Samstag, 25. April 2020

Hilfe, die Pflanzen haben den Rasen geschrumpft

Ich habe auch Rasenkantensteine, ich schwöre! Irgendwo müssen sie zumindest sein, aber ich habe sie schon ein paar Jahre nicht mehr gesehen. Weil ich Pflanzen so viel lieber mag als Beton, sind sie irgendwann einfach über dieses steinerne Hindernis, das eigentlich keins ist, drübergewachsen. Sie haben das nach Art des Endzeitfilms gemacht, bei dem der Dschungel ratzfatz die Ruinen der Städte verschlingt, bis sie nicht mehr zu erkennen sind. Und nun ist das Ende der Rasenkante gekommen.

Der Rasen wurde also immer kleiner, weil Oregano, Silberblätter, Taubnesseln und Seifenkraut so ein Geltungsbdürfnis haben. Ich habe es daran erkannt, dass der gelbe Krokus, der sich selbst in den Rasen gesät hatte, irgendwann gar nicht mehr im Rasen stand. Nicht dass er sich bewegt hätte, nur hatte sich das Beet unbemerkt von selbst erweitert. Dann habe ich noch eine gerettet Kissenprimel in eine Lücke am Rand gesetzt, und schon war das Schicksal der Rasenkante endgültig besiegelt.

Damit ist jetzt aber Schluss. Niemand hat vor, eine Mauer zu errichten? Doch, genau so was soll es sein, denn nun haben wir ein richtiges Hindernis aufgebaut, das nur trainierte Stauden überwinden können. Außerdem ertappt man sie nun sehr genau dabei und kann noch rechtzeitig die weitere Landnahme verhindern. Wir hatten nämlich noch Robinienstämme, einen Ahorn- und einen Walnussstamm übrig, die wir als neue Beetbegrenzung um den Rasen herum gelegt haben.



Gut, nicht alle akzeptieren die neuen Grenzen. Lysimachia ciliata 'Firecracker' lässt sich von ein bisschen Holz genauso wenig beeindrucken wie das Seifenkraut:




Die Gefleckte Taubnessel 'Pink Pewter' wurde nun leider geteilt wie das Rote Meer. Ein guter Grund, sie anderswo einzusetzen, zumindest die Hälfte, die jetzt auf der falschen Seite hockt:



Zwiebelblumen aber ist das Betreten des Rasens nach wie vor erlaubt. Immerhin verschwinden sie irgendwann auch wieder unter die Erde.



Lunaria annua mit einem netten Platz an der Bande mit guter Aussicht:





Das ist auch in anderer Hinsicht prima, denn Totholz ist sehr nützlich. Einmal speichert es Wasser, wenn es durch Pilze ein bisschen mürbe geworden ist. Außerdem nutzen die neue Grenze jetzt schon viele Tiere als Holzweg. Die Feuerwanzen flanieren drauf rum, die Wolfsspinnen sonnen sich dort und die Fliegen auch, aber unter genauer Beobachtung der Wolfsspinnen (im Bild mit Samtmilbe).


Wenn es vielleicht irgendwann auch mal regnet und die Stämme nass werden, ziehen sicher auch Wildbienen in den Garten ein. Aber das dauert noch. Bis dahin bleiben die Stauden schon mal da, wo sie hingehören.





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Und nun möchte ich noch das Buch "Über die Lust am Urlaub im Garten" von Daniela vom Blog Garteninspektor vorstellen, das sich - als hätte sie es geahnt - mit dem Urlaub im Garten beschäftigt. Sie träumt davon, einmal nicht in den Urlaub zu fahren, sondern im Garten zu bleiben, kreativ zu sein und endlich einmal keine Ängste ausstehen zu müssen, ob jemand die Pflanzen während ihrer Abwesenheit richtig gießt. Oder ob sie nicht vielleicht die Blüte einer Pflanze verpasst, die genau auf diesen Moment gewartet hat, wenn ihr der Rücken zugekehrt wird. Eingestreut in die Betrachtungen, was man alles schönes im Garten machen kann, finden sich immer Situationen aus dem Auto, bei der langen, anstrengenden Fahrt in den Urlaub. Das ist ein guter Kontrast und macht das Zuhausebleiben noch verlockender.


