Sonntag, 27. September 2015

Sternzeichen Feldsalat

Horoskope und ähnlich Übersinnliches halte ich für Hokuspokus, aber wenn es Pflanzen- statt Tierkreiszeichen gäbe, dann würde ich darauf plädieren, dass der Feldsalat auch mitmachen darf:

Monatshoroskop Feldsalat, Aszendent Regenwurm:

Im September ist es an der Zeit, die Früchte Ihrer harten Arbeit zu ernten. Sie lassen sich nicht unterkriegen und zeigen allen Mimosen, wo es lang geht. Oft neigen Sie dazu, Entscheidungen auf die lange Bank zu schieben, aber nun ist es soweit und Sie legen richtig los. Waren Sie vorher noch flexibel, so schlagen Sie nun Wurzeln. Nehmen Sie sich vor Schleimern in Acht und lassen Sie Ihre Autorität nicht untergraben!

Warum denn nun ausgerechnet so ein kleines Pflänzchen ohne imposante Blüte und nicht etwas Glamouröses, wie Edelrose oder wenigstens die stattliche Eselsdistel, mit der man sich so prima identifizieren kann?


Ganz einfach: Weil das zierliche Baldriangewächs Valerianella locusta auch wie ich die große Sommerhitze nicht mag. Wenn die zuschlägt, hat sich der Feldsalat längst vom Acker gemacht, aber großzügig Samen in der Landschaft verstreut. Er mag lieber den Frühling und Frühsommer. Dem kann ich nur beipflichten. Werden im September die Tage und Nächte wieder angenehm kühl, aber sind durchaus noch schön, dann keimen die vielen kleinen Feldsalatkinder, denn die Samen haben nur auf so einen Wetterumschwung gewartet. Und auch ich liebe den September mit seinen glitzernden Spinnennetzen und den letzten verschwenderischen Blüten.

Jedes Jahr helfe ich daher dem Feldsalat zu großen Ehren und säe ihn unter die Tomatenpflanzen auf die Topferde. Fallen die Nachttemperaturen in weniger schweißtreibende Bereiche, keimen die Samen sofort und bilden den Winter über schöne Rosetten, die als lebende Konserve auf ihren Beitrag zu einem Salat warten.


Ein paar lasse ich natürlich immer zur Blüte kommen - damit es auch im nächsten Jahr wieder viele Feldsalatfreunde gibt!

Die Eselsdistel kann dann ja im Juli das Sternzeichen sein...

Dienstag, 22. September 2015

In die Wüste geschickt

Es gibt kein schlechtes Wetter, es gibt nur schlechte Kleidung? Gibt es wohl, vor allem wenn das Wetter zwischen schlecht und sehr schlecht schwankt. Hamburg jedenfalls war am Samstag Morgen eifrig bemüht, eine ausgewogene Mischung aus beiden Regensorten zu präsentieren. Außerdem ist meine Kamera nicht mit einem Regenmantel ausgestattet und ich hatte auch dummerweise keinen Lakaien dabei, der einen Schirm über mich und die etwas mimosige Fotoausrüstung gehalten hätte. Mal abgesehen von den technischen Aspekten sind die Motive draußen ohne das sagenhafte Septembersonnenlicht aber auch eher auf der unfotogenen Seite.

Planten un Blomen, der große Park in der Hamburger Innenstadt, war im triefenden Dauerregen also nichts für die Fotosafari, obwohl ich das Areal immerhin nur mit Rotkehlchen, Lachmöwen und Kaninchen teilen musste.

Ich habe mich trotzdem schnell zwischen den beiden Alternativen Shopping oder Pflanzengucken entschieden, denn immerhin hat Planten un Blomen ein großes Schaugewächshaus, wo von den Tropen bis zur Kakteenwüste alles vertreten ist. Hier war es deutlich weniger nass und meine Kamera hatte Auslauf. Der Eintritt ist übrigens frei, auch im Gewächshaus.

Am Ende war ich dem Regen gar nicht mehr so böse, denn soviel Zeit für die Kakteen habe ich in diesem Gewächshaus noch nie aufgewendet, weil sonst draußen Sonne und Blumen eine allzu starke Konkurrenz waren. Außerdem war mein Mann zu dem Zeitpunkt noch beruflich in Hamburg unterwegs, daher war ich allein unter Kakteen und anderen bizarren Auswüchsen der Überseeflora.







