2010 ist das Jahr der Gartenschauen. In einer Region mit dem verwirrenden Namen "
Ostwestfalen" sind wir in der glücklichen Lage, gleich zwei Landesgartenschauen so nah zu haben, dass man nicht erst den halben Tag mit der Anreise beschäftigt ist - nämlich die von Nordrheinwestfalen in Hemer und die von Niedersachsen in Bad Essen.
Die eine findet auf einem ehemaligen Kasernerngelände statt, die andere trumpft mit Schloss Ippenburg auf - zweifelsohne ein Joker: Trotz individueller Vorlieben für derlei Bauwerke mag man schon erahnen, welches Gebäude von beiden das schönere ist.
Hemer setzt auf Familien, das ist unverkennbar. Mustergartenjunkies dagegen kommen eher in Bad Essen auf ihre Kosten - unzählige Anlagen im Reihenhausgartenformat überbieten einander, so dass man am Ende im Kopf schon eine Einkaufsliste parat hat: "Den und den und den Garten gleich zum Mitnehmen, bitte!"
Wenn man nicht gerade Kinder im Schlepptau hat, die einen Spielplatz nach dem anderen belagern müssen (und davon gibt es reichlich), ist man mit der Gartenschau in Hemer relativ schnell durch - es sei denn, man fährt gerne Skateboard. Es gibt wenige Mustergärten, dafür viele Erlebnisbereiche mit Klangelementen oder optischen Reizen. Der (auch wortwörtliche) Höhepunkt ist die Himmelsleiter - eine gigantische Treppe eingerahmt durch Waldstauden - mit dem hölzernen Jübergturm als Aussichtspunkt. Dort entstand das Panoramafoto - man kann vielleicht erahnen, welche Steigung man überwinden muss.
Auf Schloss Ippenburg dagegen kann man sich allein schon stundenlang mit offenem Mund staunend im gigantischen Küchengarten aufhalten, bevor man den Rest des Parks überhaupt gesehen hat. Bad Essen möchte eher alles Gärtnerische kultivieren und ist die bessere Gartenschau im eigentlichen Sinne, aber man muss fairerweise sagen, dass Ippenburg in der Ausrichtung von Gartenveranstaltungen schon langjährige Erfahrung hat. Tolle Bilder und einen schönen Bericht zu Ippenburg gibt es
hier.
Trotzdem gibt es auch in
Hemer natürlich viel Sehenswertes.
Daher der ultimative Spartipp: Die nordrheinwestfälische Gartenschau bietet im Gegensatz zu ihrer niedersächsischen Schwester ein verbilligtes Abendticket ab 17 Uhr für nur 5 Euro statt 14,50! Wenn das kein Schnäppchen ist!
Um die Zeit ist das Licht zum Fotografieren sowieso viel besser.
Die Wartezeit bis dahin kann man sich mit allerlei kostenlosen Vergnügungen vertreiben - die Region direkt um die Gartenschau ist ein botanisches Schatzkästchen sondergleichen. Auf dem Gelände eines ehemaligen Truppenübungsplatzes arbeiten mittlerweile Heckrinder und Dülmener Wildpferde als Landschaftspfleger bei freier Kost und Logis und halten damit das Areal frei für Feldlerchen und Bläulinge. Die Vielfalt an Magerwiesenblumen ist unglaublich.
Wenn dann immer noch Zeit ist, lohnt der Besuch des
Felsenmeers, das ebenfalls direkt an die Gartenschau angrenzt. Dieses geologische Kuriosum ist gar kein Meer und hat schon mal gar keinen Strand, aber dafür riesige moosbewachsene Felsbrocken, die dekorativ und unsortiert in einem Buchenwald herumliegen. Auch hier gibt es nicht nur seltene Felsen, sondern auch seltene Pflanzen.
Die Altstadt von Hemer dagegen sollte man lieber meiden. Es gibt nämlich keine. Stattdessen Prachtbauten der 60er- und 70er-Jahre aus immerhin oft farblich dekoriertem Edelbeton. Das
Rathaus, von den Einheimischen liebevoll "Affenfelsen" genannt, thront unübersehbar über allem. Leider. Schön ist nämlich anders.
Jetzt sollte es aber so langsam mal Abend werden und man kann endlich auf die Gartenschau.
Hier meine Impressionen von gestern - alles preisgünstig nach 17 Uhr aufgenommen:
Die Natur kommt auf dem Gelände nicht zu kurz - immer wieder gibt es distelfinkentaugliche Areale, aufgepeppt mit Kalifornischem Goldmohn und anderen schmucken Blumen:
Die Farbe der Saison ist Gelb:
Goldschafgarbe
Rudbeckia hirta mit Tagetes und Zinnien
Noch mehr Sonnenhut, noch mehr Tagetes, aufgemischt durch Gräser
Cosmea in ungeahnter Sortenvielfalt
Beete mit trockenheitsverträglichen Stauden wie Edeldistel und Wermut - alles geschmacksgeprüft von Insekten
Wiesenknopf in rosa Wolken
Großstaudenbeete ganz nach meinem Geschmack (hier Phlox und Purpurdost)
Zahnstocherkraut (Ammi) und Schnee auf dem Berge
(Euphorbia marginata)
Zinnienbeete mit Spinnenblume - ebenfalls mit Schnee auf dem Berge und Kaserne im Hintergrund
Sonnenblumen, Rizinus, Verbena bonariensis und Plastikkürbis (oder Orange?)
Wasserspielplatz mit Garantie auf nasse Hosen- im Hintergrund die unvermeidliche Kaserne.