Sonntag, 27. April 2014

Puzzlespiele

Wer gerne als Kind mit Bauklötzchen gespielt oder später im geschäftsfähigen Alter die Siedler von Catan bis zur Eroberung der Meere verhandlungssicher durchexerziert hat, für den ist dieses Buch hier. Denn dort kann man nach Herzenslust den eigenen Garten zum Zwecke der Selbstversorgung zusammenpuzzeln, bis man seine Lieblings-Esswaren möglichst platzsparend untergebracht hat.

Das Werk nennt sich Mini-Farming - Selbstversorgung nach Plan für jede Gartengröße von Brunhilde Bross-Burkhardt und ist für 29,99 € im BLV-Verlag erschienen.

Bevor es ans Verteilen der Module für Gemüse, Obst, Getreide, Honig und auch Fleisch geht, gibt es zunächst eine Spielanleitung. Die Fruchtfolge wird erklärt, das Kompostieren angerissen und die einzelnen Warengruppen vorgestellt.

Die Bienenhaltung ist genauso Thema wie die Kleintierunterbringung zum Zwecke der Versorgung mit Eiern, oder eben für den gelegentlichen Gänse- oder Kaninchenbraten. Zum Glück für Vegetarier gibt es aber auch Beschreibungen von Obstsorten, Gemüse und Kräutern. Selbst ein Mini-Feld für das von vorne bis hinten selbstgemachte Brot ist Bestandteil des Buches.



Sobald die einzelnen Module der Mini-Farm vorgestellt wurden, finden sich Pläne für jede Gartengröße von ca. 100 bis 700 Quadratmetern, auf denen die Bestandteile sinnvoll arrangiert sind. Abgerundet wird das Ganze durch Selbstbau-Tipps von Weiden-Flechtzäunen und andere baulichen Elementen, sowie Einlagerungs- und Konservierungsmethoden. 

Allerdings wird das Buch natürlich keinen Imkerkurs ersetzen und auch den richtigen Baumschnitt lernt man nicht. Zudem bleiben einige Fragen offen: Kann man wirklich ruhigen Gewissens sein eigenes Getreide mahlen, ohne früher oder später dem mordenden Mutterkorn anheim zu fallen?

Mutterkorn an Wiesengras

Mir ist ja klar, dass Selbstversorgung nichts für Zimperlieschen ist, aber sollte man allen Ernstes zur bei Tierschützern verpönten Lebendrupfung von Gänsen greifen, um eigene Daunenkissen zu füllen? Sind Honigbienen tatsächlich die einzigen Profis für die Befruchtung der Obstbäume, oder ist die Förderung von Wildbienen inklusive Hummeln nicht auch eine gute, varroafreie Variante, die zudem mit noch weniger Platz auskommt und selbst bei schlechtem Wetter funktioniert, nur eben ohne Honig zu bekommen?

Man liest aber gute Tipps, wie man Kaninchen und Geflügel artgerecht unterbringt, auch wenn man sie nur als Haustier halten und nicht essen möchte.

Die Autorin schreibt dabei immer kenntnisreich. Schade ist, dass es keine bebilderten Schritt-für-Schritt-Anleitungen etwa für den Schnitt von Spalierobst oder den Bau einer Kräuterspirale gibt.

Das Alleinstellungsmerkmal des Werkes ist die gelungene Modularisierung des eigenen Gartens - durch dieses Baukastensystem kann man sich gut klarmachen, was man eigentlich selbst anbauen möchte und wie man den bestehenden Raum dafür gewinnbringend zusammenpuzzeln kann. Selbst an einen Reihenhausgarten wurde gedacht. Als Ideengeber ist es daher auf jeden Fall hilfreich.




Und wer weiß, vielleicht wird man wie beim Siedlerspiel am Ende tatsächlich mit dem Nachbarn Handel treiben - tausche Getreide gegen Holz...


Montag, 21. April 2014

Silbersee

Dass das Einjährige Siberblatt (Lunaria annua) in Windeseile einen ganzen Garten unter sich begraben und in einen Silbersee verwandeln kann, weiß jedes Kind. Ich jedenfalls wusste dies bereits seit frühester Jugend, da meine Mutter sich mit einem Silberblatt und seiner reichen Nachkommenschaft auf ihrem Grund und Boden so sehr gestraft fühlte, dass sie nicht müde wurde, sich darüber zu beklagen. Es war ein Kreuz mit diesem Kreuzblüter. Schließlich und endlich wurde feierlich seine Ausrottung angekündigt. Sie hat es auch am Ende bezwungen - dank eisernem Willen und viel Jäten.