Bei schlechtem Wetter und Licht konzentriert man sich eher auf Strukturen als auf Farben, obwohl einige Stachelmonster sogar ausgesprochen farbenfroh daherkamen, wie diese Pappnasen hier:



Kakteen im Familienkreis:


Das Ende ist nah: Winzige Mammillaria-Exemplare überrollt von einer Stachelwalze:



 Vandalismus am lebenden Objekt:




Die Agave, die hat Zähne: Eine graue Eminenz mit geschminkten Stacheln - nämlich Agave parrasana:


 Rotschöpfe und Punks:


Eine Aasblume (Stapelia schinzii), die den Namen zurecht trägt, wie ich mich an dieser schönen Blüte überzeugen konnte, die ganz gut vor sich hin müffelte:


 Hier eine todschicke Haworthia:



Das Highlight war aber diese äußerst fruchtbare Pflanze aus der großen Familie der Brutblätter, eine Kalanchoe laetivirens:


Hier sieht man ganz deutlich, dass die Kinder auch schon Kinder kriegen - sowas von frühreif, die Gute... Und da das Exemplar so überaus spendabel war und etliche Waisen schon auf den Boden geworfen hatte, habe ich nicht widerstehen können und ein paar Babies aufgesammelt:


Die Kleinen habe ich in eine mitgebrachte Dose geworfen und anschließend zwei Euro in die Spendenbox. Das ist doch ein fairer Tausch. Was soll das Gewächshaus auch mit dem ganzen Babyboom? Meine Fensterbank freut sich über so ein Urlaubsmitbringsel.

Es gibt also sehr wohl schlechtes Wetter, aber zum Glück auch Pflanzen, die man sich im Trockenen anschauen kann, Planten un Blomen sei Dank!

Dienstag, 15. September 2015

Doping für Pflanzen?

Ein Kollege fragte mich mal, wie Zimmerpflanzen es denn bloß Jahrzehnte im selben Topf aushalten würden ohne eine Sinnkrise zu kriegen, während wir Menschen manchmal schon nach Stunden im selben Zimmer einen Tapetenwechsel brauchen. Die Pflanzen bekommen meist nur Gießwasser, ansonsten gar nichts - noch nicht mal eine andere Aussicht. Ich habe ihm geantwortet, dass ich es auch nicht erklären kann. Die gebeutelten Topfinsassen verlieren vielleicht Blätter und wachsen kaum noch, aber sie sterben einfach nicht - moderates Gießen vorausgesetzt. Wie machen sie das nur? Ob sie die sich langsam in Wohlgefallen auflösende Erde noch gewinnbringend einsetzen oder aus der Zersetzung von Kleinstlebewesen - und sei es im Staub - Nutzen ziehen? Man weiß es nicht.

Hier ein Topf vollgepropft mit Aloe, die fast 20 Jahre so wächst - das ganz Elend wird normalerweise gut unter einem schmucken Übertopf verborgen. Der Ton ist mittlerweile durch den Andrang der Wurzeln geborsten und wird nur noch durch selbige zusammengehalten, trotzdem sind die Pflanzen grün:

Viele Menschen sind ja sogar der Meinung, dass Umtopfen und Dünger in etwa so zu bewerten sind wie EPO oder Steroide, also kaum im Bereich des Legalen sein dürften. Ich kenne sogar Leute, die ihre durchaus winterharten Neuerwerbungen, unter anderem Clematis oder Hibiscus, vorsorglich mit Plastiktopf in den Garten pflanzen, damit nur ja nicht gewuchert wird. Sowas verstößt meiner Meinung nach eindeutig gegen die Genfer Konventionen. Oder so.

Und wenn ich auch nicht weiß, warum lieblos gehaltene Zimmerpflanzen scheinbar das ewige Leben haben, so habe ich doch schon oft beobachtet, was passiert, wenn man Topfpflanzen Dünger oder mehr Platz anbietet. Meine Zamioculcas im Badezimmer hat das Umtopfen binnen kürzester Zeit mit der sagenhaften Zahl von 4 (in Worten: vier) neuen Blättern belohnt, obwohl sie vorher für nur eins ein ganzes Jahr gebraucht hat. Bei so einem deutlichen Effekt topft man den grünen Mitbewohner doch gleich viel lieber um.

An meinen letztes Jahr ausgesäten Rosen sieht man die Wirkung von neuer Erde und einem größeren Topf noch deutlicher. Das Ausgangsmaterial waren Hagebutten der Rose 'Hedi Grimm', die mir Silke von "Wildwuchs unter Aufsicht" geschickt hat. Die Samen keimten problemlos und die kleinen Röschen sehen verdammt edel aus, ganz die Mama eben. Von Wildrosen-Eindruck keine Spur.
 
