Freitag, 29. Mai 2015

Pflaster-Flora

Das Geld liegt auf der Straße. Manchmal zumindest - und mit Sicherheit in den vielen Fugen von gepflasterten Wegen und Hauseingängen. Da siedeln sie nämlich, die mutigen Stauden und andere, die sich gern in die kleinste Ritze versamen und dort Wurzeln schlagen - wenn auch immer etwas zweidimensional.

Manche Stauden mimen den Lückenbüßer geradezu hauptberuflich, wie das Gefleckte Habichtskraut (Hieracium maculatum), das meist - wie hier im botanischen Garten - in der Sorte 'Leopard' gepflanzt wird. Diese ist sagenhaft schick im "Animal Print". Die Art ist geeignet für das Blackbox-Gardening und samt sich bereitwillig in alle möglichen und unmöglichen Lücken aus.



Besonders gern nutzen bei mir diese Arten freie Zwischenräume, wenn die Konkurrenz noch schläft:

  • Frauenmantel
  • Akelei
  • Wald-Erdbeere
  • Hain-Veilchen (Viola riviniana 'Purpurea')
  • Pfirsichblättrige Glockenblume
  • Wald-Scheinmohn (Meconopsis cambrica)
  • Wilde Malven
  • Schnittlauch
  • Feldsalat
  • Kronen-Lichtnelke (Lychnis coronaria)
  • Mauerpfeffer
  • Spornblume
  • Nachtkerze
  • Stachelbeere
  • Orangerotes Habichtskraut (Hieracium aurantiacum)
  • Winter-Portulak





Die Bedingungen sind aber alles andere als optimal, selbst für wirklich hartgesottene Sämlinge. Die kleinen Pioniere müssen mit großer Hitze und viel Trockenheit zurechtkommen. Gibt es nur einen Platzregen, läuft das Wasser schnell oberirdisch davon, ohne die Pflänzchen zu erreichen. Auch Platz und Dünger sind Mangelware in den Engstellen. Und so schaffen es nur die Besten der Besten der Besten.

Falls die Spontanvegetation nicht den Ordnungssinn stört, ist die Pflaster-Flora also eine tolle Kaderschmiede für wahre Superhelden - Angepasstsein ist hier kein Schimpfwort.

Wird der Typ der Keimlinge aber anderswo verlangt, kann man die Knirpse auch frühzeitig aus ihrer Zwangslage befreien und in richtige Erde setzen. So lassen sich Lücken im Beet kostenlos und schnell füllen. Auch der Pflanze wird geholfen, denn sie wird in Gartenboden sicher besser blühen und ganz froh sein, wenn ihr Rhizom nicht für immer platt wie eine Briefmarke ist.

Zum Herausprokeln eignet sich am besten ein altes, stumpfes Messer. Damit hebelt man vorsichtig unter die Pflanzen (im Bild Akelei) und lockert ihren minimalistischen Wurzelballen. Damit habe ich bis jetzt die besten Erfolge erzielt. Nur mit der Hand an den Keimlingen zu ziehen führte oft zum Abreißen der Wurzeln - und das will man ja nicht.

Sogar die Moschusmalve, die dummerweise direkt vor der Stufe zum Hauseingang ihre Nische gefunden hatte, konnte ich mit dem Messer endlich erfolgreich befreien, nachdem ich ihr vorher mehrfach mit den Fingern nur die Blätter abgerissen hatte.


Mauerpfeffer und die Vielzahl der Habichtskräuter können am rechten Fleck, zum Beispiel vor einer Wand, aber ganz kleidsam aussehen. Deshalb lasse ich die kleinen Asphaltcowboys dort gern gewähren. Zuviel Ordnung muss ja auch nicht...

12 Kommentare:

  1. Super Beitrag! Oft gehen die Samen nirgendwo so gut auf wie in den Ritzen. Wenn man sie retten kann, hat man gewonnen.

