Den Sommer einsperren und im tiefsten Winter wieder rauslassen? Klingt komisch? Ist es auch, geht aber ganz gut, sogar mit Aussicht und hinter Glas. Dazu muss man nur die Früchte des Sommers, die man alle gar nicht so schnell aufessen kann, wie sie wachsen, einsperren, bzw. einkochen.
Stachelbeeren zum Beispiel. Ein Kilogramm hat ein Strauch, der sich wohlfühlt, mindestens an den Ästen. Und nach dem Abpflücken und Ausputzen kommt das Marmeladekochen. So halten die Früchtchen ewig, sind nicht mehr sauer, sondern zuckersüß, und wecken noch lange die Erinnerungen an den letzten Sommer, als das Leben uns vorkam wie im Schlaraffenland.
Allerdings sollte das Einkochen schon ein bisschen mit Stil erfolgen. Nichts ist schlimmer, als im Herbst vor einem antiken Gurkenglas zu stehen - auf dem bedruckten Deckel prangen grüne Spreewälder, das alte Etikett ist auch nicht ganz spurlos verschwunden. So denkt man dann eher an Kartoffelsalat als ans Frühstücksbrötchen mit Marmelade, da kann man noch so oft "Stachelbeeren 2018 (wirklich)" drauf schreiben. Auch schön: Alte Champignongläser, Brechbohnen oder gar Leberwurst.
Überhaupt, die Etiketten. Da hat man endlich Gemüse im Glas gefunden, das einen unbedruckten Deckel hat, und prompt geht das Etikett in der Spülmaschine nicht ab, noch nicht mal im zweiten oder dritten Waschgang oder mit roher Gewalt. Vom Loslassen-Können haben diese Aufkleber wohl noch nichts gehört. Und mit weißen Fetzen am Glas macht das Frühstück auch schon wieder weniger Spaß.
Irgendwann habe ich entdeckt, welche Konservengläser sich gut als Marmeladengläser auf dem zweiten Bildungsweg eignen. Am besten funktionieren Biomais und Bio-Kichererbsen aus dem Supermarkt oder Bioladen. Der Schraubdeckel ist neutral, das Etikett nur leicht angeklebt. Es löst sich einfach und vollständig.