Wie oft steht man vor einem Gartentor und darf nicht rein. Man traut sich nicht mal, über den Zaun zu fotografieren, falls es jemand bemerken könnte. Und wenn jemand zu sehen ist, möchte man auch nicht auf und ab hüpfen, um auf sich aufmerksam zu machen, den Garten zu loben und zu fragen, ob man Fotos machen darf. Und so geht man eben einfach weiter und versucht, nicht allzu angestrengt nach den fremden Pflanzen zu starren. Wenn dann noch eine Plakette "Bayern blüht: Naturgarten" am Zaun prangt, dann ist die Versuchung noch größer, zu winken und zu hüpfen. Das passiert zugegebenermaßen sehr selten, weil ich schließlich in NRW und nicht in Bayern wohne. Das mit dem Hüpfen ist dann aber auch weniger peinlich, weil mich ja niemand dort kennt. Glaube ich.
Und genau in so einen prämierten Naturgarten in Franken durfte ich die Tage eintreten, nämlich den von Achim. Den kenne ich nämlich und so hatte ich die Ehre, den Garten besichtigen zu können.
Manche Sitzplätze sind schon besetzt, an anderen Stellen schmorten Sempervivum unter der sengenden fränkischen Maisonne. Sieht das nicht hübsch aus?
Und weil es so heiß war, haben wir erstmal im Schatten bei Kaffee und Kuchen gesessen. Da bemerkten wir schräge Vögel, die sich immer wieder an einem Strauch zu schaffen machten. Ein Amselmann mit einer weißen Schwanzfeder und ein Star krauchten immer wieder einträchtig in diesem Gehölz herum und wir wussten nicht, was die da suchen. Schließlich hatte die Amsel eine rote Frucht im Schnabel. Nichts wie hin und nach Beeren gesucht - es stellte sich heraus, dass die Duftheckenkirsche jetzt schon im Mai reife Früchte produziert, die die Vögel lieben. Die ersten Beeren der Saison, da muss man zuschnappen!
Frisch gestärkt ging der Gartenrundgang los - überall blüht es! Akeleien, die ersten Rosen, Berg-Flockenblumen, Spornblumen, Barbarakraut und und und.
Der Rauling (Trachystemon orientalis) hat mich verblüfft. Eine Pflanze hat Ausmaße, die eines Rhabarbers würdig wären, die andere ist aus meinem Garten und wirkt dagegen sehr schmächtig. Sollte es von dieser immer noch selten gepflanzten Staude etwa Varietäten geben?
Achim ist Anhänger des Blackbox-Gardenings, und so darf sich die Mittagsblume selbstverständlich in der Pflasterfuge tummeln, und zwar nicht nur mittags.
Das ist aber nicht alles, was so ein Naturgarten zu bieten hat. Blutzikaden, Purpur-Zünsler, Nesselschnabeleule und Hummeln waren aufzustöbern. Spargelhähnchen waren wie bestellt am Spargel zu entdecken, denn der wächst im Gemüsegarten. Diese kleinen Käfer sind ausgesprochen hübsch.
Im Gewächshaus gab es gleich mehrere Feldwespen-Nester. Obwohl die Damen etwas grimmig dreinschauen, sind diese staatenbildenden Insekten sehr friedlich und tolerieren auch Fremde im Gewächshaus, sogar aus anderen Bundesländern. Und weil sie so nett sind, bekommen sie auch eine eigene Insektentränke in Form einer mit Steinen gefüllten Schüssel, die stilecht in den Kiesgarten eingelassen ist.
Noch weitere Schätze gibt es im Garten: Die Zweifarbige Schneckenhaus-Mauerbiene (Osmia bicolor)! Sie besuchte die Katzenminze.
Die Katzenminze wurde auch eifrig von den Frühlings-Pelzbienen besucht, die Berg-Flockenblume lockte die Gelbbindige Furchenbiene und Osmia leaiana.
Und nun sitze ich wieder in meinem Garten und beobachte, wie die Amseln die Beeren aus der Duftheckenkirsche pflücken. Das war mir vorher nie aufgefallen. Dazu musste ich erst nach Franken kommen. Danke also an Achim, dass ich nicht vor dem Gartentor stehenbleiben und auch nicht hüpfen musste!