Samstag, 28. März 2020

Zuhause bleiben und über heimische Stauden nachdenken

In Zeiten von Home-Office und Ausgangssperren gibt es sicher bald eine ganze Reihe neuer Buchtitel. Hier ein paar Ideen, die die durchaus ernste Lage vielleicht ein bisschen erheitern oder erleichtern würden:

  • Pflanzen für's stille Örtchen: Klopapier aus dem Garten (Von Frauenmantel bis Königskerze)
  • Das Mehl muss her: Getreideanbau auf dem Balkon
  • Happy Home-Office: Pflanzen mit Unterhaltungswert (Von Brutblatt, Gelenkblume bis Nachtkerze)
  • One-Pot-Plants: Möglichst viel Essbares aus einem Kübel
  • Rezepte mit Knoblauch für jeden Wochentag

Wo man jetzt gezwungen ist, viel Zeit im eigenen Garten zu verbringen, lernt man vielleicht auch mehr heimische Tiere kennen oder beschäftigt sich ausgiebiger als sonst mit spontan erscheinenden Pflanzen, die sogar essbar sein können. Ein neues Buch, das uns die Pflanzen der Umgebung wieder ein bisschen näher bringt und das Gartencenter mit seinen oft exotischen Gewächsen und Viren vermeiden hilft, ist gerade im Ulmer-Verlag erschienen: Heimische Stauden im Garten - Attraktiv und naturnah gestalten von Peter Steiger.


Das Buch hat einen griffigen festen Einband und besticht durch ein schönes Titelbild. Der Autor schreibt oft in der Gartenpraxis und ist Garten- und Landschaftsarchitekt.

Zunächst beschreibt Peter Steiger, was Wildstauden überhaupt sind, mit welchen heimischen Gehölzen man sie kombinieren kann und welche Unterschiede es in der Verbreitung gibt: Manche kommen nur im Alpenraum oder an der Küste vor, andere sind überall in Deutschland verbreitet, haben aber dennoch spezielle Standortansprüche, die mal mehr und mal weniger flexibel sind. Er zeigt auch die Grenzen der heimischen Stauden auf: Was sie nicht gut können, sind Geophyten der offenen, sonnigen Steppe, wohingegen sie sich mit schattigen Waldsituationen bestens auskennen. Die hübschen Wildtulpen und andere Spezies kommen daher aus Asien, Südeuropa oder Südafrika, sie sind aber trotz ihres nicht-heimisches Status eine empfehlenswerte Ergänzung.

Anschließend werden die Lebensraumtypen besprochen mit Beispielen und oft auch einem Pflanzplan.


Den größten Teil des Buches nehmen die bebilderten Pflanzenportraits ein, die ebenfalls nach den vorgestellten Lebensräumen geordnet sind.



Das kann ein bisschen verwirrend sein, wenn man nicht den kompletten Text dazu liest, denn der Wald-Storchschnabel (Geranium sylvaticum) im Kapitel "Tiefgründig humoser Schatten" kommt auch auf sonnigen Wiesen, wie etwa in der Rhön, vor, wenn sie selten gemäht werden.

 

Man sollte die Einteilung also nicht zu streng nehmen, manche Stauden sind durchaus variabel. Schon schwieriger ist der Standort "Trockener Schatten", der in Zeiten der Dürresommer eigentlich "Staubtrockener Schatten" heißen müsste, wenn er unter Bäumen stattfindet, denn dort wächst fast nichts mehr ohne künstliche Bewässerung. Im Kapitel zu Ruderalpflanzen werden auch zweijährige Arten vorgestellt, nicht nur Stauden.






Die Fotos im Buch sind schön, zeigen aber leider wenig Insektenbesuch, und auch die Texte weisen selten auf welchen hin. Ich hätte mir noch mehr Pflanzkombinationen im Bild gewünscht, immerhin kann ein Landschaftsarchitekt hier doch sicher aus dem Vollen schöpfen. Es ist eher ein Buch für fortgeschrittene Gartenbesitzer als für Anfänger, was ich auch sehr gut finde, eben ein Niveau wie in der Zeitschrift "Gartenpraxis".

Alles in allem ein wertvolles Buch, das den Blick auf die Pflanzen vor unserer Haustür lenkt und hoffentlich mehr heimische Stauden in die Gärten bringt.


* Alle hier gezeigten Fotos sind nicht aus dem Buch!

Samstag, 21. März 2020

Adel verpflichtet

Kann man den Deutschen Gartenbuchpreis mit Publikum verleihen, wenn Corona im Raum sein könnte? Jetzt erst recht, haben sich die Veranstalter gedacht, Corona-Bier samt Limetten hingestellt und Preise für die besten Gartenbücher verliehen - Adel verpflichtet schließlich. Doch vorher gab es noch die Möglichkeit, mit Baron Süsskind den Park von Schloss Dennenlohe zu besichtigen, dieses Jahr bei Sonnenschein!


