Samstag, 28. Juli 2018

Tomaten am laufenden Meter

Dieser Sommer ist doch doof. Ich mag nicht mehr jeden Abend gießen und würde das gern den Profis, nämlich den Wolken, überlassen, aber aus denen kommt nichts raus, wenn überhaupt welche da sind. Wenn ich durch die Natur gehe, denke ich in Anlehnung an den Film "The Sixth Sense": Ich sehe tote Pflanzen. Das ist nicht schön. Hoffentlich gibt es ein Happy End.

Wer das Wetter aber wohl uneingeschränkt empfehlen kann, sind die Tomaten. Denen kann es offenbar nicht heiß genug sein. Kein Regen, keine Braunfäule. Sowas mögen die. Sie haben es aber auch gut, denn die Pflanzen haben fließend Wasser. Bei Bedarf bekommen sie nämlich was gezapft, denn seit dem dreiwöchigen Maiurlaub war ich zu faul, die mühsam installierte und justierte Tropfbewässerung wieder abzubauen. Also tropft es jetzt immer noch höchst zuverlässig und stressfrei vor sich hin. Und ich hab meine Ruhe.

Links 'Red Pear', der Rest 'Celsior'

'Celsior' und 'Gelbe Cerise'

Die Tomaten haben's also am besten und nichts zu meckern. Daher werden jetzt völlig krankheitsfrei die gelben, roten und orangefarbenen Leckereien reif. Alle Pflanzen bis auf eine habe ich aus den Samen vom letzten Jahr selbst heran gezogen.

'Gelbe Cerise'



So üppig wie letztes Jahr sind die Pflanzen aber nicht. Die torffreie Blumenerde, die ich diesmal getestet habe, ist wohl nicht so gut. Gedüngt habe ich wieder mit Bio-Tomatendünger, der aussieht wie Maggi und auch so riecht.


Nur diese Tomate hier war ein Nachzügler, hat ihr zu Ehren bessere Blumenerde erhalten und einen sehr großen Topf. Das bekommt ihr sichtlich gut - sie ist ein richtiger Angeber und Drängler. Kunststück, die Dame ist veredelt. So ein edles Gewächs hatte ich noch nie. Ich habe sie erst im Juni bekommen und sie ist trotzdem größer als die Alteingesessenen - die Blätter sind auch dunkelgrüner. Nur reife Früchte hat sie noch nicht.




Doch nicht nur die Tomaten sollen Wasser bekommen bei der Hitze, auch die Insekten haben es nötig. Aus einem alten Kresseigel, der sich schon arg die Nase ramponiert hat, habe ich eine Tränke gebaut. Ein leeres Schneckenhaus und Steine sollen die Zahl der Sitzplätze erhöhen, trotzdem wird nur vom Beckenrand getrunken. Naja, solange nicht gesprungen wird, will ich hier mal nicht den strengen Bademeister rauskehren.





Wespen gehören schon zur Stammkundschaft. Die schwarzen Krümel sind keine toten Tiere, sondern das Zeug hat der Wilde Wein da reingekrümelt. Da ich keinen Poolboy habe zum ständigen Saubermachen, bleibt das erst mal so.


Trotz der Tränke denke ich, ich kann auch im Namen der Wespen sprechen, wenn ich mir den längst überfälligen Regen wünsche. Denn abgesehen von den Tomaten sind da noch genug andere Pflanzen, die keine automatische Bewässerung haben...

Samstag, 21. Juli 2018

Eine Raupengeschichte

Es ist das Jahr des Kohlweißlings. So viele wie diesen Sommer gab es in den vergangenen Jahren nicht. Vielleicht ist ihnen das trockene, warme Frühjahr gut bekommen. Obwohl Tagfalter anerkanntermaßen Everybody's Darling unter den Insekten sind, haben Kohlweißlinge ein Imageproblem. Während andere Schmetterlinge in einem Technicolor-Design daherflattern und allerorten Beifall und Bewunderung ernten, sind die Weißlinge immer noch in Schwarz-Weiß unterwegs und keiner findet das irgendwie retro, sondern sie sind vielen Leuten einfach nicht bunt genug. Hinzu kommt ihr Appetit auf Kulturpflanzen wie Kohl, Kohlrabi und auch mal Salatrauke.


