Sonntag, 11. November 2012

Dresdner Allerlei

Achtung, hier kommt ein Reisebericht. Ich möchte mich jedoch schon vorab in aller Form entschuldigen, dass ich ein ganz miserabler Tourist bin. Dabei gebe ich mir wirklich viel Mühe, sage pflichtschuldig "Ah" und "Oh" beim Anblick altehrwürdiger Architektur, wandere brav durch jede Form von Altstadt und tue alles nur Menschenmögliche, um meinen Respekt vor sämtliche Hütten und Palästen auszudrücken, die als sehenswert gekennzeichnet sind. Und das war's dann aber auch schon. Museumsbesuche und die Besichtigung sakraler Inneneinrichtungen stehen zumindest als guter Vorsatz stets auf dem Programm, aber wenn es dann vor Ort nicht gerade stürmt und schneit, versuche ich mich um derartige lichtscheue Aktivitäten herumzudrücken. Vorzugsweise im Grünen.

Ja, ich bin ein schlechter Tourist und sicher der Albtraum eines jeden Stadtführers. Mein Blick verweilt nie so lange auf historischen Gemäuern, wie es sich für einen respektablen Reisenden geziemt. Stattdessen entdecke ich unweigerlich Straßenbäume, die mich brennend interessieren, oder ich erspähe Turmfalken am Kirchturm, die mich fortan mehr fesseln als die Kirche selbst.

Bringen wir es also hinter uns. Für alle, die gerne wissen wollen, wie es in Dresden so ausschaut, hier nun die (fast) klassische Sicht auf die Altstadt, wie sie im Buche steht:

So, das wäre geschafft. Nun zu den kleinen, aber feinen Details, die die Stadt sonst noch zu bieten hat. Da wären zum einen die Blaseneschen (Koelreuteria paniculata) in der Altstadt, die sich in Dresden außerordentlicher Beliebtheit erfreuen. Ich kann verstehen, warum - ihre Herbstfärbung ist grandios.



Mitten in der Stadt gibt es schöne Staudenbeete mit Lampionblumen, Gräsern und Astern. Am Zwinger war ich außerdem von einer sehr großen Baumhasel (Corylus colurna) in Trauerform beeindruckt:


Zum Glück hat Dresden auch einen botanischen Garten, der allerdings nicht gut ausgeschildert ist. Man muss schon wissen, dass er da ist, um ihn zu finden. Wahrscheinlich ist er nicht das bevorzugte Ziel des braven Touristen, dabei kostet er noch nicht mal Eintritt. Und so hatten wir ihn an einem grauen Novembermorgen auch ganz für uns allein - unser eigener, privater botanischer Garten.

Allerdings wurden wir dort schon vor dem Betreten von allerhand Strauchdieben und Wegelagerern überfallen, die die sofortige Herausgabe von Esswaren forderten:


Ein Rudel von fünf Kohlmeisen sowie mehrere Eichhörnchen wurden extrem zudringlich. Das Mitführen von Nüssen oder Körnern als Wegezoll ist dringend zu empfehlen, um die gefräßige Bande zufriedenzustellen. Wer schon immer mal eine Kohlmeise in der Hand haben oder einem Eichkater ebendiese schütteln wollte, dem sei der botanische Garten in Dresden unbedingt ans Herz gelegt.

Weitere Attraktionen sind einige Tropen- und Kalthäuser mit allerhand kuriosen Pflanzengestalten wie Bandbusch, Baumtomate und Lulo (Solanum quitoense).


Die Außenanlage hat auch im November noch so einiges Staunenswertes im Angebot, wie die herbstblühende Virginische Zaubernuss (Hamamelis virginiana) oder den Asiatischen Spindelbaum (Euonymus hamiltoniana) mit Früchten im "Prinzessin Lillifee"-Farbschema (oben rechts im Bild). 

Für mich war diese Pflanze hier die ganz große Sensation: Ein Pärchen des zweihäusigen Osagedorns oder Milchorangenbaums (Maclura pomifera) gab mit seinen großen, enorm schweren Früchten an. Diese Dinger sehen aus wie der Muppetshow entsprungen, riechen verführerisch fruchtig und sind durch und durch rätselhaft. Der bedornte Baum mit seinem relativ kleinen Verbreitungsgebiet in den USA hat mittlerweile wenig Kundschaft - seine Früchte kommen in der Tierwelt nicht mehr gut an und werden kaum noch natürlich verbreitet. Man nimmt daher an, dass die Pflanze ein Relikt aus der Eiszeit ist und die Früchte in ferner Vergangenheit von Präriemammuts und Riesenfaultieren gefressen wurden (ein botanischer Krimi: The Ghosts Of Evolution - Nonsensical Fruit, Missing Partners, And Other Ecological Anachronisms). Ich für meinen Teil hätte jedenfalls fast hineingebissen, bis ich den Totenkopf auf dem Schild entdeckt habe.




