Samstag, 2. Mai 2015

Rasen-Vertikutier-Opfer

Wenn man älter wird, hat das nicht immer nur Nachteile. Man traut sich Dinge, vor denen man sich in jungen Jahren hochgradig geniert hätte. Das sind dann oft Verhaltensweisen, die man bei seinen Eltern damals peinlich fand. Tja, so ändert sich die Wahrnehmung.

Am Sonntagabend jedenfalls machten wir noch eine Runde um den Block, bis ich wie erstarrt vor einer gut gefüllten Biotonne stehenblieb, die bereit zur Leerung am Montagmorgen an der Straße stand. Vorne aus der Klappe lugten nämlich gut sichtbar Krokusknollen in einer äußerst misslichen Lage. Es sah aus, als hätte die grüne Tonne gerade noch Reste ihrer letzten Mahlzeit aus dem großen Maul hängen.

Vor zehn Jahren noch wäre ich sicher vorbeigegangen - was sollen denn bloß die Leute denken? Doch nun überwog der Wille, zum Helden der Krokusse zu werden. Also einmal tief durchgeatmet, kurz umgeschaut, ob auch keine zurückgezogenen Gardinen zu sehen waren, Klappe auf, so viele Pflanzen aufgeklaubt, wie ich tragen konnte und schnell die Klappe wieder geschlossen. Dann besteht die Kunst darin, möglichst selbstverständlich mit der Beute in der Hand von dannen zu schreiten, als wäre Mülltonnenausrauben etwas ganz Alltägliches und ein hübscher Sport für zwischendurch.

Am liebsten wäre ich noch einmal mit einer Tasche zurückgekommen: Die ganze Tonne schien voll zu sein mit Krokussen gemischt mit Gras. Die kleinen Knöllchen waren wohl Opfer eines Rasen-Vertikutier-Massakers geworden. Gegen so ein großes Raubtier hatten sie keine Chance.

Hättet ihr ebenfalls Hand angelegt? Für jedes Grünzeug hätte ich bestimmt nicht zum Äußersten gegriffen, aber bei notleidenden Krokussen sehe ich rot, da kann ich nicht wegsehen. Die grüne Tonne ist doch nun wirklich kein Umgang für die kleinen Blumen. Die wirft man nicht weg, die gräbt man bitteschön wieder ein, wenn man den Rasen zuende massakriert hat.

Aber das kann ja nun ich machen, denn wer nicht will, der hat schon. Die gerettete Handvoll Zwiebeln, teilweise sogar mit gut gefüllten Samenkapseln ausgestattet (die rosafarbenen, länglichen Gebilde auf den Bildern), kommt nun in das Null-Euro-Beet, das bisher ganz krokusfrei sein Dasein fristete.

Die auserwählten Vertikutier-Opfer sind allemal besser als gekaufte Ware: Ich weiß jetzt schon, dass sie sich allem Anschein nach sehr gut vermehren, sie sind robust und tragen unverzüglich zur Vermehrung durch Samen bei. Welche Packung Zwiebeln aus dem Gartencenter kann das schon? Bei der Art tippe ich auf den Elfenkrokus (Crocus tommasinianus). Der ist sowieso mein Liebling und gut für Hummeln und Bienen.

Mir sind aber auch noch andere, große weiße Zwiebeln mit reichlich Kindern in die Hände gefallen (im Bild links zu sehen), die leider keine erkennbaren Blätter mehr haben und stattdessen einen grünen, knospenähnlichen Auswuchs mit Zipfelmütze zeigen. Was das wohl sein kann, ein Ornithogalum vielleicht?

Was auch immer die Rätselzwiebel für eine Art sein mag: Nächstes Jahr werden noch mehr Insekten gut versorgt sein, dank meiner hochnotpeinlichen Rettungsaktion! Manchmal muss man eben Opfer bringen für das große Ganze...

