Samstag, 25. Dezember 2021

Es ist Weihnachten - was Blogger jetzt wissen müssen

Man könnte meinen, das ganze Internet ist komplett sensationslüstern geworden, und einige Tageszeitungen gleich mit. Darüber hatte ich mich ja letztes Jahr schon beschwert. Aber auch zu Weihnachten ist nicht alles besinnlich - der Mauszeiger soll den reißerischen Überschriften in die Falle gehen - und wird nicht mehr nur von harmlosem Cat-Content gelockt.


Die Ringeltaube verschluckt einen ganzen, gefrorenen Zierapfel - ihr glaubt nicht, was dann geschah!

Amseln fressen giftige Eibenfrüchte - sieh selbst, was dann passiert


Auf einen Gartenblog übertragen würden solche Überschriften in etwa so lauten (ich habe sie tatsächlich in kürzester Zeit so zusammentragen können und sie thematisch abgewandelt). Man beachte auch die Zahlen - 11 ist hierbei sehr beliebt, warum auch immer (11 Dinge sollt ihr sein):


  • Es wird Winter - was Gartenbesitzer jetzt wissen müssen
    • Anmerkung der Redaktion: Natürlich wird hier alles überdramatisiert - die Stauden werden alle sterben, wenn wir das Verblühte nicht ab Oktober komplett aus dem Garten entfernen.

 

  • Staudengärtner wollen nicht, dass Sie diesen Trick kennen

 

  • Geheimtipp: Gärtner verkauft die blaue Rose online und diskret

 

  • Versuch nicht zu lachen, wenn du diese 4 Pflanzfehler siehst

 

  • Die Kompostwürmer sind in festlicher Stimmung! Die besten Instagram-Bilder!

 

  • Kein Witz - das kostet Monstera 'Thai Constellation' wirklich
 
  • 11 der seltsamsten Gärten, die es auf unserem Planeten gibt
 
  • 37 Gartengeräte, die uns absolut ratlos zurücklassen

 
So, und nun lasse ich euch euch in Ruhe Weihnachten feiern! Ein Frohes Fest euch allen! Und ihr glaubt nicht, was dann geschieht...


Samstag, 18. Dezember 2021

Frustfreier Frost

Kennt ihr diese Gartenbilder, wo die Wintersonne zwar nicht warm aber doch herzerwärmend durch die Bäume scheint und den Gräserhorsten und Staudenstängeln diese gewisse Atmosphäre verpasst, wegen der wir alles Verblühte bis ins Frühjahr stehen lassen? Vielleicht kennt ihr diese Bilder nicht nur, ihr macht sie sogar selbst.

Ich mache diese Bilder nicht, denn so etwas ist den Großgrundbesitzern und Landgärten vorbehalten. Oder Gärten mit Aussicht – jeder Balkon hat hier Heimvorteil. Zwar versuche ich auch ganz angestrengt, diese Winteratmosphäre zu erschaffen mit besonders dekorativen Stauden, Farnen und Gräsern, aber im Großstadtgarten, der von allen Seiten umzingelt ist, ist das schon schwierig.


 

Gut, dass es Zieräpfel gibt, aber selbst die sind mehr schlecht als recht, nämlich meistens schon braun:



Ich hatte auch ganz euphorisch mal ein Gras in den Garten gepflanzt, weil Gräser ja ab Herbst und den ganzen Winter über eine wahnsinnige Atmosphäre vermitteln sollen, Stichwort Tautropfen und Eiskristalle. Namentlich handelt es sich dabei um Calamagrostis x acutiflora 'Overdam'. Stelle sich aber heraus, dass es 'Overdam' zu schattig ist. Das zeigt es mit beleidigt abknickenden Blütenstielen. Der Winteraspekt sieht daher aus, als hätte ich dem guten Gras eins mit der Harke übergezogen. Daher muss ich ihm sagen: Ich habe leider kein Foto für dich, zumindest keins mit Frost.


Dann kommt noch hinzu: Es friert in der Stadt einfach auch weniger stark und weniger oft als auf dem platten Land. Das kann ein Vorteil sein bei empfindlichen Pflanzen, ist aber ein Nachteil bei atemberaubenden Frostfotos. Zum anderen kriegt die Sonne um diese Jahreszeit kaum ihren Hintern hoch, kriecht mühsam gerade über den Horizont und die meisten Strahlen werden von den umliegenden Gehölzen oder Bäumen abgefangen. Da ist selbst die kapitale Konifere im benachbarten Garten kein Hindernis mehr, denn die Dezembersonne geht schon unter, bevor sie diesen immergrünen Lichtschlucker auch nur ansatzweise erreicht hätte.

