Samstag, 26. März 2022

Übergriffiger Blattschmuck

Hostas sind die Stauden der Herzen. Sie wachsen auch im Schatten, haben elefantenohrgroße Blätter und es gibt sie in allen möglichen Blattfarben. Den Schnecken ist die Blattfarbe allerdings wurscht, sie garnieren das Laub gern mit Löchern. Das ist der Nachteil bei Hostas, trotzdem gibt es kaum eine Staudengattung, die im Ziergarten so gefragt ist. Im Naturgarten allerdings weniger, dort fristen sie eher ein Schattendasein, da nicht von dieser europäischen Welt und für Wildbienen zu wenig gefragte Blüten. Jetzt um diese Zeit sind die Hostas sowieso noch wenig imposant, da treiben sie gerade erst zögerlich aus.

Wer auch im März schon überdimensionierten Blattschmuck sehen möchte, der ist mit diesem kleinen Stinker hier gut bedient: Es ist der Italienische Aronstab (Arum italicum). Im Gegensatz zum heimischen Vertreter kann er bis zu einem halben Meter hoch werden. Seine Blätter ziehen im Frühsommer ein, dann überlässt er den Hostas das Blattschmücken. Kein Blatt gleicht dem anderen, alle sind aber hübsch gemustert und pfeilförmig - so sehen sie  auch im Stand pfeilschnell und dynamisch aus.

 


Schnecken ignorieren ihn geflissentlich. Er mag Schatten oder Halbschatten und einen humosen Boden, sät sich aus und wird immer breiter. Und so hat mein Garten langsam eine erkleckliche Menge an Aronstäben zu bieten. Es sind so viele, dass es schon langsam lästig wird. Zumindest für die Kugeldistel, die unter ihm zu leiden hat, im wahrsten Sinne. Der olle Aronstab schafft es, ihren frischen Austrieb komplett zu überwachsen. Die Kugeldistel ist also jedes Jahr heilfroh, wenn Arum sich wieder unter die Erde verzogen hat - und ich bin heilfroh, dass er die Sommertrockenheit dadurch vermeidet und ich ihn nicht gießen muss.




Manchmal blüht er auch, wenn er einen guten Tag hat. Die typische Aronstab-Blüte riecht nicht gut und lockt Fliegen an, die wie auf einer Rutschbahn hineinfallen und dort festgehalten werden. So müssen sie den Aronstab bestäuben, ob sie wollen oder nicht. Immerhin werden sie mit ihrem liebsten Raumparfum bei Laune gehalten. Hat die Bestäubung geklappt, bilden sich knallrote giftige Beeren.


 

Der Italienische Aronstab ist an manchen Stellen im Wald häufiger als sein heimischer Cousin, der Gefleckte Aronstab. Das liegt an seiner Vermehrungsfreude, die dafür sorgt, dass er den Gartenbesitzern über den Kopf wächst und daher mit Gartenabfällen entsorgt wird. In manchen Regionen gilt er daher schon als invasiv. Meine Kugeldistel wäre auch sehr dafür, dass der arrogante Aronstab mal irgendwo ausgesetzt wird.


 

Wenn ihr im Wald unterwegs seid, achtet mal drauf, ob ihr den gefleckten Wüstling auf einer wilden Müllkippe entdeckt. Dann dürft ihr ihn ruhig adoptieren. Schließlich ist er die Blattschmuckstaude für den Monat März!

Freitag, 18. März 2022

Im Wald und im Waldgarten

Die meisten Leute gehen ja gern in den Wald. Bäume werden dabei als erholsam wahrgenommen, Insekten aber eher in die Kategorien kneifend oder stechend, in jedem Fall aber nervend einsortiert. Dabei hat der Wald viel mehr zu bieten als Waldbaden und Wettlauf mit den Mücken. Meine Lieblingsbeschäftigung im letzten Winter war das Aufspüren von Tieren im Totholz. Da gibt es einiges zu entdecken, zum Beispiel diesen Goldschatz hier, der in einer Höhle im Mulm überwintert hat, ein Goldlaufkäfer.