Aber davor habe ich noch eine gute Tat getan und im Sanitärgebäude vom Campingplatz Dennenlohe ein graues Etwas vom Boden aufgehoben - ein schlappes Taubenschwänzchen! Ein Überwinterer womöglich, und es hat vermutlich nicht monatelang auf der Damentoilette zugebracht. Ich hatte gerade nur Weidenblüten zur Hand, und auch nur männliche, aber immerhin konnte sich der arme Schmetterling dort in der Sonne aufwärmen.



Nun aber rein ins Vergnügen und zur Parkführung! Im Schlosshof hat der Baron erst einmal etwas erzählt, was sicher alle brennend interessiert hat: Warum die Buchshecken noch da sind. Er meint, man braucht Spatzen in rauen Mengen, um das zu schaffen, Federvieh von größerem Ausmaß, wie Hühner, sei auch nicht schlecht. Wobei so ein Perlhuhn dabei nicht gerade leise ist.



Diese beiden werden eher nicht zum Erfolg der Hecken beigetragen haben, aber vielleicht haben sie ein bisschen Flüssigdünger dazu gegeben:


Das rote Riesenhochbeet stand als nächstes auf dem Programm:




Hier blühten noch die Schneeglöckchen - und prächtige Lenzrosen, auch die Reste der Christrosen waren noch sichtbar:






Das hier ist die alte Orangerie:



Weiter geht es vorbei an Tulpenbäumen, die immer noch bizarre Früchte wie trockene Troddeln an den Zweigen hängen oder schon abgeworfen haben:



Der nächste Ausblick verblüfft mit einer Heide-Insel:



Sphinxen von hinten im März-Sonnenlicht:



Nun wurde es auch langsam Zeit, zur Preisverleihung zu laufen:




Vor dem Marstall noch der Rest vom Schützenfest - Zieräpfel, knackigfrisch vom letzten Jahr:



Und da liegen sie nun, die eingereichten Bücher - "Mein Bienengarten" und "Meise mag Melisse" wurden in der Kategorie "Tiere im Garten" eingereicht:



Die Spannung war kaum auszuhalten, als endlich meine Kategorie dran war - dritter Platz für "Meise mag Melisse"! Nun hat das Buch nicht nur eine Meise, sondern auch eine Banderole um den Bauch, was für eine Freude:


Hier noch ein Gruppenbild:

Samstag, 14. März 2020

Kleine Sensationen

Auch die kleinen Sensationen wollen gebührend gefeiert werden, schließlich sind sie es, die dem Alltag Farbe geben - und das im wahrsten Sinne des Wortes, denn im Wohnzimmer blüht es! Und die Blüten sind nicht von schlechten Eltern: Rot-weiß und riesig! Elegant wie zwei Grammaphontrichter im Hawaii-Urlaub thronen sie einträchtig beieinander oben an einem langen grünen Stiel und werfen dabei ein bisschen mit Blütenstaub um sich wie mit Konfetti.




Das bunte Wunder ist einer Amaryllis-Zwiebel entstiegen, die ich bereits seit 1,5 Jahren besitze - und das ist mehr als ungewöhnlich, denn ich habe es auch schon geschafft, fabrikneue Zwiebeln nicht zum Blühen zu kriegen.

Dieses Exemplar habe ich auf der Landesgartenschau Bad Iburg ergattert. Dort wurden die dicken Zwiebeln verschenkt, weil die Blüte schon zu weit geöffnet hatte, um sie noch verkaufen zu können. Der Stand mit diesen tollen Geschenken war gleich am Eingang zu finden, also habe ich den ganzen Tag die Blüten aus dem Rucksack gucken gehabt.


Das war noch vor dieser seltsamen Mode, lebende Zwiebeln in buntes Wachs einzutauchen, als bräuchten sie unbedingt einen hautengen Tauchanzug. Wenn noch nicht mal eine Blumenzwiebel braun und schrumpelig aussehen darf, sondern bunt und faltenfrei glänzen muss, treibt der Jugendwahn schon seltsame Blüten.

Zuhause habe ich die große Zwiebel eingepflanzt, dort hat sie dann brav zu Ende geblüht und ein paar Blätter geschoben. Danach ist nichts Spektakuläres mehr passiert, ein Blatt hier und da, aber keine Blüte mehr. Bis ich Anfang des Jahres mit dem Tomatendünger angefangen und der armen Amaryllis damit auf die Sprünge geholfen habe. Das ist eigentlich alles, was sie wollen: Von September bis November kann man sie ruhig trocken halten, wenn man dann aber wieder anfängt zu gießen, sollten ruhig ein paar Nährstoffe mit dabei sein.






Kleine Sensationen auch im Garten: Innerhalb von einer Woche hat die Süßdolde sich bemerkbar gemacht und urplötzlich feiste Blätter aus der Erde geschoben, wo vorher gar nichts war. Das ist auch gut so, denn sie muss dem Bärlauch schnell davon wachsen.


Und ein winziges Sensatiönchen hockt daneben: Ein Sämling, unverkennbar Süßdolde mit diesen unglaublich langen Keimblättern. Das ist doch schön, wenn die Pflanzen sich selbst vermehren.


