Samstag, 30. März 2013

Frühlingskrise

Europa mag ja eine fiese Finanzkrise haben, aber zu Ostern interessiert uns vor allem eines: Die diesjährige Frühlingskrise. Und es kriselt gewaltig - der Lenz hat zum Generalstreik aufgerufen. Ich finde, Europa sollte daher seiner Verantwortung nicht nur auf dem finanziellen Sektor nachkommen, sondern sich gefälligst auch um einen moderaten Temperaturausgleich kümmern. Die Südstaaten könnten für Warmlufttransaktionen auf Raten sorgen, um den notleidenden nördlichen Ländern unter die klammen Arme zu greifen. Anderenfalls kann man nur eines tun: Flüchten. Und so habe ich mich auf die Suche nach dem feigen Frühling begeben. Irgendwo in Europa muss er doch sein. Dazu bot sich das Land der Gartenkultur ganz hervorragend an: England. Denn die bockige Jahreszeit kann es doch wohl nicht wagen, bei den höflichen Briten unpünktlich zu sein, oder?

Also habe ich mich für euch zwecks investigativem Frühlingsjournalismus ins Londoner Gartenleben gestürzt, was nicht ganz ungefährlich ist, hat man doch als Festland-Europäer eine gehörige Rechts-Links-Schwäche beim Überqueren von Straßen. Und so bin ich ein paar Mal nur knapp einer für mich unvorteilhaften Begegnung mit einem rasenden Taxi oder einem Doppeldeckerbus entkommen.

Die gute Nachricht: In London lag wenigstens kein Schnee. Die schlechte: Es war kalt und auch die Engländer stöhnten über das wenig frühlingshafte Wetter. Also hat es ein wenig gedauert, den Lenz zu finden.

Irgendwann hat sich dann doch die Sonne bequemt, auf der Bildfläche zu erscheinen, und schöne Narzissenfelder im Hyde-, St. James-, Green und Kensington-Park beleuchtet.



Viele Londoner Parks sind glücklicherweise kostenlos zu besichtigen, andere wiederum geben sich bedeckt und sind nur ausgewählten Stadtbewohnern zugänglich. Besonders in Notting Hill und Chelsea, aber auch in anderen Stadtteilen, gibt es einige Community- oder Private Gardens, die man nur sehnsüchtig über den Zaun hinweg bewundern darf - wenn man groß genug ist, was ich nicht bin.

Dennoch finden sich genug öffentliche Orte des Staunens, wie zum Beispiel mehrere vertikale Gärten (einer am Green Park, einer in Notting Hill), die sich erfolgreich senkrecht halten.


Ebenso beeindruckend sind die zahlreichen immergrünen Bäume wie blühende Akazien, Kamelien, Efeu-Aralie, Immergrüne Magnolien oder Quercus ilex, die den Winter Lügen strafen. Viele unbekannte Vertreter waren darunter, was mich gelehrt hat, dass ich absolut nichts über Gartenpflanzen der Insel weiß.







Auch einige illegale tierische Einwanderer wie amerikanische Grauhörnchen, Nil- und Kanadagänse sowie Halsbandsittiche sorgen in den Parks für internationales Flair.



Ist man vom vielen Pflanzengucken genug durchgefroren, kann man sich mit Hilfe öffentlicher Heizungen gratis aufwärmen. Viele Londonder Museen sind nämlich kostenlos zu besichtigen, zum Beispiel das Tate Modern, das Britische und das Naturkundemuseum.

Nicht versäumen sollte man eine Besichtigung der Kew Gardens, die kosten zwar Eintritt, sind aber sehenswert und bieten darüberhinaus viele sparsame Gartenideen, wie Rankhilfen aus Haselruten, bunte Flechtzäune, torffreies Gärtnern mit Kompost und Pflanzenvermehrung durch Abmoosen. Gewächshäuser sorgen auf dem riesigen Areal für angenehme Temperaturen. Fanden die Rotkehlchen auch und sangen fleißig in den Tropenhäusern.



Wenn man an der U-Bahn-Haltestelle Kew Gardens aussteigt, sollte man ruhig einmal absichtlich in die falsche Richtung laufen, denn die Vorgärten dieses Stadtteils sind ebenfalls eine Offenbarung. Ich weiß das, weil ich wieder mal nicht auf die Schilder geachtet habe und das Vergnügen ganz aus Versehen hatte.

