Samstag, 25. Februar 2023

Umgraben oder nicht?

Die Älteren werden sich erinnern: Den Garten umzugraben war früher der letzte Schrei. Ohne Rücksicht auf den Rücken musste selbst ein Ziergarten mit dem Spaten bearbeitet werden, damit er laubfrei und mit möglichst leerer, brauner Erde bedeckt in den Winter gehen kann.


Das "Das Praktische Gartenbuch" aus dem Jahre 1959 begründet dies so: 

"Schaffen wir diese Arbeit nicht und frieren wir dabei ein oder wird fehlerhaft gegraben, dann haben wir es selbst verschuldet, wenn die kostbare Winterfeuchtigkeit verlorengeht. Einen solchen Verlust dürfen wir uns aber nicht leisten, denn in dieser Winterfeuchtigkeit im oberen Boden sind all die Stoffe schon gelöst, welche von den Wurzeln früh im Jahr begierig aufgenommen werden, um dem ersten Austrieb seine Kraft zu geben. Daher: das Land muß bis zum Frost grobschollig spatentief umgegraben sein! Geht es so gegraben in den Winter, dann sammelt es die winterlichen Niederschläge und führt sie den tieferen Bodenschichten zu. Der Winterfrost kann auf die Krume zermürbend einwirken, so daß sie im Frühjahr locker und durchlässig an der Oberfläche geworden ist."



Man beachte, dass man beim Umgraben einfrieren kann, obwohl man doch dabei Schwitzen sollte. Auch soll der Frost zermürbend wirken, wo ich eher der Meinung bin, dass der ganze Aufwand auf meine Person zermürbend wirkt, auch beim Anblick nachher. Mein Vater ist nämlich immer noch Fan vom Umgraben, gelernt ist gelernt, und so stand es damals ja auch geschrieben. Schwarz auf Weiß.

Die neue Lehre bevorzugt eher das entspannte "No Dig", also Gärtnern ohne Umgraben. Charles Dowding ist der Pionier dieser Herangehensweise und beobachtet sogar ganz genau, wie sich ein No-Dig-Beet gegenüber einem umgegrabenen direkt daneben verhält.

Dankenswerterweise hat er mehrere Bücher dazu geschrieben, eines ist gerade im DK-Verlag als deutsche Ausgabe erschienen: "No Dig - Gärtnern ohne Umgraben: Weniger Aufwand, mehr Gemüse. Das umfassende praktische Wissen über bodenschonendes Gärtnern":


Interessant beim Cover finde ich, dass es so retro wirkt, im Stil vom "Praktischen Gartenbuch", es hat ebenfalls einen festen Einband, aber in fröhlichem Gelb mit einem Bild, das an Linoldruck erinnert.

Und Charles Dowding kommt zu einem anderen Ergebnis, er schreibt, dass sich durch das Umgraben zwei Schichten mit unterschiedlicher Dichte bilden und damit eine Kapillarsperre, die den Boden undurchlässig macht. Seine Vergleich mit den beiden Beeten, einmal umgebraben, einmal nicht, zeigen einen höheren Ertrag beim No-Dig-Beet, es nimmt auch Wasser besser auf.

Der Autor erläutert fundiert, was am No Dig gut ist. Da er selbst Versuche anstellt in seinem Garten und nicht nur Vermutungen äußert, macht ihn das sehr glaubwürdig. Für seinen Ansatz der Beetbearbeitung braucht man viel Kompost, daher gibt es auch ein Kapitel darüber. Gut finde ich auch, dass es vertiefende Texte gibt zum Bodenleben.

Im Buch werden auch Gemüsearten vorgestellt, immer im Hinblick auf No Dig - warum wachsen sie hier besser, wie pflanzt man sie, wie schützt man sie vor Schädlingen. Bei der Bepflanzung der Beete rät er eindringlich zum Ausprobieren, denn bei ihm wachsen Kohlpflanzen oft jahrelang an ein und derselben Stelle, ohne dass es Probleme gibt.

Mir hat "No Dig" gut gefallen und es hat mich überzeugt, ich würde es nicht mehr anders machen wollen, instinktiv habe ich es also schon immer richtig gemacht. Also: Gräbst du noch oder erntest du schon?