Es geht in diesem Buch aber auch um das Bloggen, das Schreiben und darum, einen lauschigen Platz im Garten zu finden für eben diese Tätigkeiten. Man kann sich in den Texten leicht wiederfinden, und so hat es mir großen Spaß gemacht, Danielas Buch zu lesen, gerade weil es natürlich im Moment brandaktuell ist und wir uns alle überlegen müssen, was man im Garten machen kann, wenn man nicht verreisen darf. Und dazu hat Daniela einige Tipps parat!

Samstag, 18. April 2020

Lila Laune

Die Einjährigen Silberblätter sind los - Lunaria annua ist dieses Jahr übermütig geworden und wächst einfach überall, von vorn bis hinten im Garten. Unterm Zierapfel neigt das Kraut mit den violetten Blüten zur Grüppchenbildung und bleibt dort gern unter sich, flankiert nur von einer gleichfarbigen Tulpe.

Der Aurofalter ist jedenfalls begeistert und dort gar nicht mehr wegzukriegen. Schön sieht die Bande im abendlichen Gegenlicht aus.








Auch das Gelb das Goldlacks unter der Süßkirsche stört nicht weiter - Komplementärfarben machen sich immer gut.



Umgeben von den hellgelben Tulpen ist die Welt noch in Ordnung, das sieht sehr edel aus und fast wie geplant - doch so gern ich das behaupten würde, es stimmt einfach nicht, die lebenslustige Lunaria hat sich auch diesen Platz selbst ausgesucht.







Nur weiter vorn an der Terrasse ist die Farbharmonie doch etwas gestört. Während der Garten in Gelb, Lila, Blau, Weiß und Rosa noch durchaus als geschmackvoll zu bezeichnen wäre, wenn man beide Augen zudrückt und wirklich nur die Farben meint und nicht den Wildwuchs, in dem sie stattfinden, wird man in den terrassennahen Beeten nur in Schwarz-Weiß wirklich glücklich. Hier hocken sie nämlich, die aufmüpfigen Rebellen der Zwiebeltruppe: Die schon mehrere Jahre alten roten Tulpen. Und genau daneben musste sich natürlich auch ein Silberblatt einquartieren. Dort, wo sonst nie eins war.


Doch die rote Tulpe neben der lila Blüte ist ein farblicher Fehltritt und nichts für Feinsinnige. Dabei gibt sich diese Lunaria ja sogar alle nur erdenkliche Mühe und versucht, den maximal möglichen Rotton zu erreichen, der im Violett drinsteckt. Das nenne ich Einsatz.




Trotzdem ein sehr starker Kontrast. Aber was soll man machen, die Tulpen waren zuerst da und das Silberblatt geht auch irgendwann wieder. Mehrjährig sind sie nie, und so werden die Karten im nächsten Jahr neu gemischt. Dann vielleicht mit einer harmonischeren Farbzusammenstellung.

Nächstes Jahr mische ich dann zusätzlich etwas Weiß als Friedensstifter dazwischen. Ich habe nämlich die weiße Form von Lunaria annua gesät und hoffe, dass sie sich ebenso wohlfühlen wird wie der wildfarbene Rebell. Man darf gespannt sein, ob es klappt. Bald ist die rote Tulpe verblüht, viel eher als es das Silberblatt sein könnte. Dann ist auch wieder Ruhe im Beet.

Samstag, 11. April 2020

Sagt mal, wo kommt ihr denn her?

Für mich gibt es nichts Schlimmeres als diese nahezu leeren, lediglich mit glotzäugigen, kopflastigen Stiefmütterchen und puscheligen Bellis spärlich bepflanzten Beete. Diese dem deutschen Reinheitsgebot der Bepflanzungsregeln entsprechenden Gärten (60 % Erde muss immer zu sehen sein, sonst ist die bürgerliche Ordnung schwer gestört) verpassen doch so einiges. Schließlich ist es - zumindest für mich - immer sehr aufregend zu sehen, wer neben den geladenen Gästen noch so alles im Garten auf der Bildfläche erscheint. Und da kann man sich oft gehörig wundern.