Wer die Gärten und Parks Londons erkunden möchte, sollte vor allem eins mitbringen: Zeit, belastbares Schuhwerk und Füße, denn man läuft schnell mal eine zweistellige Anzahl an Kilometern. Die lohnen sich aber auf jeden Fall. Nur was den europaweiten Frühling angeht, habe ich leider nichts erreicht im Londoner Finanzdistrikt, obwohl das Geschäftsmodell mit den Temperaturzinsen doch seinesgleichen sucht. Und so müssen wir hoffen, dass die milde Luft vielleicht doch von allein den Weg in den Norden findet.

Samstag, 23. März 2013

Was zum Kuscheln

Es gibt Pflanzen, die würde man am liebsten knuddeln, weil sie so schön weich sind. Nicht einfach nur ein bisschen samtig - das können ja so einige Pflanzen - sondern richtig plüschig.
Wer also gern ein Haustier haben möchte, aber eine Allergie hat oder vor dem vielen Gassi-Gehen oder Katzenklosaubermachen zurückschreckt, dem kann geholfen werden: Wenn der Kuschelfreund extravagant grün sein darf - was die allermeisten Pelztiere nicht sind - ist eine samtweiche Zimmerpflanze die Lösung. Hören tut die genauso wenig, ist aber sofort stubenrein.

Die erste Wahl für den Platz des kuschelgrünen Hausfreundes ist die wunderbare Duftgeranie Pelargonium tomentosum 'Peppermint'. Die ist nicht nur eine ganz haarige Angelegenheit, die duftet auch noch traumhaft nach Pfefferminze, nicht aufdringlich, sondern dezent und lieblich. Als kostenlose Zugabe kann man die Blätter sogar essen. Oder trinken, als Pfefferminztee.

Ein weiterer Vorteil der ätherischen Öle ist die Abneigung von echten Haustieren, die Pflanze zu zerbeißen. Von Katzengras ist die nämlich meilenweit entfernt, denn der Stubentiger wendet sich angewidert ab, sobald er den Duft einen Meter gegen den Wind wahrnimmt.

Bis vor kurzem wusste ich nicht, wie großartig diese Geranie ist. Ich besaß zwar bereits eine Duftpelargonie mit im wörtlichen Sinne unbeschreiblichem Geruch, aber der ging mehr in Richtung Mücken-Repellent. Keine Spur vom appetitlichen Pfefferminzaroma. Ich nenne sie daher zärtlich Stinkegeranie. Vermutlich handelt es sich um eine Pelargonium graveolens.


Schließlich ist mir aber unverhofft ein Zweiglein von Miss Peppermint zugeflogen. Mit der Post aus Österreich, geschickt als dufte Überraschung von Elisabeth. Mittlerweile würde der Steckling schon nicht mehr in einen Briefumschlag passen, so ausladend ist er geworden.

Denn P. tomentosum wächst rasch, raumgreifend und rundum pflegeleicht. Bei all ihren Qualitäten erwartet man schon fast, dass die Dame eine Diva ist, aber keine Spur. Einfacher zu vermehren als eine Duftgeranie ist kaum eine Kübelpflanze: Einfach ein Ast abgeschnitten und wieder in Erde gesteckt ergibt in Kürze eine neue Pflanze. Das Experiment kann man rund ums Jahr wagen, wann immer ein Exemplar zu groß geworden ist oder vervielfältigt werden soll.

Somit verbreiten sich Duftgeranien hauptsächlich durch Weitergabe von Zweiglein, unter der Hand von Gärtner zu Gärtner. Gekauft werden vermutlich die wenigsten. Manch eine hat es so schon zum Familienerbstück gebracht, das über Generationen weitergegeben wird. So wie mein kleiner Stinker P. graveolens. Wo man einer ansichtig wird, also ruhig einmal nachfragen, ob der Besitzer nicht eine externe Sicherheitskopie anlegen möchte - die Gelegenheit ist jetzt besonders günstig, wenn die Pflanzen aus dem Winterquartier geholt und durch Rückschnitt frühlingsfein gemacht werden.


