Zieräpfel sind neuerdings in aller Munde. Während man die Bäumchen in den ersten Jahren nur bewundernd anschaut und den Vögeln jeden einzelnen Apfel gönnt, wächst mit zunehmender Größe der Gehölze auch der Wunsch, irgendetwas kulinarisch Wertvolles mit den kleinen Früchtchen anzustellen.
Zwischen den unzähligen Zierapfelsorten gibt es allerdings deutliche Unterschiede, auch im Geschmack. Wer die Suche nach dem richtigen Kandidaten von Anfang an auch mit der Absicht angeht, später einmal leckere Gelees und Liköre zu produzieren, sollte jetzt im Herbst unbedingt in der Baumschule einmal den Mund so richtig voll nehmen. Gute Händler werden das nicht gleich als Sündenfall werten und den Interessenten des Paradieses verweisen.
Dieser bei einem Ausflug entdeckte, hübsch gelb-rote Zierapfel entpuppte sich zum Beispiel als wahre Köstlichkeit - süß mit einem Hauch Grapefruit. Leider befand sich kein Schild an diesem Baum, vielleicht ist es ein
Butterball?
Hat man schließlich seine Lieblingssorte glücklich im Garten, wird man feststellen, dass diese kleinen Äpfelchen ganz schön mühsam zu verarbeiten sind. Für Gelees und Konfitüren ist ihre Größe noch kein Drama - man entfernt lediglich die Stiele, kocht alles gut durch und entledigt sich dann der Kerngehäuse mit Hilfe eines Siebes oder der Flotten Lotte.
Für Likör ist es aber vorteilhaft, wenn das Kerngehäuse entweder vor oder nach dem Einlegen in Wodka spurlos verschwindet, damit man mit den alkoholisierten Früchten noch etwas backen kann. Für ausgewachsene Äpfel gibt es ja mittlerweile Utensilien, mit denen man die Frucht gleichzeitig entkernen und vierteilen kann. Für Zieräpfel wurde natürlich noch kein Folterwerkzeug erfunden, also habe ich mich selbst in meiner überfüllten Küchenschublade umgeschaut, ob ich nicht irgendetwas umschulen kann. Ich habe ja immer etwas dafür über, wenn sich Küchengeräte nicht nur
auf die faule Haut legen, sondern öfter als einmal im Jahr zum Einsatz
kommen.
Und so bin ich für den Likör auf die Schnapsidee gekommen, die Äpfel mit dem Kirschentkerner zu malträtieren. Schließlich passen die kirschgroßen Früchte doch ebenso gut zwischen die Klauen dieses Gerätes. Daher habe ich mutig probiert, was dabei heraus kommt - im Idealfall das Kerngehäuse.
Wenn man die Frucht präzise in Position bringt, kann man es tatsächlich schaffen, dass Stiel, Blütenansatz und Kerngehäuse mit nur einer einzigen Bewegung heraus katapultiert werden. Gut, welchen Teil der Küche man mit dem Geschoss trifft, ist immer wieder eine Überraschung, aber das ist lange nicht so schlimm wie mit Kirschsaft die Einrichtung zu verzieren. Man muss das einfach sportlich sehen. Je nach Größe des Apfels ist allerdings nie das ganze Kerngehäuse verschwunden, mitunter muss man mit einem Messer noch Schnitzarbeiten verrichten.
Die Äpfel sind nun hohl, so dass der Alkohol besser eindringen kann und sie leichter untergehen sollten. Trotzdem werden sie höchst unwillig zum Nichtschwimmer. Die Verdrängung der Früchte ist immerhin geringer, so dass mehr Alkohol in das Gefäß passt.
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Zierapfelwodka in Arbeit - diesmal mit braunem Kandis |
Während alle Äpfel glücklich im Glas sind und sich schon voll laufen lassen können, muss man noch eine mühsame Suchaktion nach verschossenen Trümmern in der Küche starten. Wenn der Likör dann aber in sechs Wochen durchgezogen ist, sind die Früchte schon küchenfertig und die Arbeit hat sich gelohnt - also dann: Prost!