Richtig schöne Winterbilder entstehen bei Gegenlicht und mit einigem Abstand zu den Pflanzen – Weitsicht ist hier in jeder Hinsicht wichtig. Daher bleibt es bei mir dann bei Makrofotos oder anderen Pflanzendetails und ich muss für jedes bisschen Winterlicht dankbar sein im Reihenhausgarten. 

"Spot on" also für das Herzgespann, das es nicht lassen kann. Es blüht auch im Dezember noch, der Winter war bisher eindeutig zu mild.


 

 Der Fingerhut immerhin hält die Füße still und wartet geduldig auf den Frühling:

 

Das Russel-Brandkraut ist im Winter eine große Show und wird gern von Sumpfmeisen besucht, die die Samen herauspicken:

 

Die Stinkende Nieswurz und der Alant sind gegensätzlich, die eine immergrün, der andere in Winterpause:


Rot ist immer gut - Hagebutten im Frost zur Ehrenrettung der Winterstimmung in meinem Garten:


Die Wilde Karde mit ihren Bürstenköpfen ist durchgefroren besonders adrett:

 

Der Wasserdost ist immer noch schön fluffig: 

Gilb-Weiderich und Mädesüß, letzteres wird auch mal von Gimpeln gefuttert:



Die Weiße Waldaster ist ganz besonders plüschig um diese Zeit:



Zum Glück lassen wir die Samenstände aber nicht nur für uns stehen, sondern hauptsächlich für die Vögel. Und die interessiert es nicht, ob sie beim Futtern die Sonnenstrahlen sehen.

Samstag, 11. Dezember 2021

Klitzekleiner Kohl

Mein Garten ist gar nicht hipp. Auch nicht trendy. Im Gegenteil, der ist total hinterwäldlerisch, obwohl er in der Großstadt liegt, denn ich habe keine Hochbeete. Man braucht auch keine, um Gemüse anbauen zu können, der Gartenboden tut es genauso, oder wie bei mir, große Kübel auf der Terrasse. Denn irgendwie will diese große freie Fläche an der Hauswand ja auch begrünt werden. Die Beete sind ja leider meistens zu voll für Gemüse, weil ich Stauden auch so gern mag.

Dummerweise mache ich mit meinen wirklich großen Kübeln aber genau dasselbe, was ich mit den Beeten mache, nur eine Etage höher: Ich packe sie zu voll. Normalerweise wachsen da nur die Tomaten drin, dann habe ich Minze dazu gepflanzt, schließlich hatte ich die Schnapsidee mit dem Palmkohl. Denn der hat ja Geschichte: Vorletztes Jahr hatte ich ihn vom Kompost gerettet, letztes Jahr hat er geblüht, danach ist er planmäßig abgestorben und ich konnte Samen ernten. 

So schön sah die Pflanze im Frühjahr 2020 aus:

 




Sofort habe ich die Samen ausgesät, aber die sibirische Woche dieses Jahr im Februar hat die Pflanzen erfrieren lassen. Also im Frühjahr noch mal von vorn. Die Jungpflanzen habe ich nach hinten in die großen Kübel gesetzt. Und die Rechnung ohne die Tomaten gemacht - und ohne die Minze. Natürlich.

Die wurden dann vorn so groß, dass der arme Palmkohl kaum Licht bekommen hat, geschweige denn Luft zum Atmen. So sieht er jetzt aus:



Gut, eine ganze Mahlzeit wird das nicht, aber als Zugabe zum Wokgericht kann man sich die unteren Blätter doch vorstellen.



Es geht in der Tat auch noch kleiner und mickriger, der hier steht in einem anderen Topf:


Wie jeder weiß muss das eigentlich so aussehen, aber das ist mir nicht gelungen:


"Probleme" mit Kohlweißlingen hatte ich übrigens nicht. Vielleicht ist die Pflanze einfach zu mickrig gewesen, die haben ja auch ihren Stolz. Die Fraßstellen, die man auf den Bildern sehen kann, sind eher auf Schnecken zurückzuführen. Am Barbarakraut, das dieses Jahr in einem anderen Kübel gut gewachsen ist, hat der Grünaderweißling etliche Eier abgelegt, aber keine Raupe ist groß geworden. Ich möchte mal wissen, was da immer passiert. Aber so eine kleine Wildkamera gibt es wohl nicht...

Zurück zum Kohl und den kulinarischen, oder besser, den Gewissensfragen: Die größte der Kohlpflanzen lieber nicht komplett abernten, damit sie blüht, oder macht mir dann wieder ein ganz fieser Frost einen Strich durch die Rechnung? Wenn man das nur wüsste...

