Samstag, 5. Oktober 2024

Je später die Blüten...

...umso schöner die Gäste! Der Efeu ist der letzte Massenblüher des Jahres. Wo er Mauern oder Zäune beranken darf und mehr als 10 Jahre alt ist, blüht er üppig und reichlich, wenn auch etwas müffelig. Dazu muss er aber klettern können. Bodendeckender Efeu blüht nicht, das tut er nur, wenn er sich zu Höherem berufen fühlt. Und obwohl man im Oktober kaum mehr mit interessanten Blütenbesuchern rechnet, ist gerade das olle Friedhofsgewächs ein Magnet für all die späten Insekten, die jetzt noch unterwegs sind.

Hornissen sind Stammgäste, andere Wespen auch, wobei die Hornissen als große Raubtiere sich dann entscheiden müssen, ob sie Wespen jagen oder Nektar schlürfen sollen. 


Auch Grabwespen sind hier unterwegs, wie die Kotwespe. Dazu noch kleine Insekten wie die Gemeine Halmfliege, hübsch gezeichnet wie eine Wespe, aber winzig.




Gewöhnliche Strauchschrecke wollte auch gern Nektar naschen, aber die Gegenwart der Hornisse war ihr unheimlich, also ist sie lieber davongehüpft.




Schwebfliegen sind auch immer gern am Efeu, genauso wie Admiral und Tagpfauenauge.



Und nun ist die Efeu-Seidenbiene auch in Bielefeld angekommen. Mit dem Klimawandel hat sie ihr Verbreitungsgebiet immer weiter nach Norden ausgedehnt. Im warmen Osten von Deutschland ist sie schon länger zuhause.



Nun ist sie da und das setzt einen natürlich ein bisschen unter Druck. Was soll man ihr anbieten? Wo soll im Kleinstgarten Efeu wachsen? Ich hatte tatsächlich mal eine schöne Terrassentrennwand voll mit blühendem Efeu, die ein Orkan im Februar 2022 umgeworfen hat. Seitdem ist sie kahl. Hinten im Garten blüht auch noch Efeu an einem Zaun, oder besser gesagt, das, was vom Zaun hoch in die Rosen gerankt ist. Das ist wenig. Gern würde ich Strauch-Efeu ins Beet pflanzen, aber seit Jahren gelingt es mir nicht, ihn heranzuziehen. Dabei braucht man dafür nur einen Trieb, der blühen kann, aber nicht klettern, erkennbar an den ovalen Blättern. Am besten reißt man die Spitze vom Zweig ab, da Risslinge mit der größeren Wundfläche besser Wurzeln bilden. Mein letzter Versuch startete im Herbst, aber alle Stecklinge sind wieder mal vertrocknet und haben rasch die Blätter abgeworfen.

Vielleicht muss ich es noch mal im Frühjahr probieren. Strauch-Efeu ist nämlich sehr praktisch. Da er aus den nicht-rankenden Trieben gezogen wird, kann er nicht klettern. So bleibt er kompakt und passt ins Beet. Auch später erinnert er sich nicht daran, dass man als Efeu die Wände hochgehen kann, er wächst immer so strauchig weiter. Eine Hecke aus Strauch-Efeu kann also die Efeu-Seidenbienen versorgen, ohne dass man eine Wand dafür braucht, was eher akzeptiert wird von Hausbesitzern.

Ich möchte aber keinen kaufen, sondern ihn selbst ziehen. Und das dauert und man braucht gute Nerven. Aber ich bleibe dran! Wäre doch gelacht, wenn ich der Efeu-Seidenbiene kein Begrüßungsgeschenk pflanzen könnte!

Samstag, 28. September 2024

Riesenraupen

Es war der Spätsommer der rasenden Riesenraupen! Vor allem die Schwärmer haben es mir angetan, immerhin sind sie der Mercedes unter den Nachtfaltern.



