Ich hab's ja immer gewusst: Bielefeld hat mehr zu bieten, als man so gemeinhin denken mag. Jetzt hat doch tatsächlich 2012 die Bundesgartenschau hier getagt und ich erfahre erst Ende des Jahres davon. Aber seht selbst, hier steht es Schwarz auf Weiß:
Da hat doch tatsächlich jemand einen Fahrradständer in der Altstadt verschönert, in Grün und mit Blümchen. Bemerkt habe ich ihn aber erst an Weihnachten, als er es schon schwer hatte, gegen die Glitzerwelten der Glühweinbuden anzukommen. Guerilla-Gärtnern war gestern, jetzt wird Guerilla-Gestrickt! Eine durchaus reizvolle Idee, so fasst sich das Metall auch nicht mehr ganz so kalt an. Bielefeld blickt ja zudem auf eine lange Tradition der Textilverarbeitung zurück, da passt das irgendwie. Außerdem hat die Einkaufsmeile für meinen Geschmack sowieso einen eklatanten Mangel an Bäumen und Blumen zu beklagen. Aktionismus in Form von illegalen Anpflanzungen scheitert hier schon oft genug am versiegelten Boden. Zum Glück helfen jetzt Handarbeitsblümchen aus, denn wo man nicht pflanzen kann, muss man stricken! Keine echten Pflanzen also, aber allemal eine Augenweide.
Ein paar Fragen bleiben natürlich offen:
Wie kommt die Strickmanschette an den Fahrradständer? Man darf ihn schließlich aus gutem Grund nicht einfach aus dem Boden ziehen. Ob die kleine Bundesgartenschau ihm direkt auf den Leib gestrickt wurde, zumindest der abschließende Saum? Ist das Garn wirklich grün oder ist das schon Moosansatz? Gibt es noch mehr Kunst am Stahl in der Stadt verteilt? Und wie bitteschön häkelt man diese Blümchen überhaupt? Gibt es da Kurse für mit der Stricknadel bewaffnete Kämpfer pro urbanes (Woll-)Grün?
Bielefeld ist also durchaus bestrickend, und manchmal überrascht die Stadt sogar mit geradezu exotischen Blumen an ganz unwirtlichen Stellen, wie hier an der Kesselbrink-Baustelle, wo wilder Ysop auf der Fahrbahnbegrenzung wächst! Wie um alles in der Welt ist er nur dahin gekommen? Auch das ist irgendwie Kunst, wenn auch Überlebenskunst.
Alternativ kann man auch mit dem Pinsel den Beton verschönern, wo sonst nichts wachsen will - immerblühender Hibiskus auch im Winter:
Ich gebe unumwunden zu: In Bielefeld ist beileibe nicht alles eitel Sonnenschein, aber es gibt Lichtblicke, und davon immer mehr. Nicht nur ist der kahle Kesselbrink (ein zentraler Schandfleck mit guter Verkehrsanbindung und Wochenmarkt) endlich begrünt worden und der Schützenberg-Park restauriert - 2013 wird sogar der botanische Garten um eine neue Fläche erweitert. Es wird eine große Blumenwiese geben, man darf gespannt sein. Und bis es soweit ist, stricken wir uns unsere eigene Bundesgartenschau einfach selber! Demnächst an Ihrem Fahrradständer!