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Samstag, 19. Oktober 2024

Rozanne

Meine Güte, was habe ich vor 13 Jahren vom Storchschnabel 'Rozanne' geschwärmt. Damals hatte ich mich sehr gefreut, diese Sorte für 3,50 statt 7 Euro erstanden zu haben auf dem Staudengrabbeltisch. Sie hieß zu dem Zeitpunkt noch 'Jolly Bee', bis der Züchter von 'Rozanne' einen Rechtsstreit angefangen hat, seitdem heißen sie alle 'Rozanne' – und 'Jolly Bee' ward nie mehr auf einem Staudengrabbeltisch gesehen.

Dafür sah man 'Rozanne' alsbald allerorten, während die gleichnamige Fernsehserie längst abgesetzt wurde. Vom Kreisverkehr über Verkehrsinseln und Friedhöfe bis hin zu Botanischen Gärten: Wo immer ein zuverlässiger Dauerblüher für den Beetvordergrund gesucht wurde, war dieser Storchschnabel die erste Wahl. Er kann  mit seinen langen Trieben auch in andere Stauden hinein ranken, was hübsche Effekte ergibt.









Warum blüht 'Rozanne' so lange? Weil die gute Dame völlig steril ist. Statt in Samen zu investieren blüht sie immer weiter. Weswegen man sie aber auch eben ganz schlecht vermehren kann. Teilen kann man sie vorsichtig, aber eben nicht aus Samen vermehren, was für den Züchter natürlich eine Goldgrube ist. Schnecken dezimieren sie immerhin auch nicht.

Und man muss wirklich sagen, dass 'Rozanne' äußerst langlebig ist. In meinem Garten blüht sie auch nach 13 Jahren noch fröhlich vor sich hin. Sie hat etliche Stauden um sich herum kommen und gehen sehen, aber sie ist noch da.

Andere Storchschnäbel sind derweil aus der Mode gekommen, nur 'Rozanne' wird immer noch als Massenware und Staude für alle Lebenslage eingesetzt. Das große Geranium-Sammelfieber der 90er und 2000er Jahre ist längst Geschichte, obwohl mit der diesjährigen Schneckenplage eigentlich das Gegenteil passieren müsste, denn alle Arten werden von Schnecken weiträumig umgangen.

Ein Problem haben Storchschnäbel: Sie sind nicht gerade als Wildbienenpflanzen bekannt. Sie können so heimisch sein wie sie wollen, aber es gibt keine Storchschnabel-Sandbiene. Generalisierte Wildbienen wie die Gehörnte Mauerbiene mögen die frühblühenden Arten wie den Braunen Storchschnabel aber ganz gern.

Und der Pyrenäen-Storchschnabel mit den kleinen Blüten ist die erste Addresse zum Übernachten.


Den Pyrenäen-Storchschnabel brauche ich also unbedingt auch noch. Ich schätze, 'Rozanne' wird auch ihn überleben und mich sicher auch.

Samstag, 2. Mai 2020

Storchschnabel in Gelb

Storchschnäbel, Geranium, sind bei Staudenfreunden äußerst beliebt, wenn es nicht gerade der Stinkende ist. Bei allen braven Vertretern der Gattung wird gern das Sammelfieber ausgelöst, um möglichst alle Arten mit ihren Sorten im Garten zu haben.


Jedem fortgeschrittenen Geranium-Fan dürfte bekannt sein, dass die Stauden am liebsten in Blau oder Lila blühen, manche in Rosa, und einige auserlesene Sorten in Weiß. Was man also garantiert nicht findet, ist ein gelb blühendes Geranium, wofür die meisten Gartenbesitzer auch wirklich froh und dankbar sind, denn diese schreiende, geschmacklose Farbe kommt ihnen höchstens in Form einer Narzisse ins Beet. Im Mai soll das grelle Gelb aber bitte wegbleiben.

Und wenn man nun aber unerklärlicherweise doch einen gelben Storchschnabel haben möchte, weil man diese Farbe fröhlich und nicht etwa abstoßend findet? Nun, wenn wir ein bisschen mogeln, kriegen wir auch das Unmögliche hin! Wie das denn, ist sie jetzt völlig übergeschnappt, meint ihr?

Man nehme einfach den Wolligen Hahnenfuß (Ranunculus lanuginosus). Selbst von Nahem betrachtet ähneln die Blätter einem Storchschnabel und die gelben Blüten erkennt man aus einiger Entfernung sowieso nicht mehr im Detail, schließlich sind sie auch nicht größer als die eines handelsüblichen Storchschnabels.





