die Menge der Stauden (und Rosen), die ich doch noch sooo gerne hätte, bei weitem die Menge (vor allem den Platz), die mein Garten jetzt zu bieten hat.;-) Rozanne habe ich letzten Herbst total günstig bei den Restposten eines Gartencenters erworben, konnte ihr allerdings nur ein kleines Plätzchen zuteilen, so dass ich ihre langen Ranken bereits zurückschneiden musste. So wächst sie aber schön kompakt und blüht trotzdem.:-)

    Was machen die Tomaten, konntest Du mittlerweile ein paar ernten? Hier läuft die Ernte immer noch schleppend, an einen Tomatensalat war bisher noch nicht zu denken...

    Liebe Grüße, Bärbel

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