Samstag, 26. Oktober 2024

Poolparty

Unsere Regentonne hat einen Deckel. Das ist gut, denn dann ertrinken keine Vögel darin und auch Mückenlarven können sich nicht im Wasser entwickeln. Stattdessen hocken aber ganz oft Tiere am Beckenrand, und zwar innen im Dunklen, die nicht so gertenschlank sind wie Mücken: Bei jedem Öffnen muss ich Asseln oder auch mal Tausendfüßer aus dem Wasser retten, weil sie ihren Schwimmreifen wieder nicht angelegt hatten und beim Lüften des Deckels irgendwo abgerutscht sind. Die passen also offenbar noch zwischen Deckel und Tonne hindurch.

Ein Rätsel sind jetzt im Herbst aber die vielen Springschwänze, die sich in Rudeln auf dem Wasser tummeln - Poolparty im Finstern? Die meisten der Schwimmer gehören zur Art Vertagopus arboreus. Und wenn die im Wasser leben würden, würden sie ja aquaticus heißen anstatt arboreus, oder? Eine faszinierende Farbe haben sie ja schon, als wären sie einer blauen, glitzernden Lagune entsprungen. Sie sollen trotzdem eher an Bäumen, unter Rinde, an Holzzäunen und Totholz leben.






Was machen sie dann in der Regentonne? Und sind sie dort glücklich, Poolparty hin oder her?  Der Wellengang ist zwar meist gering, außer, ich hole Wasser aus der Tonne, aber trotzdem - so recht vorstellen kann ich mir nicht, dass sie freiwillig aufs Wasser gehen.

Sie bilden auch immer schnell Schicksalsgemeinschaften und versuchen, auf dem Rücken größerer Tiere ihre Furca einzusetzen, um doch noch in Sicherheit springen zu können. Große Sprünge machen sie trotzdem nicht. Wie man sieht, können sie sich auf dem Wasser aber häuten.

Diese Aggregation enthält auch noch einen braunen Entomobrya-Springschwanz, der im Sommer eher an Holz vorkommt und gegen Herbst Richtung Boden in die Laubstreu wandert, aber nicht ins Nasse:

Das vergleichsweise riesige graue Tier habe ich nicht erkennen können.

Hier haben sie sich sogar alle auf ein Floß gerettet - könnt ihr erkennen, was es ist?


Richtig, ein Birkensame, der sich hervorragend als Boot eignet.


Entweder sie verwechseln die zugegebenermaßen recht holzähnliche Regentonne mit einem Baum und klettern auf demselben Wege hinein wie die Asseln, weil sie grundsätzlich Feuchtigkeit mögen, oder aber sie werden mit dem Regen vom Dach gespült. Dachpfannen sind ja Holz auch nicht so unähnlich, auch dort wachsen Moose.

Das hieße wiederum, dass die Kanalisation voll sein müsste mit diesen kleinen blauen Schlümpfen, die sich unglücklicherweise in einem völlig falschen Lebensraum wiederfinden würden.

Vielleicht ist die Regentonne also ein Auffangbecken gestrandeter Springschwänze. Ich fische sie jedenfalls ständig daraus. Mehr kann ich nicht tun. 


Habt ihr dieses Phänomen auch schon einmal beobachtet? Schaut gern mal in eurer Regentonne nach.

Samstag, 19. Oktober 2024

Rozanne

Meine Güte, was habe ich vor 13 Jahren vom Storchschnabel 'Rozanne' geschwärmt. Damals hatte ich mich sehr gefreut, diese Sorte für 3,50 statt 7 Euro erstanden zu haben auf dem Staudengrabbeltisch. Sie hieß zu dem Zeitpunkt noch 'Jolly Bee', bis der Züchter von 'Rozanne' einen Rechtsstreit angefangen hat, seitdem heißen sie alle 'Rozanne' – und 'Jolly Bee' ward nie mehr auf einem Staudengrabbeltisch gesehen.

