Freitag, 27. Dezember 2013

Hoch leben die Hyazinthen

Neulich habe ich eine Schokolade gegessen, die von mir aus nicht hätte in Großproduktion gehen müssen: Sie war unterseits mit salzigen Crackern gespickt - Überraschung! Gegensätze ziehen sich bekanntlich an, aber diese Kombination war nicht nur gewagt, sondern auch gewöhnungsbedürftig. Das war gerade so, als würde man Weihnachtsbäume zusammen mit Hyazinthen verkaufen. Ach, Moment, ich vergaß - auch das tut man ja tatsächlich. Im Dezember wird ständig und überall Frühlingsschmuck neben Tannengrün feil geboten.

Aber obwohl ich Hyazinthen sehr gerne mag, finde ich: Alles zu seiner Zeit. Bitte erst nach Neujahr, wenn man den Frühling ganz plötzlich kaum noch erwarten kann.

Im Januar und Februar sind die feisten Stinkeblumen (Hyacinthus orientalis) dagegen eine wunderbare Ersatzdroge für das Gärtnern draußen. Nur ins Schlafzimmer sollte man sie nicht stellen, denn während ihr Geruch im Garten sich nur dezent ausbreitet, kann die geballte Ladung Parfum in kleinen Räumen durchaus anstrengend werden.

Egal, ob man die Hyzinthenzwiebeln im Glas selbst vortreibt oder im Topf schon knospig kauft: Ist die Blütezeit vorbei, muss man der Pflanze ein bisschen Ruhe gönnen. Bis das Laub eingezogen ist, kann man sie kühl stellen, nur abschneiden darf man es nicht - hier empfiehlt sich dann doch das Schlafzimmer.



Wenn die Blätter verwelkt sind, kann man die Hyazinthen während einer frostfreien Witterungsperiode in den Garten pflanzen und hoffen, dass die dicken Geophyten uns bis zum nächsten Frühjahr die Treue halten. Mit dem Einpflanzen sollte man nur nicht allzu lange warten, sonst fangen sie in der warmen Stube an, ein zweites Mal auszutreiben und verausgaben sich dabei völlig. Falls es bei Dauerfrost gar keine Gelegenheit gibt, die Zwiebeln ohne Spitzhacke unter die Erde zu bringen, sollten man sie lieber aus dem Topf-Substrat kratzen und kühl und trocken aufbewahren, bis ihre Zeit gekommen ist.

Gern kann man auch noch Zwiebeln von Bekannten und Verwandten adoptieren, wenn die verblühten Wonneproppen ansonsten weggeworfen würden. Immer eine Spitzen-Idee sowie eine gute Tat ist es, sie im März und April vom Friedhof zu evakuieren, wo sie in Massen in den Entsorgungsbehältern dahinvegetieren.

Man sollte von den neuen Gartengästen jedoch nicht erwarten, dass sie stets wieder die gleiche angeberische Hochleistungsblüte zeigen. Mit den Jahren werden die Blütenstände wieder wildhafter - lockerer und zarter, aber immer noch duftend und nett anzuschauen. Ich würde sogar soweit gehen und behaupten, dass man das Alter einer Zwiebel an ihrer Blüte ablesen kann: Je älter, desto lockerer - da können wir uns alle noch eine Scheibe von abschneiden!

Die Zwiebelblumen sind trotz ihrer großen Show erstaunlich hart im Nehmen und vertragen auch späte, tiefe Fröste tapferer als so manche Narzisse.

An den Hyazinthen hat daher man noch jahrelang Freude - und das ganz ohne Tannengrün!

Freitag, 20. Dezember 2013

Scharfe Schönheit

Ich hatte einen Traum. Nicht, nicht vom Weltfrieden, man soll ja klein anfangen. Ein leckeres Winteressen wollte ich kochen - und zwar sollte es eine heiße, scharfe Suppe werden, für die innere Pudelmütze. Eine kleine gelbe Habanero hatte mir letztes Jahr den Kopf verdreht - Chilischärfe vereint mit außergewöhnlichem Aroma, das wollte ich gern öfter haben. 

Daher säte ich die Kerne dieser Frucht im Februar erwartungsvoll aus - und es geschah: Nichts. Die Samen waren nicht zum Keimen aufgelegt, Pech gehabt. Sie sahen auch von vornherein nicht besonders gut aus, eher schrumpelig. Zum Glück hatte ich die Kerne einer anderen Habanero aufbewahrt - die war rot und eigentlich sterbenslangweilig: Mild und wenig Eigengeschmack.