Die Südafrikanerinnen sind wirklich ideale Kübelpflanzen, die man zur Not im Wohnzimmer hell und warm überwintern kann, wenn man keinen kühlen Keller hat. Trockenheitsempfindlich sind sie zum Glück nicht: Die Duftgeranie verträgt Heizungsluft und im Sommer die Terrasse. Kuscheln kann man jahreszeitenunabhängig. Aber Obacht: Auch wenn es verführerisch ist - mit ins Bett nehmen sollte man sie dann lieber doch nicht, denn das bekommt weder der Bettwäsche noch der Pflanze. Mal ein Blatt zu streicheln ist aber durchaus legitim.

Und so kommen wir schließlich zum großen Problem, das alle Duftgeranien mit sich bringen: Sie entfachen die Sammelleidenschaft. Und ehe man sich's versieht steht die Terrasse voll mit geruchlich schmeichelnden Zeitgenossen. Es gibt so viele Blattformen und Duftrichtungen, und als wenn das nicht schon reichen würde, auch noch Sorten mit panaschierten oder sonstwie gefärbten Blättern. Hübsche Blüten hat sie sowieso. Wer das vorher mal unverbindlich sehen und riechen möchte, der schaue bei professionellen Sammlern vorbei: Der Berggarten in Hannover und der botanische Garten Berlin-Dahlem besitzen eine reichhaltige Sammlung und laden zum Schnupperkurs ein. Aber beschwert euch nachher nicht bei mir, wenn ihr verliebt seid in eine Geranie und die Finger nicht mehr von ihr lassen könnt! Ich habe euch gewarnt!

Montag, 18. März 2013

Ersatzdroge

Ich heiße Elke und ich bin süchtig. Süchtig nach Frühling. Und weil der Verspätung hat und es mit ihm dieses Jahr irgendwie gar nicht klappen will, muss ich mir eine Ersatzdroge gegen die Entzugserscheinungen beschaffen.
Aber welche? Man könnte den Frühling zum Beispiel zu seinem rechtzeitigen Erscheinen zwingen, indem man das nächstbeste Gartencenter leer kauft und den Garten vollstopft mit bunten Treibhausblumen, die dann in der nächsten kalten Nacht womöglich alle Blüten von sich strecken. Alte Fotos anzuschauen hilft auch ein bisschen, wobei man dann immer wieder geneigt ist, zu rufen: "Guck mal, letztes Jahr um diese Zeit war schon Frühling!", was auch wieder ganz schlimm deprimierend ist.


Oder aber man bedient sich aus der Retorte, mit Gartenzeitschriften. Bei allergrößter Not - wenn man schon alle durch hat - gehen auch Hefte zum Thema Wohnen und Einrichten oder das relativ junge Genre "Landleben". Denn in all diesen Marktsegmenten wird der Frühling heraufbeschworen, gefeiert und fast schöner inszeniert, als die Jahreszeit selbst das könnte. Vergessen sind dort Schmuddelecken im Garten, wilde Beetgeschichten oder gar schmutzige Gärtner, die soeben dem Komposter entstiegen sind, um das schwarze Gold zu den Stauden zu tragen. Die Menschen in diesen Heften haben stets blumige, adrette Sachen an und noch nicht mal die Fingernägel schmutzig. Wenn sie Blumen gießen, tun sie das immer mit der hübschesten aller Gießkannen und großer Freude. Reihenhausbewohner, die das kostbare Nass erst im Vorgarten zapfen und durch das ganze Wohnzimmer tragen müssen, um die Terrassenpflanzen damit zu beglücken, kommen in diesen Geschichten eher selten vor.

Und doch - wenn der Garten einfach nicht bunt, geschweige denn grün werden will, sind diese Zeitschriften die perfekte Flucht vor dem Alltag, man kann damit prima die Augen vor der eiskalten Realität verschließen.

Manchmal hat man das seltene Glück, seine eigene Geschichte erzählen zu dürfen, so wie meine Wenigkeit momentan im "Landspiegel".

Dort gibt es meinen wilden Reihenhausgarten in Bildern, Frühling inklusive. Sogar meine Fotos von einem Kohlweißling, einer Schnirkelschnecke und einer Baumhummel haben es in den Artikel geschafft. Alles wenig glamouröse Erscheinungen, so wie ich auch. Ein paar meiner Texte sind auch dabei, manche werden euch bekannt vorkommen.