Aber schon damals hatte ich ein weiches Herz für diese Pflanze und hätte sie gern noch länger im Garten herumvagabundieren sehen. Es war dem armen Kreuzblüter jedoch nicht vergönnt - bis heute hat er keine Wurzel mehr in elterliche Gefilde gesetzt.



Ich weiß daher nicht, ob es eine verspätete Trotzreaktion gegenüber meinen Altvorderen war, aber in meinem Garten wollte ich die spontane Zweijährige unbedingt haben. Außerdem fand ich, dass die Pflanze dringend mal wieder unter Leute muss, denn man sieht sie kaum noch in den Gärten. Also her mit dem Grünzeug, koste es, was es wolle. Nun, wuchernden Wegelagerern ist eines gemeinsam: sie kosten in der Regel gar nichts, da viele Leute froh sind, wenn sie sie irgendwie loswerden, noch dazu an gutgläubige Gärtner, die von dem einnehmenden Wesen der milden Gabe keine Ahnung haben.

Und so verstreute ich ganz zuversichtlich geschenkte Samen in der Gegend herum, nur um rein gar nichts keimen zu sehen. Selbst im Topf vorgezogene Jungspunde verschwanden auf mysteriöse Weise, sobald sie Kontakt mit meinem Garten bekamen.


Letztes Jahr gegen Ende des Winters fand ich dann im Gebüsch an einer Schrebergartenanlage verwilderte Silberblätter, die noch Samen in ihren vorjährigen Schoten hatten. Wenn das kein Schatz war - und ein Wink mit dem Zaunpfahl, es doch noch einmal mit ihnen zu versuchen. Ich säte sie aus und wieder wollten sie nicht keimen. Ich legte vor lauter Ungeduld schließlich Erbsen in die Kokosquelltöpfe, damit wenigstens irgendwas wuchs.

Monate später - die Erbsen konnten schon geerntet werden - erschienen mit einem Mal seltsame Keimblätter direkt neben dem Gemüse. Trotz der großen Nähe zu den Erbsen wuchsen die Sämlinge energisch und waren bald als kleine Silberblätter zu erkennen. Das muss eine wirklich robuste Auslese sein, dachte ich mir, und pflanzte den ganzen Topfinhalt samt Rest-Gemüse unter den Zierapfel.


Nun zeigt sich, dass die gesammelten Samen wahrhaftig von äußerst durchsetzungsstarken Gesellen stammen - es wird geblüht, und wie! Vielleicht darf man den Keimlingen nicht alles auf dem Silbertablett servieren, dann strengen sie sich mehr an.

Ja, ich weiß, bei anderen Leuten sind die Pflanzen dreimal so groß, aber meine hatten auch eine schwere Kindheit. Ich für meinen Teil mag meine Bonsai-Silberblätter und könnte sie den lieben langen Tag bewundern.





Es stellt sich jedoch die berechtigte Frage, ob mein Garten bald für immer im Silbersee schwimmen wird, oder ob dies wieder nur ein kurzes Gastspiel ist. Wenn meine Mutter die Pflanzen sieht, wird sie auf jeden Fall den wuchernden Weltuntergang prophezeien, aber da lassen wir es jetzt mal drauf ankommen...

Montag, 14. April 2014

Erdrotation

Man soll nicht mit dem Essen spielen. Richtig so. Nach dem Essen allerdings kann man machen, was man will. Ich für meinen Teil spiele am liebsten mit den Tomatentöpfen - nach dem Verspeisen der Früchte und Roden der Strünke im Herbst. Dann stehen die Kübel mit Erde, aber ohne Tomatenpflanzen, den lieben langen Winter hindurch auf der Terrasse herum und langweilen sich. Mir ist es dann ähnlich öde zumute.

Also habe ich mir mittlerweile eine grandiose, spaßige Beschäftigung für die kalte Jahreszeit ausgedacht: Ich säe, stecke und pflanze alles, was nicht niet- und nagelfest ist, in diese Töpfe. Dazu kommt allerhand Spontanvegetation, die immer auf geheimen Wegen dort hingelangt und auskeimt, was wiederum eine spannende Sache ist.

Durch diese Erdrotation hat die ganze Blumenerde in den Kübeln noch eine Verwendung und kann sich nützlich machen, bevor im April oder Mai die nächste Charge Tomaten gepflanzt werden muss und das Substrat ausgewechselt wird. Günstig ist dieser Nebenjob der Töpfe außerdem noch. Denn obwohl immer wieder geunkt wird, dass Topfsubstrat seine Struktur und überhaupt seine ganze Identität verliert, wenn es von letztem Jahr stammt oder auch nur einen Keimling beherbergt hat, kann man beruhigt darin aussäen, pflanzen und herumprobieren. So schlimm ist das alles nicht, denn toffreie Erde ist aufgrund der unverrotteten Holzfasern deutlich strukturstabiler als konventionelle (siehe auch hier).