Dabei ist der Große Kohlweißling ein wahres Prachtstück, kontrastreich weiß gefärbt mit schwarzem Dekor als Akzent am Rande. Die Weibchen punkten als kleines Extra auch noch mit schwarzen Flecken auf den Flügeln. Schon immer wollte ich den Lebensweg vom Ei zum Falter fotografisch dokumentieren, sowas würde gut in ein Buch über Tiere passen.


Vor ein paar Wochen schien der Pulitzer-Preis zum Greifen nah (haha): Ein Weibchen vom Großen Kohlweißling hatte die Kapuzinerkresse auf der Terrasse gefunden und sorgfältig zwei wohlgeordnete Gelege unter die Blätter geklebt.


Tolle Sache, das Eistadium war schon mal dokumentiert. Aber wie sollte es weitergehen? Die Kapuzinerkresse war nicht gerade meterlang, eher schmächtig und würde bald unter dem Massenansturm hungriger Mäuler verschwunden sein, ohne dass die Raupen auch nur ansatzweise verpuppungsfähig wären.

Diese Kapuzinerkresse hier in einem anderen Garten ist viel größer und hat erfolgreich Raupen großgezogen - sowas wollte ich auch:



Also bin ich zur Rettung des Raupenprojekts ins Gartencenter geradelt und wollte Kohlpflanzen kaufen. Falsche Jahreszeit. Paprikapflanzen werden gerade verramscht, aber Kohl gibt es im Juli nicht mehr. Da wäre aber noch die Gemüseabteilung im Supermarkt. Also habe ich als Notlösung zwei Kohlrabi gekauft. Ich war die einzige, die die Blätter nicht direkt im Laden abgerissen hat.

Zuhause habe ich die fette Beute in Töpfe gepflanzt. Wenn man aus einem Scheibchen Kohlrabi wieder eine neue Pflanze ziehen kann, würden ganze Früchte vielleicht auch anwachsen und weiterleben? Es wachsen zumindest oben immer neue Blätter nach, auch nach zwei Wochen noch.


Dann waren die Räupchen auch schon geschlüpft und hatten als erste Amtshandlung die Eihüllen gefressen, danach ein bisschen Kapuzinerkresse. Das nächste Foto war im Kasten.


Jeden Tag habe ich nach den Larven geschaut, um bloß kein Stadium zu verpassen. Doch irgendwann waren sie nicht mehr da. Wo das Rudel gesessen hatte, klaffte ein Loch im Blatt, das verdächtig angeschleimt aussah. Und tatsächlich, in der Nähe hockte eine dicke Nacktschnecke und wirkte sichtlich wohlgenährt. Sie hatte offenbar Gefallen an den proteinreichen Laubfragmenten gefunden. Nur noch zwei Überlebende des Massakers gab es nun. Die Schnecke gehörte nicht lange dazu, so sauer war ich.

Auch die letzten zwei Raupen waren irgendwann nicht mehr auffindbar. Als ich sie das letzte Mal gesehen hatte, trieb sich eine Springspinne in der Nähe rum. Schädlinge erleiden also auch oft genug Schaden, bevor sie überhaupt selbst welchen anrichten können.

Nun sind mir also die Fotomotive ausgegangen, dafür habe ich nun zwei Töpfe mit angewelkten Kohlrabipflanzen. Für die hat sich mittlerweile der Kleine Kohlweißling interessiert und Eier gelegt. Dokumentiere ich eben den. Hauptsache, jetzt geht nichts mehr schief...



Und wer noch Paprikapflanzen braucht: Im Gartencenter gibt es sie gerade zum halben Preis...

Samstag, 14. Juli 2018

Das Malvenwunder

Ich bin zwar meistens viel zu zimperlich beim Pflanzenschneiden, aber wenn ich erstmal die Schere in der Hand habe, geht es doch manchmal mit mir durch. Vor allem nach dem Winter, wenn es ans ganz große Aufräumen geht, rutscht mir gelegentlich etwas zwischen die Klingen, was da nicht hingehört. Die Rote Heckenkirsche zum Beispiel, die sich mit einem Kranz aus Staudenstängeln getarnt hatte und mit abgeschnitten wurde. Ich mich auch in Grund und Boden geschämt und mich sehr geärgert. Die arme Pflanze aber sicher noch mehr, denn sie war jetzt bodentief und ratzekahl entfernt. Als Wiedergutmachung hatte ich den Ast sogar noch in die Vase gestellt, aber da war er beleidigt und wollte keine Wurzeln schlagen. Zum Glück hat der Strauch im Beet aber wieder ausgetrieben, nur die Blüte war für dieses Jahr futsch.

