Samstag, 30. September 2023

Farnfieber

Farne sind keine Rosen. Sie duften nicht und haben keine pastellfarbenen Blüten, die Begeisterungsstürme hervorrufen - dafür piksen sie aber auch nicht! Stattdessen sind Farne sehr alt und punkten mit ihren Blättern, die filigran gefiedert und ausgesprochen elegant sind. Es gibt Arten für sonnige oder schattige Plätze, immergrüne und solche, die im Winter einziehen. Trotzdem haben sie sich wegen ihrer jahremillionenalten Verweigerungshaltung, was bunte Blüten angeht, in den meisten Gärtern keinen Platz verdient. Das war mal anders. Als das Farnfieber grassierte, waren sie überall zu finden - auf der Fensterbank und in den Gartenanlagen.

Das Buch Farne, erschienen im Haupt-Verlag und aus dem Schwedischen übersetzt, möchte das Farnfieber wieder etwas aufleben lassen:

 



Das Werk ist üppig bebildert und stellt die gängigen Arten vor, die Biologie der Farne und ihre extravagante, sehr komplexe Fortpflanzung (bei der man sich fragt, wie sie überhaupt so alt werden konnten), die Geschichte der Farnleidenschaft, Farne in der Kunst und im Garten - wie vermehrt man sie, welches Substrat wollen sie. Auch die Geschichte des Wardschen Kastens wird geschildert.


Die Seiten sind hübsch dekoriert mit Farnwedeln, wie man es auf dem Titelbild schon erahnen kann. Für die heimischen Farne, die durch die Sammelwut damals schon stellenweise ausgerottet wurden, ist es sicher gut, dass das Farbfieber abgekühlt ist, aber das Buch möchte doch Lust auf mehr Farnvielfalt im Garten machen - und das gelingt sehr gut. Bei mir hat es gezündet, ich hätte gerne noch mehr Farne, da mein Garten immer schattiger wird.

Einige haben sich ganz von selbst eingefunden und sind unglaublich robust, sie werden von Schnecken nicht gefressen und wachsen aus der Bärlauchbelagerung einfach raus.

Von der Staudenbörse Gütersloh habe ich sogar die Prominenz unter den Hirschzungen ergattern können: Asplenium scolopendrium 'Cristatum'. Die Blätter sind immergrün. Der im Bild rechts hatte leider kein Etikett. Er ist auch immergrün und trägt sicher ebenfalls den Beinamen 'Cristata', da er ungewöhnlich gefiedert ist - vielleicht ist es Dryopteris affinis 'Cristata'? Dann wären beide heimische Arten.



Doch auch die reine Art der Hirschzunge ist sehenswert, hier im Botanischen Garten Bielefeld:

 

Der Große Filigranfarn (Polystichum setiferum), im Bild oben von der Hirschzunge umzingelt, bildet sogar Brutknöllchen und ist daher der Turbofarn, was die Vermehrung angeht. Er braucht keine Sporen dafür.

Die Pflanzen lassen sich aber auch teilen. Auch das wird ausführlich im Buch beschrieben.


Alles in allem ein informatives, aber auch schön gestaltetes Buch.

Samstag, 23. September 2023

Rätselraten im Schaugarten

Reiseführer sind dazu da, dass man sie vor oder während des Urlaubs liest. Allzu oft ertappe ich mich aber dabei, dass ich sie nachher eingehender studiere - falls ich überhaupt einen habe - mit dem Effekt, dass ich dann weiß, was ich alles verpasst habe. Besonders bei Gärten ist das dann ärgerlich.

Dieses Mal hat es aber geklappt. Beim Studium der Online-Karte fiel mir auf der Insel Poel das Wort Schaugarten ins Auge. Und natürlich wollte ich schauen! Dort gibt es nämlich den Schaugarten der Uni Wismar. Der ist klein, aber durchaus lohnenswert und hat sogar ein Gewächshaus mit Sukkulenten, Papyrus und anderen Schätzen. Also rauf aufs Fahrrad und nichts wie hin!