30 Kommentare:

  1. Soche Überraschungen sind doch toll... übrigens hast Du ja sowas von recht, was die Sache mit dem "Trauen" angeht... :-))
    Liebe Samstagsgrüße
    Marita

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  2. Ach, dann bist Du wohl doch noch nicht alt genug, liebe Elke ;-) Obwohl, so weit liegen wir doch gar nicht auseinander! Ich hatte zwar irgendwann im Spätsommer vor einigen Jahren keine Zwiebeln aus der übervollen Biotonne am Straßenrand gerettet, sondern nur abgeschnittene Sonnenblumenköpfe voller Kerne. Und dabei bestand meine größte Sorge nur darin, dass die Köpfe nach meinem Lebensmitteleinkauf schon weg gewesen wären. Denn in den Supermarkt wollte ich sie nicht mitnehmen. Jedenfalls gefielen die im Baum aufgehängten Köpfe den Vögeln im Garten meiner Mutter. Und ich hätte lieber auch nochmals zur Biotonne gehen sollen, um in den Tiefen nach weiterem Verwertbaren zu suchen …
    Aber es stimmt schon, da merke ich auch, dass ich Kind meiner Mutter bin. Für ihren Garten brachte sie sich vor vielen Jahren mal vom Abfallhaufen auf dem Friedhof einen Rhododendron und einen Taxus mit.
    VG Silke

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    1. Silke, die Geschichte mit den Sonnenblumen gefällt mir sehr!
      Und auch meine Mutter hat von ihren Friedhofsbesuchen schon oft schöne Pflanzen gerettet. Einmal sogar eine Jakobsleiter!
      VG
      Elke

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  3. sehr lobenswert ;-)
    tolle beute ;-)

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  4. Hach... Was hab ich jetzt gelacht... *schluchz* Moment, ich muss mir noch kurz die Tränen aus den Augen reiben *lautlach* ! Ich liebe deine Art zu schreiben - das muss ich jetzt an der Stelle nochmal betonen !!! Räusper - also bei uns stehen solche Tonnen leider nicht mit so schönen "Abfällen" drin. Aber ich hatte es schon mal, dass mir einer meine entsorgten, vom Frost gebeutelten und von Schnecken zerfressenen Kürbisse aus der Tonne mitgenommen hat *schmunzel*. Ich hätte ja zu gern erfahren, was derjenige damit gemacht hat. In die Erde hat er sie sicher nicht mehr pflanzen können. Auf jeden Fall finde ich es super, dass du zum Lebensretter der lebenden Krokusse geworden bist und ich bin gespannt, was du uns im kommenden Frühjahr für Fotos von ihnen zeigst !
    GGLG, Christine

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  5. hihihi.......guuuut gemacht :)
    Ich hätte bestimmt auch nicht achtlos vorbei gehen können.

    In eine, von heimlichen Gardinenspähern beobachtete Biotonne, hab ich noch nicht greifen müssen, dafür haben mein Mann und ich aber jahrelang, unbeobachtet an einem ablegenen Gartenabfallplatz regelrechte Suchorgien abgehalten :))

    Was für ein Gefühl, wenn wir wieder irgendwelche Schätzchen...manchmal arg ramponiert...auf dem großen Haufen entdeckten. Das war immer wie Weihnachten und Ostern zusammen.

    Einmal entdeckten wir -----leider------ eine sehr hübsche, üppig mit gelben Blüten ausgestattete Pflanze. Auch ihre Nachbarin..noch ohne Blüten.. gefiel uns gut, denn das hellgrüne Blattwerk war ebenfalls sehr ansprechend.

    Heute, Jahre später, versuchen wir noch immer vergeblich, dieses "Schmuckstück" wieder loszuwerden. Sie versamt sich überall und in jedem kleinen Fleckchen Erde. Irgendwo auf unserem 2000qm großen Grundstück, oder im angrenzenden Wald, muß wohl immer wieder eine versteckte Pflanze unseren wachsamen Augen entgehen und bis zur Samenreife kommen. Noch heute weiß ich nicht, wie diese "Schönheit" heißt :((

    Das kommt davon, wenn man umsonst "einkaufen" geht, lach.

    Ein schönes Wochenende wünscht dir
    Gaby aus dem Haus am Wald

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  6. Das könnte ich auch! sehr humorvoll geschrieben!
    so schaue ich gern bei unsererm Dorffriedhof nach Weggeworfenem. Fand dort im Sommer auch mal einen sehr großen alten gesunden Buchsbaum , der kam sofort in in mein Kofferraum, Daheim erst einmal in eine große Mörteltonne mit Wasser. Später wurde er geteilt, heute wächst er prima vor einer Betonsteinhangbefestigung!
    Inzwischen wird Buchsbaum dort auch weiterkultiviert.
    Grüße von Frauke

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  7. Das hätte ich gewesen sein können;-)...schön das du sie "Gerettet" hast!

