Samstag, 27. Februar 2021

Die Bäume schlagen aus

Mit dem Wetter wurde es aber auch nicht langweilig in den letzten Wochen... Von einem Montag zum anderen gab es einen Temperatursprung von fast 30 Grad. Der Schnee taute überall, nur in meinem Vorgarten nicht, und plötzlich war es warm und sonnig. Der erste Zitronenfalter flog durch den Garten - jetzt sollten auch die vertrockneten Stängel aus dem Garten fliegen, alle Krabbeltiere waren nun auch wach. Die alten Blütenstände vom Einjährigen Silberblatt (Lunaria annua) habe ich selbstredend vorher eigenhändig auf Puppen vom Aurorafalter untersucht, denn der fliegt nicht so früh wie der als Falter überwinternde Zitronenfalter.


Und dann war es wie immer beim Frühjahrsputz: Beim Sport soll man sich aufwärmen, bei der Gartenarbeit lässt man meistens das Stretching weg, schnappt sich die Schere und legt los. Macht ihr das anders? Ich gehe immer gleich in die Vollen bzw. in die Hocke, denn wie macht man Aufwärmübungen für die Scherenhände? Es ist ja auch nur Gartenarbeit und kein Hochleistungssport, obwohl man den ersten Muskelkater des Jahres vom Staudenbeeteabräumen eigentlich schon kennen sollte und es besser wissen müsste.

Diesmal allerdings passierte schon am ersten Tag etwas, das mich etwas überrumpelt hat. Auf allen Vieren im Null-Eurobeet wollte ich die morschen Himbeeräste abschneiden. Der genaue Tathergang ließ sich später nicht mehr rekonstruieren, aber irgendwie bin ich an eine wie ein Flitzebogen gespannte Himbeerrute geraten und habe es knüppeldick mit selbiger bekommen - sie ist mir mit Schmackes ins Gesicht geschlagen. Erst viel später beim Blick in den Spiegel habe ich gemerkt, dass ich die ganze Zeit mit blutender Oberlippe herumgerannt bin. Ich würde jetzt gern sagen: Da müsst ihr erstmal den anderen sehen, aber selbstverständlich durfte die auffällig gewordene Himbeerrute dran bleiben, schließlich hat sie bewiesen, dass sie nur so strotzt vor Saft und Kraft und Spannkraft.

Da lobe ich mir ja die Zwiebelblumen. Die sind niemals gewaltbereit, zumindest nicht gegenüber dem Gärtner. Was sie unten rum so treiben und ob sie andere Zwiebeln mobben, bekommt man ja nicht so mit.

In jedem Fall sind sie gerade die wichtigste Nahrung für Hummelköniginnen (hier eine Gartenhummel) und Honigbienen.

 




Und es werden immer mehr Zwiebelzwerge in meinem Garten! Die Elfen-Krokusse haben offenbar eine kritische Masse erreicht und jetzt geht die Vermehrung plötzlich ganz rapide vonstatten. Während Crocus vernus immer weniger wird, wenn man nicht immer wieder nachstopft, gibt Crocus tommasinianus den Platzhirsch,





 

Hier eine Luftaufnahme, die die Ausmaße der rosafarbenen Invasoren zeigt. Diese Szene hat etwas von einer Herde Flamingos, die über eine Klippe springen, um dann auf einer Cocktailparty herumzustehen.



 

Apropos Flamingo: Keine Angst vor Ringeltauben, diesen grauen Riesen mit den rosa Füßen. Die dicken Kawentsmänner sehen nur aus wie gefiederte Abrissbirnen, treten aber auf keinen Krokus, der ihnen beim Watscheln auf dem Rasen im Weg steht.


 

Der gewitzte Elfen-Krokus hat es sogar geschafft, sich in die geschlossenen Reihen vom weißen Krokus 'Miss Vain' zu drängen - eine Sorte, die sich als sehr langlebig erwiesen hat, hoffentlich auch mit den subversiven Zwiebeln, die sie infiltrieren.