 












 

Wie man sofort sieht, sehen einige Pflanzen aus wie Gespenster, sie haben nämlich Plastiktüten um die Samenstände verpasst bekommen. Da es nicht nur ein Schau-, sondern auch ein Forschungsgarten ist, soll so verhindert werden, dass hungrige Spatzen oder Stieglitze Samen holen, die zur Weiterzucht vorgesehen sind.

 


 


Es sind nämlich einige Nutzpflanzen zu sehen, wie Sonnenblumen, Hirse oder essbare Lupinen - Weiße Lupine, Gelbe Lupine und Blaue Süßlupine.




Auch Zierpflanzen sind in den Beeten zu finden, die man im Rundlauf um einen Felsen als Mittelpunkt anschauen kann. Sogar Klebriger Salbei und die Schwarznessel waren zu finden, diese Arten werden nicht oft gezeigt.


Das hier habe ich erst für eine verdammt krause Petersilie gehalten, es ist aber Rainfarn in der Sorte 'Crispum':

 

Auch einen Waldgarten gibt es, dort gab der Komposthaufen Rätsel auf: Was liegen hier für Samen rum? Besonders die kitschig rosafarbenen sehen interessant aus, sie sind erbsengroß. Das ist das eingangs erwähnte große Rätselraten!


Die braunen könnten von den besagten essbaren Lupinen kommen. Psst, ich habe von den rosafarbenen und den braunen ein paar mitgenommen, mal sehen, was daraus wird - Lupinen etwa?

Toll war auch, dass man gegen eine Spende Pflanzen bekommen kann. Das Geld wirft man in eine Metallgießkanne - volle Kanne war gewünscht! Ich habe davon auch Gebrauch gemacht und eine üppig große Schwarznessel gegen Spende mitgenommen, sie hatte dann noch eine Inselrundfahrt mit Meerblick gewonnen sowie einen Aufenthalt auf dem Campingplatz und befindet sich nun mehrere Bundesländer entfernt von ihrem Geburtsort. Hoffentlich mag sie den Tapetenwechsel und vermehrt sich. Aber Ehrensache, dass Frau Schwarzer auch endlich ihre eigene Schwarznessel haben muss!

 

Wenn ihr also mal auf Poel seid, schaut ruhig einmal vorbei im Schaugarten!


Samstag, 16. September 2023

Der Aufgeblasene

Nicht nur gelb blühende Stauden sind in den Gärten oft nicht gut gelitten, auch bei den Gehölzen sind gelbe Blüten für viele oft zu grell. Gelb mögen viele Gartenbesitzer nur im Frühling und vielleicht jetzt im Spätsommer wieder, wenn die Sonnenhüte blühen.

Da mein Garten seine eigenen Spielregeln hat und sie auch durchzusetzen weiß, bin ich selbst da nicht so wählerisch. Einen pastellfarbenen Garten oder einen blau-weißen anzustreben, wie ihn der ehemalige Nachbar pflegte, hätte nur in Tränen geendet (der Anblick meines kunterbunten Gartens hat vermutlich dann beim Nachbarn in Tränen geendet, aber das war nicht der Grund für seinen Auszug, ich schwöre!). Und es hatte auch in etlichen Pflanzen geendet, die gleich zu Kompost wurden, sei es wegen der Schnecken, der Wühlmäuse oder einfach, weil die Nachbarstauden etwas gegen den Neuzugang hatten und rabiat wurden.

Jedenfalls ist ein spezieller gelbblühender Strauch mein Liebling, und ich würde ihn jederzeit einer durstigen, liebreizend pastellfarbenen, aber insektenunfreundlichen Hortensie vorziehen: Die Rede ist vom Gewöhnlichen Blasenstrauch (Colutea arborescens).