Samstag, 18. Februar 2023

Der smarte Garten

In Zeiten, wo die KI erschreckend mächtig geworden ist, habe ich langsam Angst um meine beiden Jobs. Sowohl als Autorin als auch in der IT werde ich wohl über kurz oder lang nicht mehr wirklich gebraucht, oder? Vom Bloggen mal ganz zu schweigen. Da kann man ja von Glück sagen, dass im Garten noch alles analog zugeht.

 


Die Elfenkrokusse wachsen ohne Akku, und ihre Zwiebel wollen wir mal nicht als solchen bezeichnen... Die Schneeglöckchen nicken mit Windkraft und nicht durch Strom betrieben. Die Honigbienen sind keine Drohnen und die Lenzrosen brauchen auch kein Kabel. Seltene Erden brauchen wir nicht, nur Humus soll es sein. Die Pflanzen nutzen ihre eigenen Solarpaneele, die effizienter sind als die künstlichen.





Obwohl, nicht alles im Garten ist gänzlich unsmart. Wo der Mähroboter halbwegs schlau seine Kreise zieht und dabei die analogen Krokusse übermäht, die sowieso unter seiner Würde sind, oder wo der Rasensprenger computergesteuert anspringt, weil's Not tut, ist mir das doch schon zu viel des Guten. Im Garten möchte ich entschleunigen und keine Kabel verlegen, ich verlege lieber neue Blumenzwiebeln. Auftanken soll meine Domäne sein und nicht die der Elektrogeräte.

Doch, was, wenn sich plötzlich alle Gartengeräte irgendwie intelligent anstellen? Man denke nur an eine rasend clevere Regentonne, die sich Wasser aus dem Internet bestellt, wenn sie leer ist, oder der darbende Kübel, der sich Dünger von einer Drohne schicken lässt. Beide sind hoffentlich Zukunftsmusik. Nicht auszudenken, wenn sich die Terrasse vorwurfsvoll Öl bestellen würde, weil sie mal wieder eine Massage haben möchte.

Vielleicht haben wir ja bald so viel Zeit wie wir möchten für den Garten übrig, wenn die KI uns ersetzt hat. Und dann ist es umso wichtiger, wenn man Pflanzen im Garten hat, die nicht von smarten Bewässerungsanlagen im riesigen Gewächshaus herangezogen wurden, sondern in der eigenen Gartenerde - selbstversamende Stauden sind wichtig, wenn die KI unseren Job macht, denn sie macht es ohne Lohn, den wir dann ja nicht mehr bekommen.

 

Doch bis es soweit ist, freue ich mich an der natürlichen Intelligenz der Eichhörnchen und Meisen.

Samstag, 11. Februar 2023

Schmetterlingszucht zuhause

Es ist nicht so, dass mich abends beim Fernsehen ein Knabbergeräusch gestört hätte, welches ich nicht selbst mit Chips produziert hätte. Auch fühlte ich mich nicht von einem ganzen Schwarm Motten belästigt, die die Sonne verdunkelt hätten, wie in "Die Vögel". Es war mal ein winziger Schmetterling hier, mal da. Erst denkt man bei so einem kleinen Flattermann natürlich an Vorratsschädlinge, vor allem, wenn die Flugroute Richtung Küchenschrank geht. Aber Mehl- und Dörrobstmotten sehen ganz anders aus und sind sogar größer.

 

Dann entdeckte ich irgendwann die Blattgerippe auf der Topferde vom Kaffeestrauch. Wer hatte denn da so einen exquisiten Geschmack? Ich wühlte nach und fand tatsächlich Raupen, die sich kleine Gespinste gebaut hatten und ausschließlich das Falllaub fraßen, aber nicht in luftige Höhen zu den lebenden Kaffeeblättern vordrangen. Das käme auch einer Mount-Everest-Expedition gleich über unwegsames, steiles Gelände ohne jegliche Vegetation.








 

Ein wenig Suchen und Nachforschen führte mich zu der Art Oegoconia novimundi. In dem Artikel fressen sie am Falllaub einer Avocado, ebenfalls im Wohnzimmer. Das könnte tatsächlich mein Kleinschmetterling sein. Ob er von draußen ins Haus eingewandert und einfach geblieben ist? Gleichbleibende Temperaturen dank Zentralheizung sind ja was schönes. Auch düngen die Raupen den Kaffeestrauch, was nicht zu verachten ist - Humusbildner für zuhause!