Zur selben Zeit wie die Ausgabe mit meinem Garten in der Post war, habe ich mit Alex aus dem Gwundergarten Zeitschriften getauscht. So eine Art Lesezirkel auf internationalem Niveau - das sollte man viel öfter machen. Unter anderem bekam ich von ihr zwei Ausgaben des "Schweizer Garten", welche wohltuend bodenständig daherkommen und sogar wenig beachteten Kreaturen wie Asseln und Flechten Bedeutung beimessen.


Diese Hefte hätte ich in Deutschland nie bekommen und habe schon viele schweizerische Begriffe gelernt - Nüsslisalat zum Beispiel (bei uns Feldsalat) oder  Feigwurz (bei uns Scharbockskraut).

Und nun ist alles ausgelesen und der Frühling ziert sich immer noch, was für ein schlechtes Timing. Da ich so vergesslich bin, kann ich aber die gesammelten Werke aus dem letzten Jahr alle noch mal durcharbeiten, welch ein Glück.

Was ist eure Lieblingsmethode, pardon Ersatzdroge, wenn die heißgeliebte Jahreszeit einfach nicht zu Potte kommen will?

Achtung: Günstig Gärtnern geht fremd: Neuerdings gibt es Geschichten aus meinem Reihenhausgarten auch bei garten2null!

Samstag, 16. März 2013

VIP-Krokus

Wenn man so einen winzigen Garten hat wie ich, betrachtet man jedes Detail ganz genau. Nichts entgeht den Argusaugen der Kleinstgärtnerin. Und so entdeckte ich vor einem Jahr grasähnliche Blätter im Rasen, die viel länger waren als die Halme in ihrer Umgebung. Vor allem aber zeichneten sie sich durch einen feinen weißen Nadelstreifen aus. Und wer sich so fein macht, kann doch kein Grashalm sein. Hier musste es sich um ihre Durchlaucht, den Krokus handeln. Die Art war erstmal nicht näher bestimmbar, denn was das Laub angeht sehen sich alle Arten mehr oder weniger ähnlich.

Nun freue ich mich grundsätzlich über blühende Landschaften in meinem Rasen. Allerdings musste der auch irgendwann gemäht werden, und Krokusblätter lassen bis Mai nicht locker. Um kein Risiko einzugehen nahm ich also mit fadenscheinigen Argumenten meinem Mann freiwillig das Rasenmähen ab und manövrierte das mit Muskelkraft betriebene Gerät um diesen wichtigen Krokus herum, bis das Laub vergilbte.

Aus den Augen, aus dem Sinn - und so vergaß ich den neuen Rasenbewohner wieder. Bis im Februar abermals hübsche lange Blätter aus dem Schnee ragten, während sich die Grashalme noch am Boden herumdrückten. Beim nächsten Tauwetter erinnerte ich mich dann doch, dass ich diesen Krokus kannte und begrüßte ihn standesgemäß. Zu meiner großen Freude war der Knirps sogar schon erwachsen geworden! Eine schlanke Knospe ragte zwischen den Blättern hervor! Was war das aufregend! Welche Farbe die Blüte wohl hatte?

Um das festzustellen, musste ich mich noch einmal wie eine Löwin zwischen den neuen Krokus und schwere Stiefel werfen: Als die Rasenfläche zwecks Gehölzschnitt als Lager- und Arbeitsfläche gebraucht wurde, stülpte ich einen unübersehbaren Metalltopf über die Pflanze und erklärte meinem Mann die Wichtigkeit dieses Kübels und seines Inhaltes. Hat auch geklappt.

Dann kam es aber noch dicker für den einsamen Krokus: Die Temperaturen sanken im März abermals ins Bodenlose. Einmal mit, einmal ohne schützende Schneedecke musste die Pflanze 8° minus aushalten. Ich rechnete schon fest damit, dass die Identität des Rasengastes auch dieses Jahr nicht zu lüften sei, weil die Blüte matschig gefroren sein könnte.