Da ich aber keinen Platz für viele geräumige Töpfe hatte, habe ich geschludert und nur das größte Exemplar noch größer werden lassen, ein Nachzügler durfte später gnädigerweise auch noch in ein geräumigeres Gefäß umziehen. Das Ergebnis zeigt den Größenunterschied deutlich:


Die Orgelpfeifen sind alle gleich alt, ihre Größe passt sich einfach dem Topf an. Ohne mehr Erde weniger Wurzeln und weniger Wachstum. Die armen kleinen wachsen zwar nicht mehr, aber sterben auch nicht. Sie vegetieren vor sich hin.

Da ich bei solchen Bildern aber gleich ein richtig schlechtes Gewissen bekomme, werde ich auch die kümmerlichen Rosen noch im Herbst ins Null-Euro-Beet setzen. Ohne Topf versteht sich - auf ein langes Leben!

Samstag, 12. September 2015

Selbstversorgung - wie es wirklich ist

Hobbies werden oft mit dem vermeintlichen Synonym "Zeitvertreib" umschrieben, vielleicht weil es im Deutschen nichts besseres gibt. Dieses Wort klingt allerdings so, als wären Lieblingsbeschäftigungen nur dazu da, dass die Zeit schneller rum geht. Als wäre Lebenszeit etwas ungeheuer Lästiges, das man möglichst schnell hinter sich bringen müsse. Das Gärtnern als Zeitvertreib zu bezeichnen geht sowieso an der guten Sache vorbei, denn beim Gärtnern schaffen wir ja wohl etwas Bleibendes, das uns selbst in weniger ruhigen Minuten beim hastigen Blick aus dem Fenster belohnt - das da draußen habe ich selbst geschaffen (oder zumindest der grünen Hölle dort zu ihrer Initialzündung verholfen)!

Gemüse- und Obstgärtnern ist sowieso mehr als ein Zeitvertreib, denn hier fällt ja etwas äußerst Nützliches ab, das wir sonst kaufen müssten, noch dazu bei weniger gutem Geschmack.

Die Königsdisziplin der Landnutzung aber ist das Selbstversorgen, das beim Blick auf die letzten Lebensmittelskandale immer mehr Anhänger findet. Das ist dann beileibe kein reines Hobby mehr, denn hier geht's um die Wurst. Oder die Selleriestange, je nachdem.

Selbstversorgung hat, das muss ich zugeben, auch für mich Stadtbewohner etwas ungemein Reizvolles. Aber wie funktioniert das wirklich? Wie anstrengend und nervenzerfetzend ist das? Wieviel Land brauche ich dazu, wie teile ich es geschickt auf, welche Tiere halte ich und - auch nicht unwichtig - wie halte ich sie zusammen und bei Laune?

Diesen Fragen sind die langjährigen Selbstversorger Miriam und Peter Wohlleben nachgegangen in ihrem Buch "Meine kleine Farm - Anleitung für Selbstversorger", erschienen 2015 im Ulmer-Verlag. Der Name Wohlleben klingt ja schon mal vielversprechend. Peter Wohlleben ist auch kein Unbekannter. Er ist von Beruf Förster und plädiert in anderen Büchern für eine ökologische Waldwirtschaft.



In diesem Buch für angehende Selbstversorger geht es dann ans Eingemachte: Es wird die Fruchtfolge erklärt, das Imkern und die Tierhaltung, auch für die Fleischgewinnung. Dies macht das Buch für Vegetarier weniger geeignet und man bekommt auch Tiere von innen zu sehen, aber man merkt den Autoren an, dass sie nicht leichtfertig Tiere schlachten und ihnen vorher ein gutes Leben bereiten. Daher sind auch der Stallbau und die geeignete Weideumzäunung und -größe ein Thema. Selbst wenn man die Tiere nur zum Anschauen oder für die Milchgewinnung halten möchte wird man viele Tipps bekommen.


Sogar die Insekten und Blumen auf der Weide werden gefördert. Überhaupt werden erfreulicherweise auch Kleinigkeiten erwähnt: Ja, das Mutterkorn muss man vor dem Getreidemahlen tatsächlich von Hand herausklauben. Zum Anstreichen der Ställe sollte man aufpassen, dass die abblätternde Farbe später nicht den Boden verseucht. Hier wird ganzheitlich gedacht!

Die Fotos sind meist von den Wohllebens selbst in ihrem Farm-Alltag aufgenommen und sie beschönigen nichts. Die Bilder zeigen, wie es wirklich ist. Alle Ratschläge werden nicht ohne Humor gegeben und zeugen von viel Praxiserfahrung. Auch Fehler werden zugegeben.

