Die Älteren werden sich erinnern: Den Garten umzugraben war früher der letzte Schrei. Ohne Rücksicht auf den Rücken musste selbst ein Ziergarten mit dem Spaten bearbeitet werden, damit er laubfrei und mit möglichst leerer, brauner Erde bedeckt in den Winter gehen kann.
Das "Das Praktische Gartenbuch" aus dem Jahre 1959 begründet dies so:
"Schaffen wir diese Arbeit nicht und frieren wir dabei ein oder wird fehlerhaft gegraben, dann haben wir es selbst verschuldet, wenn die kostbare Winterfeuchtigkeit verlorengeht. Einen solchen Verlust dürfen wir uns aber nicht leisten, denn in dieser Winterfeuchtigkeit im oberen Boden sind all die Stoffe schon gelöst, welche von den Wurzeln früh im Jahr begierig aufgenommen werden, um dem ersten Austrieb seine Kraft zu geben. Daher: das Land muß bis zum Frost grobschollig spatentief umgegraben sein! Geht es so gegraben in den Winter, dann sammelt es die winterlichen Niederschläge und führt sie den tieferen Bodenschichten zu. Der Winterfrost kann auf die Krume zermürbend einwirken, so daß sie im Frühjahr locker und durchlässig an der Oberfläche geworden ist."
Man beachte, dass man beim Umgraben einfrieren kann, obwohl man doch dabei Schwitzen sollte. Auch soll der Frost zermürbend wirken, wo ich eher der Meinung bin, dass der ganze Aufwand auf meine Person zermürbend wirkt, auch beim Anblick nachher. Mein Vater ist nämlich immer noch Fan vom Umgraben, gelernt ist gelernt, und so stand es damals ja auch geschrieben. Schwarz auf Weiß.
Die neue Lehre bevorzugt eher das entspannte "No Dig", also Gärtnern ohne Umgraben. Charles Dowding ist der Pionier dieser Herangehensweise und beobachtet sogar ganz genau, wie sich ein No-Dig-Beet gegenüber einem umgegrabenen direkt daneben verhält.
Dankenswerterweise hat er mehrere Bücher dazu geschrieben, eines ist gerade im DK-Verlag als deutsche Ausgabe erschienen: "No Dig - Gärtnern ohne Umgraben: Weniger Aufwand, mehr Gemüse. Das umfassende praktische Wissen über bodenschonendes Gärtnern":
Interessant beim Cover finde ich, dass es so retro wirkt, im Stil vom "Praktischen Gartenbuch", es hat ebenfalls einen festen Einband, aber in fröhlichem Gelb mit einem Bild, das an Linoldruck erinnert.
Und Charles Dowding kommt zu einem anderen Ergebnis, er schreibt, dass sich durch das Umgraben zwei Schichten mit unterschiedlicher Dichte bilden und damit eine Kapillarsperre, die den Boden undurchlässig macht. Seine Vergleich mit den beiden Beeten, einmal umgebraben, einmal nicht, zeigen einen höheren Ertrag beim No-Dig-Beet, es nimmt auch Wasser besser auf.
Der Autor erläutert fundiert, was am No Dig gut ist. Da er selbst Versuche anstellt in seinem Garten und nicht nur Vermutungen äußert, macht ihn das sehr glaubwürdig. Für seinen Ansatz der Beetbearbeitung braucht man viel Kompost, daher gibt es auch ein Kapitel darüber. Gut finde ich auch, dass es vertiefende Texte gibt zum Bodenleben.
Im Buch werden auch Gemüsearten vorgestellt, immer im Hinblick auf No Dig - warum wachsen sie hier besser, wie pflanzt man sie, wie schützt man sie vor Schädlingen. Bei der Bepflanzung der Beete rät er eindringlich zum Ausprobieren, denn bei ihm wachsen Kohlpflanzen oft jahrelang an ein und derselben Stelle, ohne dass es Probleme gibt.
Mir hat "No Dig" gut gefallen und es hat mich überzeugt, ich würde es nicht mehr anders machen wollen, instinktiv habe ich es also schon immer richtig gemacht. Also: Gräbst du noch oder erntest du schon?