Samstag, 4. Dezember 2021

Wuchernde Würze auf der Fensterbank

Kennt ihr diese Rezepte, für die man zig Dinge braucht, die man gerade nicht in der Küche hat und schon gar nicht im Garten? Irgendwann neulich brauchte ich frischen Koriander, aber an den war weder mit Geld noch guten Worten ranzukommen. Prima, wenn man den im Garten hat, und noch besser, wenn es gerade auch noch Sommer ist.

Was aber macht man im Winter oder wenn man vergessen hat, welchen auszusäen? Mit dieser korianderlosen Zeit ist jetzt Schluss! Ich bin nämlich im Besitz des fantastischen Vietnamesischen Korianders (Persicaria odorata)! Der ist eine Staude, und zwar eine sehr frostempfindliche. Daher residiert er auf der Wohnzimmerfensterbank, da hat er es warm und gemütlich. Für's Foto habe ich den wuchernden Wuschel kurz mal freigestellt:



Eigentlich ist Persicaria odorata ein Etikettenschwindler, denn er ist gar kein Koriander, sondern ein Knöterich. Daher kommt die Fensterbank jetzt immer ein bisschen verunkrautet daher, zumindest optisch, denn er sieht aus wie einer der Unkrautknöteriche. Aber er schmeckt eben wie Koriander. Das tun übrigens einige Pflanzen, die alle nicht miteinander verwandt sind. Es gibt auch Mexikanischen Koriander (Eryngium foetidum), das ist dann ein Mannstreu.

Interessant ist, dass die eine Pflanze als stinkend (foetidum) bezeichnet wird, die andere als duftend (odorata)... Das arme Eryngium nennt man auch Stinkdistel...

Bekommen habe ich meinen Knöterich-Koriander als Ableger. Man kann ihn entweder teilen oder Triebe in Wasser bewurzeln.


 

Wasser ist auch ein gutes Stichwort: Diese Pflanze braucht sehr viel davon! Für ein langes Wochenende Urlaub lasse ich Wasser im Untersetzer stehen und gebe ihm zusätzlich noch eine Bewässerungshilfe. Passt man mal nicht auf, hat sich das Kraut schon selbst getrocknet und sieht aus wie aufgussfertiger Koriandertee. Zum Glück erholt der Herr Knöterich sich aber erstaunlich schnell wieder, wenn man das Welken noch rechtzeitig bemerkt. Man kann richtig dabei zuschauen, wie er nach der Wassergabe lebendig wird.

Man kann die Blätter auch absichtlich trocknen, sie verlieren ihr Aroma dabei nicht komplett. Auch schmecken sie pfeffriger als echter Koriander.

Gut, an seinem Aussehen muss Persicaria odorata noch arbeiten, aber ansonsten bin ich richtig begeistert, jetzt Unmengen Korianderaroma griffbereit zu haben. Schneidet man ihm die Spitzen zum Ernten der Blätter, wächst er rasch wieder nach.


 

Habt ihr den Vietnamesischen Koriander schon mal probiert?


Samstag, 27. November 2021

Die heimliche Mistel

Heute gibt's mal was ganz weihnachtliches Wer sich noch dunkel an mein Mistelexperiment am armen Zierapfel aus dem Jahre 2019 erinnert, das ich also schon vor zweieinhalb Jahren eifrig anging, wird sicher glauben, das wäre wieder mal nichts geworden mit der Mistel. Das ging mir genauso. Auch ich hatte gedacht, nach dem fulminanten Erscheinen der Andockwurzel, das unter großem Applaus stattfand, wäre Schluss gewesen.




Tatsächlich sind die Keimlinge, den ich fotografiert habe, nach und nach vertrocknet und waren irgendwann nur mehr als traurige Mumie zu erkennen. Misteln sind doch auch Mimosen! Der Zierapfel hat offenbar alles daran gesetzt, den lästigen Parasiten im Keim zu ersticken. Das gelingt den Ästen auch ziemlich gut, wenn der Baum vital ist. Und das ist mein 'Golden Hornet' definitiv.

Einen Samen muss ich aber wohl übersehen haben, vielleicht hat er sich auch nur gut versteckt gehabt. Nun aber konnte die Babymistel es wohl nicht mehr aushalten und brauchte Blätter für die Photosynthese. Und damit hat sie sich verraten! Ein Mistelchen mit vier Blättern wächst in Superzeitlupe an einem Ast heran. Weil bald Weihnachten ist, zeige ich den jetzt hier auch mal zur Feier des Tages. Die Pflanze hängt allerdings zu niedrig, sodass man sich nicht wie bei Misteln zu Weihnachten üblich darunterstellen kann.