Dafür sah man 'Rozanne' alsbald allerorten, während die gleichnamige Fernsehserie längst abgesetzt wurde. Vom Kreisverkehr über Verkehrsinseln und Friedhöfe bis hin zu Botanischen Gärten: Wo immer ein zuverlässiger Dauerblüher für den Beetvordergrund gesucht wurde, war dieser Storchschnabel die erste Wahl. Er kann  mit seinen langen Trieben auch in andere Stauden hinein ranken, was hübsche Effekte ergibt.









Warum blüht 'Rozanne' so lange? Weil die gute Dame völlig steril ist. Statt in Samen zu investieren blüht sie immer weiter. Weswegen man sie aber auch eben ganz schlecht vermehren kann. Teilen kann man sie vorsichtig, aber eben nicht aus Samen vermehren, was für den Züchter natürlich eine Goldgrube ist. Schnecken dezimieren sie immerhin auch nicht.

Und man muss wirklich sagen, dass 'Rozanne' äußerst langlebig ist. In meinem Garten blüht sie auch nach 13 Jahren noch fröhlich vor sich hin. Sie hat etliche Stauden um sich herum kommen und gehen sehen, aber sie ist noch da.

Andere Storchschnäbel sind derweil aus der Mode gekommen, nur 'Rozanne' wird immer noch als Massenware und Staude für alle Lebenslage eingesetzt. Das große Geranium-Sammelfieber der 90er und 2000er Jahre ist längst Geschichte, obwohl mit der diesjährigen Schneckenplage eigentlich das Gegenteil passieren müsste, denn alle Arten werden von Schnecken weiträumig umgangen.

Ein Problem haben Storchschnäbel: Sie sind nicht gerade als Wildbienenpflanzen bekannt. Sie können so heimisch sein wie sie wollen, aber es gibt keine Storchschnabel-Sandbiene. Generalisierte Wildbienen wie die Gehörnte Mauerbiene mögen die frühblühenden Arten wie den Braunen Storchschnabel aber ganz gern.

Und der Pyrenäen-Storchschnabel mit den kleinen Blüten ist die erste Addresse zum Übernachten.


Den Pyrenäen-Storchschnabel brauche ich also unbedingt auch noch. Ich schätze, 'Rozanne' wird auch ihn überleben und mich sicher auch.

Samstag, 12. Oktober 2024

Es knöterte der Knöterich

Heute soll es um den Kerzen-Knöterich gehen, eine Staude, die auch jetzt noch blüht und so schnell nicht schlapp macht. Ich habe meinen vor 7 Jahren bei der Staudenbörse im Botanischen Garten Gütersloh abstauben können und dabei einen hell rosafarbenen bekommen. Nun im verflixten siebten Jahr ist es an der Zeit, ihn ein bisschen in die Schranken zu weisen, denn so ein Knöterich lässt nichts anbrennen und macht sich ziemlich breit, auch wenn er nicht so ein feuriges Temperament haben dürfte wie der in Rot blühende. Doch die dezente Farbe täuscht, auch diese Sorte hat das Wuchern im Blut.

Was auch beide Farben gut können, ist Wespen anzulocken, die die Blüten sehr lieben.


Ich wollte so gern den roten haben und habe daher noch mal auf der Staudenbörse zugeschlagen. Völlig überraschend war es wieder der rosafarbene. Nun habe ich also zwei Platzhirsche, die durch die Beete knötern und sogar den Rauling in seine Schranken weisen.

Ich wollte aber immer noch den roten haben. Viele werden das kennen; Wenn man sich einnmal was in den Kopf gesetzt hat.... Der rote macht aber auch gerade im Herbst richtig was her und passt herrlich zu den Früchten des Pfaffenhütchens.




Schmetterlinge lieben die Pflanze auch (die roten vielleicht sogar mehr?), hier ein Landkärtchen:




Dieses Jahr habe ich dann überraschend ein kleines Töpfchen vom roten Kerzen-Knöterich geschenkt bekommen und gleich etwas noch Überraschenderes dadurch gelernt: Wenn man Triebe im Sommer in ein Wasserglas stellt, bilden sich rasch Wurzeln und man hat eine neue Pflanze ganz einfach und kostenlos herangezogen, sogar ohne sich die Finger oder den Spaten schmutzig zu machen.