Auch der VIP-Krokus ist noch da und mit den Jahren - es sind jetzt acht - ein ganz schöner Blumenstrauß geworden.


Die Wilde Karde, die ich mal gejätet in einem öffentlichen Garten am Wegesrand fand und mitgenommen habe, hat sich als sehr durchsetzungsstark erwiesen und mit ihrer Blattrosette alle einfach überwachsen - zumindest, bis die Krokusse und Traubenhyazinthen einfach durch die hindurch gewachsen sind. Nun spielt sie Fakir.


 

Wie man sieht, ist es im Garten oft ein Hauen und Stechen - nur meistens bekommt der Gärtner dabei keinen Schlag ins Gesicht...

Samstag, 20. Februar 2021

Dann man tau!

Tauwetter in dem Ausmaß, wie vorher Schnee auf dem Garten lag, ist ein wenig wie Geschenke beim Schottwichteln auszupacken: Während der Garten sich feierlich enthüllt und das weiße Laken gelüftet wird, weiß man nie, was sich zeigen wird - ist es gut oder schlecht, was sich beim Auspacken offenbart? Sind es auf den Gehwegen eher Hundehaufen, die jetzt aus dem Frost hervortreten, sind es im Garten hoffentlich schönere Dinge!

Und um noch mehr Dramatik reinzubringen, warf das Dach zusätzlich mit Dachlawinen und Eisbrocken um sich, natürlich meist unter lautem Getöse und bevorzugt zu nachtschlafender Zeit, damit man auch mitbekommt: Es taut!


Die Suche nach Überlebenden nach Frost und Dachlawinen ist doch immer wieder spannend! Hat die schützende Schneedecke vor zweistelligen Minusgraden ausreichend geschützt?

Manche Stauden haben die Spannung noch ein bisschen gesteigert, denn während ihre Blätter schon längst freigetaut waren, sahen ihre Blüten noch aus, als würden sie den Kopf in den Sand stecken, wie die Lenzrosen.

Nun wirken sie wie frisch aus dem Ei gepellt, der Frost hat ihnen nichts anhaben können.


Die Stinkende Nieswurz ist allerdings durch die schiere Masse des Schnees etwas windschief geworden.

 

Die Krokusse, Tulpen und Schneeglöckchen sehen taufrisch aus, haben teilweise aber eine bizarre Körperhaltung angenommen oder angeknickte Blätter.



 

 


Auch der Austrieb der Taglilie hat etwas von einem Fragezeichen:



Diese Haltungsschäden werden sich hoffentlich verwachsen.

 

Der Palmkohl und der Staudensellerie, die seit letztem Jahr im Kübel auf der Terrasse stehen, haben sich ein paar Blätter abgefroren, scheinen aber ansonsten lebendig zu sein.

 

Beim Sellerie, den ich übrigens letztes Jahr aus einem Küchenrest gezogen habe, sind bezeichnenderweise die Blätter erfroren, die über den Kübelrand hingen und dadurch keine Schneehaube hatten.


Auch das Mönchsgrasmückenweibchen und sein Mann sind eine Woche nach der letzten Sichtung wieder aufgetaucht und mampfen Hagebutten der Rosa multiflora, als wären sie nie weg gewesen. Wo waren sie nur während der Kältewelle? Haben sie sich in die Obstabteilung des nächsten Supermarktes geflüchtet? Oder sich vor einen leicht erreichbaren Meisenknödel gesetzt und  sind ihm nicht mehr von der Seite gewichen zwecks Energiesparens? Ich glaube nicht, dass man innerhalb von einer Woche das Land verlassen und zurückreisen kann, höchstens Business Class.


Die Vögel, nicht nur die Mönchsgrasmücken, freuen sich jedenfalls, endlich wieder baden zu können - auch zu trinken, ohne danach eine Wärmflasche zu brauchen, ist für sie sicher sehr komfortabel.


 

Und endlich gibt es wieder frische Regenwürmer! Die waren zwar die ganze Zeit da, aber eben tiefgefroren und niemand hat den Tiefkühler aufbekommen.