Riesenraupe Nummer 1: Mittlerer Weinschwärmer

Endlich ist mein Herzenswunsch in Erfüllung gegangen und ich habe eine Raupe vom Mittleren Weinschwärmer gefunden. Gefunden hatte ich zwar vor Jahren schon mal eine, aber kein Foto davon. Das sollte sich im Urlaub an der Ostsee ändern. Es lief eine über den Radweg, und zwar sehr eilig. Weil es weit und breit nur gemähten Acker, gemähten Ackerrandstreifen, öde Böschung, Straße und eben den Radweg gab, habe ich sie eingesammelt, auch, weil ich keine Fotosession auf dem Radweg machen wollte. Sie musste dann in der vorderen Rucksacktasche ein paar Kilometer mit zum Campingplatz fahren. Dankenswerterweise hat sie auch nicht geköttelt. Glaube ich.

Wenn die Raupe sich bedroht fühlt, zieht sie den Kopf und den Hals ein, wird dadurch dicker, und die aufgemalten Augen treten hervor, was Feinde abschrecken soll:


Nach dem Fotografieren wollte ich sie im Dünenwäldchen aussetzen, weil ich dachte, sie will sich schon verpuppen. Stattdessen wirkte sie plötzlich unentschlossen und suchend. Immer wieder inspizierte sie Pflanzen, verwarf aber die Idee jedes Mal, dass es sich bei diesen um eine Zwischenmahlzeit handeln könnte. Also habe ich sie wieder aufgegriffen und sie mit zum Drüsigen Springkraut genommen, dass überall auf dem Campingplatz zu finden war. Und voila: Sie war hellauf begeistert und fing sofort an zu futtern. Mission erfüllt und noch mehr Fotos im Kasten.

Riesenraupe Nummer 2: Windenschwärmer

Auch diese kleine grüne Einhorn ist mir zugelaufen, auf dem Wanderweg. Weil sie aber sehr groß war und ich einfach keine Zaun- oder Ackerwinden für sie auftreiben konnte, habe ich sie nur in Sicherheit gebracht, wahlweise zum Entsetzen oder zur Freude (je nachdem) der Passanten, die das Riesentier entweder ganz scheußlich oder hochinteressant fanden.

Windenschwärmerraupen fressen in ihrem südlichen Verbreitungsgebiet auch an Süßkartoffelpflanzen. Vielleicht tun sie das aber auch schon bei uns, immerhin boomt ihr Anbau auch in Privatgärten.

Falls sich aus meiner Raupe ein Falter entwickelt hat, muss er schleunigst von Maasholm in den Süden fliegen, da er unsere Winter nicht überlebt. Da diese aber immer milder werden, schaffen es vielleicht bald einige Exemplare, wer weiß?


Riesenraupe Nummer 3 (Sesamstraßen-Edition): Brombeerspinner 

So haarig wie riesig, das ist der wuschelige Brombeerspinner. An der Ostsee fand ich die Raupen überall an den Dünen. Auch hier habe ich viele vom Weg entfernt, damit sie nicht zertreten werden. 

Erst nach einer zweistelligen Anzahl der Zugriffe hatten sich einige Raupenhaare in meiner Haut festgesetzt und es hat gepikt, war aber nicht schlimm.

Manche Raupen waren viel kleiner, einige hatten schon einen Kokon einer Schlupfwespe an ihrem Pelz. Das habe ich aber erst bei einem Tier entdeckt, als ich ein anderes aus der Brandung gerettet hatte. Sofort hatte ich ein schlechtes Gewissen - vielleicht war das auch sehr mickrige Exemplar parasitiert und wollte in der Ostsee Selbstmord begehen? Jetzt konnte es dank mir noch mal den langen Fußmarsch antreten.

Die Raupen fressen nicht nur Brombeeren, sondern auch an vielen anderen Pflanzen, hier an Eiche:

Doch auch die Riesenraupen fangen mal klein an, hier Brombeerspinner im Juni, gerade aus dem Ei geschlüpft:




Jetzt hätte ich natürlich noch mehrere Wünsche offen: Einmal eine Raupe vom Taubenschwänzchen zu finden, das wäre was!

Samstag, 21. September 2024

Blau wie das Meer

Er wächst im Niemandsland zwischen Meer und Festland und kann sich daher nicht entscheiden, ob er blau wie das Meer oder blau wie der Himmel sein möchte: Der Meerkohl (Crambe maritima). Er ist bei uns einzigartig, was sich schon im Gattungsnamen ausdrückt, denn er gehört nicht zu den anderen Kohlvertretern namens Brassica.