Doch der zähe kleine Kerl ging als Sieger aus dem ungleichen Kampf mit den Elementen hervor: Etwas geknickt öffnete sich heute bei schönstem Sonnenschein eine gelbe Blüte mit unterseits feinen braunen Streifen! Also doch kein Elfenkrokus, denn der kann kein Gelb. Die Eltern sind wohl eher Exemplare von Crocus chrysanthus, die einen Meter entfernt wachsen.

Seid ihr die Eltern?
Dank der Ameisenpost ist ein Same im Rasen gelandet. Man sollte den kleinen Krabblern ruhig einmal freien Lauf lassen, wenn so etwas Schönes dabei herauskommt. Ich freue mich jedenfalls darüber. Auch wenn ich jetzt wieder bis Mai um den Zwerg herummähen kann...

                                                                                                                                  

Dieser Artikel wäre eigentlich hier zu Ende, aber ich muss doch noch schnell vom ersten Blütenbesucher des Jahres berichten. Natürlich wird dieser immer mit großer Spannung erwartet und der Gärtner hofft insgeheim, den Titel an eine Hummel, Biene oder gar einen frühen Schmetterling vergeben zu können. Aber so war es dieses Jahr nicht. Stattdessen hat heute eine dicke blaue Schmeißfliege das Rennen um die Schneeglöckchenblüten gewonnen. Die erste Honigbiene kam eine halbe Stunde zu spät. Macht aber nichts, denn auch ein dicker Brummer verheißt nichts anderes als eins: Frühling!

Sonntag, 10. März 2013

Nichts als kalte Luft

So, jetzt habe ich nach langer, eingehender Feldforschung die ultimative Gärtnerwaffe gegen den Treibhauseffekt entdeckt: Den Blasenstrauch (Colutea arborescens). Der heißt nämlich nicht so, weil er Blasenleiden kurieren kann, sondern weil er so lustig aufgeblähte Schoten hat. Und die sind praktischerweise mit dem bösen Kohlendioxid gefüllt, was sie so luftig-leicht macht. Prima, da hätten wir also das gemeine Gas feinsäuberlich zu etwas ungemein zierendem aufgewertet.

Ach so, das muss auch irgendwann wieder raus? Mist, jetzt wird es also wieder nichts mit dem Nobelpreis. Die Schoten sind wohl doch nur in etwa so hilfreich wie ein aufgeblasener Luftballon, aber immerhin biologisch abbaubar. Weil der Blasenstrauch jedoch so schön blüht, und das zu einer Zeit, wo das nicht mehr allzu viele Gehölze tun, nämlich im Sommer, hat er sich von mir aus trotzdem einen Preis verdient. Wenn schon nicht den zur Rettung des Weltklimas, dann aber auf jeden Fall den Kleinen Gartenpreis.

Der Strauch von überschaubarer Größe hat eine lange Blütezeit und eine noch längere mit Fruchtbehang, irgendwann sogar beides gleichzeitig. Selbst jetzt kann man noch letztjährige Schoten finden, dann aber farblich etwas derangiert und nicht mehr mit jugendlicher Spannkraft.

Bielefeld hat im Innenstadtbereich an einer vielbefahrenen Hauptstraße (Heeper Straße Ecke Hermann-Delius-Straße für Blasenstrauchtouristen) einige von den Blasenträgern stehen, die bisher noch jeden Winter überlebt haben. Autoabgase und Streusalz also auch. Als Zusatzqualifikation sind sie außerdem noch trockenheitsverträglich. Colutea ist der wahre Held der Straße!

Und weil die Pflanze auch noch eine Attraktion für seltene Wildbienen ist, die auf Schmetterlingsblüter fliegen, musste ich natürlich unbedingt Samen von diesen Straßenbegleitblasen sammeln gehen. Also habe ich mit dem Fahrrad dort angehalten und mich als Strauchdieb betätigt, indem ich mich vor dem fließenden Verkehr zum Affen gemacht und Blasen zum Platzen gebracht habe, um an die pechschwarzen, etwa linsengroßen Körner zu kommen.