Passend zu Ostern ist zum Beispiel die Frühlings-Braunwurz (Scrophularia vernalis) mit ihren eierförmigen Blüten mal wieder mit von der Partie. Und das ist ein fulminantes Comeback nach einigen Jahren völliger Abwesenheit. Wo war sie nur all die Jahre? Auf was hat sie gewartet? Brauchte sie mal wieder Beifall?




Die hat wirklich Allüren, aber nun ist sie gleich an mehreren Stellen von ganz alleine wieder aufgetaucht und kann sich sogar gegen das allumfassende Bärlauchregime behaupten.

Besonders stolz bin ich auch auf diese palmenartig beblätterte Kandidatin, die sich selbst beworben hat: Was ich zunächst als Arbeitshypothese für ein Lenzrosenbaby hielt, entpuppt sich nun doch zweifelsohne als Stinkende Nieswurz (Helleborus foetidus). Ihre kindlich runden Blätter hatten mich erst verwirrt.



Nun wächst dieses Prachtexemplar, deren Mutterpflanze letztes Jahr verstorben ist, mal wieder im Rasen, der dadurch erneut ein Stück ins Abseits gedrängt wurde. Aber wer könnte diesem Goldstück schon widerstehen?

Und die alte Helleborus-Dame, die ihre Samen hier einige Meter von sich entfernt zum Keinem gebracht hat, hat ihrerseits für eine Zitterpartie bei einer viel kleineren Staude gesorgt. Diese zierliche, elfengleiche Zahnwurz, vermutlich ist es die Fieder-Zahnwurz (Cardamine heptaphylla), wuchs jahrelang direkt unter der Stinkenden Nieswurz und hat es verblüffenderweise überlebt. Vielleicht hat der große Stinker sie auch nur beschützend unter seine Fittiche genommen.


Jetzt bin ich natürlich sehr bemüht um sie und ernte den Bärlauch bevorzugt aus ihrem Dunstkreis weg. Einmal mehr Bärlauchpesto zum Abendessen zugunsten der kleinen Zahnwurz kann doch nicht schaden.

Und nun taucht in einem Tomatenkübel, auf den ich im Februar Kompost geworfen hatte, noch ein Helleborus-Knirps auf, wieder ein Stinkendes Nieswürzchen? Die kann da natürlich nicht bleiben, aber ich werde sie diesmal weit weg von der Zahnwurz pflanzen.


Überhaupt ist es immer eine gute Idee, Kompost irgendwohin zu schmeißen und mal zu schauen, wer an der Überraschungsparty alles so teilnimmt. Das ist eine großartige Beschäftigung, solange die Tomatentöpfe noch brachliegen und arbeitslos sind. Da keimt das Who-is-who der feinen Gartengesellschaft und man darf raten, ob man seine Pappenheimer alle noch an ihren Keimblättern erkennen an. Das meiste ist aber Knoblauchsrauke, und das nicht zu knapp. Ist aber lecker.


Die Tulpen sind auch wieder da. Dank des Blogs weiß ich aber, dass bei den gelben eine fehlt, was schade ist.



Der Rauling (Trachystemon orientalis) hat sich vermehrt, das hier sind seine haarigen Sämlinge:



So sieht er aus, wenn er groß ist (hinten wächst Iris):



Zuguterletzt zeige ich euch noch das Präsent aus Dennenlohe, ein Bienenhotel. Damit es nicht so schnell nass wird, habe ich es mit einer Getränkedose bedacht. Das Blech der Dose passt gerade so auf das Dach, passt wie angegossen.


Die erste Mauerbiene ist auch schon eingezogen. Ist ja auch sehr luxuriös, so eine Wohnung im Erstbezug, da muss man nicht erst die Brutröhre putzen wie die Nachmieter der älteren Nisthilfen.


