Samstag, 28. Mai 2022

Pleiten, Pech und Plagen

Es ist an der Zeit, den Woll-Vorhang zu lüften und ein Fazit zu ziehen: Hilft Schafwolle gegen Nacktschnecken? Das Ergebnis will ich nicht unter den Schafwollteppich kehren, denn es fällt ernüchternd aus, obwohl es erst so hoffnungsvoll anfing.

Ein paar Suchbilder sollen es erklären: Finde den Grünkohl:


Finde die Kugeldistel:

Genau, es gibt nichts Grünes mehr. Ein Ring aus Schafwolle oder gewässerten und wieder angetrockneten Schafwollpellets hilft so lange, wie die haarige Angelegenheit nicht wieder nass wird. Sobald es regnet oder es ein bisschen mehr Morgentau gibt, ist die Pflanze gegessen. Das mag im sonnigen Gemüsegarten mit Schafwolle als Meterware funktionieren,keinen aber an einzelnen Pflanzen im dicht bewachsenen Beet war das Ergebnis niederschmetternd, auch bei einigem Abstand zu anderen Gewächsen. Allein der Mulch- und Düngeeffekt bleibt.

Gemüse ins Blumenbeet, nette Idee, aber nicht mit meinem Garten. Wenn es geregnet hat, ist der Garten morgens übersät mit Nacktschnecken. Es sind Hunderte, überall auf den Pflanzen, auch auf denen, die sie gar nicht mögen. Wenn sie aber eine Pflanze mögen, machen die Schnecken kurzen Prozess, bis nur noch ein Gerippe übrig bleibt.

So langsam glaube ich, dass Unkräuter deshalb so erfolgreich und nervig sind, weil die Schnecken nicht drangehen, zumindest nicht in dem Maße, dass es Schaden anrichtet. Giersch, Kriechender Hahnenfuß, Knoblauchsrauke, Rainkohl, Gänsedistel, Schöllkraut, Acker-Schachtelhalm oder Brennnessel bleiben einigermaßen unbehelligt, außer der Hunger ist wirklich unerträglich groß.

Das hier ist der Kaukasus-Beinwell, der nur deshalb noch zur Blüte kommt, weil er so eine wuchernde Frohnatur ist. Ansonsten wäre er schon in Grund und Boden gefressen, wie meine Wald-Glockenblumen. 



Dabei gelten Raublattgewächse aufgrund ihrer rauen Blätter ja als einigermaßen schneckensicher. Nicht so Symphytum oder Pulmonaria.

 

Das hier war mal ein vielversprechendes Lungenkraut Pulmonaria saccharata:

Ich frage mich langsam wirklich, was ich falsch mache, was mit meinem Garten nicht stimmt, dass die Viecher so eine Plage sind. In der freien Natur soll es auch schattige, dicht bewachsene Stellen geben, habe ich mal gehört, wo das Salomonssiegel im Wald intakte Blätter hat, während meins jedes Jahr zum traurigen durchgekauten Skelett verkommt. In der Natur soll es tatsächlich möglich sein, dass eine Wicke in der Wiese oder auch im Wald groß wird. Bei mir nicht.


 

Gut, dass ich immer noch genug Pflanzen habe, die nicht vernichtet werden, sonst würde der Garten wirklich richtig katastrophal aussehen.

Geranium maculatum 'Album' in voller, strahlend weißer Blüte neben unbehelligtem Frauenmantel:


Das Immenblatt sieht aus wie geleckt, aber nicht von den Schnecken:


 

Hohes Helmkraut und Akelei sind pumperlgesund:

 


Die Kriechende Gämswurz und der Wollige Hahnenfuß büßen höchstens Blütenblätter ein, was ärgerlich genug ist:


Die Wildrosenblüten sind weit genug oben:



Es ist aber schon unsäglich frustrierend, Stauden erst mühsam vorzuziehen und sie dann in der ersten Nacht draußen zu verlieren.

Dürre ist auch keine Lösung, aber ein richtiger Winter mit richtigem Frost würde sicher mal wieder Grund reinbringen in die Molluskenpopulation.... Aber die sind genauso selten wie die Nacktschnecken zahlreich sind. Ich geb's einfach auf und werfe das Schafwollhandtuch, da der Fehdehandschuh, ob aus Schurwolle oder Leder, ja nichts ausrichten kann.


Samstag, 21. Mai 2022

Ein Naturgarten in Franken

Wie oft steht man vor einem Gartentor und darf nicht rein. Man traut sich nicht mal, über den Zaun zu fotografieren, falls es jemand bemerken könnte. Und wenn jemand zu sehen ist, möchte man auch nicht auf und ab hüpfen, um auf sich aufmerksam zu machen, den Garten zu loben und zu fragen, ob man Fotos machen darf. Und so geht man eben einfach weiter und versucht, nicht allzu angestrengt nach den fremden Pflanzen zu starren. Wenn dann noch eine Plakette "Bayern blüht: Naturgarten" am Zaun prangt, dann ist die Versuchung noch größer, zu winken und zu hüpfen. Das passiert zugegebenermaßen sehr selten, weil ich schließlich in NRW und nicht in Bayern wohne. Das mit dem Hüpfen ist dann aber auch weniger peinlich, weil mich ja niemand dort kennt. Glaube ich.