Letztes Jahr habe ich einen Ast der Jostabeere zerschnitten und die Teilstücke tief in die alten Tomatenbehältnisse gesteckt. Das Experiment sieht sehr gelungen aus - die Zweige treiben aus und alle sind glücklich. Geht das vielleicht auch mit Johannisbeeren? Auch dafür ist noch ein Platz in der Topf-Phalanx frei.

Dazu kamen noch Samen vom Feldsalat, der mittlerweile in meinem Garten etabliert ist und sich selbst vermehrt, so dass ich ohne Zukauf weiterer Saat auskomme. In den Tomatentöpfen sind leckere kleine Salatköpfe gewachsen, die dazu den ganzen Winter lang alle Zeit der Welt hatten.

Aber noch nicht genug der Experimente - ich möchte auch noch herausfinden, ob schon völlig verholzte, aber noch mit Blättern behaftete Stängel von Moschusmalven bewurzeln (links im nächsten Bild). Und das Ergebnis sieht bis jetzt äußerst vielvesprechend aus!

Dann wäre da noch die bunte Frühlings-Pflanzengesellschaft aus zweijährigem Schöterich (Erysimum) und Vergissmeinnicht, die sich ganz ohne mein Zutun eingefunden hat, obwohl die Erde nicht nur von gestern ist, sondern sogar schon etliche Jahre alt (rechts im Bild):

Dieser unbekannte Sämling, der in Windeseile zu einer großen Pflanze herangewachsen ist, keimte wohl heimlich im Winter. Ich bin mir gar nicht sicher, in welche Richtung ich nach seinem Namen suchen muss - Karde oder Kompasslattich? Ich werde ihn wohl blühen lassen müssen, tendiere aber eher zum Lattich, da sich die Pflanze mittlerweile bis an die Zähne bewaffnet hat mit roten Stacheln.

Man sieht - diese Form der Erdrotation ist unglaublich spannend und viel besser, als die Tomatentöpfe schon im Herbst in den Komposter zu verklappen. Das Substrat gehört nach einer Saison noch lange nicht zum alten Eisen. Und schließlich braucht doch jeder Gärtner etwas zum Spielen, und wenn es nur alte Blumenerde ist!

Montag, 7. April 2014

Die Verschmähte

Ich verstehe das nicht mit den Blumen und den Bienen. So grundsätzlich natürlich schon, ich bin ja nicht von gestern. Allerdings frage ich mich, warum meine Süßkirsche zwar mich betören kann mit ihren herrlich üppigen Blüten, die Bienen aber auf Abstand hält, als wollte sie niemanden auf sich herumkrabbeln haben.

Mein sich zierendes Bäumchen namens 'Celeste' veredelt auf die schwachwachsende Unterlage GiSelA 5, im folgenden kurz Gisela genannt, ist ja von seinen Ausmaßen her wirklich überschaubar und prima für den Reihenhausgarten geeignet. Hier steht sie jetzt seit 2005. Wenn sie mir zu breit wird, schneide ich sie nach der Ernte ein wenig.


Zur Blütezeit macht der Fruchtzwerg auch durchaus was her mit seinen Pompons ganz in Weiß. Madame duftet zart und verwandelt meinen wilden Garten für eine kurze Zeit in etwas ausgesprochen Elegantes.


Wenn da nur nicht die unschöne Sache mit den Bienen wäre. Ich bin ja stets bemüht, in meinem Garten nicht nur hübsche Pflanzen zu pflegen, sondern mit ihrer Hilfe auch die Insekten gut zu beköstigen. Mit der Gisela verhält es sich nun so, dass sie in ganz wenigen Jahren bei Hummeln und Wildbienen beliebt ist, während die Tierchen in den anderen scheinbar angewidert abdrehen, nachdem sie kurz an den Blüten gekostet haben.


In einem Frühling (anno 2012) hat es sich mal gelohnt, mit der Kamera daneben zu stehen, weil immer neue illustre Gäste kamen - von der Zweifarbigen Sandbiene bis zur Rotpelzigen, von Mauerbienen bis zu Hummelköniginnen war alles vertreten. Es war eine wahre Pracht.


Dieses Mal steht der Baum wieder fast allein da, während die Vogelkirschen im Park und die Sauerkirsche ein paar Gärten weiter von Bienen umschwärmt werden, als würden sie es bezahlt kriegen. Es ist mir ein Rätsel. Aber mehr als anbieten kann ich es den Insekten ja nicht. Nur eine einsame Honigbiene und die Zweifarbige Sandbiene konnte ich dieses Jahr schon an ihr beobachten - der Laden brummt nicht so richtig.