Ein tolles Buch, das man jetzt gut den Herbst und Winter über in Ruhe studieren kann, um zu ergründen, ob die Selbstversorgung einem liegen könnte. Mich haben die beiden Autoren überzeugt, auch wenn ich nach der Lektüre doch der Meinung bin, dass ich es niemals schaffen kann. Ich würde mich wahrscheinlich hoffnungslos selbst im Elektrozaun einwickeln oder vom Ziegenbock vermöbelt werden, weil ich es natürlich nicht fertig bringen würde, ihn beizeiten zu schlachten. Aber schließlich ist Selbstversorgung ja auch kein Kindergeburtstag und in jedem Fall mehr als nur ein Zeitvertreib.

* Die unteren 3 Collagen sind nicht aus dem Buch - Rindviecher halten die Autoren auch gar nicht.

Montag, 7. September 2015

Schatzsuche auf der Schatzalp

Wie ihr wisst, sammle ich botanische Gärten wie andere Leute Facebookfreunde. Nun fehlte zu meiner Sammlung aber noch der Besuch eines richtigen Alpinums. Und ich meine hier nicht so eine ebenerdige Veranstaltung mit ein paar gewichtigen Felsbrocken, wie man sie früher unter dem Namen Steingarten in vielen Hausgärten angetroffen hat. Mittlerweile sind Steingärten ein wenig aus der Mode gekommen. Ein echtes Alpinum ist aber von ganz anderem Kaliber, besonders wenn es auch stilecht in den Alpen liegt und das gesamte Who-is-Who der Pflanzenwelt auf großer Höhe zeigt. Hier blühen die Pflanzen genau dann, wann sie eben so blühen und wenn der Berg ihnen gnädig gestimmt ist - also auf jeden Fall später als im verweichlichenden Flachland. Man erlebt die Arten daher genau in ihrem Element.

Der Vorteil an so einem Alpen-Alpinum ist gleichzeitig der Nachteil: Der Besuch kann sehr anstrengend werden und sollte generalstabsmäßig geplant sein, denn er fällt oft ins Wasser, und zwar in jedwedem Aggregatzustand. So auch letztes Jahr, als ich den Alpengarten auf dem Schachen bei Garmisch Partenkirchen angucken wollte, er aber Anfang September so zugeschneit war, dass man nur Eisblumen hätte sehen können.

Dieses Jahr hat es dann mal geklappt: Es war wieder Anfang September und das Alpinum auf der Schatzalp in Davos sollte erst in ein paar Tagen zuschneien. Also nichts wie hin! Im Gegensatz zum Schachen ist der Aufstieg zur Schatzalp geradezu einfach und auch mit Einsteiger-Kondition zu schaffen. Man könnte sogar eine Zahnradbahn für sich einspannen, aber meine Oberschenkelmuskeln sollten sich schließlich auch nicht zu sehr in Sicherheit wiegen.


Das Alpinum liegt hinter dem großen Hotel und kostet 5 Schweizer Franken Eintritt. Dafür bekommt man auch viele beschriftete Stauden zu sehen, die nicht zwingend aus den Alpen stammen, sondern auch aus anderen Ländern oder Erdteilen, Hauptsache sie schaffen das in 1900 m Höhe. Leider waren genau die Pflanzen, die mich ganz besonders brennend interessiert haben, nicht mit einem Schild ausgestattet. Dafür gab es Edelweiße aus aller Herren Länder und sogar in verschiedenen Sorten, die man auch kaufen kann.




Um das Hotel herum befinden sich weitere Staudenbeete, Topfpflanzen und viele Ideen für das günstige Gärtnern, noch dazu im freien Bereich, wo man keinen Eintritt zahlen muss. Dies hier ist der Frauenschuhgarten, der bepflanztes Schuhwerk zelebriert.


An der Hotelterrasse sieht man, dass Monarden neben Eryngium gut aussehen können und auch Fackellilien nicht fehl am Platze sind.






Der Obergärtner passt auf, dass nur die richtigen Pflanzen gejätet werden und vor allem die Katzenpfötchen dableiben - er behält immer den Überblick.

Der kurze Abstecher zur Strela-Alp lohnt sich auch noch, hier fand ich auf der Almwiese Trollblumen, Augentrost, Wiesen-Knöterich und Herbstzeitlosen.

Der September war sicher nicht der optimale Zeitpunkt für einen Besuch, doch es blühte immer noch viel - und ich habe endlich ein waschechtes Alpinum gesehen!