Vor einigen Wochen dann habe ich mich an die Aussaat gewagt. Obwohl der Strauch so einen robusten, urwüchsigen Eindruck macht, möchten die Samen gern mit warmem Badewasser verwöhnt werden. Nach 24 Stunden Einweichen sieht man gleich, wer das Rennen machen wird, denn die besten Samen wachsen dabei über sich hinaus und quellen schön auf. Da die Sträucher eher mageren Boden mögen, habe ich sie in Kokos-Quelltöpfe gesät. Dann heißt es trotzdem Geduld haben, denn gute vier Wochen dauerte es dann auch noch, bis sich endlich etwas tat im Fensterbankgewächshaus:


Rundliche Keimlinge mit Kindchenschema wecken große Erwartungen. Der dickste Samen hat am Ende auch das feisteste Pflänzchen ergeben.

Ich bin gespannt, ob die Kerlchen auch groß werden, so dass ich in ein paar Jahren meine eigenen Blasen im Garten habe! Denn diese handliche, hübsche Bienenweide hat es wirklich verdient, öfter gepflanzt zu werden.

Donnerstag, 7. März 2013

Biogarten ohne Wenn und Aber

Alle wollen "Bio". Ob Gemüse aus dem Supermarkt, Milch, Eier oder sogar Kleidung - fast alles kann man mittlerweile mit mehr oder weniger ökologischem Anspruch bekommen. Nur den Biogarten, den muss man schön selber machen, den gibt es weder von der Stange noch im Bioladen, und das ist auch gut so. Aber wann ist man denn ein gescheiter Biogärtner? Und wie wird man bloß einer? "Bio" sind nämlich auch Blattläuse, Nacktschnecken und Wühlmäuse, ganz ohne Siegel, Prädikat und Stempel. Die bekommt man mitunter frei Bordsteinkante geliefert und man muss der Versuchung widerstehen, sie mit unqualifizierten Chemikalien zu vertreiben oder gar abzutöten. Das ist gar nicht so leicht, besonders wenn man vor den kahlgefressenen Trümmern seines Salatbeetes steht. Man braucht schon die innere Ruhe eines tibetanischen Mönches, um gelassen über so etwas hinwegsehen zu können. Doch der Biogarten lohnt sich, wenn er ohne Gift im biologischen Gleichgewicht ist.

Das findet Karl Ploberger, Bionier der ersten Stunde, und hat ein Buch geschrieben, wie man es richtig und ohne Gift macht: "So werde ich Biogärtner: 12 Projekte für naturnahes Gärtnern", erschienen im Ulmer-Verlag.


Der Band ist so schön bebildert und enthusiastisch geschrieben, dass man gleich loslegen möchte. Man lernt, wie wichtig der Boden ist, wie man ein Hochbeet baut und welche Materialien man verwenden kann (in der Ausführlichkeit ist mir das noch nicht untergekommen), es gibt eine Anleitung für eine Kräuterspirale und einen Gartenteich. Obst und Gemüse dürfen nicht fehlen, Rosen, Stauden und Blumen müssen ebenfalls sein. Um die biologische Schädlingsbekämpfung in Gang zu bringen, werden Nützlinge angelockt. Auch an die Bestäuber der Obstgehölze wird selbstverständlich gedacht.



Für die Singvögel wird gleich eine ganze Wildsträucherhecke vorgeschlagen. Allerdings hätte ich den Autor an dieser Stelle gern gefragt, wie er denn in seinem Garten mit der von ihm empfohlenen Schlehe klarkommt - Monokultur in Form von Ausläufern oder fröhliches Miteinander mit Pfaffenhütchen und Kornelkirsche?

Besonders gefallen hat mir das Kapitel über Blumenwiesen im englischen Stil - mit Zwiebelpflanzen wie Allium und Camassia. Das möchte man sofort nachmachen.

Es gibt viele Fotos, die Herrn Ploberger in seinem Garten zeigen, das muss man schon mögen an diesem Buch. Dafür wurde hier aber auch viel Liebe in die Ausstattung gesteckt, anstatt nur auf Agenturbilder zu setzen. Zeichnungen mit kompletten Pflanzplänen runden das Ganze ab. Das Register ist leider etwas dürftig - man findet noch nicht einmal das Wort Salat verzeichnet.


Wer anmerken möchte, dass man die vielen guten Ideen nur in des Autors riesigem Garten umsetzen kann, der findet zum Schluss noch ein Kapitel über das Biogärtnern ohne Garten, im Topf nämlich. Das hat er selbst anfangs so gemacht, als er nur einen Balkon hatte und man Biogemüse noch nicht an jeder Ecke kaufen konnte.

