Samstag, 26. Juni 2021

Wer hat Angst vor der schwarzen Laus?

Wenn die Rosenknospen mehr Beine haben als Kelchblätter, verfallen Gartenbesitzer gern in Panik - Blattläuse an der geliebten Rose? Wird die das überleben? Wird sie blühen? Die Antwort ist in der Regel: Ja und ja. Meine Rosen können auf jahrelange Belagerungszustände auf ihren Kronjuwelen zurückblicken und haben doch immer rechtzeitig und unbeeindruckt geblüht, wie die bei Blattläusen als Geheimtipp geltende Kletterrose 'Manita':





Das liegt auch an den vielen Helferlein im Biogarten, die sich über die Plage freuen und sie in Nullkommanix verspeisen. Hier findet sich zum Beispiel ein dickes weißes Schwebfliegenei an der Rosenknospe, aus dem später eine gefräßige Larve schlüpfen wird, die sich eine Laus nach der anderen schnappt, bis die Knospe wieder beinfrei ist. Die Schwebfliegenlarven wiederum werden von Schlupfwespen parasitiert. Ein ganzes Narungsnetz ist also von der Blattlausindustrie abhängig. Wäre doch schade, sie in die Krise zu stürzen und die Läuse und all ihre Fressfeinde mit Gift zu schädigen?


Manche Läuse sind sogar rötlich und versuchen so, den Gärtner milde zu stimmen und lieber nicht groß aufzuallen, indem sie eine schöne Farbe bieten, wie hier an der Kartoffelrose.


Andere, hier an der Vogel-Wicke, sind himmelblau. 


 

Und wer als Laus als Feinschmecker unterwegs ist und lieber Blütenblätter anzapft, wird sich in Bälde auf dem Boden wiederfinden und zu Fuß gehen müssen. Kelchblätter sind dagegen eher eine sichere Bank, auch wenn sie vielleicht etwas fad schmecken.

Das hier ist die Blattlausgrabwespe, die darauf lauert, dass die Ameisen mal wegschauen, damit sie unbemerkt sich eine schwarze Laus vom Beinwell pflücken kann, die sie an ihre Larven verfüttert - Proteinpakete to go. Denn Ameisen sind sehr darauf erpicht, ihre Läusekolonie zu verteidigen und mögen keine Viehdiebe.


Diese Ameise schaut sich besorgt eine verunfallte Laus an:


Hier hat eine Marienkäferlarve schon ganze Arbeit geleistet:


 

Diese goldene Laus wurde der Rose von einer Blattlausschlupfwespe verliehen, die sie von innen aufgefuttert und sich dann in der leeren Hülle verpuppt hat.


Wem das alles noch nicht reicht als Argument, Läuse an Rosen und anderen Pflanzen zu tolerieren, der schaue sich nur diesen fleißigen Spatzenpapa an, der akribisch alle Rosenknospen nach Läusen absucht, um sie an seine Babies zu verfüttern. Die Schwebfliegenlarven finden das natürlich nicht so schön, die könnten gut ohne Spatzenbesuch leben.



Auch Zilpzalp, Blaumeise und Mönchsgrasmücke pflücken Blattläuse von den Pflanzen.

Mein Problem ist nur: Wann schneide ich die verblühten Rosen, wann den Beinwell, um das hochinteressante Nahrungsnetz rund um die Blattlaus nicht zu zerstören? Auch im Biogarten ist nicht alles einfach.

Samstag, 19. Juni 2021

Ist das Kunst oder kann das blühen?

Rosen sind elegant und riechen angenehm. Zierlauch strebt die perfekte Kugelform an. Farne versuchen sich in geradezu angeberischer Symmetrie. Doch zwei andere Pflanzen möchte ich heute vorstellen, die schon ohne Blüte das Blatt zur Kunstform erheben.

Im Falle der Wilden Karde ist "erheben" auch durchaus wörtlich zu nehmen. Anfangs, also letzten Sommer, noch eine bodenständige, wenn auch borstige Rosette, überragt sie mich jetzt und bietet Unterhaltung auf jeder Ebene.

 




Da wären zunächst die stängelumfassenden Blätter, die perfekte Schalen bilden, wie eine grüne Blumenvase. Regenwasser bleibt hier stehen und wenn man dieses Minigewässer mikroskopiert, findet man Wimpertierchen darin, die dort vor sich hin dümpeln. Allerhand fällt hinein, von Apfelbaumlaub bis hin zu Blütenblättern. Manchmal ertrinkt ein Insekt daran, so tief sind die Pfützen. Ameisen werden so aber wirkungsvoll am Aufstieg gehindert, ob über die Nordwand oder anders herum.