Egal, Habanero ist Habanero, also rein damit in Aussaaterde. Tatsächlich: So langweilig war sie doch nicht: Sie überraschte mit einer guten Keimquote - drei Sämlinge hatte ich nun. Jeden Tag erfreute ich mich an den kleinen Pflänzchen, bis, ja bis Frau Katze in einer Nacht- und Nebelaktion beschloss, sie zu Klump zu fressen. Das hatte die alte Teufelskralle mal wieder gut hinbekommen: Nur der allerkleinste Sämling, das Nesthäkchen gewissermaßen, hatte die Fressattacke überlebt. Das war zwar auch eine Art Selektion, aber nicht die, die sich der Gärtner wünscht - man soll schließlich immer die stärksten Pflanzen weiterkultivieren.



Daraus wurde ja nun wohl nichts. Ab sofort passte ich mit Argusaugen und einer Klarsichthaube gut auf den letzten Habenero-Sprössling auf, damit er nicht auch noch ins Katzengras biss.

Bald durfte er nach draußen, wo er in Sicherheit war vor gefräßigen Raubtieren. Ich war bass erstaunt, wie hübsch so eine Habanero wuchs: Straff aufrecht und von trichterförmiger Gestalt, fast symmetrisch, gelernt ist gelernt.



Das Warten auf Blüten allerdings wurde zur Geduldsprobe. Die ersten hat die Pflanze auch prompt fallengelassen wie eine heiße Kartoffel. Kein Fruchtansatz in Sicht. Das konnte ja heiter werden.

Dann endlich sind ein paar hängen geblieben - es erscheinen die ersten, grünen Chili-Knubbel. Mit Spannung beobachtete ich ihren Werdegang - man konnte richtig dabei zuschauen, wie sie an heißen Tagen dicker wurden, um dann an kalten wieder im Wachstum zu stocken. Bis zur Reife war es dann auch schon Oktober - das Erröten vollendete sich binnen Tagen, wenn es erst einmal begonnen hatte.



Scharf waren die kleinen Kerle, keine Frage. Vom legendären Aroma der gelben Variante aber auch wieder keine Spur. Egal, optisch punktet die Habanero auf jeden Fall.

Mein Fazit: Auch Capsicum chinense ist leicht und günstig aus Samen heranzuziehen, falls man an keimfähiges Saatgut kommt (erkennbar an der rein gelben Farbe wie man sie von Paprikakernen kennt). Die Pflanze hat eine architektonische Wuchsform und wunderschöne Früchte, die lange zieren, wenn sie nicht gegessen werden. Sie ist ein bisschen wärmebedürftiger als Capsicum annuum und kann wie diese im Haus überwintert werden. Ich werde am Ball bleiben - bis mir der Traum von eigenen Aromakugeln in Schotenform erfüllt wurde.

Freitag, 13. Dezember 2013

Rabenmutter

Rabenmütter gibt es nicht nur bei Menschen und bei Raben (wobei letztere mit ihrem Nachwuchs stets sehr fürsorglich umgehen). Man kann sie auch dort antreffen, wo man sie am wenigsten vermuten würde, nämlich im Pflanzenreich.

Nun muss sich Grünzeug ja wahrlich nicht zwischen Kindeln und Karriere entscheiden, trotzdem gibt es auch darunter Exemplare, die sich erst Nachwuchs zulegen und ihn dann völlig vernachlässigen.

Eine mir bekannte Phalaenopsis-Orchidee, die lieber anonym bleiben möchte, ging in dieser Beziehung mit ganz schlechtem Beispiel voran: Anscheinend durch die vorweihnachtliche Stimmung beeinflusst, dachte sie sich erst, ihr Kindel(ein) kommet, um es sich dann ganz schnell anders zu überlegen. An einem alten Blütenstängel hatte sie angefangen, einen Ableger heranzuziehen, der schon mit winzigen Blättchen und noch winzigeren Wurzeln ausgestattet war (links im Bild).

Wenn eine Orchidee so etwas tut, ist das eigentlich immer ein Grund zur Freude, denn so erhält man kostenlos eine neue Pflanze durch vegetative Vermehrung. Für uns Laien ist dies der einzige Weg, eine Phalaenopsis zu vervielfältigen, da die Anzucht aus Samen nur unter Einsatz von allerhand Spezialsubstrat und -wissen gelingt.

Diese Rabenmutter-Pflanze aber hat dem Nachwuchs viel zu früh den Saft abgedreht, obwohl ich ihr schon mit einem Besuch bei Pro Familia gedroht hatte. Sie ließ den Stängel einfach vertrocknen, dabei hing der Ableger noch dran und war viel zu klein, um schon auf eigenen Wurzeln zu stehen.

