Stockrosen (Alcea rosea) sind enorm groß und enorm einfach aus Samen zu ziehen. Sie wachsen fast ohne Wasser, ob in der Pflasterfuge oder an der Burgmauer (oder wie rechts im Bild aus dem Burgverlies heraus?). Und natürlich auch im Blumenbeet - um Stockrosen muss man sich kaum kümmern, sogar ohne Gießen werden sie mannshoch und blühen ewig.
Mit ihrer Größe sind Stockrosen das Hochhaus unter den bei Insekten belieben Stauden: Hummeln und Honigbienen lieben die Pflanzen genauso wie wir, die Samenstände sind ein beliebter Treffpunkt für Feuerwanzen, die sich von den Samen ernähren, doch weder die Blüte noch den Fortpflanzungserfolg der Stockrose schmälern.
Wenn man ganz genau hinschaut, entdeckt man an den Blütenknospen zwischen Juni und August allerdings ein ganzes Rotlichtmilieu im Kleinstformat: Der Rüsselkäfer mit dem wahrscheinlich längsten Name der Welt lässt die sprichwörtlichen Kaninchen ganz blass aussehen. Es ist das Langrüsslige Stockrosen-Spitzmäuschen (Rhopalapion longirostre) - und es lässt es auf der Pflanze ordentlich krachen, dass man ganz rot wird beim Zugucken.
Männchen hocken auf Weibchen, oft gleich zu mehreren. Während die Damen nach dem Motto "O'zapft is" schon mal die Blütenknospe anstechen, paart sich das huckepack mitkrabbelnde Männchen munter weiter, oder sitzt einfach nur obenauf, um das Weibchen für sich schon mal zu reservieren, denn die Konkurrenz ist groß.
Zum Größenvergleich trabt hier netterweise eine Ameise ins Bild |
Bei diesen Rüsselkäfern hat eindeutig das Weibchen die Hosen an: Es hat einen deutlich längeren Rüssel, und das kommt nicht von ungefähr. Diese Riesennase ist das Werkzeug, mit dem es einen Gang durch die Blütenknospe bis zum Fruchtknoten sticht. Darin werden die Eier abgelegt, die Larven arbeiten sich später bis zu den Samen vor, die sie fressen und sich auch darin verpuppen - klein genug sind sie ja.
Manche Stockrosenblüten öffnen sich dementsprechend auch etwas malträtiert, als hätte einer mit einem winzigen Locher bunten Blüten-Konfetti aus ihnen herausgestochen.
Das macht das kleine Spitzmäuschen deutlich mehr zum Schädling als die geselligen Feuerwanzen, die den verblühen Pflanzen immer noch viel Farbe verpassen und mit ihrem Gruppenzwang für Unterhaltung sorgen.
Die Rüsselkäferchen treiben es dagegen etwas zu bunt und man sollte sie eigentlich mal absammeln. Mein Problem ist nur: Ich finde Rüsselkäfer unwiderstehlich, je kleiner und feinrüsseliger, umso besser. Und das winzige Langrüsslige Stockrosen-Spitzmäuschen ist an Niedlichkeit kaum zu überbieten.
Und so muss ich mich wohl damit arrangieren, dass meine Stockrosen immer etwas zerrüttet aussehen und nicht so gut blühen wie andere...