    Herzlichen Gruß Klaudia

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  8. Gröl - seh ich auch so und hätte natürlich Hand angelegt, an Krokussen gehe ich nicht vorrüber!

    Sigrun

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  9. Wäre mir eine Tonne mit solchem Inhalt über den Weg gelaufen hätte ich genau wie du, sofort zugeschlagen. Aus dem Alter mich für so etwas zu schämen bin ich auch raus....GsD :)
    Schönes WE und liebe Grüße aus Ö
    LiSa

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  10. Ach, die armen Dingerchen!
    Liebe Elke du bist ein Held! :-)
    Dabei ist doch gerade eine Wiese mit Krokussen so herrlich!
    Wer sowas wohl rausrupft?
    Ganz viele liebe Maigrüße
    sendet dir die Urte :-)

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  11. Liebe Elke,
    recht so, und Glückwunsch zu den Neuzugängen!
    Die Samenkapseln im Bild zu sehen war auch sehr interessant, vielen Dank für die tollen Bilder mit Erklärungen.
    Habe letztes Jahr ein Winterlinge- Wurzelgeflecht von einem Bauschutthaufen geangelt. Das hatte man rausgerissen und drauf geworfen und das vertrocknete da einfach in der Sonne.
    Ist immer wieder schade zu sehen, was die Leute nicht zu schätzen wissen und einfach auf den Müll werfen.
    Liebe Grüße
    Bianca

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  12. Jo, manchmal sind peinliche Dinge von Nöten.... Aber ganz ehrlich: Blumenzwiebeln einfach entsorgen ist auch peinlich, noch peinlicher! Geradezu ein no- go!
    Ich warte gespannt auf deine Berichte im nächsten Frühling ;)
    Herzlichst
    yase

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  13. Gut gemacht! So unterschiedlich sind die Menschen...ich habe nur ein "Krokusnest" auf meiner Wiese und würde mich freuen, wenn es mehr wäre...anderen ist sowas einfach nur lästig...

    Liebe Grüße, Siggi

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  14. HiHi, liebe Elke, ich hab es direkt vor Augen, wie du die Grüntonne durchsuchst. Ich hatte mal vor Jahren reiche Beute auf dem Friedhof Kompost gemacht...da kann man auch zum Pflanzenretter werden. ;-)
    Lieben Gruß von Heike

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  15. Du Retterin der Enterbten du!!!! Wunderbar! Und außerdem ist ein Leben, in dem man mit ungewöhnlichem Verhalten auffällt eh viel interessanter als ein Nonamedasein, oder?! Ist es nicht schön als Zwiebeldurchdiegegendschlepperinundwiedereinpflanzerin in die Geschichte einzugehen? Ich find schon! Also nächstes Mal mit auffälligem Geklapper vorher alle zu den Fenstern locken, sollen die doch sehen, dass man mit Weggeworfenem noch allerhand anfangen kann! Vor den Vorhang Elke. Meinen Segen hast du :-)

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  16. Sehr gut gemacht, weiter so!
    Ich wäre sicher noch einmal im Schutze der Dämmerung losgezogen.
    Auf dem Friedhofskompost findet sich auch immer was zum retten.
    Lasst uns zum Pflanzenretter werden.
    LG conny

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  17. my Aonium Swarzkopf was rescued from a neighbour's garden waste.
    Trim the long stems and plant the rosettes of leaves.
    They travelled with me from Porterville and on Monday I'll move them again to their forever home in this new garden.

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  18. Ich bin da auch oft sehr radikal... wenn etwas nicht mehr gefällt, wandert es auch in die Tonne! Andererseits habe ich auch schon öfters aus den Friedhofscontainern Blumenzwiebeln, aber auch Wachs für mein Schmelzlicht herausgefischt!!!! Da habe ich kein Problem!!!! Allerdings habe ich auch schon mal ein Holzkreuz herausgefischt, das ich für ein Grab mitgenommen habe, um das sich niemand kümmert! Da habe ich mich aber dann geschaut, dass mich keiner sieht!!!
    Viele Grüße von
    Margit

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  19. Diese Geschichte ist herrlich, an Mülltonnen hätte ich zwar trotz fortgeschrittenen Alters immer noch Hemmungen, aber diese Pflanzen-Schatzsuche betreibe ich schon seit meiner Kindheit. Ich finde immer irgendwo 'ausgesetzte' Pflanzen, ich erinnere mich noch meiner Mutter von einer wilden Kompostdeponie eine alte verstoßene Gartenazalee angeschleppt zu haben. Da meine Mutter auch eine leibevolle Gärtnerin war, fand sie auch einen Platz in ihrem Garten und erblühte zu einer wahren Schönheit!
    Bin gespannt, wie sich deine Schätzchen entwickeln werden
    LG
    Sisah

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  20. Wunderbar,
    Ich finde es immer schade, wenn so viele Pflanzen nach der Saison in die Tonne fliegen!

