Oft liest man in Gartenzeitschriften oder im Internet gute Ratschläge, meist bebildert, damit man auch ganz genau weiß, wie man was zu tun hat. Manchmal bekommt man sogleich ein schlechtes Gewissen, weil man es doch anders macht als dort geschrieben steht. Oder man macht es gar nicht. Das Ergebnis ist dasselbe: Man zweifelt an der eigenen Disziplin im Garten und an seiner Zurechnungsfähigkeit sowieso.
Hier meine Hitliste von Empfehlungen, die ich stets mit großer Sorgfalt durchlese, nur um sie dann mit genauso großer Sorgfalt zu ignorieren:
- "Raupen, Larven oder andere Jugendstadien von Schadinsekten über den Hausmüll entsorgen." Viele erwachsenen Insekten, die ich kenne, sind zwar durchaus mobil und legen in kürzester Zeit laufend oder fliegend große Strecken zurück, doch ihre Kinderstube glänzt meist mit großer Trägheit. Herausgeschnittene Äste mit Gespinnstmottenraupen zum Beispiel können daher guten Gewissens in den Kompost wandern oder sogar in irgendeine Ecke des Gartens geworfen werden. Auch die Larven der gefräßigen Stachelbeerblattwespen sammle ich einfach nur von den Blättern meines Hochstämmchens und lasse sie an Ort und Stelle fallen (auf dem Foto ist stellvertretend die Verwandtschaft an einer Weide zu sehen). Mit sehr großer Wahrscheinlichkeit schaffen es die Raupen nicht, die Wirtspflanze zu Fuß und lebend nochmals zu erreichen.
- "Fruchtmumien im Frühjahr entfernen." Dieser Ratschlag ist an sich wirklich wertvoll, nur hapert es hier an der Umsetzung. Die ollen Schrumpfköpfe, die mal Zieräpfel voller Saft und Kraft waren, sind nicht nur nicht besonders hübsch, sondern können auch eine Brutstätte für Pilze wie Monilia sein. Nur wie soll ich das Trockenobst aus dem mittlerweile bestimmt acht Meter hohen Zierapfel klauben? Dazu müsste ich schon schwindelfrei und lebensmüde zugleich sein. Und so warte ich einfach ganz leichtsinnig ab, denn runter kommen sie am Ende alle.
- "Den Rasen bei Frost nicht betreten." Jaaaaa, ich weiß. Das bekommt dem Gras bestimmt viel besser, wenn die Halme nicht im gefrorenen Zustand mit Füßen getreten werden. Aber wie soll ich denn sonst bitte schöne Raureiffotos vom Garten machen? Mit Schneeschuhen? Also betrete ich den Rasen sehr wohl und er überlebt es doch jedes Mal wieder.
- "Saatgut von Tomaten drei Tage in Wasser gären lassen, um die keimhemmende Glibberschicht zu entfernen." Das ist nicht nur eine reichlich unappetitliche und mühsame Veranstaltung, die man besser vor Besuch verstecken sollte, sondern auch noch völlig unnötig. Ich lasse die frisch aus der Frucht entnommenen Samen immer auf Küchenkrepp trocknen. Dort bleibt das Saatgut dank der Glibberschicht einfach kleben. Soll im Frühjahr ausgesät werden, kann man die Samen ganz leicht abknibbeln oder mit ein bisschen Küchentuch abreißen - die keimen garantiert. Netter Nebeneffekt: Das Küchenpapier kann man mit Bleistift beschriften und so mehrere Sorten gleichzeitig ohne Informationsverlust unterbringen.
- "Pflanzen nicht in der Mittagssonne gießen, da die Tropfen sonst wie Brenngläser wirken." Die Gießkanne morgens oder abends zu schwingen, ist tatsächlich geschickter und für den Wasserträger weniger schweißtreibend. Die Pflanzen haben so auch mehr davon, da das Wasser nicht sofort wieder verdunstet. Allerdings haben Forscher fieberhaft versucht, den berüchtigten und gern zitierten Brennglaseffekt nachzustellen und sind kläglich gescheitert. Der Einfallswinkel der Sonnenstrahlen passt bei den meisten Blattoberflächen einfach nicht, um wie eine Lupe zu wirken - die Tropfen sind viel zu flach. Eine gelegentliche Notwasserung zur Mittagszeit hat noch keine Pflanze umgebracht, Wassermangel aber sehr wohl.
- "Der Kompost muss mehrfach umgesetzt werden, damit aus ihm was wird." Gut, dass der Thermokomposter erfunden wurde! Der führt nämlich beim Inhalt zu einer kuschlig warmen Verrottungstemperatur, während ich ihn nicht im Schweiße meines Angesichtes dauernd umschichten muss - stets mit der gemeingefährlichen Kletterrose im Rücken. Also kippe ich einfach immer alles oben drauf und warte in aller Ruhe ein Jahr ab. Die Würmer wandern schon von selbst in ihre Lieblingsschicht und wollen sowieso nicht so gern bei der Arbeit gestört werden. Und am Ende ist noch immer Kompost dabei raus gekommen.
Kennt ihr auch Ratschläge, die bei euch aus gutem Grund nicht zur Anwendung kommen? Dann raus mit der Wahrheit!
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