Also habe ich schnell Jugendamt gespielt und ihr das Kindel weggenommen, bevor es ganz zu spät war. Die Blätter fingen nämlich bereits an zu verschrumpeln, was sich auch nach einem warmen Vollbad nicht ändern wollte. Ein anderer Ableger ist deutlich größer und wird wohl durchkommen (oben rechts im Bild). Er war direkt neben der Mutterpflanze gewachsen und ließ sich kinderleicht abtrennen. Ob der Unglücksrabe noch was wird, ist zu bezweifeln. Ich habe ihn zusammen mit dem größeren Nachwuchs in Orchideensubstrat gesetzt und hoffe auf ein Wunder. Und das wird es auch brauchen.

Eine selbstgezogene Orchidee wäre ja ein wirklich sensationelles Weihnachtsgeschenk. Allerdings erst im nächsten Jahr, wenn die Ableger etwas mehr hermachen und keine Sozialfälle mehr sind.

Die eigensinnige Phalaenopsis-Rabenmutter werde ich jedenfalls weiterhin genauestens beobachten, scheint sie doch an sich sehr vermehrungsfreudig zu sein, wenn auch nicht gerade von der konsequenten und mütterlichen Sorte....

Samstag, 7. Dezember 2013

Fotowettbewerb "Günstig Gärtnern" - Die Gewinner

Im November hatte ich euch gebeten, doch einmal sparsam zu gucken und mir eure besten Bilder zum Thema "Günstig Gärtnern" zu schicken.

Nun hat die Jury getagt und die Gewinner ausgelobt:

Der erste Preis (das Buch "Natürlich Heike") geht an die Gartenfee von Maifelder Gartenlust, denn ihre Collage löst ein uraltes Rätsel: Was macht man bloß mit Stäben aus Betonstahl?


Sie schreibt dazu: "Betonstahlstäbe sind super als Staudenstütze, Rosengerüst und Rankhilfe verwendbar. Sie sind in verschiedenen Stärken erhältlich, können im Eisenwarenhandel auf die gewünschte Länge zugeschnitten werden und sind im Vergleich zu anderen Staudenhaltern und Rankgerüsten aus Eisen sehr günstig. Manchmal hat man auch Glück und findet dort noch günstigere Schnittreste in der passenden Größe. Für besonders hohe Rosen oder Kletterpflanzen stecke ich ca. 2,50 m lange Stäbe pyramidenartig in die Erde und binde sie oben mit einem Draht zusammen. Zum Schluss erhalten die Spitzen noch eine zierende Mütze. Ich nehme dafür am liebsten Ton- oder Zinktöpfchen oder Styroporkugeln, die ich mit Scherben von altem Porzellan beklebe.

Die Jury fand: So viele Stabsstellen im Garten plus selbst gemachter Spitzenposition sind nicht nur doppelt günstig, sondern hier auch besonders schön fotografiert.


Den zweiten Preis (das Buch "Wo die Seele aufblüht") hat sich Fjonka verdient, indem sie zeigt, dass ausrangierte Zäune noch lange nicht zum alten Eisen gehören, und eine kaputte Leiter, die der Dachdecker vergessen hatte, prima als Rankhilfe für eine Clematis taugt.



Den dritten Preis (das Buch " Kompost aus der Kiste") gewinnt Sigrun für die Verwendung des nicht mehr bespielten Indianertipis ihre Sohnes als Bohnen-Rankhilfe.


Der Wackerstein hilft gegen Orkane, die Bohnen gegen Hunger. Die Konstruktion kann man auch ohne Sohn und altes Tipi selbst machen aus fünf langen Bambusstäben oder anderen Ästen.

Den vierten Preis (Gutschein für eine Fotoleinwand) gewinnt Rike, die zeigt, dass man aus einem alten Plastikblumentopf ein Dach für ein Futterhaus herstellen kann. Dazu muss man den Topfboden abschneiden, die Wand längs einschneiden, die Streifen lochen und oben mit einem Draht zusammenfassen. Darauf wäre ich selber nie gekommen - sieht gut aus und die Grünlinge bleiben trocken:



 

Weitere schöne Recycling-Ideen:

 
Dagmar hat einen Blumenkasten konstruiert nach dem Motto "Ich war ein Milchkarton". Sogar an ein Überlaufventil wurde hier gedacht!



Elisabeth hat leere Eierschalen zur Keimzelle von Grünzeug gemacht:



Vicky zeigt eine günstige Gartenwelt im Kleinen - alte Küchenutensilien bepflanzt mit Sempervivum:



Frauke hat ein schönes Hochbeet aus alten Paletten gebaut:


Urte hat Seife mit ihren eigenen Gartenrosen verfeinert:



Ich bedanke mich bei allen, die mitgemacht haben, und möchte euch jetzt schon dazu auffordern, im nächsten Frühjahr und Sommer eure Ideen ins beste Licht zu rücken, denn den Fotowettbewerb wird es garantiert im nächsten Jahr wieder geben!