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  21. Habe mir gerade vorgestellt wie du mit deiner "Beute" möglichst unauffällig vom Ort des Geschehens "verduftet" bist! :) :) Ich hätte wohl auch zugegriffen.....

    LG Dagmar

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  22. Na klar hätte ich das auch gemacht, die armen Geschöpfe haben es wirklich nicht verdient, in der Tonne zu landen. Wie so vieles andere auch, das heutzutage achtlos reingestopft wird und worüber sich andere freuen würden.
    Ich tippe auch auf Milchstern.
    Liebe Grüße, Margit

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  23. Witzige Geschichte! So etwas habe ich bisher noch nicht gemacht (aber ich kenne jemand, vor dem ist die Grünschnittdeponie auch nicht sicher...). Am Spannendsten finde ich, was nächstes Jahr dabei rauskommt.
    Viele schöne Sonntagsgrüße!
    Doris

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  24. Genau richtig gemacht ! Die Null Euro Beet Idee find ich super ! Ich versuche gerade unseren Wald in unserem Garten zu etablieren . Werde berichten wie es ausgegangen ist .Danke für deine tollen Anregungen .

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  25. also ich würde mich freuen, wenn Pflanzen aus meinem Garten Abnehmer finden!
    Manchmal hänge ich einen Korb über den Zaun bei der Bushaltestelle mit Früchten oder Pflanzen aus unserem Garten, die ich nicht mehr verwerten kann.
    Ich freue mich, wenn sich jemand darüber freut und es brauchen kann. Evtl. geht es ja den Bio-Tonnen-Besitzern ebenso.

    LG von Renate

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  26. Tja, so ist das, liebe Elke .... das beobachten wir inzwischen an unseren Kindern. Was denen (noch) alles peinlich ist, über das wir längst erhaben sind! :-)
    Es gibt ja nun leider solche und solche Grünen Tonnen. - Wo regelrechter Ekelkram drin wäre, würde ich nicht drangehen wollen. Das ist wirklich sehr unterschiedlich. Da gibt es die total überfüllten grünen Tonnen mit Windeln (nicht nur von Babys!) und voller Maden und vergammeltem Fleisch *puuh* wo sich die Ratten tummeln, weil die Deckel auch noch lange offen stehen ...

    Aber vom Friedhof aus den Abfallkörben nehme ich auch schon mal Zwiebeln oder Pflanzen mit. Es wird ja vieles weggeworfen, was durchaus weiterwächst.

    Viel Freude mit Deinen Blumenzwiebeln. Bin auch gespannt, ob das dann ein Milchstern war.

    Liebe Grüße
    Sara

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    1. Hallo Sara,
      Windeln und Fleischreste sind in unserer Stadt in der Biotonne zum Glück verboten, das kann man ja auch nicht sinnvoll kompostieren. Wenn das bei euch öfter vorkommt, ist das natürlich ärgerlich!
      VG
      Elke

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    2. Das ist bei uns nicht anders, liebe Elke. Nur leider richten sich manche Zeitgenossen nicht danach. In einigen Gegenden ist das schon ganz gut geregelt mit abschließbaren Behältnissen für die grünen Tonnen. Da kann dann kein Fremder dran.
      Liebe Grüße
      Sara

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  27. Hallo Elke,
    ich habe mal eine Frage an Dich:
    Gerade wollte ich mein Impressum in eine Unterseite, so wie Du es ebenfalls hast, hineinzuquetschen. Ich weiß jetzt nur nicht wie man solche Unterseiten wie Du sie hast:
    "Mein Garten", "Impressum", "Presse"
    erstellt.
    Und vor allen Dingen wie ich sie mit Leben füllen kann. Ich sitz jetzt schon wieder lange dran, und irgendwie der Rechner möchte nicht. (oder ich kann es einfach nicht)
    Es ist bestimmt sehr einfach, aber ich habe es noch nicht gefunden.
    Für Deine Hilfe danke ich Dir ganz herzlich
    LG der gartenengel

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