 



Der Rosmarin und die Topfbepflanzung wirken ebenfalls ganz gut gelaunt.


Einige Stauden haben allerdings weniger unter dem Frost zu leiden gehabt. Sie waren einfach zur falschen Zeit am falschen Ort und sind als Kollateralschaden mit dem Schnee weggeschüppt worden, so wie diese Storchschnäbel, die ich gestern ein paar Straßen weiter auf einem riesigen Schneehaufen fand. Sie haben die perfekte Stecklingsform, ich habe sie mitgenommen und eingepflanzt.




Bei anderen Pflanzen, wie den Rosen, wird sich noch zeigen, ob es Spätschäden gibt - das Schrottwichteln geht weiter!

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Und damit es so kurz vor dem Frühling nicht langweilig wird, hier noch ein bisschen Werbung! Ich habe ein Interview geben dürfen für den 6. Bio-Balkon-Kongress, der unter dem Motto steht:  Kann man Tiere pflanzen?

Stattfinden wird er vom 26. Februar bis 07. März 2021.


 

25+ Experten teilen in Video-Interviews (oftmals mit Bildern) ihr Wissen zu pflegeleichten Pflanzen, die dem Klimawandel trotzen und die Artenvielfalt fördern.  Mit diesen Pflanzen kannst Du Deine persönlichen Lieblingstiere anlocken und unterstützen.  Erfahre von den faszinierenden Partnerschaften zwischen Pflanzen und Tieren.  Schaffe Dir Blütenpracht und freudvolle Erlebnisse!
Außerdem gibt es Live-Frage-Antwort-Runden, um vom fundierten Wissen und praxiserprobten Tipps der Experten zu profitieren.

Diese Experten-Interviews erwarten Dich u.a.:
* Kerstin Lüchow/NaturgArtenvielfalt und Uta Kietsch/Wildpflanzenvermehrerin: Wildblumen und Blumenwiese im Kübel
* Katharina Heuberger: Erfahrungen vom Natur-Balkon Wilder Meter
* Christiane Habermalz/Riffreporterin/urbane Guerillagärtnerin: Anstiftung zum gärtnerischen Ungehorsam
* Robert Heemskerk: Frühblüher und andere Blumenzwiebeln in Topf und Kübel
* Werner Ruf/Bioland-Rosenschule Ruf: Rosen für Topf und Kübel
* Friedhelm Strickler: Kräuter- und Wildpflanzengärtner – Grundlagen
* Dieter Gaißmayer: Kräuter- und Staudengärtner – Grundlagen
* Paula Polak​/Natur-Gartenplanerin – Wasser, Mini-Teich, Sumpfkasten
* Annette Lepple/Gartengestalterin/Autorin: Garten ohne Gießen, Genießen statt Gießen
* Dr. Melanie von Orlow: Wildbienenfreundlicher Balkon
* Dr. Corinna Hölzer: Deutschland summt! Summst Du mit?
* Bettina de Chevallerie: Tausende Gärten, Tausende Arten
* Conrad Amber/Die Stimme der Bäume: Bäume auf die Dächer, Wälder in die Stadt
* Peter Steiger/Landschaftsarchitekt: Balkons naturnah gestalten
* Elke Schwarzer/Biologin/Autorin: Meise mag Melisse, Der Giersch muss weg
* David Seifert: Anlage von Lebensinseln, Baumscheibenbegrünungen
* Daniel Jakumeit: Hortus auf dem Balkon, Mini-Tipps
* Dr. Sonja Schwingesbauer/Hortus Pannonicus/Pflanzplanerin – Wo die wilden Nützlinge wohnen
* Prof. Dr. Hans-Heiner Bergmann/Ornithologe: Vögel fördern
* Tjards Wendebourg/Redaktionsleiter Garten Ulmer: Der Kies muss weg
* Julia Seidel & Anja Carsten:  Ein Wurmökosystem für Küche und Balkon für besten Dünger für Deine Pflanzen