Sonntag, 1. Dezember 2013

Gärtnerlatein

Man sollte ja meinen, dass der sämtliche Lebensgeister raubende Lateinunterricht in der Schule damals irgendeinen bleibenden Eindruck hinterlassen hätte und sich beim Gärtnern ein klein wenig nützlich machen könnte. Leider ist der einzige vollständige Satz, den ich noch im Schlafe und grammatikalisch korrekt wiedergeben kann, dieses hübsche Bonmot: "Rhenus fluvius est" - der Rhein ist ein Fluss. Das muss so ungefähr in der ersten Lateinstunde dran gewesen sein. Da war ich noch überzeugt, dass ich was für's Leben lerne. Dem aufmerksamen Leser wird jedoch nicht entgangen sein, dass man diesen Satz drehen und wenden kann, wie man möchte - es lässt sich aus keinem der enthaltenen Wörter irgendeine Sinnhaftigkeit für den Gartenalltag ableiten.

Nun ist laut einem internationalen Abkommen aber jede Pflanze gefälligst auf Lateinisch anzusprechen, denn so weiß jeder, was gemeint ist, ob er nun am Rhein oder am Nil gärtnert. Dummerweise haben sich seit jeher auch immer ein paar griechische Wörter dort eingeschlichen. Hinzukommen lustige Verballhornungen des Namens des Entdeckers einer Pflanze - man denke nur an Tulipa bakeri, die nach dem einschlägig bekannten Pflanzensammler George Percival Baker benannt wurde. "Bakeri" ist also schon mal kein Latein und die ganze Plackerei in der Schule hat mal wieder nicht so viel genützt.

Immerhin mit der Kenntnis von ein paar Adjektiven, insbesondere mit Wörtern für Farben, kann man sich halbwegs durchschlagen: Alba kennzeichnet stets eine weiße Blume, Nigra meint schwarz und Aurea hat was mit Gold zu tun und ist damit sofort auf der Liste der begehrten Stauden ganz nach oben gerutscht. Das hilft sowohl bei Art- als auch bei Sortennamen und meist ist Verlass auf diese Nomenklatur.



Händler, die etwas auf sich halten, werden sich also stets bemühen, den vollständigen lateinischen Namen für ihre Ware herzubeten, wenn es gut läuft auch noch mit Sortenbezeichnung.

Grundsätzlich misstrauen sollte man Versandgärtnereien, die kein bisschen Latein können und das auch in ihren Katalogen zur Schau stellen. So viel Platz, um den genauen wissenschaftlichen Namen der Ware abzudrucken, sollte schon sein. Das geht aber immer noch schlimmer - auch die deutsche Bezeichnung kann frei erfunden sein.


Ich bin einmal über den Namen "Bauernstaude" gestolpert. Das Bild ließ auf einen Beinwell schließen, aber das klingt offenbar zu profan. Ein anderer Artikel war mit "Bienenpflanze" betitelt. Mehr war nicht zu erfahren, auch das dürftige Foto bot Interpretationsspielraum. Es darf vermutet werden, dass es sich um ein Raublattgewächs gehandelt hat, möglicherweise war es die Gemeine Ochsenzunge (Anchusa officinalis). Bienenpflanze klingt natürlich viel besser und man kann dem Kunden praktischerweise eigentlich jede Boraginacee unter diesem Namen unterjubeln, es wäre noch nicht einmal gelogen.



Dennoch sollte man Händlern mit einem gewissen Hang zum Gärtnerlatein und mit allzu viel Fantasie mit ebenso viel Vorsicht begegnen, denn wer sich bei den Katalogen nicht um Genauigkeit bemüht, spart vielleicht auch anderswo. Wenn das gute Stück Staude, das man gekauft hat, dann allzu schnell sein Gartenleben aushaucht, wird man kaum Informationen finden können, wie man es beim nächsten Mal besser machen kann. Wie auch, ohne genaue Artbezeichnung.

  
Gute Versandgärtner erkennt man dagegen an ihrem tadellos geführten und gut recherchierten Auftritt, sei es als Katalog oder online. Ein bisschen Latein macht dabei immer einen guten Eindruck - solange es nur bei den Pflanzennamen Anwendung findet.

Auch wenn ich in der Schule also doch wenig Gärtnerlatein gelernt habe - ich traue keinem Händler, der keinen Wert auf botanische Bezeichnungen legt, denn so kann man am Ende viel Geld sparen.