 

Es wurde lange angenommen, dass die Karde sich über in die Wasserpfützen gefallene Insekten sogar mit zusätzlichem Stickstoff versorgen kann, aber erst kürzlich experimentell bestätigt: In diesem Versuch führte eine künstliche Impfung der Wasserreservoirs mit toten Insekten tatsächlich zu einem höheren Samenanstatz als in der darbenden Karden-Kontrollgruppe - die Karde als Karnivore!

Fliegende Blattläuse können zwar nicht über Wasser gehen, aber finden im Fluge trotzdem ein Plätzchen an der Pflanze. Aus den Pfützen erheben sich Nebentriebe, die später genauso wie die Spitze Blüten tragen werden. Wäre ja schade, wenn so eine majestätische Pflanze nur eine Blüte hätte.

Die Blätter sind unterseits bewaffnet wie ein Haifisch, der Stängel lädt auch nicht gerade zum Knuddeln ein.


Das Bemerkenswerte an dieser Pflanze ist ihr Überlebenswille. Ich habe sie bei einem Spaziergang gejätet herum liegen sehen und mitgenommen. Genau so sah sie anfangs auch aus: Mitgenommen eben. Doch sie erholte sich und breitete sich aus, obwohl der Frauenmantelnachbar ganz schön drängelte. Die Traubenhyazinthen mussten im Herbst durch ihre Blätter hindurchwachsen und Fakir spielen.

 


Ende Mai war sie schon größer, konnte sich aber immer noch hinter den Akeleien verstecken - und dann ging die Post ab!


Lange dauert es nicht mehr und diese Stiel-Ikone wird aufblühen, zur Freude der Hummeln und später der Stieglitze, die die Samen fressen.


Eine andere Staude, die ganz ungeniert das Blühen verweigern ganz, ohne dass ich ihr böse bin, ist die Etagenzwiebel (Allium cepa var. viviparum, syn. Allium x proliferum). Dieser Spargeltarzan kommt einfach mit allem davon. Statt Blüten entwickeln sich oben Brutzwiebeln, die auch sofort wieder Blätter treiben können. Später fällt der ganze Stängel um und die Zwiebclchen können anwurzeln. So bewegt sich die Zwiebel wie eine dicke grüne Spannerraupe durch den Garten, weshalb sie auf Englisch Egyption Walking Onion genannt wird.






 

Die Zwiebelchen und das Laub kann man essen, wenn man es über sích bringt, sie zu ernten, denn die Verrenkungen dieser Pflanze sind sehr unterhaltsam. Manchmal bilden sich an der Brutzwiebel an Ort und Stelle gleich neue Brutzwiebeln, wenn sie ein langes Blatt getrieben hat und es mit der Vermehrung sehr ernst meint. So ist der Name Etagenzwiebel wirklich gerechtfertigt.

Samstag, 12. Juni 2021

Die Milch macht's: Blumenpott zum Beschriften

Es ist ein ewiger Kampf: Wer ist umweltfreundlicher, die Glasflasche oder das Tetrapak? Während mir beim Tetrapak noch nicht mal die Wahl des richtigen Artikels klar ist (der, die oder das Tetrapak - wer mich fragt, bleibt dumm), kommt es bei der Nachhaltigkeit drauf an, wen man fragt. Die Glasflasche ist schwer, aber kann wiederbefüllt werden. Doch, so unken einige, soll beim Waschen der Flasche Mikroplastik frei werden, weil die Schrubberbürsten aus Plastik sind. Beim Tetrapak ist die Sache klar: Mehrweg ist nicht drin, in der Wertstoffsammlung (auch so ein herrlicher Euphemismus für Müll) müssen die Materialien Papier und Aluminium aufwendig voneinander getrennt werden, möchte man die Komponenten wiederverwerten.


Ich bin mittlerweile dazu übergegangen, Milch in der Glasflasche zu kaufen, doch gibt es die nicht überall. Gerade beim Camping, wenn man dabei auch noch mit dem Fahrrad einkauft, kann man sich den (Bio-)Laden nicht immer aussuchen. Die Frage bleibt also: Tetrapak - Lichtgestalt oder Umweltsau?

Eine bekannte Landzeitschrift hat neulich gezeigt, wie man aus Tetrapaks Dinge bastelt. Das wurde ein großer Erfolg, schon waren die Dinger geadelt und wurden zur begehrten Bastelpappe, die noch dazu quasi umsonst zu haben ist.

Die Herstellung eines Blumentopfes aus einer leeren Milchpackung ist ganz einfach: Man schneidet sie auf der gewünschten Höhe durch und reißt die bunte bedruckte Oberfläche ab. Darunter kommt die braune Pappschicht zum Vorschein. Dann kreempelt man den oberen Rand ein paar mal um, damit die nicht immer gerade Schnittkante versteckt wird. Fertig ist ein Über- oder Pflanztopf.