Der Garten hat es verdient, in Dresden mehr Beachtung zu finden, und sollte auf jedem touristischen Programm stehen.
Der Reisende darf nur nicht unter Verfolgungswahn leiden: Man wird ständig von den Hörnchen und Meisen umkreist, die den Besucher nie ganz aus den Augen lassen, falls er nicht doch noch seine Taschen öffnet. Aber diese fast handzahmen Tiere sind es am Ende, die mir von meinem Dresdenbesuch in Erinnerung bleiben werden, wenn ich den Anblick der historischen Gebäude schon lange vergessen habe.

22 Kommentare:

  1. Liebe Elke, es ist interessant wie vielfältig eine Stadt gesehen werden kann. Ja Dresden ist eine schöne Stadt und hat viele historische Bauten, hat viele interessante Ecken, ist mega hip und gleichzeitig ziemlich konservativ. Und wenn man sich so wie du auf die Botanik spezialisiert, dann gibts auch dort was zu sehen. Ich liebe besonders die vielen Schlösser und Parks am Elbufer flussabwärts und Pillnitz ist für mich besonders schön mit interessantem Park, Schloss und Sichtungsgarten der dortigen Fakultät Landbau/ Landespflege. Dank meiner örtlichen Nähe bin ich regelmäßig in DD nicht immer schau ich mir opulente Architektur an.. ;-)) Liebe Grüße Annette

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  2. Elke, dein Bericht ist wieder mal herrlich! Wenn ich das nächste Mal in Dresden bin, werde ich nicht nur die Frauenkirche und den Zwinger besuchen, sondern auch dem botanischen Garten einen Besuch abstatten, versprochen!

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  3. Liebe Elke, ich bin ein großer Dresden- Fan und mag natürlich alle die alten Gemäuer, Museen und Kirchen. trotzdem danke ich Dir von ganzem Herzen für diesen anderen Blick auf Dresden und werde definitiv beim nächsten Dresdenbesuch den Botanischen Garten mit einplanen!!!!! LG Lotta.

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  4. Liebe Elke,
    Danke für die Beschreibung des Osagedorns!! Diese Früchte kenne ich aus meiner Kindheit, wo ich sie einmal in einem Klostergarten sah und ganz hingerissen war. Seither bin ich nie mehr drübergestolpert, hab sie aber hier von deinen Fotos gleich erkannt. Muss direkt mal schauen, ob es diesen Baum dort noch gibt.
    Dresden besuchten wir kurz im Frühjahr und ich finde mich in deinen Schilderungen echt wieder. Ich gehe zwar schon in Kirchen hinein, aber Botanische Gärten oder Schlösser mit großen Parkanlagen stehen auch bei mir immer auf der Besichtigungsliste ganz oben! vom botanischen Garten gibt es einige Fotos mit Meisen auf Händen und Köpfen, was du schilderst haben wir auch erlebt :-)
    Deine Fotos sind sehr stimmungsvoll und schön herbstlich...

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  5. Ich habe gerade erst diesen wundervoll humrovollen Blog entdeckt. Ich werd ihn gleich mal verlinken. Weiter so! Es macht Freude, hier herumzustöbern.

    Viele Grüße aus Göttingen!

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  6. Ja liebe Elke Dresden ist schön.Im Juni waren wir auch in Dresden.
    Schön sind deine Fotos.Schönen Kuschelabend und liebe GRüße Jana.

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  7. Deine Ehrlichkeit macht dich noch sympathischer, liebe Elke. Das ist nun mal nicht Jedermanns Sache, pausenlos altehrwürdige Gebäude zu besichtigen. Interessant ist es hauptsächlich für Leute, die gute Kenntnisse der einzelnen Epochen haben, sich mit Baustilen und Malerei auskennen.
    Du kennst dich dafür in der Pflanzenkunde sehr gut aus..und wie schön...dass deine Leser sich mit dir daran erfreuen und sehr viel dabei lernen dürfen
    Schönen Abend und herzliche Grüße von Zaunwinde

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  8. Ha, mir geht es genauso. Ich bin weitaus mehr an Grün und Getier interessiert als Stein und Beton. Da ich nicht oft kommentiere wollte ich mich nochmal brav(!) bedanken für die stets informativen und vor allem amüsant-geschriebenen Berichte und die tollen Fotos!
    Die Eichhörnchen erinnern mich an ein Erlebnis, als ein ebensolches nicht nur die angebotene Nuss aus der Hand sondern gleich die ganze Nusstüte mitnahm bis ich hinterhergelaufen bin.

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  9. Hallo Elke,
    ein Besuch in diesem botan. Garten lohnt sich auch im Sommer. Wir waren vor einigen Jahren dort, damals wurden wir sicher von den Großeltern der heut. Eichhörnchen beobachtet! :) Schon damals sind mir die vielen Eichhörnchen aufgefallen, übrigens auch im Schloßpark Pillnitz.
    Dir noch eine schöne Woche
    Dagmar

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  10. Deine etwas anderen Fotos von Dresden sind einzigartig und einfach schön. So oder anders, Dresden muss einfach eine Teise wert sein.
    Liebe Grüsse
    Ida

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  11. Ein einzigartiger Bericht über einen Besuch in Dresden. Ich kann dich bestens verstehen. Die "richtigen" Sehenswürdigkeiten kann ich mir nie merken, alles andere drumherum - Tiere, Pflanzen, Landschaften - schon *gg*
    Wenn ich es nicht besser wüsste, würde ich sagen, die Hörnchen und Meisen sind verwandt mit unseren hier. Haben wir doch auch solch Wegelagerer und Plünderer im Garten und auf dem Balkon.