Nun sieh sich einer das an: Diese dünnen Ärmchen hier, die aus dem Knubbel am Ast unten herauswachsen, gehören meiner ersten selbstgezogenen Mistel! 


Dabei habe ich mich in meinem Artikel zu parasitischen Pflanzen in der Gartenpraxis vor einem Jahr sogar noch beklagt, dass Ansiedlungsversuche so selten von Erfolg gekrönt sind und ich es noch nie geschafft habe. Habe ich wohl! Es ist nur so, dass die Blätter erst wachsen, wenn die Leitungsbahnen des Baumes erreicht sind. Und jetzt heißt es: O'zapft is!

Der Zierapfel ist mir hoffentlich nicht böse. Da mir letztens aber ein Apfel auf den Kopf gefallen ist, bin ich mir da nicht mehr so sicher. Bisher habe ich bei solchen Anschlägen an Zufall und die Schwerkraft geglaubt. Jetzt nicht mehr!

Wir sehen uns dann alle in 30 Jahren hier wieder, wenn die Mistel Früchte trägt... Und wenn ihr gute, keimfähige Misteln haben wollt, sucht sie in München, die funktionieren!

Samstag, 20. November 2021

Knutschkugeln am Boden

Letztes Wochenende habe ich mal wieder das Laub vom Rasen gefegt. Das landet auf den Beeten und kommt mir nicht in die Biotonne - und nach genauerem Hinsehen weiß ich jetzt ganz genau, warum: Das Laub hat Augen! 

Ich schaute nämlich nach den Sämlingen vom Einjährigen Silberblatt, ob sie auch noch durch die Laubschicht hindurchwachsen können, und da sah ich plötzlich ein kleines, kugeliges Etwas auf einem braunen Blatt vom Zierapfel, kaum mehr als einen Millimeter groß. War es eine ganz kleine Spinne? War es überhaupt ein Tier? Ich habe es vorsichtig mit dem Finger angestupst - und da hüpfte es so weit weg, wie man es bei der Größe nicht für möglich gehalten hätte - das war ein Springschwanz!

Und das sind echte Olympioniken! Sie treten aber nicht in der Disziplin Kugelstoßen an, sondern als Kugelspringer. Unter dieser Bezeichnung firmieren einige kugelige Springschwanzarten.

In meinem Laub sind also Kugelspringer zuhause! Je länger ich schaute, umso mehr sah ich, ganze Herden hockten in meinem Laub. Ich habe also die Kamera geholt, um diese kleien Mordillo-Figuren mal von ganz Nahem zu sehen. Und weil die Tierchen immer auf dem Sprung sind, habe ich sie angeblitzt.

Diese kleine Boygroup hier, die so nett Modenschau macht, ist eine Bande der Art Bunter Kugelspringer (Dicyrtomina ornata), die ich unter dem Zierapfel aufgestöbert habe. Da seht ihr mal, was im Laub so los ist - eine richtige Fußgängerzone ist das hier mit gelegentlichen Sprungeinlagen!


Und wie hübsch die gezeichnet sind, kein Exemplar gleicht dem anderen, man würde sie immer wiedererkennen mit ihrem Flecktarnmuster in gedeckten Herbstfarben:

 

 


 

Am Hintern haben sie durchsichtige lange Haare, auch die Fühler sind behaart. Unter dem Bauch haben sie ihre Sprunggabel, die Furca. Diese wird bei Gefahr losgelassen und das Tier schnellt in die Luft. Danach muss es neue Energie aufwenden, um die Gabel wieder unterm Bauch einzurasten fürs nächste Mal - ein Blatt vom Apfelbaum als Sprungbrett!

 






 

So klein, wie die Springer sind, mutet manche Situation an wie bei Mission impossible - wird der kleine Kerl die Spinnweben berühren oder darunter hindurch manövrieren?


Springschwänze muss man sich warmhalten, denn sie sind wichtige Humusbildner und sie werden jetzt mit Hochdruck daran arbeiten, die Blätter anzunagen. Da sie verständlicherweise keine großen Beißerchen haben, führen Springschwänze meist zu Fensterfraß an Falllaub.

Asseln und andere größere Tiere besorgen nachher den Rest.



Das Laub der Obstbäume, von Birken, Weiden, Pappeln und anderen leicht verdaulichen Gehölzen gehört also unbedingt in die Beete und nicht in die Tonne. Schaut doch einmal nach mit der Lupe, ob ihr die kleinen Kerlchen auch finden könnt!