 

Die mit der Alubeschichtung halten das Wasser auch ewig, aber es gibt noch eine Variante, die ohne das in der Gewinnung nicht so umweltfreundliche Metall auskommt. Diese Tetrapaks sind innen mit Pflanzenkunststoff auf Zellulosebasis beschichtet, der Karton ist aus Recyclingpapier. Meist findet man diese Kartons befüllt mit Frischmilch. Dabei muss der Pflanzenkunststoff auch nicht so lange halten wie bei H-Milch. Trotzdem müssen diese Kartons in der Gelben Tonne entsorgt werden, und man fragt sich, ob das Recycling hierbei überhaupt klappt oder ob stattdessen die thermische Verwertung ins Spiel kommt (mein anderer Lieblings-Euphemismus für Verbrennen)?


Daher hatte ich kein schlechtes Gewissen, die Blumenpötte aus diesen Kartons mal genauer zu testen. Tatsächlich zersetzt sich die innere Schicht irgendwann, wenn der Topf bepflanzt wird, und Wasser läuft aus. Es funktioniert also, die Zelluloseschicht zersetzt sich.

Die Töpfe lassen sich auch prima als Geschenkverpackung nutzen, die man beschriften kann, dazu reicht ein Bleistift. So kann der Beschenkte nicht vergessen, welche Pflanze da wächst.

In dem alubeschichteten Topf, den ich als Vergleich bepflanzt habe, wächst übrigens Dorstenia hildebrandtii aus Afrika. 



Dieses wirklich ulkige kleine Gewächs ist eine Caudex-Pflanze, das heißt, sie speichert Wasser für schlechte Zeiten in ihrem Stamm. Der ist auch schon ziemlich aufgebläht. Dorstenias sind Maulbeergewächse mit bizarren Blüten und nicht im Handel zu finden, nur auf Kakteenbörsen wird man fündig. Meine habe ich aus Samen gezogen, was sehr einfach geht. Obwohl sie Wasser speichern kann, ist diese Pflanze aber doch recht schnell schlapp, wenn man sie zu wenig gießt. Daher kann sie auch in diesem Tetrapak-Topf ohne Abzugsloch wohnen, ich habe sie noch nie überwässert. Schon nach einem halben Jahr bildet die Pflanze kleine Duschköpfe aus - das sind die bizarren Blüten Marke Dorstenia:





Was haltet ihr von den DIY-Töpfen aus Milchkartons, habt ihr sie schon mal selbst gebastelt?


Samstag, 5. Juni 2021

Das Häubchen

Gartenabfälle in den Wald zu kippen ist so günstig wie verboten. Trotzdem findet man immer wieder wilde Müllkippen, die hauptsächlich aus Grasschnitt in der Größenordnung eines Fußballplatzes oder Heckenschnitt diverser, anscheinend kilometerlanger Koniferenhecken bestehen. Manchmal finde ich auf solchen Haufen auch weggeworfene Stauden, trotzdem ist so ein Anblick nicht erfreulich, auch für die Natur nicht, die solche Ansammlungen an modrigem Rasen erst einmal verdauen muss.

Bisher war mir aber die Entsorgung eines ganzen Hausstands noch nicht untergekommen. Das stinkt immerhin nicht so wie ein Haufen vor sich hin gärenden Grasschnitts. Auf dem Waldweg sah es jedenfalls aus wie nach einem Polterabend: Zerdeppertes Geschirr lag einträchtig, aber kaputt, neben Tonscherben und Haushaltskeramik. So fährt sich ein Auto auch die nächsten Jahrzehnte dort nicht mehr fest.

Draußen nur Kännchen? Neben den Trümmern einer Kaffeekanne aus Porzellan stand noch eine passende Tasse, randvoll mit Regenwasser, hier war schon ein richtiges Biotop entstanden. Aber auch der Deckel der geblümten Kanne hatte den Sturz überstanden. Und den habe ich einfach mal mitgenommen.

Wieso, weshalb, warum? Das Purzel-Porzellan dient nun als Schutzkappe für meine Augen. Denn wenn ich mal wieder Tomaten auf den Augen habe, möchte ich beim Wühlen in den Beeren nicht unsanft in das angespitzte Ende einer Staudenstütze oder eines Tomatenstabs gucken. Das kann böse Folgen haben, also lieber Deckel drauf.


 


Sieht auch ganz nett aus und thematisch passend zum Blümchengarten. Außerdem kann man die Haube noch mit Moos ausstopfen als Ohrwurmdomizil.


Wie man hier sieht, lässt sich die Biene nicht irrtieren und weiß die echte von der aufgemalten Blume zu unterscheiden:

Alternativ eignen sich als Augenschutz auch kleine Töpfe oder leere Schneckengehäuse.

 

So bleibt beim Gärtnern mit Tunnelblick garantiert jedes Auge trocken!