Keine Woche später hat sich das Blatt entfaltet und zeigt seine typische weiße Zeichnung:



Trachystemon orientalis blüht schon und entfaltet seine Blätter. Er hat keins davon verloren, ihm geht es ausgesprochen gut dank des milden Winters:


Auch toll: Bei einem Gartenbesuch letzte Woche hatte ich plötzlich ein Geschenk in der Hand, einen Andorn (Marrubium vulgare). Diese pelzige Pflanze ist sensationell, weil sie trockenheitsverträglich und bienenfreundlich ist, außerdem eine alte Heilpflanze aus dem Mittelmehrgebiet. Sie sieht im Frühjahr noch ein bisschen aus wie Katzenminze, später treibt sie senkrechte Blütenstände mit weißen Blüten.


Weil man davon nie genug haben kann, habe ich sie zurechtgestutzt und gleich mal Stecklinge versucht. Mal schauen, ob das klappt. Das wäre auch so eine kleine Sensation.

Samstag, 7. März 2020

Rosenbändigen für Fortgeschrittene

Manchmal glaube ich, das G in Garten kommt von gemeingefährlich. Dieses Gefühl beschleicht mich immer dann, wenn ich die Rosen schneide. Die Rosa multiflora ist besonders schlimm. Ihre Stacheln sind mörderisch. Die beste Investition im Garten sind daher Lederhandschuhe, denn mit bloßen Händen sollte man nicht in ihre Nähe kommen. Hinten im Garten wuchert ein Exemplar so vor sich hin (ja, ihr habt richtig gelesen: ich war so blöd und habe zwei gepflanzt). Wenn man da nicht aufpasst, bekommen die Stauden unten drunter kein Licht mehr - und man hat als Gartenbesitzer ja auch eine Fürsorgepflicht gegenüber den kleinen Pflanzen. Also schneide ich im Frühjahr immer das Gröbste raus, die Rose wächst auch wieder nach. Sehr schnell sogar, zur Freude der Vögel, die die Hagebutten und die Versteckmöglichkeiten schätzen.







Auch den Wilden Wein, die überhängenden Äste der Kletterrose und die Kletterspindel an der Terrasse habe ich mal ein bisschen zurückgenommen, damit die Stauden und das Gemüse auf dem Tisch überhaupt noch die Sonne sehen.



Die Buschmalve musste ich bei der Gelegenheit auch einkürzen. Erstens hat sie in diesem Winter, der keiner war, keinen Frostschaden erlitten, sondern den Malvenrost. Zweitens kommt man hinten nicht mehr durch, da ich beim Pflanzen eigentlich damit gerechnet hatte, dass sie jeden Winter bis auf die Grundfesten zurückfriert und keine zwei Meter hoch und drei Meter breit wird. Bevor es also an die Rose ging, musste erst einmal die Buschmalve verkleinert werden, um überhaupt dorthin zu gelangen.




Nun verhält sich das aber so, dass der Garten ja ziemlich klein ist. Ein Haufen Äste kann nicht tagelang irgendwo herumliegen, dann wäre der Garten voll. Also wird alles sofort geschreddert. Dazu müssen die Zweige aber von ganz hinten im Garten zum Schredder kommen, denn der kommt nicht zu ihnen.

Beim Schneiden ganz hinten in der Ecke werfe ich alles abgezwackte also hinter mich, bis ich fertig bin mit der Rose. Und das dauert. Nicht umsonst können viele Rosen in andere Sträucher hineinklettern: Ihre peitschförmigen Triebe mit den gebogenen Stacheln machen es möglich. Das macht es aber auch nahezu unmöglich, die abgeschnittenen Äste einfach so aus dem Strauch herauszuziehen. Dazu braucht es Kraft und Augenmaß, damit ich nicht plötzlich einen Ast in den selbigen habe, wenn er nachgibt und mit großer Geschwindigkeit auf meinen Kopf zupeitscht. Da heißt es: Zupacken, ziehen und dabei möglichst in eine andere Richtung schauen.



Danach stehe ich vor dem Haufen wehrhafter Triebe, die hervorragende Fußangeln abgeben, und habe mir damit wieder einmal selbst den Weg versperrt. Also entweder hinten rum durch die Beete laufen oder ganz vorsichtig auf die Äste treten, was unmöglich ist, ohne mindestens einen Stachel in der Jeans zu haben.


Glücklich dem auf dem Boden liegenden Stacheldraht-Dickicht entkommen kann ich endlich möglichst viele Zweige zusammenraffen und sie durch den Garten und durch den Rosenbogen auf die Terrasse schleppen, am besten ohne den Goldlack mittendrin zu enthaupten oder den Rosenbogen dabei umzureißen. Wenn man nicht aufpasst, steht danach kein Stein mehr auf dem anderen.

Das Schreddern ist ebenfalls nicht einfach mit diesen peitschenförmigen Stachelästen. Auch hier gilt: Augen zu und durch, denn schnell hat man sie in den Haaren oder im Gesicht. Am Ende bleiben nur noch das Fegen der Terrasse und ein Muskelkater übrig. Dann ist das auch wieder erledigt für diesen Frühling...