Alles in Allem ein empfehlenswertes Buch für Einsteiger, das Lust macht auf Natur und Erntefreuden im eigenen Garten.
Eine Leseprobe gibt es hier.

Sonntag, 3. März 2013

Im Märzen der Gärtner...

Den Februar sehe ich am liebsten von hinten. Sein Vorgänger ist zwar auch nicht gerade mein Lieblingsmonat, aber der Februar quält uns wie sonst keiner mit dem Versprechen auf Frühling, das er dann doch nicht halten kann und schon am nächsten Tag unter Schnee begräbt.

Dieses Jahr war er eine ganz besonders große Geduldsprobe, denn es gab kaum milde Tage mit gutem Gartenwetter, stattdessen immer wieder neue Wintereinbrüche. Ein farb- und sonnenloser Himmel gehörte zum Standardprogramm. Nun ist es schon März geworden und das einzige Grau, das wir jetzt noch am Himmel sehen wollen, sind ziehende Kraniche!

Nach dem langen Winter juckt es uns besonders arg in den Fingern, endlich wieder im Garten zu arbeiten. Der März macht es nun wirklich möglich! Alle Welt redet vom Mai, aber ich glaube, der März ist doch der klammheimliche Liebling aller Gärtner, erlöst er uns doch endlich zuverlässig von der Wintertristesse und wirft mit Schneeglöckchen und bunten Krokussen um sich. Und natürlich mit Märzenbechern (Leucojum vernum) - ein Monat, nach dem eine Blume benannt wurde, kann also nicht schlecht sein.




Es wird also höchste Zeit, die hübschen Frühlingsblüher sichtbar zu machen und sich von den Staudenresten des letzten Jahres zu trennen. Im kleinen Reihenhausgarten treten sie jetzt besonders unangenehm hervor - man überblickt einfach alles beim ungeschönten Blick aus dem Fenster. Sahen die Samenstände den Winter über ja noch ganz hübsch aus - vor allem mit Raureif und Schneehäubchen - haben sie mittlerweile die Contenance verloren, sind umgekippt und gammlig. Es hält uns nun nichts mehr auf dem Sofa.



Sonst heißt es ja immer: Im Garten braucht man ein hartes Herz und eine scharfe Schere. Zum Glück reicht beim Frühjahrsputz schon letzteres. Unser Herz nämlich trennt sich mit Leichtigkeit von den Erinnerungen an den letzten Sommer. Wir schneiden uns frei, schnippeln uns den Winter von der Seele und befreien nebenbei den neuen Staudenaustrieb von seinen Altlasten. Die Frühlingsblüher atmen fast hörbar auf, wenn wir ihnen das vertrocknete Gestrüpp aus der Sonne nehmen. Ganz nebenbei vermasseln wir dadurch auch noch den winzigen Nacktschnecken die Tour, die sich so gern in dem welken Zeugs verstecken.


Wir betrachten die Stauden seit Monaten mal wieder aus nächster Nähe, erkennen jetzt gut, welche Pflanze schon eine Tonsur bildet und dringend geteilt und verjüngt werden muss. Hat die Fette Henne womöglich wieder Küken an den alten Stängeln gebildet, die man woanders zu neuen Pflanzen heranziehen kann? Und wo wir schon so nah am Boden sind, riechen wir doch mal schnell an den Schneeglöckchen. Falls wir den Nachbarn ebenfalls beim Aufräumen erwischen, ist jetzt die beste Gelegenheit, Stauden zu tauschen.

Das Unternehmen Frühjahrsputz hat aber nicht nur praktische Aspekte: In dem Maße, wie der Haufen mit dem Staudenschnitt wächst, wächst auch unsere Motivation. Der Garten sieht wieder ordentlich aus und der Frühling kann sich eingeladen fühlen. Am nächsten Tag erwartet den Gärtner garantiert ein zünftiger Muskelkater - der erste des Jahres. Doch der gehört für mich genauso zum Frühling wie Krokusse und Schneeglöckchen. Und die kann ich jetzt endlich wieder genießen beim Blick aus dem Fenster!

Dieser Post ist Teil der Blogparade "Wie startet ihr in die Gartensaison 2013" von Garten2null.de.