Moment, sind Hahnenfüße nicht einerseits gelb und andererseits das wuchernde Elend, man denke nur an den Kriechenden? Der Wollige ist aber wirklich herzallerliebst. Der bildet einen hübschen Horst, wie es auch ein braves Geranium ganz tugendhaft tut, und hat sagenhaft kuschlige Blätter.

Und er verträgt Halbschatten und lichten Schatten. Seine typisch hahnenfußartigen Blüten sind unterseits auch ganz behaart, wie schon die kugeligen Knospen.






Die Staude lässt sich sehr einfach aus Samen ziehen, sobald sie reif sind, will heißen, wenn man sie einfach vom Samenstand abstreifen kann.




Dann einfach aussäen und ganz schnell hat man kleine Keimlinge, die rasch wachsen und schon im nächsten Jahr blühen. Die Samen von meinem Wolligen Hahnenfuß stammen aus dem Park nebenan, wo sie an der Bachböschung wachsen. Da die Pflanze zwar heimisch ist, aber an genau dem Standort eigentlich nicht wild wächst, und ich weiß, dass sie von jemandem absichtlich dort ausgesät wurde mit Saatgut aus einem anderen Bundesland, habe ich mir erlaubt, ein paar Samen mitzunehmen. Das hier ist die Mutterpflanze, ganz schön groß:


Das hier war der Nachwuchs im Herbst:



Die Blütenfarbe ist ein eher warmes Gelb, wie beim Goldlack, die Blütenfarbe der Kriechenden Gämswurz wirkt daneben deutlich kühler.








Ranunculus lanuginosus ist eine der Nahrungspflanzen der Hahnenfuß-Scherenbiene. Man muss also gar keine Hahnenfußwiese oder Beete voll von Ranunculus repens haben, um sie in den Garten zu locken. Mit dem Wolligen Hahnenfuß kann man ganz einfach wiesenartige Effekte ins Beet zaubern. Das ist doch schön. Für trockene, sonnige Plätze ist übrigens der Illyrische Hahnenfuß (Ranunculus illyricus) geeignet, den besucht die Biene auch.

Na, ich denke mal, ich habe jetzt keinen von euch wirklich überzeugt vom Wolligen Hahnenfuß, oder? Doch zu gelb, was?

Mittwoch, 25. Mai 2016

Gejätet und gerettet

Wie jeder weiß, schleppe ich von überall pflanzliche Souvenirs herbei. Das ist so eine Art Sport. Wo andere sich mit ortsüblichen Bierkrügen, Postkarten oder T-Shirts mit "I Berlin" eindecken, finde ich fast überall irgendein Grünzeug, dem das Schicksal gerade äußerst übel mitspielt. So ein Pflänzchen liegt dann beispielsweise halb vertrocknet auf dem Gehweg herum (ein lilafarbenes Sedum in Potsdam), unter einer Parkbank (Zwiebeln vom Wunder-Lauch, auch Potsdam) oder gejätet im botanischen Garten (Geranium phaeum 'Samobor' in Hamburg).


Hier der Fund aus Potsdam (der Topf ist aus Bielefeld und gehörte nicht dazu):


Wie auch jeder weiß, liege ich oft nicht immer richtig mit meiner Einschätzung, was ich da gerade so rette. Bestes Beispiel ist die Pentaglottis sempervirens, die als vermeintlicher Fingerhut in meinen Garten kam, sich seitdem bester Gesundheit erfreut und sich erfolgreicher vermehrt als jeder Fingerhut das je könnte.

Das war nur ein kleiner Schritt für einen Menschen, aber ein großer für die Pentaglottis, die damit Neuland betreten hat und nun auch im Null-Euro-Beet vor sich hin wuchern darf.

Peinlich wird das Ganze erst, wenn man vorher großspurig herumtönt, was für eine Pflanze einem da gerade vor die Füße gefallen ist. Da kann die Glaubwürdigkeit doch arg leiden.

Daher war ich neulich sehr überrascht, dass ich bei einer Pflanze nicht nur immerhin die Gattung völlig richtig geraten hatte, sondern - ob ihr's glaubt oder nicht - sogar die Blütenfarbe! Das grenzt jetzt auf den ersten Blick an hellseherische Fähigkeiten, war aber nur ein Abwägen von Wahrscheinlichkeiten, denn genau diese Blütenfarbe gab es am Fundort in Massen, aber doch auch immerhin eine weitere Farbe.

Wo das nun wieder war? Berlin, Frankfurt, New York? Nein, viel besser, in der westfälischen Weltstadt Rietberg. Dort fand vor Jahren einmal eine Landesgartenschau statt und das Gelände ist noch immer zu besichtigen. Machen wir auch einmal im Jahr. Es begab sich letztes Jahr also zu einer Zeit, als gerade ein Jätedurchgang in den Staudenbeeten stattgefunden hatte. Neben der Pflanzung mit weißen Storchschnäbeln lag nun ein kleiner Kandidat kurz vorm Verwelken auf dem Weg im Dreck herum. Der musste natürlich mit, auch in Ermangelung eines T-Shirts mit dem Aufdruck "I ♥ Rietberg".

