Samstag, 12. Juli 2025

Meine neue Freundin Angelica

Kennt ihr das auch? Manchmal hat man eine Pflanze, die so perfekt ein Beet aufwertet, und man vorher nicht mal wusste, dass da überhaupt Platz gewesen wäre? Prompt weiß man: Wenn dieses Gewächs verschwindet, wird man es schmerzlich vermissen, es wird eine riesengroße Lücke reißen. Fortan wird man wissen, dass da, genau da, ein Plätzchen frei wäre für ein ganz besondere Erscheinung. Also würde man am liebsten vor der Pflanze stehenbleiben und sie nicht mehr aus den Augen lassen.

Mein neuer Liebling, die Engelwurz, ist nicht mal besonders klein und dennoch passte sie noch an die Gartengrenze neben das Totholz und ich habe mich ernsthaft gefragt, wieso da so viel Platz frei ist und ich vorher nie auf die Idee gekommen bin, dort etwas hinzupflanzen. Aber es ist auch schwer für kleine Pflanzen, sich in der letzten Reihe zu behaupten, nur bei einer Engelwurz muss man sich gar keine Sorgen machen, die überragt einfach alles. Leider ist sie eben auch meistens zweijährig und stirbt nach der Blüte ab - und jetzt will ich dieses Schauspiel natürlich am liebsten jedes Jahr haben.








Ich hatte ja Ende April einen großen Topf mit einer noch größeren Engelwurz bekommen, ein Prachtexemplar mit Blättern von einem halben Meter Länge. Und dann bin ich sofort zwei Wochen in den Urlaub gefahren und die zum Abschied noch mal gut gewässerte Pflanze hat in der Zeit keinen Tropfen Regen abbekommen. Das ging ganz knapp noch mal gut, sie hat es überlebt. Und jetzt blüht sie ganz fantastisch.

Sie sollte eine Angelica gigas sein, aber eigentlich müssten die rötlich blühen, diese blüht aber weiß. Es könnte die heimische Angelica sylvestris sein, was ich noch besser finden würde.

Die Blattachseln sind bauchig aufgetrieben wie eine Badewanne und tatsächlich sammelt sich darin Regenwasser. Es sollen sogar etliche Tiere in diesen Phytotelmata leben.

Der Knaller ist aber die riesige Doldenblüte, die eine Doppeldolde ist und aus vielen kleinen Döldchen besteht.

Die Entfaltung jeder weiteren Knospe ist eine riesengroße Show.

Wespenmänner, Schwebfliegen, Maskenbienen, der Stahlblaue Grillenjäger, Honigbienen, Hummeln, Käfer und Weichwanzen tummeln sich hier. 

Das Landkärtchen war auch schon da - was diesem ramponierten Exemplar wohl zugestoßen ist?

Da die Pflanze auch Blattläuse versorgt, ist sie von Marienkäfern und Schwebfliegen umlagert.



Die Bestäubung sollte also gesichert sein - ich werde Samen sammeln und sofort wieder aussäen, damit ich auch im nächsten Jahr diesen prächtigsten aller Lückenfüller wieder im Garten habe! Denn ich weiß jetzt schon, dass ich meine neue beste Freundin Angelica sehr vermissen werde.

Samstag, 5. Juli 2025

Grasglück

Gräser im Garten sind ja gerade sehr in Mode. Nicht das gute alte Pampasgras, das früher mal in war, aber dann als altmodisch galt. Es wirkte auch immer ein bisschen steif und unbeweglich, vor allem sehr groß und dominant. Gräser im Staudenbeet sollen jetzt aber beschwingt und leicht daherkommen und sich mit den Stauden vergesellschaften, anstatt sie zu dominieren.

Gräser im Garten sind also mittlerweile ein Muss - und manche Schmetterlinge freuen sich auch über dieses Raupenfutter, denn mit den Blüten können die Falter eher wenig anfangen. Schwebfliegen naschen aber tatsächlich am Pollen. Also musste ich es auch versuchen. Daher habe ich ein geschenktes Bastard-Reitgras (Calamagrostis x acutiflora) 'Overdam' eingepflanzt, und das ist jetzt schon fünf Jahre her. Und seit 5 Jahren meckere ich an diesem armen Gras herum, weil es statt wogende Blattschwerter mit federleichten Blüten zu präsentieren immer mickrig war, umknickte und ein Bild des Jammers abgab, aber immerhin war es panaschierter Jammer.

Auch im Winter war es kein spektakulärer Anblick, auch dann verzauberten die umgenknickten Blütenstiele völlig überraschend gar nicht mal so sehr.

Dabei wird im Foerster-Stauden-Kompendium als "Anspruchsarmer Bastard für durchlässige Substrate" beschrieben (wobei Bastard zugegebenermaßen nicht nett klingt), sowie als horstbildend mit guter Winterwirkung. Bei mir wirkte eher der Winter gut auf das Gras ein als es auf mich Eindruck gemacht hätte.

Aber kaum wartet man 5 Jahre oder mehr, bin ich auch schon ganz begeistert von 'Overdam'. Diesen Sommer sieht es gar nicht nach Bastard, sondern nach einem ganz edlen Gras aus - Stängel bis zum Hals mit vielen luftigen Blüten, die sich hübsch im Wind wiegen oder bei Orkanböen nachgiebig schwanken.

Es wirft sich der Wilden Malve an den Hals wie eine Federboa, was geradezu bezaubernd wirkt und Malva sylvestris mit ihrer streng aufrechten Figur sehr schmeichelt. Diese Malve habe ich aus Samen selbst gezogen.


Und weil ich so zufrieden bin mit diesem Gras, habe ich mir dieses Jahr das Diamantgras (Calamagrostis arundinacea var. brachytricha) schenken lassen. Ob das auch 5 Jahre braucht, um mich zu überzeugen? Ich werde berichten. Zum Glück sind Schnecken an Gräsern nicht sonderlich interessiert, an der Front besteht also keine Gefahr...