 

Der Kongress findet online und kostenlos statt, anmelden kann man sich hier:

https://bio-balkon.de/kann-man-tiere-pflanzen/

Samstag, 13. Februar 2021

Der Garten im Schneeanzug

Das ist ja mal sehr zuvorkommend vom Wetter, dass es vor den sibirischen Temperaturen den Pflanzen vorher noch eine Decke übergeworfen hat. Die hätte zwar durchaus etwas weniger großzügig bemessen sein können und das Wetter hätte sich auch nicht unbedingt so sehr damit beeilen müssen, aber da will ich nun nicht meckern. Zur Abwechslung gibt es also keinen Kahlfrost - und der hätte sich gewaschen bei zweistelligen Minusgraden.



Um diese schöne warme weiße Decke zu erreichen, hat die eiskalte Kaltfront nicht lange gefackelt und die Schneekanone angeworfen. Innerhalb von 24 h kam so viel weiße Ware vom Himmel wie seit Jahrzehnten nicht mehr. Der Kübelteich sieht aus wie ein Gugelhopf mit dick Puderzucker drauf und die meisten Stauden sind gar nicht  mehr zu erahnen. Die Gefahr durch Zecken im Garten liegt allerdings bei null.



Der Schneeanfall hat abseits vom Garten hinterm Haus dann gehörig Arbeit und Muskelkater verursacht - und dort, wo Wege freigeräumt werden mussten, haben andere Pflanzen jetzt eine gute Tonne komprimierten Schnee auf dem Kopf. Hoffentlich überleben sie das, vor allem die Halbsträucher wie der Salbei.

Damit auch die Vögel das Ausnahmewetter überleben, habe ich ihnen einen extra Teller Vogelfutter spendiert. Die großen Vögel wie die Amseln können nicht am hängenden Futterspender turnen und sind auch froh, wenn es neben all dem Obst von den Bäumen und Sträuchern noch etwas Fettiges auf die Rippen gibt. Zum Leidwesen der Amselmänner sind die Frauen allerdings sehr streitsüchtig und wollen in jeder Lebenslage zeigen, wer die Hosen an hat. Lieber einmal mehr einen Artgenossen verscheuchen, auch wenn man dann gar kein Interesse am Futter hat, als dass man Schwäche zeigt.

 


Der Eichelhäher hat sich die Lage mit dem Teller im Schnee erst einmal ganz genau aus sicherer Entfernung angeschaut, für sicher erklärt und dann das Futter besucht. Beim Abflug hat er ihm Schlagseite verpasst. Andere Vögel wie das Rotkehlchen setzen sich einfach mitten ins Futter, dann ist auch für alle klar, wer jetzt hier an der Reihe ist - wozu trägt es sonst Warnweste?

 


 

Die Ringeltaube hat nach einigem helikopterartigen Überflugmanövern schließlich doch entschieden, dass sie das Wagnis Tiefschneetauchen eingeht. Vor dem Teller ist sie auch prompt bis zum Bauch eingesunken, aber wo sie schon  mal da war, wurde auch gespachtelt.


 

Die meisten Vögel zeigen bei -10 Grad am Tag lieber kein Bein, sondern setzen sich auf Ästen hin, um sich die Füße zu wärmen. Wenn sie trinken wollen, müssen sie Schnee essen - sofern sie fettiges Futter zu sich nehmen können, ist das kein Problem, dann haben sie die nötige Energie zum Auftauen ihres Eisgetränks. Den Rat "Iss keinen gelben Schnee" werden sie hoffentlich berücksichtigen.


Nur die Mönchsgrasmücken machen mir Sorgen, die die ersten kalten Nächte auf jeden Fall überlebt haben, aber nicht ans Vogelfutter gehen. Sie müssen nach wie vor mit den Hagebutten der Rosa multiflora über die Runden kommen. Die ist nicht heimisch, aber was würden die heimischen Mönchsgrasmücken nur ohne sie machen? Am Mittwoch habe ich das Männchen zuletzt gesehen, seitdem nicht mehr.



