Samstag, 25. Januar 2020

Bayerische Bienen frei Haus

Das Wort "Strangfalzziegel" löst bei Wildbienenfreunden einen ähnlichen Haben-Wollen-Reflex aus wie der Name 'Rose de Resht' bei Rosensammlern. Andere Leute können sich meist gar kein Bild davon machen, was das für komische Ziegel sein sollen. Doch wer sich mit den pelzigen Insekten beschäftigt, weiß, was das für Dinger sind - und auch, wie schwer sie zu kriegen sind, meist nämlich weder für Geld noch für gute Worte und schon gar nicht in einstelligen Mengen. Strangfalzziegel sind aus Ton und werden zum Decken denkmalgeschützter Häuser verwendet. Sie haben vorn und hinten Löcher, und genau die sind es, die für hohlraumbewohnende Wildbienen zum Nisten ungemein attraktiv sind. Das macht diese legendären Ziegel für Insektenenthusiasten so wertvoll wie die Blaue Mauritius.


Strangfalzziegel sind flach und lassen sich mit ein bisschen Rückendeckung waagerecht stapeln. Damit sie nicht wegrutschen, haben sie unten einen tönernen Fuß. So wird die Anlage eines Bienenhotels ganz einfach, auch wenn man zwei linke Hände hat. Das einzige, was man eventuell tun muss, ist, verklebte Löcher von überschüssigem Ton zu befreien, dann sind sie fertig zum Nisten.

Meine kamen per Paket aus Bayern, wo jemand sehr viele davon hatte und sie auf Facebook zum Abholen angeboten hat. Netterweise durfte ich welche per Post bekommen, als Dankeschön habe ich zwei meiner Bücher im Tausch in den Süden geschickt. Den riesigen Karton habe ich weitergegeben, er verdingt sich jetzt noch als Umzugskarton.

Doch welche Überraschung! Die Ziegel sind mit Füllung aus Bayern eingereist:



Da muss ich mir keine Sorgen machen, dass die Löcher noch mit Ton verstopft sein könnten. Sorgen machen mir allerdings die bayerischen Bienen, denn ich weiß nicht, welche Art es ist, und ob sie sich in Ostwestfalen und ganz speziell in meinem Garten wohlfühlen werden.

Jetzt decken die Ziegel den Gartenschrank, da passen sie ganz gut hin. Ich werde berichten, welche blinden Passagiere aus dem Freistaat ich mir da eingehandelt habe, und ob die Zugeroasten in Nordrhein-Westfalen ihre Lieblingspflanzen finden - zum Glück muss ich ihnen keine Weißwurst anbieten...



Samstag, 18. Januar 2020

"Meise mag Melisse" ist da!

Was für eine Überraschung! Schon einen Tag vor Erscheinungstermin hat mir der Verlag jeweils ein Exemplar meiner neuen Bücher geschickt!

Das eine ist ja ein alter Bekannter: "Mein Bienengarten", doch es ist jetzt blau und nicht mehr gelb, noch dazu hat es zugenommen, was bei Büchern ein Grund zur Freude ist: Es ist dicker geworden und von 128 auf 144 Seiten angewachsen mit noch mehr Bienenarten, Futterpflanzen und noch mehr Tipps zum Bau von Nisthilfen.


Und was ist "Meise mag Melisse"? In meinem nagelneuen Buch stelle ich Gartentiere vor, die eine bestimmte Beziehung zu Pflanzen haben, vom Eichhörnchen über die Blaumeise bis zur Streifenwanze. Es geht aber nicht nur um Futterpflanzen, die Biene, Falter, Schwebfliege oder Rotkehlchen in den Garten locken, sondern auch um verblüffende tierische Nutzpflanzen: So legt die Blaumeise ihr Nest mit duftenden Kräutern aus, um Schädlinge zu vertreiben, ein anderer Vogel pflückt seiner Frau Blumen - welcher das ist, erfahrt ihr im Buch.

Die Insekten, die ich für das Buch fotografiert habe, waren meistens sehr zuvorkommend und hielten still, bei den Vögeln sah das schon anders aus. Und so bin ich ewig mit dem Tele herumgerannt, die Vögel sind vor mir weg geflogen und ich abermals hinterher gehechtet.




Nur das nette Rotkehlchen wollte sich gern fotografieren lassen, ich hätte das ganze Buch mit Rotkehlchenportraits ausstatten können, aber dann wäre es wohl ein bisschen langweilig und zu orange geworden.