    Einen guten Start in die neue Woche wünsche ich dir.
    Nanne

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  12. Also von den Fotos her, hätten wir uns begegnen können.
    Die sonnigen Fotos müssen ja zwangsweise am Freitag entstanden sein, aber vom Stand des Lichts im Zwinger haben wir uns um gut vier Stunden verpasst, aber ich habe den selben Baum hinter dem Zwinger bewundert.
    Lass uns das mal wieder machen. Dresden war schön!
    Das nächste Mal mit Eierschecke?
    Gruß vom frollein

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  13. Wow, wunderschöne Bilder und Einblicke
    abseits touristischer Pfade. Für einen
    grauen Novembertag sind die Bilder genial
    geworden :-)
    Viele liebe Grüße Urte

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  14. Cool, wieder was dazu gelernt. Asiatischer Spindelbaum. Danke.

    Darf ich fragen, womit du fotografierst? Die Fotos gefallen mir sehr gut :)

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  15. Ich gehe auch sehr gerne in Botanische Gärten, wenn ich eine Stadt besuche, leider gibt es von diesen nicht besonders viele davon in Österreich.

    lg kathrin

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  16. Mädel, es gibt zwei Dinge, die Du unbedingt tun solltest:
    1. Einen Städtereiseführer für Natur-Junkies (zu denen ich mich auch zähle) schreiben.
    2. Reisen für ebensolche Junkies anbieten, selbstverständlich nur unter Deinen Fittichen.
    Und dann, wenn Du dann Millionenschwer in Deinem eigenen Park sitzt, in denen es natürlich von Strauchdieben und Co. auch nur so wimmelt, dann denkst Du mal an die Frau Gwundergarten und lädst sie zu einem Kaffee ein *lach*.
    Übrigens ich arbeite noch daran, unsere Eichhörnchen zahm zu kriegen, aber im Moment sind sie nicht besonders kooperativ und nehmen lieber die Futterstation auseinander. Wusste gar nicht, dass die kleinen Kerle so rabiat sein können.
    Hab einen fröhlichen Tag.
    En liebe Gruess
    Alex

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  17. Hach Elke,

    was für ein wundervoller Reisebericht, der einem, wie all deine Posts, das Lächeln ins Gesicht zaubert.

    Ich stimme Alex zu und würde auch sofort einen Reiseführer von dir kaufen ;)

    Hab einen schönen Tag,
    lg Sandra

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  18. Das ist ein persönlicher Reisebericht, wie man ihn eben nicht in jedem Reiseführer nachlesen kann.
    Ich versteh' dich gut, ich versuche auch immer ein wenig pflichtschuldig ein gewisses Maß an offiziellen Dingen zu "besichtigen und bewundern", aber was oft sehr viel mehr im Gedächtnis bleibt, ist der Weg dorthin, eine Kleinigkeit am Straßenrand, eine Blüte, etc. ...
    Lieben Gruß, Doris

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  19. So, da hast Du uns also auf Deine touristischen Abwege entführt.Nichtsahnend schlendert man mit Dir durch die Altstadt um dann beinahe dem Wild vorgeworfen zu werden. Hat man die Bestien mit knapper Not überlebt und freut sich auf eine Milchorange, dann ist diese auch noch giftig...ts,ts,ts. Ich weiß ja nicht, ob ich noch mal mitgehe, wenn Du wieder als Touristin unterwegs bist :-))

    Fröhlich über den kahlen Gartenzaun winkend, Jo

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  20. Hallo Elke.
    Wirklich ein schöner Reisebericht.Ja Dresden ist schön hat uns im Juni auch gut gefallen.Warst du auch im Schloß Pilnitz ?wenn nein da hast du was verpast.Der Botanische Garten ist dort wunderschön auch die ganzen Anlagen die dort zu bewundern sind.
    Schönes WE und liebe GRüße Jana.

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  21. Danke, Elke für diesen etwas anderen Spaziergang durch meine alte Heimatstadt. Deine Fotos finde ich wunderschön.
    Was mir an Dresden als Stadt immer am besten gefällt, ist dass das Grün nie weit weg ist, auch nicht mittendrin.
    Ich grüsse herzlich und wünsche Dir ein schönes Wochenende.
    bea

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  22. Hallo Elke,
    was für schöne Bilder. Besonders schön finde ich die mit den Eichhörnchen. Ich hatte bisher noch kein Glück unsere im Garten zu fotografieren. Die haben irgendwas gegen meine Kamera.
    Einen schönen Tag. LG Calendulabine

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