 

Viel kleiner sind diese roten Schlümpfe, die aussehen wie gestrickt, eine Reihe linke, eine Reihe rechts:

 


Es sind Springschwänze, namentlich Bilobella brauneri, die sich das Springen aber abgewöhnt haben, weil es im Totholz unter der Rinde nur zu Kopfschmerzen führen würde.

Und weil ich so viele Insektenlarven und unbekannte Käfer fotografiert habe, hat mich das Buch "Insekten im Wald" von Beat Wermelinger, das im Haupt-Verlag erschienen ist, brennend interessiert.


 

Und es lohnt sich absolut! Insekten wurden in allen Lebenslagen fotografiert, die Fotos sind wirklich toll. Man braucht allerdings manchmal einen robusten Magen, Stichwort Totengräber. 

Der schweizer Autor geht ausführlich auf die Funktionen der Insekten ein und erklärt verständlich die Zusammenhänge. So ist es für laubabwerfende Bäume zum Beispiel gar nicht schlimm, wenn sie im Frühsommer von Raupen kahlgefressen werden. Der Kot der Raupen, die ja schon die Blätter nahezu komplett verdaut haben, ist von Mikroorganismen leichter abzubauen als ganze Blätter, so wird der Boden rasch gedüngt und die Bäume können gestärkt wieder austreiben. Kurzzeitig dringt mehr Licht an den Waldboden und Kräuter können blühen und Bestäuber anlocken. Immergrüne Nadelbäume allerdings leiden sehr unter solchen Fressattacken.

Das Leben der Ameisen wird genauso beleuchtet wie das der Prozessionsspinner.


Auch auf neue Arten wird in dem umfangreichen Buch eingegangen.

Mir hat es sehr geholfen, ich habe viel gelernt und konnte dieses Tierchen, das ich im Teutoburger Wald an Totholz fotografiert habe, dank des Buchs endlich als Kamelhalsfliegenlarve bestimmen.



 

Vielleicht kann ich ja auch das ein oder andere Insekt im Garten wiedertreffen, wo er doch immer waldähnlicher wird.

Wer sich mit den Insekten des Waldes beschäftigen möchte und wissen möchte, wer genau beim Waldspaziergang gerade kneift oder sticht, ist mit diesem leicht verständlichen, aber nicht populärwissenschaftlichen Werk gut bedient.


Samstag, 12. März 2022

Die lieben Kleinen

Im März sind die Beete überschaubar, die Stauden noch im Halbschlaf. Gähnende Leere also und wir können uns auch wieder hinlegen? Weit gefehlt, denn da wären ja noch die lieben Kleinen: Jetzt ist es an der Zeit, die Nase am Boden zu haben und zu schauen, ob man nicht wertvolle Sämlinge finden kann. Daraus kann man auch gleich ein geselliges Quiz machen: Wer erkennt die meisten Stauden am Keimblatt?

Das hist ist mein ganzer Stolz momentan: Ein Sämlinge der Korsischen Nieswurz (Hellebous argutifolius), erkennbar an den bestachelten Blättern - selbst als Baby schon bis an die Zähne bewaffnet:


Auf so einen Knirps muss man gut aufpassen, damit sie nicht von rabiaten Staudennachbarn untergebuttert wird. Zum Glück verträgt so eine Nieswurz auch halberlei Schatten. Die Mutterpflanze ist nämlich nach der Blüte abgestorben, da brauche ich dringend Ersatz, denn diese Art mit den derben, ledrigen Blättern erduldet viel Trockenheit.

Diese Helleborus foetidus war vorletztes Jahr auch noch so ein Knirps und jetzt blüht sie:

Weil ich immer so sehr auf Sämlinge der Helleborusse hoffe, ist es auch oft einfach nur das Wunschdenken einer Besessenen. Das hier zum Beispiel habe ich im Eifer des Gefechts auch von Weitem und ohne Brille für eine Nieswurz gehalten, dann auch noch mal mit Brille, nur zur Sicherheit:


Ist aber - ganz klar - ein kleines Kletten-Labkraut. Bei dem bin ich immer hin und hergerissen und drücke auch mal gern ein Auge zu. Als Nahrungspflanze für das Taubenschwänzchen darf es ruhig in einer stillen Stunde am kahlen Fuß der Rosa multiflora hochklettern. Aber nur hoch, nicht breit bitte.

