Samstag, 28. Oktober 2023

Nicht geschüttelt, nur berührt

Ich weiß nicht, warum die Martinis bei James Bond unbedingt geschüttelt, aber nicht gerührt sein müssen, und es ist mir auch ziemlich wurscht, aber in ausführlichen, mitunter schmerzhaften Versuchsreihen konnte ich zweifelsfrei belegen, dass es für alle Beteiligten gesünder ist, wenn man Insekten nur berührt, aber nicht schüttelt.

Das fing schon im Frühjahr an, als ich einen Ölkäfer auf den Finger nahm, um zu demonstrieren, wie harmlos dieser als giftig verteufelte Käfer ist. Er ist absolut gefährdet, aber wirklich giftig ist er nur bei absoluter Fehlbehandlung. Tatsächlich verhielt sich der korpulente Käfer auf dem Finger tadellos. Nun wollte ich aber irgendwann weitergehen und dachte, ich könnte ihn mal eben herunter schütteln. Nun saß er aber auf dem Pullover und hatte sich so festgekrallt, dass er nicht einfach abzuschütteln war. Stattdessen ging er sofort in Alarmbereitschaft und stieß Tropfen mit Gift aus. In dieser Situation kann man mehrere Fehler machen. Man könnte sich den Käfer ins Auge halten oder ihn verschlucken. Beides wäre sehr dumm, auch für den Käfer. Ich habe davon abgesehen und ihn dann doch lieber wieder sanft ins Gras komplimentiert. Passiert ist nichts.


 


 

Nun bin ich aber anscheinend nicht lernfähig. Denn als ich letzte Woche eine Erdhummelkönigin gestrandet auf der Straße fand, ließ sich sie auf den Zeigefinger krabbeln, der in einem dünnen Handschuh steckte. Wieder hatte ich es eilig und wieder dachte ich, es wäre eine hervorragende Idee, die Hummel auf eine Blume zu schütteln. Die Hummel dachte anders, hatte sich so in den Handschuh gekrallt, dass sie nicht schnell abrutschen konnte, und stach kurzerhand zu.

Ich kann euch sagen: Macht das nicht zuhause nach! Diese Hummelkönig war wie eine Bulldogge und ließ den Stachel unbeirrt im Finger drin. Sie hatte ganz augenscheinlich einen Scheißtag, war sowieso schon auf der Straße gelandet und ließ sich ab jetzt nichts mehr bieten. Das tat mehr weh, als wenn man mal kurz von einer viel kleineren Arbeiterin gestochen wird (habe ich schon ausprobiert), die auch nur einen Bruchteil der Giftmenge im Gepäck hat. Irgendwann krabbelte ihre Majestät doch auf eine Blüte, sie hatte noch was anderes vor als zum Dauerbienenstich zu werden.

Noch über eine Stunde lang brannte die Einstichstelle wie Hölle und der Finger wurde immer dicker. Noch drei Tage lang hatte ich eine Schwellung, die den ganzen Zeigefinger bis zur Hand runter einschloss, sodass er sich nicht mehr vollständig krümmen ließ. Dazu kam hin und wieder Juckreiz.

Wer hätte gedacht, dass die kuschlige, gemütlich wirkende Hummel am Ende gefährlicher ist als ein unkuschliger Ölkäfer, vor dem die Medien jedes Jahr völlig hysterisch warnen? Zumindest, wenn man sie schüttelt.



Also, nach diesen zwei Erlebnissen kann ich sagen: Insekten möchten nicht geschüttelt werden. Wenn man das mit ihnen machen möchte, sollte man sie wenigstens vorher auf Stichwaffen kontrollieren. Ich habe davon abgesehen, abschreckendes Bildmaterial anzufertigen. Hoffentlich glaubt ihr es mir auch so.

Samstag, 21. Oktober 2023

Der begehbare Pflanzkübel

Wenn in einem botanischen Garten Kübel stehen, ist das eigentlich immer sehr schön und man möchte sie am liebsten nachpflanzen. 

 




So war es auch jetzt im Oktober und vor einigen Jahren im Hortus Botanicus Leiden, als im Kübel der entzückende Orient-Knöterich (Persicaria orientalis) mit dem englischen Namen 'Kiss me over the garden gate' blühte. Wer kann da schon widerstehen?




 

Dieses Jahr hatten sie eine andere Art Kübel ausgestellt, die garantiert niemand nachpflanzen wird - wetten? Glaubt ihr nicht? Dann seht selbst!



 

Diese Pflanztöpfe wären also begehbar, doch dafür sind sie nicht da. Sie sollen zeigen, was sich alles von selbst in Pflasterfugen ansiedelt. Auf Augenhöhe zur Abwechslung und ohne mit Füßen getreten zu werden - eine ganz neue Erfahrung für die Fugenflora, die sonst einiges aushalten muss und immer einen drauf kriegt. Hier steht sie plötzlich im Mittelpunkt und kann auf niedere Gewächse herabsehen.

Wie man sieht, dauert das Experiment schon einige Jahre an. Der Sommerflieder ist schon stattlich groß geworden. Einge Pflanzen wurden mit Kreide auf den Pflastersteinen beschriftet.

Ein gepflasterter Kübel also. Wenn man möchte, kann man noch einen oben draufstellen und schauen, was dann als Subkultur so wächst.

Das ist kein 'Kiss me over the garden gate', das ist eher 'Sticks and stones may break my bones' oder 'The road to hell is paved with good intentions' - denn so fühlen sich sicher die Gärtner, die so einen steinschweren Kübel umstellen müssen.