Besser erging es der Buschmalve 'Barnsley' (Lavatera x olbia), die hatte zwar auch ein einschneidendes Erlebnis, ist aber noch gut dabei weggekommen. Die Arme hatte nämlich sehr unter dem erst milden, dann doch noch kalten Winter gelitten. Einen Winterschutz hatte sie nicht. Immer wieder wagte sie einen Vorstoß und trieb aus, bis der Frost die Blätter wieder zu Matsche werden ließ. Das sah nicht schön aus, und so dachte ich im März, die kann wohl weg, die hat's hinter sich. Zum Glück habe ich auf halber Strecke bemerkt, dass die Schnittstelle innen ganz grün und frisch war. Ach, du Schreck! Madame Malve kann also den Tod nur vortäuschen, indem sie das Laub opfert, aber innen noch knackig ist.

Nun war allerdings schon ein Meter Malve weg. Ob das bisschen Stängel am Erdboden noch was würde? Zum Glück hat sie es geschafft, das ist ein echtes Wunder, Hut ab!




Stattlich und wunderschön steht sie nun da und überzeugt als zarte Sommererscheinung mit schlüpferrosafarbenen Blüten, die eine dunkle Mitte haben, als wollten sie mich mahnend anschauen und sagen: "Guck mal hier, mich hättest du fast ermordet!".

Und noch mehr wundersame Eigenschaften machen Lavatera-Malven zu guten Geistern im Garten: Ähnlich wie Stockrosen schaffen sie es, von Null an auf mehrere Meter in nur einer Saison zu wachsen, verzweigen sich gut und bilden kleine Sträucher, dabei wird ab Juni oder Juli ununterbrochen geblüht.

Die Blätter sind samtig behaart, die Knospen zahlreich und vielversprechend. Sogar im Verblühen ist die Malve noch adrett.





Vermehren kann man das Wunder übrigens über Stecklinge im August. So eine Sicherheitskopie ist nicht nur günstig, sondern auch bitter nötig, da die Pflanzen nur wenige Jahre alt werden.

Auch die anderen Malven lassen es jetzt im Juli krachen. Die Moschus-Malven blühen schon seit Wochen und werden so schnell nicht müde. Im Gegensatz zur Buschmalve säen sie sich reichlich aus und suchen sich ihre Lieblingsplätze selbst. Pflanzen mit Eigeninitiative kann man nie genug haben, auch wenn sie jetzt ein bisschen im Weg stehen.




Im Null-Euro-Beet haben sie sich mit Großem Odermennig und Staudenwicke durchmischt, was auch schön aussieht.


Die Stockrosen sind wie immer mit dabei - von wegen zweijährig, meine sind schon Jahre alt und werden vermutlich die Buschmalve auch noch überleben.



Was wäre ein Garten ohne Malven? Beim nächsten Mal weiß ich Bescheid und werde 'Barnsley' mehr zutrauen, denn die sieht zarter aus als sie ist und macht den Garten einfach schön.

Samstag, 7. Juli 2018

Endless Summer?

Es gibt eine Hortensie namens 'Endless Summer' und ich muss sagen, dass mir dieser Name immer suspekter wird, denn wir haben gerade genau das: einen endlosen Sommer ohne Regen. Und sowas mag ich nicht. Dann wird die Zeit im Garten nur zur Schadensbegrenzung genutzt und weniger zum Freuen, denn ohne Gießen verdorrt alles. 'Endless Summer' kann mir also gestohlen bleiben und ihre Verwandtschaft auch, denn Hortensien sind stadtbekannte Säufer und machen als lebende Mahnmale diese Dürrezeit nur noch schlimmer.