Genau wie nach der Silvesternacht, die für Wildtiere ein Albtraum sein muss, freut man sich auch nach einer eiskalten Nacht mit zweistelligen Werten unter Null über jeden Vogel, den man morgens gesund und munter wieder begrüßen kann. Eine Erlenzeisigdame konnte ich dagegen sehr gut im Auge behalten, da sie nachmittags gegen die Scheibe geflogen war und aus dem Schnee geborgen werden musste. Zur Sicherheit durfte sie im Haus übernachten, hat gut gefrühstückt und durfte am nächsten Morgen als wieder genesen davonfliegen.




Und so bleibt zu hoffen, dass es bald wieder warm wird - mit Tauwetter und Insekten für die Vögel, denen der Notfallteller nicht reicht...

Samstag, 6. Februar 2021

Der Garten als Klimaheld?

Mit dem Bisschen Garten, das ich mein eigen nenne, wäre es vermessen, wenn ich mich als Landwirt bezeichnen würde, obwohl ich Land habe und darauf Pflanzen und Tiere bewirte. Manchmal baue ich sogar Gemüse an.


 

Warum bespreche ich hier also das Buch "Regenerative Landwirtschaft" von Dietmar Näser, erscheinen im Ulmer-Verlag


 

Bin ich jetzt größenwahnsinnig geworden und meine, mit den ganze Großen mitschwimmen zu können? Was mich an dem Buch gereizt hat, war der Untertitel: Bodenleben und Pflanzenstoffwechsel verstehen. Jepp, das will ich! Seit einiger Zeit interessiere ich mich sehr für das Leben unter meinen Füßen, unter meinen Pflanzen und unter dem Kompost, den ich jedes Jahr auf meinen Beeten verteile. Gleichzeitig hilft dieses Buch, die Landwirtschaft zu verstehen: Was läuft oft falsch in der Wirtschaftsweise und wie macht man es richtig? Durch regenerative Landwirtschaft speichern Böden nämlich so viel CO₂, dass angenommen wird, dass man durch die richtige Bewirtschaftung den Klimawandel aufhalten könnte. Auch spart man Pestizide und erzeugt gesündere Lebensmittel, die voll sind mit sekundären Pflanzenstoffen, aber weniger ungesundes Nitrat enthalten.


 

Am Anfang des Buchs stellt der Autor dar, wie man dem Boden ansehen kann, wie es um ihn bestellt ist - und wie man die Ergebnisse aus der Bodenprobe interpretiert. Dann folgt die Technik. Das ist durchaus unterhaltsam geschrieben: "Achslasten, die [...] auf der Straße verboten sind, werden mit der modernen Erntetechnik heute in allen Kulturen erreicht. Die Straße ist gepflastert, Ihr Acker ist es nach der Ernte oft auch." Daher müssen die durch die Maschinen zu Beton zusammengefahrenen Böden wieder gelockert werden, sonst kommen die Pflanzenwurzeln nicht mehr durch. Auch sollte man warten, bis die Temperaturen frühlingshaft geworden sind, denn dann sind die Bodenorganismen aktiv, und der Boden verkraftet das Bewirtschaften viel besser.


 

Auch die weiteren Maßnahmen, toten Boden wiederzubeleben, können im Garten hilfreich sein: Komposttee lässt sich im kleineren Rahmen auch Zuhause herstellen und auf die Beete ausbringen.

Es wird erklärt, wie sich Pflanzen ernähren - und wie man den Boden so ernährt, dass die Pflanzen sich aus ihm selbst versorgen können. So werden sie widerstandsfähiger gegenüber Schädlingen und Trockenheit. Das wollen wir Gärtner doch auch!