Im winterlichen Garten habe ich sogar eine Fotofalle aufgebaut, also die Kamera auf dem Stativ vor einen Baumstamm mit Vogelfutter gestellt und mich hinter der Fensterscheibe auf dem Sofa mit der Fernsteuerung auf die Lauer gelegt. Es gibt schlimmere Schicksale für einen Naturfotografen. Leider mochten nicht alle Arten die Falle ansteuern, andere Kandidaten saßen nicht passend und waren dann nicht scharf. Viele haben sich furchtbar erschreckt, wenn die Kamera wie von Geisterhand auslöste - und schon war nur ein hektischer Schemen aus Federn auf dem Bild. Ich habe Stunden damit zugebracht und musste immer wieder den Akku wechseln, der es in der Kälte schlimmer getroffen hatte als ich auf dem Sofa und ständig leer war.


Hier ein paar der Bilder, nur eines hat es als Aufmacher für den Serviceteil ins Buch geschafft - natürlich ein Rotkehlchen, das auch in dieser Disziplin wieder einmal brilliert hat und nicht ein einziges Mal beim Auslösen zusammengezuckt ist.














Hier kann man in die Bücher reinschnuppern und sie natürlich auch bestellen:



Viel Spaß beim Lesen!

Samstag, 11. Januar 2020

Es kommt nicht auf die Größe an

Bald ist sie wieder da, die Jahreszeit, in der alle Gartenbesitzer etwas Neues pflanzen wollen oder Abgängiges ersetzen müssen. Die Gartencenter jedenfalls sind zur Stelle, vermutlich eher überpünktlich und mit vorgetriebenen Pflanzen, die wir wintergeplagten Gartenmenschen in den Einkaufswagen wuchten, als gäb's kein Morgen mehr.


Die Märkte tun das aber nicht aus purer Menschenfreundlichkeit, sondern weil sie Geld verdienen wollen, logisch. Da die meisten Kunden Augenmenschen sind, die sich nach dem Winter von üppigen Blüten über prallem Laub blenden lassen, liegt das Augenmerk der Gartencenter auf verhätschelten Gewächshausinsassen. Die wenigsten würden einem kleinen Töpfchen mit einer winzigen Blattrosette den Vorzug geben, wenn nebenan die gleiche Art im größeren Kübel steht und ihrer Zeit blütentechnisch um Wochen oder gar Monaten voraus ist.

Aber lohnt es, die frühreife Blütenshow zu kaufen? Und welches Topfvolumen ist besser? Kommt es wirklich auf die Größe an?


Die aufgeputschte Gewächshausware ist immer ein Wagnis. Die Mimöschen haben vermutlich noch nie echtes Sonnenlicht gesehen und sich auch keine unterkühlte Knospe geholt. Eine kalte Nacht noch und das pflanzliche Weichei ist im Freiland hinüber.


Ein anderer Aspekt ist, dass viele Gartencenterstauden während der Anzucht regelrecht verwöhnt wurden. Dünger und Wasser bekamen sie dank gutem Zimmerservice rund um die Uhr direkt an die Wurzel geliefert. Das hat sie faul gemacht. In ein gutes Wurzelsystem zu investieren, hat sich nie gelohnt. Stattdessen wurde alles in üppige Blüten gesteckt, denn das Prassen schadete ja nie.

Gerade Pflanzen, die naturgemäß eine Pfahlwurzel entwickeln, können dies im Topf oft nicht oder schludern absichtlich, weil Wasser und Nährstoffe auch ohne gut erreichbar sind. Hier geht's oft rund statt in die Tiefe.



Torfhaltige Erde ist sowieso die Regel - ein Substrat also, das sich sehr vom normalen Gartenboden unterscheidet. In den Garten ausgepflanzt, ist das ein Kulturschock, eine post-horticulturale Belastungsstörung geradezu. Manche Stauden weigern sich beharrlich, ihre verwöhnten Wurzeln in die nährstoffärmere und so ganz andere Gartenerde zu stecken. Trockenstress vertragen sie gar nicht, den sind sie ja nicht gewohnt. Noch nach Jahren kümmerlichen Wuchses kann man den Wurzelballen oft ganz leicht herausziehen - er hat immer noch die ursprüngliche Topfform.

Damit das nicht passiert, ist es besser, kleinere Töpfe zu kaufen. Sie gewöhnen sich besser ein, ihr Wurzelsystem passt noch eher in den Container. Die Anzucht aus Samen ist noch besser, denn wir gehen viel schludriger mit Dünger um als die Pflanzenproduzenten, was die Pflanze eigenständig auf Nahrungssuche gehen lässt.