 

Er blüht ewig lang, von Mai bis September, also wenn die Insekten es besonders nötig haben. Er hat attraktive aufgeblasene Hülsen, in denen die Samen heranreifen, und zieht Insekten an. Schmetterlinge lieben die Blüten und einige Blattschneiderarten sammeln hier Nektar und Pollen.




Das Fotomodell habe ich auf dem Campingplatz in Mecklenburg-Vorpommern am Kummerower See neben dem Sanitärangebäude entdeckt - da steht der Blasenstrauch ja auch ganz passend. 😉

Hier einige Bewegtbilder, um ein bisschen die Werbetrommel zu rühren:



Der Blasenstrauch kommt gut mit trockenen, sandigen Böden klar und lässt sich leicht aus den schwarzen Samen heranziehen, wenn man sie vor der Aussaat vorsichtig mit dem Messer anritzt und 24 h in Wasser quellen lässt.

Der Sämling wächst rasch und wird oft schon im nächsten Jahr blühen. Meinen Sämling haben leider die Wühlmäuse getötet, aber einen hatte ich zu einer Freundin als Sicherungskopie gegeben, wo er schön gewachsen ist und blüht. Nun kann ich es noch mal mit der Anzucht versuchen, aber dann werde ich einen anderen Standort wählen.


Wer jetzt immer noch keinen Blasenstrauch möchte, weil er eben gelb blüht: Es gibt auch eine orangefarbene Variante!

Na, wäre das etwas?

Samstag, 9. September 2023

Right plant, right place

Kennt ihr das auch? Wenn mich jemand wegen einer Pflanze warnt, dass man die nie wieder los würde und die alles zuwuchert, so ungefähr eine Woche nach dem Einpflanzen, dann möchte ich sie erst recht haben. Denn allzu oft wird man Garten sie ganz schnell wieder los, zum Wuchern kommt die gar nicht mehr. So geschehen bei der Acker-Glockenblume, Astern oder Einjährigem Silberblatt, um das ich immer kämpfen muss. Selbst die gefürchtete Goldrute wuchert bei mir nicht.

Nun habe ich Beth Chattos neues Buch "Right Plant - Right Place: Beth Chattos Ideen für nachhaltig bepflanzte Gärten", erschienen im Ulmer-Verlag, gelesen.

 



Dort wird entschieden vor Arum italicum subsp. italicum gewarnt. Dieser wäre erst Beth Chattos Liebling und Hätschelkind gewesen, mittlerweile räumen die Gärtner akribisch die Beeren weg, damit es nicht noch mehr mamorierten Nachwuchs gibt. Und nach nur wenigen Jahrzehnten mit Arum italicum im Beet muss ich leider zugeben: Sie haben Recht, der wuchert wirklich schlimm und man wird ihn nie wieder los. Die Nacharpflanzen sind nicht begeistert.



Im Buch wird außerdem vor Euphorbia amygdaloides var. robbiae wegen ihrer Ausläufer gewarnt. Ich zitiere: "Hat man nur einen kleinen Garten, ist vielleicht sin striktes Nein angebracht." Schluck! Ich habe diese Wolfsmilch seit letztem Jahr und ich liebe sie, weil sie immer gut aussieht und gegen den Bärlauch anstinken kann. Noch könnte ich jeden Ausläufer einzeln beim Namen nennen (einer heißt Beth 😉) und ich liebe sie alle - möge der Humus mit ihnen sein! Also klammere ich mich jetzt mir leiser Hoffnung an das Wort "vielleicht" in obigem Zitat. Zwei andere Mandelblättrige Wolfsmilchen, die zarter im Wuchs waren, sind mir nämlich schon eingegangen.