An der Ostsee zwischen Kiel und Flensburg wächst er ganz besonders häufig, sogar in Pflasterfugen, wo der Deich befestigt wurde. Seine Blätter sind von diesem unglaublichen Blau und noch dazu zäh wie Leder, fast schon sukkulent. Und diese robuste Konstitution braucht er dringend, denn er muss auch mal der Brandung und vor allem dem oft ruppigen Wind standhalten.

Seine Samenkapseln sind harte Kugeln, die so einiges aushalten. Jetzt im September war er schon verblüht.

Was auffällt: An der Ostsee sah ich deutlich mehr Große Kohlweißlinge fliegen als bei uns. Diese Art ist wegen ihrer gregären Lebensweise, bei der das Weibchen ein großes Eicluster an eine Pflanze legt, seltener als der Kleine Kohlweißling oder der Grünaderweißling, die einzelne Eier ablegen. Sie kommen daher auch mit mickrigen Appetithäppchen von Pflanze aus wie einem zu klein geratenen Grünkohl. Der Große aber braucht schon eine gestandene Pflanze.


Leider war der Urlaub vorbei, bevor ich herausfinden konnte, welchen Schaden die Raupen am Meerkohl anrichten können. Juckt es ihn überhaupt? Die dicken Blätter erlauben vielleicht mehr Fraßschaden als bei gewöhnlichem Kohl. Jedenfalls kann ich mir gut vorstellen, dass die Art danke des Meerkohls an der Ostsee so oft zu beobachten war, immerhin wächst er pestizidfrei heran und niemand sammelt die Raupen ab.








Meerkohl ist auch für uns essbar, nicht nur für Kohlweißlinge. Man sollte ihn aber wild nicht sammeln, da er ständig in Bedrängnis ist durch Urlauber, die in den Dünen herumlaufen oder -liegen, und das Verbauen oder Ummodellieren von Strandabschnitten. Ein Überwuchern durch Kartoffel-Rosen kann ebenso ein Problem sein. Auch Sturmfluten setzen ihm zu, die durch den Klimawandel häufiger werden. Alles in allem sind Kohlweißlinge wohl sein geringstes Problem.


Man kann ihn aber auch im Garten anbauen. Er braucht unbedingt viel Platz um sich herum und volle Sonne, wie er es am Strand vorfinden würde. Er ist eben doch ein sonnenverwöhnter Ostseeurlauber.

Im Botanischen Garten in Frankfurt am Main kann man ihn in eine Dünenlandschaft integriert sehen. Trockenheitsverträglich ist er definitiv.

Ein Tipp also für den wilden, essbaren Garten.

Samstag, 14. September 2024

Kartoffelrosen-Katastrophen

Die Kartoffel-Rose (Rosa rugosa) ist eine kolossale Pflanze, die als einzige Wildrose - vermutlich auf der ganzen Welt - immerblühend ist. Sie bekommt einfach den Hals nicht voll. Erst öffnen sich riesige, meist pinkfarbene, selten weiße, Blüten, dann reifen die unglaublich dicken roten Hagebutten. Bis zum Herbst erscheinen immer noch neue Blüten. Sie wächst auf sandigen, salzigen Böden und treibt Ausläufer, befestigt also duftend Dünen. Wegen ihrer immer neuen Blüten, derer sie einfach nicht müde wird, hat sie Karriere gemacht. Alles an ihr ist einfach schön, das runzlige Laub, das dem der Kartoffel ähnelt, ist gesund, die Blüten angeberisch groß und duftend, die Hagebutten ebensolche Kolosse. Man kann sie essen und es ist weniger mühsam, das Juckpulver loszuwerden, als bei anderen Wildrosen.





Dummerweise ist sie in den Dünen dann auch eine mittlere Katastrophe, denn die befestigt sie ungefragt einfach sehr engagiert, auch gern in Naturschutzgebieten. Ob Ost- oder Nordsee ist ihr dabei wurscht, sie nimmt sich der sandigen Sache an und verdrängt mit ihren Ausläufern so manches heimische Dünengewächs.

Deswegen ist sie im Naturschutz nicht gut gelitten. Sie zu entfernen ist mühsam und man braucht Handschuhe. Grünlinge futtern die Samen aber ganz gern aus den Hagebutten, mancherorts sind die Kartoffelrosendünen daher erfüllt von ihren Rufen - und Grünlinge sind ja selten geworden. Aber vermutlich ist dies kein hinreichendes Argument, sie zu dulden, außerdem wachsen sie auch außerhalb von Schutzgebieten ganz hervorragend, und da nimmt sich der Sache niemand an.