Und, wer pflanzt die Kübel jetzt nach? 😉

 

Samstag, 14. Oktober 2023

Schnittiges Gras

Man sagt ja immer, scharfe Messer sind weniger gefährlich als stumpfe, weil die Schnitte in die Haut glatt verlaufen und schnell wieder zuheilen. Ich denke zwar immer, dass mit einem scharfen Messer auch schnell der halbe Finger durchtrennt ist, während das stumpfe nur eine Wunde hinterlässt, aber da bin ich auf weiter Flur alleine mit. Und sicher gibt es keine Studien zum Thema, denn da würden sich nur ganz schlecht freiwillige Probanden finden. Ich weiß jetzt aber aus eigener Erfahrung, dass auch für Gräser gilt: Je schärfer die Blattkante, umso sauberer der Schnitt! Und Carex morrowii 'Ice Dance' sieht sind nicht nur extrem schneidig aus, es ist auch das Damaszenermesser unter den Stauden!


Ich hatte die fixe Idee, mal schnell ein paar Halme und Ausläufer auszureißen und natürlich keine Handschuhe an. Und so ein Carex verteidigt sich gegen solche Übergriffe mit allen Mitteln und ist bis an die Zähne bewaffnet. Schon hatte ich einen fiesen, blutenden Schnitt am kleinen Finger. Der schloss sich aber erstaunlich schnell wieder und hörte auf zu bluten - dieses Gras ist also ein ganz scharfes! Zum Gemüseschnippeln wird es aber wohl nicht reichen.

Aber wer hätte gedacht, dass auch Harken scharfe Zähne haben? Kaum hatte ich den Rasen abgeharkt und von Laub befreit, lag da ein Fingerhut herum, der vorher  - davon bin ich felsenfest überzeugt - noch fest eingewurzelt war. Und dann sah ich, dass die Wurzel lebte - es hingen Wurzelläuse daran, bleich und schlecht gelaunt ob des plötzlichen Tageslichts. Sie fuchtelten ganz erbost mit den Beinen herum - vielleicht genossen sie aber auch nur die plötzliche Beinfreiheit über der Erde?

Wie pflanzt man aber eine Wurzel mit Bewohnern bloß wieder ein? Ich habe es einfach gemacht und kann jetzt schlecht nachschauen, wie es den Krabblern unter der Erde geht.




Wer findet den Springschwanz auf dem Bild?

 

Dem Fingerhut ging es gut und so denke ich, dass diese unterirdische Blattlausart keinen großen Schaden anrichtet - und irgendwie gehört sie ja auch zum Ökosystem dazu.

Wem das jetzt zu viele Beine waren, dem zeige ich jetzt noch diese beinfreien Fotos aus dem Reich von "Einfach Garten", den ich am Sonntag bei Kaffee und Kuchen besichtigen durfte. Schön, oder?



 













Seht ihr den Regenbogenfarn in diesem Beet?


 


Von dem hat mir Susanna einen Ableger gegeben - mein Farnbeet wird also immer reichhaltiger. Und bald muss ich noch mehr Carex morrowii 'Ice Dance' rausreißen. Dann aber mit Handschuhen!

Samstag, 7. Oktober 2023

Die ewige Gartenschau

Bei Gartenschauen ärgere ich mich oft, dass nicht mehr Mustergärten gezeigt werden. Schließlich sind die Flächen ja meist so klein wie mein Garten, also kann man sich einen ganz anderen erträumen - "was wäre wenn" spielen und sich vorstellen, wie er mit einer alternativen Gestaltung ausgesehen hätte. Aber meist sind die Inspirationen eben zu wenige. Ganz anders dagegen die Gärten von Appeltern in - genau - Appeltern, Niederlande. Dort gibt es wiederum so viele Mustergärten, dass einen eine ganz andere Angst umtreibt: Die Angst, einen verpasst zu haben. Und das hat man garantiert, so weitläufig ist die Anlage.



 


Und wer doch einen parkartigen Garten haben sollte, findet in den größeren Bereichen genug Anregungen. 







 




 

Einen großen Vorteil hat das riesige Areal: Wenn man früh da ist, kann man eigentlich jeden Garten ohne Menschen fotografieren. Ein bisschen warten und er ist wieder leergefegt.







 Nicht jeder gezeigte Garten ist wirklich hausgartentauglich, oft wurde kreativ herumgesponnen, was dem Reiz aber keinen Abbruch tut. So wie dieses Haus, das keins ist, aber so tut. Es ist aus Gittern erbaut, hat aber einen Kamin - eine Anspielung auf den Treibhauseffekt, den man hier nicht erleben wird? Tapeziert wurde mit Wildem Wein.



Diese Hobbit-Höhle mit Dachgebrünung wäre vielleicht etwas für den Schrebergarten?



Es gibt auch einen großen Naturgartenbereich, wo Totholz, recycelte Pflastersteine, alte Container, Dachziegel und andere Dinge kreativ genutzt werden.



 

Artischocken warten hier darauf, von den Vögeln zerpflückt zu werden.



Deko und Bastelideen gibt es auch, wie das Fenster aus Flaschen und der zusammengerollte Staketenzaun als Kürbis-Ständer:



 



Natürlich hat mir die Anlage auch schon wieder einen Floh ins Ohr gesetzt - Flor kann man ihn nicht nennen, denn dazu sieht die Pflanze zu sehr nach Brennnessel aus, und das könnte daran liegen, dass sie mit ihr verwandt ist, aber ohne zu brennen:

 

Die Ramie finde ich als Schattenstaude sehr attraktiv. Aber natürlich wäre das hier nicht günstig gärtnern, wenn ich die einfach so kaufen würde, und so warte ich, bis mir eine zufliegt...