Aber ob er wirklich weiß blühen würde? Die Zeit bis zur Blüte war kaum auszuhalten, aber jetzt ist es endlich soweit. Und voila: Blüten in wirklich ganz unschuldigem Weiß gucken mich an, dass es eine wahre Pracht ist.




Jetzt muss ich aber noch die Art herausfinden, irgendwas ist ja immer.... Ich tippe einfach mal auf Geranium maculatum 'Album'  - was meint ihr?

Samstag, 24. Oktober 2015

Wie man sich Arbeit macht

Viele Gärtner, besonders die mit vielen Stauden, Sommerblumen und Rosen, haben keinen besonders pflegeleichten Garten. Für leidenschaftliche Pflanzenfreunde wäre das sogar ein Schimpfwort. Wir hofieren unsere Lieblinge doch gern, zupfen ihnen liebevoll Verblühtes ab, decken sie hübsch mit Herbstlaub zu, verwöhnen sie mit Kompost und schneiden Abgestorbenes im Frühling zurück. All das geht zwar mitunter auf den Rücken, ist aber Ehrensache. Als Gegenleistung bekommen wir dann auch hoffentlich die schönsten Blüten und reichlich Nachwuchs für neue Beete.


Und hier kommt der Punkt, wo man sich auch als echter Blumenfreund mehr Arbeit machen kann, als einem lieb ist. So ein klitzekleines Bisschen pflegeleichter Garten wäre dann zur Abwechslung doch mal nicht schlecht.

Hier meine besten Tipps, wie man sich prima und ganz kostenlos zur Verzweiflung schuften kann, wenn man neue Beete für neue Pflanzen anlegt. So wirkt man immer recht fleißig auf Passanten und Nachbarn:

  • Beim Rasenabstechen die Soden nicht etwa wegräumen und in Würde verrotten lassen, sondern einfach untergraben und ein bisschen darauf herum hacken. Toll, nach oben sieht man nur noch nackte Erde, die bereitwillig unsere neuen Stauden willkommen heißt. Soweit, so gut. Bald jedoch kommt das Unheil aus dem Untergrund: Quecken und andere Gräser treiben wieder an die Oberfläche und zwingen uns zu ewigem Jäten.


  • Die Stauden nicht dicht genug zu pflanzen, kann wunderschöne Stunden meditativen Jätens, vor allem wieder mal von Gras, nach sich ziehen. Nie war unser Hirn so ausgeruht und bereit für kreative Tätigkeiten! 

  • Auch an der Rasenkante kann vortrefflich zur Schau gestellt werden, wie fleißig man doch immer ist. Verzichtet man hier auf eine massive Begrenzung, wächst das umliegende Gras einfach in das Beet hinein und macht sich breit. Ständiges Nacharbeiten ist vonnöten und beim Mähen kommt man immer in die Stauden oder muss mit der Hand die Kante nachschneiden. Eine Demarkationslinie allein reicht dem Rasen hier nicht, der setzt sich über Grenzen einfach hinweg. Warum er das nie so bereitwillig tut, wenn er Lücken mitten auf der Fläche zuwachsen soll, ist mir ein Rätsel.


  • Ist es nun soweit und wir haben die Voraussetzungen für ein prächtiges Sisyphus-Beet geschaffen, kann man selbst beim Jäten noch richtig viel an Extra-Arbeit generieren. Meine Lieblingsmethode hierbei: Ausgerissene Gräser nicht etwa in einen Eimer packen, sondern auf der Erde liegenlassen. Wächst oft gleich wieder an und das Ganze schreit nach einer Wiederholung. Außerdem greift man dann schon während des ersten Durchgangs ständig nach den bereits wurzellosen Gräsern, weil sie auf den ersten Blick nicht von ungejäteten zu unterscheiden sind.



All diese grandiosen Tipps habe ich natürlich selbst schon beherzigt, als das Null-Euro-Beet angelegt wurde. So konnte ich mich von ihrer Wirksamkeit überzeugen. Nur eine Stelle in dem großen Beet ist kein Spaß für jegliche Gräser, die versuchen, an die Oberfläche zu gelangen. Dort regiert ein Storchschnabel, der alles in Grund und Boden beschattet und locker einen Quadratmeter unter seine Fittiche genommen hat. Vielleicht weiß jemand von euch die genaue Art- und Sortenbezeichnung (die Blütenbilder sind von Juli)? Katrin hat die Pflanze als Geranium x oxonianum bestimmt.