Das hier ist ein Sämling der Bach-Nelkenwurz. Wenn man die Samen in einen leeren Topf schmeißt, keimen sie bereitwillig:


Auch den Rasen gilt es mit Argusaugen zu betrachten, denn dort ist die Keimzelle vieler toller Pflanzen, die den Sprung vom Beet ins Grün schaffen. Hier zum Beispiel - etwas schmuddelig gerade - ein kleiner Wolliger Hahnenfuß, der gerettet werden muss:



Und der Kaukasus-Gamander hat sich auch zu weit über die Beetkante gelehnt und keimte im Rasen:

 

Geht ihr auch im Garten auf Keimlingsforschung, um keine neue Staude zu verpassen?

Samstag, 5. März 2022

Gartentagebuch in bunt

Führt ihr ein Gartentagebuch? Ich hatte ja als Kind schon keins, auch nicht über meine überaus spannenden Erlebnisse als Schülerin, die natürlich filmreif gewesen wären, vor allem die Begebenheiten im Sportunterricht (wieder als letzte in die Mannschaft gewählt, da ließe sich bestimmt ein Psychothriller mit Starbesetzung draus machen).

Für den Garten aber ist das durchaus sinnvoll. Man muss auch nicht jeden Satz anfangen mit "Liebes Tagebuch", aber zu wissen, wann man was im Garten erledigt hat oder welche Pflanze hinzugekommen ist - und vor allem: wo noch mal genau? - kann schon nützlich sein. Wie oft habe ich nämlich vergessen gehabt, was da so verdächtig monströs mitten aus dem Rasen wächst (Gefingerter Lerchensporn), oder dass ich genau jetzt hier nicht hätte buddeln sollen, weil darunter Narzissenzwiebeln hocken.

Auch blöd: Mit Siebenmeilenstiefeln über den Rasen stapfen und nicht dran denken, dass dort Krokusse wohnen und sich auf die Blüte vorbereiten. 



Wenn man sich aufschreibt, was man wann gepflanzt hat und auch, woher man die Pflanze hatte, kann man langfristig gut sehen, wer sich als Methusalem und wer als Eintagsfliege entpuppt. Vielleicht erkennt man sogar ein Muster: Gekaufte Pflanzen versus Ableger von der Tauschbörse versus Sämlinge?

 

So ein Pflanzentagebuch ist zwar auch nicht filmreif, nicht mal als Dokumentation, aber immerhin beruhigt es die Nerven und auch die der Pflanzen.

Ein wunderschönes Tagebuch mit Mehrwert habe ich jetzt von der lieben Urte aus dem Elfenrosengarten bekommen. Sicher kennt ihr schon ihre Aquarelle?

Der Einband mit den abgerundeten Ecken lässt das gebundene Buch sehr wertig wirken. Natürlich wartet das Cover gleich mit den schönsten Zeichnungen auf.

Das Tolle am Buch: Es gibt Gartentipps, Pflanzenportraits, viel Platz für Notizen, aber vor allem natürlich Urtes fantastische Bilder. Ein schön gearbeiter Begleiter durch das Jahr, den man auch im nächsten wieder gern zur Hand nimmt, um sich die Bilder und die Notizen anzuschauen. Die Blütenzeichnungen sind wirklich klasse, zu jedem Kapiteleinstieg gibt es noch ein großes Aquarell. Schade nur, dass die Aquarelle bei den Pflanzenportraits so klein abgedruckt sind, wo sie doch so schön sind.




 

Da es keine Fotos gibt, sondern Gemälde, passt das in jedem Fall alles stimmig zusammen mit dem Journal-Charakter - als hätte Urte die Bilder direkt ins Buch gemalt.

Falls es in der Schule eine Mannschaft im Kunstunterricht gegeben hätte, wäre Urte sicher nicht als letzte hinein gewählt worden, so viel steht mal fest!