Kann man - außer Hortensien zu meiden wie der Teufel das zur Zeit nicht existierende Weihwasser - sonst noch etwas tun, um sich das Gießen erträglicher oder zumindest sparsamer zu machen?





Hier einige Tipps zum Wässern:


  • Hängeampeln sind hübsch und platzsparend, aber auch verschwenderisch beim Gießen, denn das meiste Wasser läuft oben über den Rand. Hier ist es gut, wenn man das Abwasser wenigstens auffangen kann oder überschüssiges auf andere bedürftige Pflanzen umleitet. Hat man zu viele Eiswürfel im Gefrierfach, kann man ein paar davon auf die Erde der Ampeln legen, so erfolgt eine langsame Bewässerung, ohne dass etwas daneben geht.
 
  • Kleinere Töpfe werden besser ein paar Mal in der Woche in einen Eimer Wasser getaucht anstatt sie jeden Tag ein bisschen zu wässern - denn bei sehr trockenem Wurzelballen versickert Gießwasser eher auf der Terrasse als dass es die Wurzeln erreicht. Am Ende lässt man die Töpfe auch in den Eimer abtropfen, um möglichst viel Wasser wieder aufzufangen.
  • Natürlich ist es ein gutes Gefühl, wenn man seine Stauden gut gewässert ins Bett bringt, aber in der kühlen Morgenluft zu gießen ist effizienter, da nicht so viel verdunstet. Auch Schnecken sind dann weniger aktiv. Ich schaffe so eine Aktion aber auch nie vor der Arbeit.

Trockenheitsverträgliche Stauden im Schrebergarten-Schaugarten: Schafgarbe, Färberkamille, Purpur-Leinkraut, Eryngium planum und Wiesen-Storchschnabel (eigentlich durstiger)


... zum Wassersparen:

  • Warmduscher dürfen sich an dieser Stelle gratulieren, denn das kalte Wasser, das sonst in den Abfluss laufen würde, können sie in der Gießkanne auffangen, bis die Wohlfühltemperatur erreicht ist. So kommen schnell ein paar Extraliter zusammen - je nach individueller Weckzeit morgens sogar pro Person, falls das Leitungswasser in der Zwischenzeit schon wieder abgekühlt ist.
  • Das Wasser, das beim Gemüse-, Obst- oder Kräuterabwaschen in der Küche anfällt, kann in einer Schüssel gesammelt werden. Auch beim Abschrecken vom Frühstücksei, beim Saubermachen des Teesiebs oder beim Vorspülen des Tresterbehälters der Kaffeemaschine fällt etwas an, über das sich Pflanzen freuen - Tee- oder Kaffeereste als Beifang sind dabei kein Problem. Eigentlich gibt es in der Küche immer irgendwo Abwasser, das kein Spülmittel enthält und im Garten brauchbar ist.
  • Es gab Pellkartoffeln zum Abendessen, in welcher Darreichungsform auch immer? Super, einfach das Kochwasser abkühlen lassen und in den Garten damit! Solange nicht gesalzen wurde, geht auch der Kochtopfinhalt nach dem Blanchieren von Gemüse. 


... und zum Gießen Vermeiden:

  • Augen zu und durch: Bloß nicht mittags in den Garten gucken. So manche  Pflanze lässt dann mitleiderregend die Fittiche hängen, richtet sich aber auf, sobald die Sonne wieder weg ist. Falls der Patient bis abends nicht wieder frisch aussieht, muss man doch gießen. 

  • Der Wäschetrockner kann bei dem Wetter auch mal pausieren (wir haben erst gar keinen): Stattdessen trocknet alles draußen, am besten auf dem Wäscheständer, der gern als Schattenspender mit eingebauter Klimatisierung vor so manche Terrassenpflanze gestellt werden kann. Das spart oft einen Tag Gießen ein.
  • Oberflächlichkeit kann sich auszahlen: Glasierte, helle Töpfe verdunsten am wenigsten Wasser, schwarze Kübel heizen sich dagegen ziemlich auf, was auch den Bewohnern Höllenqualen bereitet.
Reflektierende Kübel im bot. Garten Brooklyn


Nach all diesen Tricks möchte ich trotzdem lieber keine Hortensie im Garten haben - und der Endless Summer könnte langsam mal eine Pause machen.