Und genau in so einen prämierten Naturgarten in Franken durfte ich die Tage eintreten, nämlich den von Achim. Den kenne ich nämlich und so hatte ich die Ehre, den Garten besichtigen zu können.

Manche Sitzplätze sind schon besetzt, an anderen Stellen schmorten Sempervivum unter der sengenden fränkischen Maisonne. Sieht das nicht hübsch aus?






Und weil es so heiß war, haben wir erstmal im Schatten bei Kaffee und Kuchen gesessen. Da bemerkten wir schräge Vögel, die sich immer wieder an einem Strauch zu schaffen machten. Ein Amselmann mit einer weißen Schwanzfeder und ein Star krauchten immer wieder einträchtig in diesem Gehölz herum und wir wussten nicht, was die da suchen. Schließlich hatte die Amsel eine rote Frucht im Schnabel. Nichts wie hin und nach Beeren gesucht - es stellte sich heraus, dass die Duftheckenkirsche jetzt schon im Mai reife Früchte produziert, die die Vögel lieben. Die ersten Beeren der Saison, da muss man zuschnappen!

Frisch gestärkt ging der Gartenrundgang los - überall blüht es! Akeleien, die ersten Rosen, Berg-Flockenblumen, Spornblumen, Barbarakraut und und und.




Der Rauling (Trachystemon orientalis) hat mich verblüfft. Eine Pflanze hat Ausmaße, die eines Rhabarbers würdig wären, die andere ist aus meinem Garten und wirkt dagegen sehr schmächtig. Sollte es von dieser immer noch selten gepflanzten Staude etwa Varietäten geben?

 

Achim ist Anhänger des Blackbox-Gardenings, und so darf sich die Mittagsblume selbstverständlich in der Pflasterfuge tummeln, und zwar nicht nur mittags.


Das ist aber nicht alles, was so ein Naturgarten zu bieten hat. Blutzikaden, Purpur-Zünsler, Nesselschnabeleule und Hummeln waren aufzustöbern. Spargelhähnchen waren wie bestellt am Spargel zu entdecken, denn der wächst im Gemüsegarten. Diese kleinen Käfer sind ausgesprochen hübsch.


 

Im Gewächshaus gab es gleich mehrere Feldwespen-Nester. Obwohl die Damen etwas grimmig dreinschauen, sind diese staatenbildenden Insekten sehr friedlich und tolerieren auch Fremde im Gewächshaus, sogar aus anderen Bundesländern. Und weil sie so nett sind, bekommen sie auch eine eigene Insektentränke in Form einer mit Steinen gefüllten Schüssel, die stilecht in den Kiesgarten eingelassen ist.


Noch weitere Schätze gibt es im Garten: Die Zweifarbige Schneckenhaus-Mauerbiene (Osmia bicolor)! Sie besuchte die Katzenminze.


Die Katzenminze wurde auch eifrig von den Frühlings-Pelzbienen besucht, die Berg-Flockenblume lockte die Gelbbindige Furchenbiene und Osmia leaiana.




Und nun sitze ich wieder in meinem Garten und beobachte, wie die Amseln die Beeren aus der Duftheckenkirsche pflücken. Das war mir vorher nie aufgefallen. Dazu musste ich erst nach Franken kommen. Danke also an Achim, dass ich nicht vor dem Gartentor stehenbleiben und auch nicht hüpfen musste!

Samstag, 14. Mai 2022

Orchideen, Falter und Hundehaufen

Gärtner und Naturfotografen brauchen kein Fitnessstudio. Erstere aus naheliegenden Gründen: Das Auf und Nieder beim Unkrautjäten oder Kompostverteilen strapaziert Muskeln, an deren Existenz man bis dahin gar nicht geglaubt hatte.

Doch auch das Fotografieren freier Wildbahn oder im Garten ist kein Spaziergang. Möchte man Insekten auf Augenhöhe begegnen, heißt es erstmal: In die Hocke gehen. Sollte das Insekt wieder Erwarten dann noch nicht die Schnauze voll haben von der Tante mit dem schwarzen Ding in der Hand, muss man sich sehr langsam hinknien und heranrobben. Meist ist das Maß jetzt aber voll und weg ist der Schmetterlinge. Das kann man sehr oft wiederholen, ohne jemals zum Schuss gekommen zu sein. Gymnastik für Naturfotografen also.