    Lieben Gruß
    Sigrid

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  2. Ich bin auch immer wieder überrascht, wo überall kleine Pflänzchen auftauchen. Und überleben!
    Herzlichst
    yase

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  3. vor der Hauswand wächst bei uns unermüdlich eine Akelei und ganz neu und noch klein: eine Stockrose, das freut mich sehr.
    schönen Dank für die Bilder und Erklärungen!
    liebe Grüße von Sanne

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  4. Also ich hätte da noch Traubenhyazinthen, Edeldistel, Kuhschelle, Wegwarte, Lein und Lavendel zu bieten. Und selbst Leberblümchen sowie eine Lupine gedeihen in der Einfahrt bei meiner Mutter besser in den winzigen Fugen zum Haussockel oder anderen Pflasterritzen.
    Bei mir ist es noch Schafgarbe, gelbes Fingerkraut und Feinstrahl, die es besonders gern sehr eng mögen. Und bei uns bleiben sie lieber in den viel zu engen, oft heißen & sehr trockenen Fugen. Im Beet werden sie nach der Rettungsaktion leider umgehend von den Schleimern gefällt. Und so gibt es nun plötzlich blühende Einfahrten, in die kein Auto mehr fahren darf …
    LG Silke

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  5. I'm sorting thru the volunteers that come up in the sand between the paving slabs. The good ones I harvest carefully and move to the Terraforce blocks - where they flourish!

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  6. Habichtskraut - nun weiß ich auch das. Denn gerade habe ich Mr. W. animiert, im Hang auszurupfen. Du hast viele tolle Ideen, allerdings hebele ich kein Akelei aus den Fugen, des wächst hier viel zu viel davon.
    Meine Freundin war grad da und hat gemeint, in meinem Garten wäre viel Blackbox zu finden und brachte mir eine Tüte mit gemischten Samen für den trockenen Hang.

    Sigrun

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  7. Das sind immer die Momente, in denen ich mir klar mache, dass Pflanzen eben an zwei Orten auftauchen: 1. Dort, wo sie den besten Standort haben. 2. Dort, wo die Samen schlicht hängenbleiben und nicht mehr weggkommen und wenn es dann noch zum passenden Zeitpunkt regnet, keimen sie und sind dort festgenagelt. Da lob ich mir Deine Messertechnik, die sie aus dieser schrecklichen Situation befreit ;-)
    LG
    Anja

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  8. morgen flitze ich als erstes einmal raus und versuche den Messertrick bei meinen Steinen. Bei mir wachsen alle Möglichen Campanula Arten und die Schaben Königskerze in den Pflasterfugen. Sehr schwer heraus zu bekommen.
    LG Cordula

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  9. Tja, das kenne ich auch - nur Spornblume und Scheinmohn hatte ich noch nie im Garten, schon gar nicht in den Pflasterfugen. Wenn man denn den Platz hat, sie umzusetzen. Meist muß ich solche Pflanzen die im Pflaster wuchern, leiden killen, denn wohin damit? Der Mauerpfeffer hat sich bei uns vorm Haus auch von selbst angesiedelt. Ich mag ihn sehr.

    Liebe Grüße
    Sara

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  10. Fühlt sich aber das Habichtskraut mal wo heimisch, dann wird man es so gut wie nicht mehr los. Diese Erfahrung habe ich gemacht.

    lg kathrin

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  11. Ja, es ist schon erstaunlich, was da keimt. In irgendeiner meiner Gartenzeitschriften habe ich kürzlich auch einen Artikel über die günstigen Keimbedingungen in Pflasterfugen gelesen. Bei mir kamen sogar Raublattastern in Fugen hoch, sie stehen immer noch da... Aber leider nicht nur derartig attraktive Gewächse, wie du sie hier vorstellst. Vielleicht sollte ich mal die Zusammenstellung der Keimlinge in unserer Auffahrt posten. Gute Idee!
    LG
    Sisah

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  12. Liebe Elke,
    in unserer Mauer gabs auch schon Löwenzahn,
    Brennnesseln, Giersch und andere (Un)kräuter :-)
    Aber ist schon erstaunlich - wie sie sich festkrallen!
    Liebe Sommergrüße
    sendet dir die Urte :-)

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