So kann man die Triebe in etwa abschneiden:




Den neuen habe ich den Vorgarten gesetzt und er hat sich gleich viel Mühe gegeben. In Windeseile hat er beweisen wollen, dass er in Rot blüht und der Richtige für mich ist! Geht doch!

Samstag, 5. Oktober 2024

Je später die Blüten...

...umso schöner die Gäste! Der Efeu ist der letzte Massenblüher des Jahres. Wo er Mauern oder Zäune beranken darf und mehr als 10 Jahre alt ist, blüht er üppig und reichlich, wenn auch etwas müffelig. Dazu muss er aber klettern können. Bodendeckender Efeu blüht nicht, das tut er nur, wenn er sich zu Höherem berufen fühlt. Und obwohl man im Oktober kaum mehr mit interessanten Blütenbesuchern rechnet, ist gerade das olle Friedhofsgewächs ein Magnet für all die späten Insekten, die jetzt noch unterwegs sind.

Hornissen sind Stammgäste, andere Wespen auch, wobei die Hornissen als große Raubtiere sich dann entscheiden müssen, ob sie Wespen jagen oder Nektar schlürfen sollen. 


Auch Grabwespen sind hier unterwegs, wie die Kotwespe. Dazu noch kleine Insekten wie die Gemeine Halmfliege, hübsch gezeichnet wie eine Wespe, aber winzig.




Gewöhnliche Strauchschrecke wollte auch gern Nektar naschen, aber die Gegenwart der Hornisse war ihr unheimlich, also ist sie lieber davongehüpft.




Schwebfliegen sind auch immer gern am Efeu, genauso wie Admiral und Tagpfauenauge.



Und nun ist die Efeu-Seidenbiene auch in Bielefeld angekommen. Mit dem Klimawandel hat sie ihr Verbreitungsgebiet immer weiter nach Norden ausgedehnt. Im warmen Osten von Deutschland ist sie schon länger zuhause.



Nun ist sie da und das setzt einen natürlich ein bisschen unter Druck. Was soll man ihr anbieten? Wo soll im Kleinstgarten Efeu wachsen? Ich hatte tatsächlich mal eine schöne Terrassentrennwand voll mit blühendem Efeu, die ein Orkan im Februar 2022 umgeworfen hat. Seitdem ist sie kahl. Hinten im Garten blüht auch noch Efeu an einem Zaun, oder besser gesagt, das, was vom Zaun hoch in die Rosen gerankt ist. Das ist wenig. Gern würde ich Strauch-Efeu ins Beet pflanzen, aber seit Jahren gelingt es mir nicht, ihn heranzuziehen. Dabei braucht man dafür nur einen Trieb, der blühen kann, aber nicht klettern, erkennbar an den ovalen Blättern. Am besten reißt man die Spitze vom Zweig ab, da Risslinge mit der größeren Wundfläche besser Wurzeln bilden. Mein letzter Versuch startete im Herbst, aber alle Stecklinge sind wieder mal vertrocknet und haben rasch die Blätter abgeworfen.

Vielleicht muss ich es noch mal im Frühjahr probieren. Strauch-Efeu ist nämlich sehr praktisch. Da er aus den nicht-rankenden Trieben gezogen wird, kann er nicht klettern. So bleibt er kompakt und passt ins Beet. Auch später erinnert er sich nicht daran, dass man als Efeu die Wände hochgehen kann, er wächst immer so strauchig weiter. Eine Hecke aus Strauch-Efeu kann also die Efeu-Seidenbienen versorgen, ohne dass man eine Wand dafür braucht, was eher akzeptiert wird von Hausbesitzern.

Ich möchte aber keinen kaufen, sondern ihn selbst ziehen. Und das dauert und man braucht gute Nerven. Aber ich bleibe dran! Wäre doch gelacht, wenn ich der Efeu-Seidenbiene kein Begrüßungsgeschenk pflanzen könnte!