Ist das nicht toll, dass man bei allem Artensterben plötzlich neue Arten daheim hat? Ich füttere sie jetzt immer mit den abgeworfenen Blättern vom Kaffeestrauch, man muss seine Gäste ja gut bewirten.

Samstag, 4. Februar 2023

Lass die Profis ran!

Letztes Jahr im Juni habe ich meine erste Führung im Botanischen Garten gemacht, es sollte eine Insektensafari werden. Als erstes Ziel hatte ich mir das Alpinum vorgenommen, denn da es dort so trocken und sonnig ist, sind dort immer die meisten Insekten zu finden. Nun, gleich die erste Etappe am wilden Spargel war schon mal ein Reinfall. Das Spargelhähnchen, am Tag vorher noch zu finden, hatte keine Lust auf einen großen Auftritt und war indisponiert. Großes Suchaufgebot, aber nichts zu machen, stattdessen habe ich ein Buch herumgereicht, um den Käfer zu zeigen.

 

Dann stehen wir vor der Felsen-Augenwurz (Athamanta turbith) und ich erkläre die Streifenwanzen, die im Gegensatz zum Spargelhähnchen ihren Einsatz nie verpassen und auch kein Lampenfieber zeigen. Plötzlich sagt eines der Kinder, die ander Führung teilnahmen: "Hier sind Raupen!" Ich schaue auf die untersten Blätter der Augenwurz und bin sprachlos: Schwalbenschwanzraupen! Diese Pflanze ist wirklich einmalig, trockenheitsverträglich und ein Renner bei den Insekten.

 



Auch in Katrin Lugerbauers neuem Buch "Echte Hitzeprofis", im Ulmer-Verlag erschienen, kommt die Augenwurz vor. In meinem ("Superpflanzen") ist sie in der vorderen Klappe zu finden. Aber zurück zu den Hitzeprofis: Katrin stellt 15 Pflanzkombinationen vor, die gut bei Trockenheit und Hitze funktionieren. Vorher gibt es eine ausführliche Einleitung, wie man den Boden vorbereitet und die Pflanzen am besten kombiniert. Auch die Pflege der Hitzeprofibeete kommt nicht zu kurz.



Mir gefällt schon das Titelbild sehr gut, weil es die flirrende Hitze gut ausdrückt.

Ich habe mich besonders über das hitzeflirrende Beet mit den heimischen Pflanzen gefreut und über die Tipps für trockenen Schatten. Denn auch dort kann es heiß werden. Schön ist auch das silbrige Beet mit Pflanzen, die behaart sind und im Gegenlicht einen Heiligenschein bekommen.


Wie bei allen Büchern von Katrin merkt man auch hier, dass sie alle Tipps selbst ausprobiert und die meisten Beete genauso angelegt hat. Es kommen auch einige seltenere Pflanzen vor, sodass es auch erfahrenen Hitzegärtnern nicht langweilig wird. Kanntet ihr zum Beispiel den Missouri-Sonnenhut (Rudbeckia missouriensi), der viel trockenheitsverträglicher ist als der übliche Rudbeckia fulgida? Zusammen mit dem Moskito-Gras, das immer wirkt wie eine Ansammlung Augenbrauen für die Muppetshow, bringt er eine fröhliche Stimmung ins trockene Beet.


Dass der Blut-Storchschnabel eine gute Wahl ist, davon konnte ich mich letztes Jahr selbst überzeugen.


 

Das Buch ist voll mit Informationen und eine wertvolle Hilfe, wenn es um die Anlage oder Umgestaltung von Beeten geht, denn der nächste Hitzesommer kommt bestimmt. 




Am 4.6.2023 findet meine nächste Insektensafari statt - und dann hoffe ich auf noch mehr Sensationen bei den Bielefelder Hitzeprofis. Vielleicht kann sich das Spargelhähnchen ja auch erbarmen, diesmal zu erscheinen.


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Nun wird es aber noch Zeit, die Gewinnerin von meinem Buch "Superpflanzen" zu verkünden! 

Gewonnen hat Ute mit diesem Kommentar:

"Ute 21. Januar 2023 um 12:56

Herzlichen Glückwunsch zum neuen Buch, das bestimmt vielen Gartenfreunde helfen kann. Ich bin sehr gespannt, vor allem interessieren mich Pflanzen, die sich nicht von Schnecken niedermachen lassen. Grüße von Ute"

Liebe Ute, schick mir per Mail deine Adresse und das Buch kommt zu dir!