Und jetzt wünsche ich euch Frohe Ostern!

Samstag, 4. April 2020

Verfrorenes und Unverfrorenes

Blauer Himmel am Tag, weißer Raureif in der Nacht - so hatte man sich das sonnige Frühjahrswetter jetzt aber mal nicht gedacht. Nicht nur ein bisschen Frost, nein, es musste ja gleich so kalt sein wie wie den ganzen Winter nicht.




Und so habe ich abends immer alles warm eingepackt. Die Busch-Malve hat einen Kaffee-Sack übergestülpt bekommen, was gar nicht so einfach war, ohne Äste abzubrechen.


Der Goldlack, der diese Temperaturen auch nicht unbedingt schätzt und manchmal alles klaglos übersteht und manchmal Matsche ist, hat ein altes himmelblaues Bettlaken als Decke übergeworfen, passend zum wolkenlosen Himmel. Nur saugt sich so ein Laken gerne voll und wird sehr schwer, der Goldlack war danach ein bisschen geplättet.



Die Tulpen legen sich nieder, ducken sich vor der Kälte und hoffen auf wärmeres Wetter. Im Gegensatz zu den Hyazinthen kommen sie tagsüber auch wieder hoch. Die Hyazinthen dagegen ergeben sich der Schwerkraft und bleiben einfach unten, sicher ist sicher.




Bei manchen flächendeckenden Pflanzen fällt jetzt ein seltsames Phänomen auf: Mitten im Bestand oder auch mal am Rand sind einige Blätter zermatscht. Da heißt es ja immer, bei großer Kälte friert man sich den Arsch ab, aber ich glaube, diesen Pflanzen hat ein Arsch die Blätter abgefroren, vorzugsweise in der Nacht, wenn kleine Raubtiere unterwegs sind und sich auch mal hinsetzen müssen. Was gefrorenes Blattwerk nämlich gar nicht verträgt, ist plötzlich und zu schnell erwärmt zu werden. Davon erholen sich die Zellen nicht mehr und platzen, zurück bleibt grüne Matsche. Auch mechanische Belastung verträgt das Laub in diesem fragilen Zustand nicht.

Hier bei den Polster-Glockenblumen hat entweder eine Katze oder der Marder die Pfoten drin gehabt, das ist genau die übliche Absprungstelle. Zurück bleibt eine Spur der Verwüstung:





Auf dem Bärlauch hier muss in der kalten Nacht oder früh morgens jemand gesessen haben, ein kleiner Fellhintern womöglich.


Eigentlich sollte das so aussehen, wenn der Bärlauch wieder auftaut:


Die Herbst-Anemone ist ganz ohne tierische Einwirkung verfroren, hoffentlich hält sie durch:



Auch andere Tiere beteiligen sich derzeit als Gärtner. Das Kohlmeisenweibchen ist mit dem Holz vor ihrer Tür nicht einverstanden und zerhackt manisch die Äste des Zierapfels vor dem Nistkasten, damit er bloß nicht mehr austreibt. Das macht Frau Meise mit einer Vehemenz und Akribie, dass man sie schon zum Psychiater schicken möchte. Anscheinend ist ihr der Anflug zum Kasten mit den ganzen querwachsenden Ästen zu mühsam, da muss man eben selber Kneifzange spielen und die Rinde so lange entfernen, bis da wenigstens keine lästigen Blätter mehr wachsen.


Hier das Ergebnis, ein an der Spitze entrindeter Ast:



Wenn sie nicht am Zierapfel zerrt, zieht sie Fasern aus dem Kartoffelsack oder betätigt sich immerhin als kleinster Vertikutierer der Welt und zupft Moos fürs Nest aus dem Rasen.




Dem Männchen ist der ganze Aufwand herzlich egal. Frauen sind vielleicht auch bei Kohlmeisen praktischer veranlagt.

Irgendwann erbarme ich mich mal und schneide den Ast des Anstoßes einfach ab. Nur bitte nicht mehr bei Frost in die Pflanzen setzen, liebe Tiere.