Gut, dass Gisela immerhin selbstfruchtbar ist, sondern hätten wir den Salat und würden keine einzige Frucht zu sehen bekommen.

Vielleicht kann mich ein Imker mal aufklären, wie das mit den Süßkirschen und den Bienen denn nun eigentlich so ist. Gibt es da einen Trick - weniger Kompost oder mehr etwa? Geht es ihr zu gut? Hat sie es nicht nötig? Oder verpasse ich den Tag der größtmöglichen Attraktivität der Blüten einfach nur immer?

Bald blüht aber der Zierapfel und auf den ist wenigstens Verlass - der ist schon eher der Kumpeltyp und ein echter Bienenmagnet, jedes Jahr zuverlässig wieder. So gehört sich das ja auch. Nur meine süße Gisela kriegt es einfach nicht hin mit den Blumen und den Bienen - da hat sie in der Baumschule offenbar nicht aufgepasst. Ich werde sie wohl doch mal aufklären müssen...

Dienstag, 1. April 2014

VIP

Vorhang auf, Tusch, Fanfare und einen ganz großen Applaus für meinen VIP (Verdammt Interessante Pflanze) im Garten, der dieses Jahr sein Debut mit einer fulminanten Blüte gibt - gleich zwei Blumensträuße voll hat er mir gebastelt.

Seine Bühnenpräsenz ist unglaublich, vor allem, weil er anstrebt, die Hauptrolle im Beet zu übernehmen - er ist ziemlich in die Breite gegangen nach nur zwei Jahren Engagement.


Die Pelzbiene (Anthophora) jedenfalls schaut sich die blühende Vorführung gerne an und bestäubt mit Freuden die borretschähnlichen Blüten. Sogar eine Ackerhummelkönigin machte ihre Aufwartung.


Es geht natürlich wieder um meinen heißgeliebten Rauling (Trachystemon orientalis), der die kleine Bühne zwischen Komposter, Kletterrose und Spierstrauch gut zu nutzen weiß, aber immerhin um diese Jahreszeit noch sparsam mit seinen elefantenohrgroßen Blättern umgeht, so dass den Pflanzen in den Nebenrollen noch eine Chance auf eine kleine Darbietung bleibt.

Die Schneeglöckchen und Scillas sollten also bis zum Ende ihrer Spielzeit durchhalten können, ohne von ihm erdrückt zu werden.
In diesem Divengehabe und seinem einnehmenden Wesen liegt die ganze große Chance von Herrn Rauling - der Giersch wird nichts zu lachen haben in seiner Nähe. Beide haben ähnliche Ansprüche und toben sich gern im Schatten unter Gehölzen aus, aber der kleinere Giersch wird kein Blatt ans Licht bekommen unter der Fuchtel von Trachystemon, dem Großen - den spielt er einfach an die Wand.

Weitere Geschwister Fürchterlich in meinem Garten, die ein gutes Bollwerk gegen Aegopodium podagraria bilden, sind der Punktierte Gilbweiderich (Lysimachia punctata) und das Mädesüß (Filipendula ulmaria). Diese wuchernde Gemeinschaftsproduktion lässt dem Giersch keine Lücke mehr, durch die er noch schlüpfen könnte.

Ein anderer VIP ist die Frühlings-Braunwurz (Scrophularia vernalis), die an einem der Lieblingsplätze des essbaren Wucherers gastiert und ihm das Leben momentan zur grünen Hölle macht - unter ihren Blattmassen muss sich der verdunkelte Doldenblüter doch sicher geschlagen geben?

Nun wird der vorsichtige Gärtner wohl zu Recht anmerken, dass meine Choreographien etwas zu wünschen übrig lassen, denn sie treiben ganz offensichtlich den Teufel mit dem Beelzebub aus, aber immerhin mit biologischen Waffen.

Doch so katastrophal wird die Inszenierung schon nicht ausgehen - die Braunwurz ist zweijährig, gibt also nur ein kurzes Gastspiel. Was dann an Sämlingen hochkommt, ist beherrschbar. Der Gilbweiderich stößt seinerseits wieder an grüne Grenzen in Form von anderen durchsetzungsstarken Stauden. Kein Problem also.

Und sollte der Trachystemon doch einmal zu sehr ausufern, kann ich ihn auch einfach aufessen - oder ganz großzügig verschenken. Er ist so selten zu kriegen, dass sich bestimmt jemand über die Diva freuen wird. Also gibt es wohl doch ein Happy End, aber nicht für den Giersch!