Dann wird auf die einzelnen Gruppen der Bodenlebewesen eingegangen. Für Gärtner sind diese Kapitel ein Schatz an Informationen. Mykorrhiza-Pilze liefern den Pflanzen Wasser und Nährstoffe, im Gegenzug bieten die Pflanzenwurzeln ihnen Zucker über die Exsudate. Pilze mögen keine intensive Bodenbearbeitung - ein Grund, im Garten auf das Umgraben zu verzichten. Mykorrhiza-Pilze findet man nicht an den Wurzeln von Kohlgewächsen, daher wird das Bodenleben in diesen Kulturen mit einer Untersaat aus Kleegras gefördert, denn Gräser bilden gern eine Symbiose mit Pilzen. Auch wieder etwas, das man im Garten beherzigen kann: Auslaugende Kulturen wie Kohl werden mit Gräsern zusammen bodenfreundlich, der Trend zu Ziergräsern im Staudenbeet fördert ebenso den Humusaufbau und die Bodengesundheit.

Mischkultur fördert die Pflanzen also in erster Linie unterirdisch, denn jede Pflanzenart tut sich mit bestimmten Bodenlebenwesen zusammen, seien es Bakterien oder Pilze, so wird der Boden artenreich und widerstandsfähig.


Man lernt in diesem Buch erstaunliche Dinge aus der aktuellen Forschung. Wer hätte gedacht, dass Bakterien, denen man keine große Intelligenzleistung zugetraut hätte, sich zu unseren Gunsten steuern lassen und sogar wissen wie viele von ihrer Art vor Ort sind? Opportunistische Bakterien, die mehrere Stoffwechselwege zur Verfügung haben, lassen sich davon überzeugen, einen Stoffwechselweg unserer Wahl einzuschlagen, wenn wir ihnen nur das richtige Milieu bieten.

Was ich aus dem Buch mitgenommen habe:

  • Den Gartenboden im Winter am besten nicht betreten, und wenn, dann mit einem Brett unter den Füßen. Im Frühjahr ist er durch das erwachte Bodenleben elastischer und verträgt den Fußtritt besser.
  • Mischkultur dreht sich nicht nur um das Vertreiben von Blattläusen, sondern um die Förderung des Bodenlebens.
  • "Unkräuter" treten auf, wenn das Bodenleben gestört ist oder abbauenden Stoffwechsel betreibt. Der Stoffwechsel von Unkräutern ist hocheffizient, es sind häufig Pionierpflanzen, die auf schlechten Böden eine hohe Nährstoffaufnahme schaffen. Diese Arten reparieren gerade den schlechten, mikrobiell toten Boden. Anstatt sich um das Beseitigen der störenden Pflanzen zu kümmern, kümmert man sich um den Boden, dann verschwinden die Unkräuter von allein.
  • Den Gartenboden nicht umgraben. das stört besonders die Bodenpilze, die als Mykorrhiza den Pflanzen helfen, Wasser und Nährstoffe zu bekommen.
  • Ein aktives Bodennahrungsnetz hilft den Pflanzen, Trockenheit zu überstehen und macht sie widerstandsfähig gegen Schädlingsbefall und pathogene Pilze. Auch wird so Unkraut unterdrückt.
  • Boden sollte nicht lange unbedeckt bleiben. Nicht so wie in manchen Gärten, wo man standardmäßig nur braunen Boden sieht und ein paar Pflanzen darin wie auf dem Präsentierteller. Dort werden Unkräuter die Sache in die Hand nehmen, die man besser nicht mit Herbiziden behandeln sollte, denn....
  • ...Glyphosat hemmt die Humusbildung und schädigt die Bodenlebewesen. Als hätten wir es nicht schon immer geahnt...



 

Mein Fazit: Auch Gartenbesitzer können aus diesem Buch viel lernen. Und sei es nur, den Boden in Ruhe zu lassen und die regenerative Landwirtschaft zu unterstützen, zum Beispiel durch den Kauf von Bio-Lebensmitteln, wobei das Prinzip auch schon oft im konventionellen Anbau betrieben wird, denn zum Klimaretten reichen die Flächen der Biobauern (noch) nicht. Und die Landwirte, die ihre Böden beleben und sie so zu großen CO₂-Speichern machen, sind die wahren Ackerhelden!