Discounter sind tödlich. Für Pflanzen jedenfalls. Wer schon einmal nur wenige Tage nach Erscheinen eines floralen Schnäppchens nachgeschaut hat, wie es den armen Angebots-Opfern geht, sieht oftmals nur noch ein bisschen Grün - falls es sich beispielsweise um Sukkulenten handelt. Andere Pflanzen haben meist nicht so viel Glück und sehen bald ziemlich ramponiert aus.
Das hat mich schon vor vielen Jahren zum rettenden Notkauf angespornt, als ich nur einen Balkon zum Austoben des grünen Daumens zur Verfügung hatte - denn da die Pflanzen im Supermarkt immer so mitgenommen aussehen, tu ich ihnen gern den Gefallen und nehme sie tatsächlich mit.
Damals musste es unbedingt ein kleiner Topf mit einem reduzierten Restposten in Form eines Strauchs sein - unschlagbar günstig, aber ein Häufchen Elend. Bei Lichte betrachtet sah das bisschen Gehölz ziemlich langweilig aus - dunkelgrüne, derbe Blätter und davon auch nicht gerade viel. Aber auf dem Etikett prangte das Zauberwort "Vogelschutzgehölz", dem ich noch nie so recht widerstehen konnte.
Also flugs den lächerlich kleinen Obulus an der Kasse gezahlt und ab auf den Balkon mit dem Patienten. Schnell neu eingetopft, fertig - das Vogelschutzgebiet im zweiten Stock war ab sofort in Betrieb.
Nur, was war das Sträuchlein denn nun überhaupt? Es handelte sich um eine Kletterspindel, aber keine von den vollständig immergrünen Arten, sondern möglicherweise um eine Euonymus japonicus - mein Exemplar behält jedenfalls nur in milden Wintern ein paar Blätter.
Wenn das gute Stück eine Hauswand oder den Terrassensichtschutz berankt, kann es sommers bestimmt so dicht werden, dass es zum gepflegten Brutgeschäft einlädt. Wurde es auf dem Balkon aber nicht. Die Kohlmeise kam trotzdem zum Nisten, wollte allerdings mit dem kleinen Euonymus nichts zu tun haben.
Schließlich zog ich um in ein Haus mit Garten und die Kletterspindel hatte schon wieder Glück: Sie durfte mit und nun richtigen Erdboden spüren, an der Terrassenwand. Sie kletterte auch brav ein bisschen daran herum, wurde immer höher, war aber nie ganz dicht. Geschlagene zehn Jahre lang hat meine Euonymus auf das Vogelschutzgehölz gepfiffen.
Letzten September dann kam ihre große Sternstunde: Es wurde geblüht, sehr zur Freude der hiesigen Randgruppen der Insektenwelt - der Wespen und Schmeißfliegen. Wochenlang herrschte reger Flugbetrieb - die ansonsten fliegenfangenden Wespen schlossen vor lauter Nektarrausch sogar Waffenstillstand mit der in Massen anwesenden Beute.
Im Winter öffneten sich die Früchte schließlich und man sah deutlich die Verwandtschaft zum heimischen Pfaffenhütchen, welches ja auch Rotkehlchenbrot genannt wird.
Im Winter öffneten sich die Früchte schließlich und man sah deutlich die Verwandtschaft zum heimischen Pfaffenhütchen, welches ja auch Rotkehlchenbrot genannt wird.
Nun doch mal endlich richtig Vogelschutz? Nun ja, seht selbst: Jetzt Ende Februar haben die Früchte deutlich an Spannkraft eingebüßt und hängen immer noch unangetastet herum.
Schade. Aber sei's drum - sowohl die Büte als auch die kleinen Früchtchen haben mir sehr gefallen, außerdem ist es vielleicht doch nur die Nähe zum Wohnhaus, die die Rotkehlchen von der Einweihung meines Vogelschutzgehölzes abhält.
Falls ihr also im Discounter einmal so einem notleidenden Strauch begegnet, rettet ihn ruhig und berichtet mir bitte, wie eure Erfahrungen mit seiner Naturschutztauglichkeit sind. Sachdienliche Hinweise nehme ich gerne entgegen!