Auch Spatzen versammeln sich gern in den stachligen Ästen.


In Innenstädten ist sie nicht so schlimm, dort habe ich sie zumindest noch nicht verwildert gesehen. Hier stören im Garten eher die Ausläufer, weswegen manche kleine Sorten auch zärtlich 'Roadrunner' genannt werden. Durch die Schösslinge bekommt man eine Kartoffelrose auch kostenlos, man muss nur einen abstechen und wieder einpflanzen.

Auch ich hatte mal eine, eine weißblühende. Vor zwanzig Jahren habe ich sie gepflanzt. Sie ist nur einmal in den ersten Jahren zum Nachbarn rüber gewandert, als sie noch jung und dynamisch war, danach hat sie sich das verkniffen. Sie wirkte auch immer viel zu schmächtig, war staksig und hat kaum geblüht. Vor ein paar Jahren habe ich sie entfernt. Nicht etwa ausgegraben, sondern einfach kurz überm Boden abgeschnitten. Sie kam nur einmal schüchtern fragend wieder und da hat sie mir sehr leid getan. Den neuen Trieb, für den sie ein halbes Jahr gebraucht hatte, habe ich trotzdem wieder abgeschnitten und seitdem ist Ruhe. Den Platz konnte ich gut gebrauchen, aber ihre Hartnäckigkeit und ihren Lebenswillen habe ich dennoch bewundert.

Ich denke, der Boden hat ihr nicht gepasst, es war nicht sonnig genug und da es Containerware war, hatte sie sich nie richtig an den neuen, ungebundenen Standort anpassen können. Wer weiß, wie lange sie überhaupt schon in dem Topf ausharren musste, bevor sie befreit wurde. Mit Ausläufern ist man vermutlich deutlich besser bedient als mit Topfware, die sind noch flexibel und unverdorben.

Irgendwie verbindet man Kartoffelrosen aber auch eher mit Meer und Dünen als mit nordrhein-westfälischen Innenstädten, oder? Auch wenn sie gerade da besser aufgehoben wäre als am Strand...


Samstag, 7. September 2024

Gelbe Knöpfe

Er ist als Staude selten in Gärten zu finden, dabei hat er doch so hübsche Knopfaugen. Ganz viele. Gelb sind sie und er kann Ausläufer machen, was meistens zwei Kriterien sind, ihn sich nicht in den Garten zu holen. Dabei ist der Rainfarn (Tanacetum vulgare) ein ganz großer Held für die Biodiversität. Löcherbienen, Seidenbienen und die Rainfarn-Maskenbiene findet man an den gelben Röhrenblüten. Und obwohl diese Röhren doch arg kurz sind, sind sie doch bei bestimmten Schmetterlingsrüsseln sehr beliebt. 

Vor allem der Kleine Feuerfalter liebt sie heiß und innig. Eine einzelne Pflanze weit und breit kann zum Balzplatz für zehn oder mehr Schmetterlinge werden. Hier trifft man sich, lernt sich kennen und nimmt ab und zu einen Schluck aus den Blüten.



Hier kuscheln zwei:


Und das hier sieht eher nach Ringkampf aus:

Hier das ganze Spektakel:



Auch die Raupen vom Mondfleckigen Blütenspanner, der wie eine Ringelsocke aus den 70er-Jahren daherkommt, mögen die Blüten, futtern sie aber gleich ganz auf.




Spreizflügelfalter sind ebenso anzutreffen.



Rainfarn hat eine sagen hafte Standortamplitude. Er kommt in den salzigen, sandigen der Ostseedünen genauso vor wie im Ruhrpott am Ackerrand. Hauptsache sonnig soll es sein, dann ist er mit allen Wassern gewaschen.

Meinen Garten mochte er leider nicht, aber vielleicht mag er euren? Aussaat ist genauso möglich wie Vermehrung über Ausläufer - die spendiert er ja gern.

Dann noch ein bisschen Sauer-Ampfer und vielleicht führt der Kleine Feuerfalter dann auch bei euch seine Balztänze auf.