Selbstverständlich hält ein Insekt aber genau dann seelenruhig still, wenn der Hintergrund unschön ist, also keine Blüte darstellt, sondern Asphalt oder immerhin Gras. Es geht aber noch schlimmer. Ihr dürft ruhig erstmal raten, auf was dieser Kleine Würfel-Dickkopffalter oder Malven-Würfelfleck (Pyrgus malvae).


Die Fliege gibt einen dezenten Hinweis, der gar nicht dezente Geruch ist ja nicht ansatzweise zu erahnen. Trotzdem habe ich mich pflichtschuldigst hingekniet und diese Fotos gemacht. Ist ja auch eine Erkenntnis, dass der Dickkopf stinkende Dinge mag.

Und dabei gab es hübsche Hintergründe genug. Das Scheißfoto entstand nämlich im Biosphärenreservat Bliesgau im Orchideengebiet bei Gersheim im Saarland.

Hier grasen große Unpaarhufer, deren Hinterlassenschaften zum Fotografieren deutlich angenehmer sind - und für den Garten auch!



Von den Stars, den Orchideen, gibt es nicht nur alle zwei Meter mal eine versprengte! Nein, es ist alles voll davon, und gleich in mehreren Arten. Da kann die Naturfotografin ganz viel Gymnastik machen!


Zum Bestimmen der Arten liegt ein wetterfestes Buch aus. 

Nicht zu übersehen ist das Purpur-Knabenkraut (Orchis purpurea) - eine gigantisch große Pflanze!


Ähnlich, aber viel kleiner ist das Brand-Knabenkraut (Neotinea ustulata), rechts im Bild die Bocks-Riemenzunge (Himantoglossum hircinum):


 Das hier ist das Helm-Knabenkraut (Orchis militaris):

 

Sehr häufig ist das Breitblättrige Knabenkraut (Dactylorhiza majalis), manche Pflanzen blühen sogar weiß.


Außer Orchideen finden sich noch die Zypressen-Wolfsmilch, Kleiner Wiesenknopf, Wiesen-Salbei, Kreuzblümchen, Hornklee und die Weiße Schwalbenwurz im Gebiet.



Auch den Goldenen Scheckenfalter gibt es hier, der schönere Untergründe gewählt hat als der Dickkopf:

 

Hier sitzt ein Dunkler Dickkopffalter (Erynnis tages), immerhin auf einem Hintergrund, der zwar keine Blüte ist, aber auch nicht den Appetit verdirbt:



Der Besuch des Orchideengebiets ist ein Muss, wenn man im Bliesgau ist! Es verbietet sich ausdrücklich, Pflanzen zu pflücken oder ganz auszugraben, im Garten würden sie sowieso nichts, sie brauchen diesen trockenen Magerrasen.

Für dieses wunderschöne Naturschutzgebiet lohnt die Naturfotografengymnastik auf jeden Fall!

Samstag, 7. Mai 2022

Kuscheldecken im Garten

Nordsee-Feeling im Garten? Dazu braucht es kein Meeresrauschen, keinen Strandhafer und keine Muscheln. Es reicht auch schon etwas ganz Banales: Schafwolle! Wenn sie mit integrierten Düngepaketen daherkommt, riecht der ganze Garten gleich wie ein echter Nordseedeich. Wenn das kein Urlaubsflair ist!

Doch halt, warum sollte man sich Schafwolle mit Geruch in den Garten holen? Wir spulen noch einmal zurück zu meinem letzten Beitrag über die Nacktschneckenplage in meinem Grünzug, die vor nichts zurückschreckt. Vor nichts? Schafwolle soll die Schnecken tatsächlich von den Pflanzen abhalten können, da die Schleimer nicht gern über die Haare schleimen. Die bekommen sie nämlich nie wieder ab und sie riechen danach nach wolligem Wiederkäuer. Äußerst unangenehm also, auch was die Partnerwahl der Mollusken angeht.

Ich habe jetzt einen Test gestartet. Melanie von Kistengrün hat mir Bremer Deichschafwolle mitgebracht. Sie hat gute Erfolge damit am Salat erzielt, der jetzt noch da ist und nicht angerührt wurde.

Hier ist die Papiertüte, in dem die Wolle samt anhaftendem Bio-Dünger angeliefert wurde:


 

So sieht nun der Pelzkragen um die Pflanzen herum aus:




 

Wirkt ein bisschen so, als würden überall tote Tiere herumliegen. Riecht aber anders, nach Nordseedeich eben. Da es auch nie mehr regnet, ist der Geruch erträglich. Die Wolle schützt den Boden auch vor Verdunstung und düngt ihn langanhaltend.

Es scheint wirklich zu helfen, so mein erster Eindruck.

Wenn man keine Rohwolle am laufenden Meter hat, kann man auch Schafwollpellets nehmen und anfeuchten. Sobald sie aufgequollen und wieder getrocknet sind, sind sie auch eine gute Barriere. Sie riechen allerdings nicht nach Nordseedeich...