Große Kübelinsassen brauchen als erstes eine Wurzelbehandlung: Möglichst viel von der alten Erde sollte ausgeklopft oder abgespült werden und die Wurzeln gelockert. Nach dem Einpflanzen ist gründliches Gießen mit der Kanne angesagt, um Lufteinschlüsse zu entfernen.

Obwohl es gerade im Frühjahr sehr schwer fällt - kleine Pflanzen von guten Staudengärtnern sind nachhaltiger als das große Blendwerk aus dem Gartencenter. Wenn man nur widerstehen könnte, denn das Auge kauft ja mit...

Samstag, 4. Januar 2020

Botanischer (Winter-)Garten

Im Winter einen botanischen Garten anschauen - ist das nicht völlig hirnverbrannt? Was soll denn da schon groß blühen? Oder überhaupt grün sein? Die Jahreszeit wird doch auch liebevoll "die graue" genannt und das nicht ohne Grund?

Also alles Schmuddel und gähnende Langeweile im botanischen Garten? Ich habe mir mal wieder den in Klein Flottbek, Hamburg, vorgenommen. Den kannte ich bisher nur im Sommer. Da hat sich einiges getan, der Rosengarten ist eine riesige Baustelle, die tatsächlich grau in grau daherkommt, wie es sich im Winter gehört. Der große Teich ist abgelassen und riecht ein bisschen nach Wattenmeer.

Trotzdem gibt es einiges zu sehen - in Farbe und bunt: Diese blonde Mähne ist zum Beispiel Tautropfengras (Sporobolus) - nicht mehr taufrisch, aber immer noch zierend:
 




Eintritt kostet der Garten immer noch keinen, allerdings prangt gleich hinter dem Eingang ein mahnendes Schild: Man darf keine Samen oder Pflanzenteile mitnehmen. Klar, verständlich. Doch auch etwas mitzunehmen, was gejätet und elendig auf dem Weg herumliegt und vermutlich in Bälde sowieso Kompost ist, ist bei Strafe verboten. Oha! Warum das wohl sein musste? Hat etwa jemand Bambusstäbe am laufenden Meter da raus getragen, die abgeschnitten herumlagen? Man weiß es nicht, aber man weiß sich danach zu beherrschen.

Zum Glück lag sowieso nichts Verführerisches auf dem Weg rum. Stattdessen trillerte ein Schwarm Seidenschwänze in den Bäumen und hat sich die Mistelbeeren schmecken lassen. Da war ich ja schon mal begeistert und etwas versöhnt nach der strengen Ermahnung auf dem Schild.



Das schöne am Winter ist ja, dass man den Garten fast für sich alleine hat. Und die Pflanzen gaben sich alle nur erdenkliche Mühe, in allen anderen Farben als Grautönen zu leuchten. Worauf ja immer Verlass ist, ist Kohl. Der lässt sich von ein bisschen Frost nicht beeindrucken.

Der Grünkohl sah aus wie eine Herde Muppetshow-Marionetten, untenrum abgeerntet mit einer lustigen Frisur oben drauf.


Das ist hier ist die Sorte 'Lerchenzunge':


Auch andere Kohlsorten gaben sich alle Mühe, hübsch auszusehen.


Die Salate hatten nur noch bunte Reste zu bieten:


Und dann, im nächsten Staudenbeet: Lila Leuchten zwischen all den Brauntönen! Unglaublich, die Pflanze ist der Hit selbst im Winter. Leider war kein Schild eindeutig zu finden, vielleicht ist es Gelenkblume, vielleicht was anderes.


Im amerikanischen Abteil Yucca flaccida mit Gilbgras (Chloris x subdolichostachya), in Englisch passender Shortspike Windmill Grass genannt.


Weiter geht es nach Südamerika, wo die Araukarien zu einem Wald zusammengepflanzt sind.

Und dann doch noch winterliches Grau: Die arme Gunnera muss zu ihrem eigenen Schutz die eigenen abgetragenen Blätter als Wintermantel anziehen - verkehrt herum. Sieht ein bisschen aus wie etwas desolate Tipis, aber Hauptsache warm:


Warme Farben gibt es dann wieder im Blumenbeet, wo die Strohblume in der ihr eigenen Unvergänglichkeit leuchtet wie ein Lagerfeuer.


Auch die Zaubernuss lodert in Feuerfarben zwischen den Farnen:
 

Im Winter sieht man die Strukturen der geschnittenen Bäume viel besser, ob Kopfweide oder Spalierobst.



Der Zierapfel dagegen darf machen, was er will, und wird nicht geschnitten.


War auch im Winter schön, der Besuch in Klein Flottbek. Ich habe auch nichts mitgenommen, ich schwöre!