 


Nun aber zum Buch: Die Originalausgabe erschien 1989 als "The Green Tapestry". Seitdem ist viel Zeit vergangen, mehrere Dürresommer liegen hinter uns. Beth Chatto ist außerdem mittlerweile verstorben. Daher wurde das ursprüngliche Buch um Anmerkungen der heutigen Gärtner ergänzt. Wo wurde umgestaltet, welche Pflanzen haben sich doch nicht bewährt. Denn trotz Chattos Ansatz, Pflanzen standortgerecht zu Pflanzen und so den Pflegeaufwand zu minimieren, erfordert der Klimawandel einiges an Nachjustierungen. Außerdem wurden manche Gehölze zu groß oder erlitten Sturmschäden, weswegen sie entfernt wurden.

Das Buch nimmt uns also auch mit auf eine Zeitreise und führt uns durch die verschiedenen Standort im Garten: Der berühmteste ist sicher der Kiesgarten, aber auch der Wassergarten, der Waldgarten und die Schattenbeete sind interessant.

Die Fotos sind sehr gut und man bekommt viele Tipps zur Bodenverbesserung und zu Pflanzengemeinschaften, die an den Standort angepasst sind. Interessant auch der Ansatz "Schere statt Schlauch" - Stauden werden gekappt statt gewässert, um die Verdunstung zu minimieren und sie über einen trockenen Sommer zu retten.

Ein empfehlenswertes Buch, vor allem natürlich für die Glücklichen, die den Garten kennen. Ichgehöre leider nicht dazu, würde ihn jetzt aber sehr gerne besuchen!

Samstag, 2. September 2023

Ein Naturgarten in Bückeburg

Soziale Netzwerke - alles nur Friede, Freude, Eitelkeit? Selbstdarstellung und Werbung? Es ist zum Glück nicht so, man lernt tatsächlich auch nette Leute kennen! Es kommt natürlich darauf an, in welchem Interessensgebiet man sich bewegt. Vielleicht wird man beim Spezialgebiet "Schminktipps" oder "Frisuren, die man in unter fünf Stunden selbst hinbekommt, ohne wie eine Vogelscheuche auszusehen" eher weniger Menschen persönlich kennenlernen (höchstens als Selbsthilfegruppe, wenn man doch wie eine Vogelscheuche aussieht?). Im Interessensgebiet Insekten und Naturgarten - überhaupt Garten - ist es aber anders, hier wird man zu Gartenbesichtigungen eingeladen. Das ist ein großes Glück!

Am Samstag nahmen Katrin und ich den Zug nach Bückeburg, um den Garten von Lena und Peter anzuschauen.

Als erstes erwartete uns eine liebevoll dekorierte und mit Köstlichkeiten bestückte Kaffetafel.


Das Prunkstück des Gartens ist ein wunderschönes Insektenhotel, das mit Niststeinen aus Ton und Holzstücken so gut ausgestattet ist, dass die Kundschaft einzieht und sogar Amseln schon darin genistet haben.



Totholz, das an Skulpturen erinnert, trägt zum Ambiente des Gartens bei.

Leitern dienen Rosen oder Sempervivum-Töpfen:

Es gibt sogar eine Blumenwiese. Am Hornklee und an der Pfirsichblättrigen Glockenblume sammeln Blattschneidebienen Pollen, an den Witwenblumen tummeln sich Gelbbindige Furchenbienen. Die Punktierte Zartschrecke hat mit Blüten nichts am Hut.

 

 


Das Schöne an der Besichtigung privater Gärten sind die vielen kleinen Geschichten dazu. Das voluminöse Wespenspinnenweibchen, das in der Wiese lebt mit ihrem Netz, legte extra ein paar Meter Strecke über den Rasenweg zurück, um ihren Kokon an einer Pflanze zu befestigen, lief danach aber wieder zurück an ihren Platz in der Wiese. Die Strecke war für so ein Tier gar nicht so klein.


 


Der Garten ist so liebevoll dekoriert, dass man gar nicht weiß, wohin man zuerst schauen soll.









Im Vogarten staunte ich über dieses Geranium nodosum, das im Gegensatz zu meinem kleine, aber viele Blüten zeigt:



 

Ein herzliches Dankeschön an Peter und Lena für den schönen Nachmittag!