Jedenfalls ist dieses Geranium die Wunderwaffe schlechthin und leicht durch Teilung zu vermehren. So kann man auch die größten Arbeitsbeschaffungsmaßnahmen mit der Zeit kaschieren...

Donnerstag, 8. August 2013

Von der Gier des Gärtners

Stauden lassen sich in so viele Kategorien werfen, dass einem ganz schwummerig werden kann. Man könnte sie in Leit- und Füllstauden einteilen, in Sonnen- und Schattenliebhaber, nach Familienzugehörigkeit, Essbarkeit oder nach Blattschmuckstauden und Blütenwundern. Selbst in Säufer und genügsameres Grün könnte man sie kategorisieren

Vor allem aber ist eine Unterscheidung von ganz großer Wichtigkeit für den Gärtner: Stauden, die er hat und solche, die er unbedingt haben will. Beide Kategorien haben nicht immer eine Schnittmenge. Oft hat man Pflanzen im Garten, die man gar nicht wollte. Grundsätzlich gilt aber, dass die Menge der Stauden, die man haben möchte, stets die derer übersteigt, die man bereits glücklich im Beet hat. Selbstredend würden nie alle gleichzeitig in den Garten passen, das muss nicht extra erwähnt werden.
 


In ganz kleinen Gärten muss man deshalb aufpassen, dass man seine Gier irgendwie unter Kontrolle hält. Ich bin auch so eine, arbeite immer daran, den kleinsten botanischen Garten der Welt zu erschaffen, nur ohne Namensschilder an den Pflanzen. Schließlich soll ja immer etwas blühen, und dann gibt es noch so viele interessante Staudenraritäten. Aber es wird schon einen guten Grund haben, warum botanische Gärten im Allgemeinen nicht in Reihenhausgärten angelegt werden.



Manche Stauden machen es dem gierigen Gärtner aber auch nicht leicht. Da wäre zum Beispiel mein Geranium 'Jolly Bee' (mittlerweile firmiert die Sorte nur noch unter 'Rozanne') - eine wirklich großartige Staude, die von Mai bis Oktober durchblüht, also einfach ideal für kleine Gärten ist. Soviel Dauerblüte braucht allerdings auch Platz - einen Quadratmeter sollte man ihrem krakenartigen Wuchs schon spendieren. Was sie aber am Ende so perfide macht, ist ihr Erscheinungsbild im Frühjar und am Ende des Hochsommers. Im April kann man nämlich nur schwer glauben, dass aus diesem unscheinbaren, winzigen Austrieb mal so eine ausladende Staude werden wird. Spätestens im September schließlich besinnt sich 'Jolly Bee' wieder auf ihr Kerngeschäft und bildet eine ganz neue, kompakte Blattrosette aus, während die langen Ranken langsam absterben. Während sie also so überschaubar und brav daherkommt, gilt es, ihre gigantischen Ausmaße während des Sommers nicht zu vergessen! Ich habe ihr schon mehrfach Fette Hennen oder Malven als Nachbarn unterjubeln wollen, die sie im nächsten Juni gnadenlos überwuchert hatte.


Möchte man ihre wahre Natur also immer in Erinnerung haben, sollte man sie entweder nicht zurückschneiden (sieht unschön aus) oder ein großes Panorama-Foto von ihr im blühenden Zustand neben das Beet stecken (dito).

Ein Zusammenleben mit Blumenzwiebeln und Frühlings-Knollenpflanzen wie Hohlem Lerchensporn toleriert dieses Geranium aber ganz wunderbar. Auch Herbstzeitlosen sind aufgrund des unsteten Lebenswandels von 'Rozanne' perfekte Partner! Sommerblühende Stauden dagegen müssten schon früh austreiben und hoch aufschießend wachsen, um dem rankenden Storchschnabel Paroli bieten zu können - Taglilien etwa funktionieren in der Beziehung ganz gut.



Wer also gar keine Ambitionen hat, einen botanischen Garten anzulegen und nur eine schöne Staude möchte, die lange blüht und aufgrund ihrer Größe den Kauf weiterer Kandidaten überflüssig macht: Bitteschön - 'Rozanne' ist die Dame der Wahl. Spart euch den Erwerb weiterer Pflanzen, wenn ihr einen kleinen Garten habt. Dieser sagenhafte Storchschnabel ist zwar an sich etwas teurer, aber es reicht ja auch ein einziger pro Quadratmeter - Blumenzwiebeln natürlich noch nicht mitgerechnet, die sind aber vergleichsweise günstig.


Wenn ihr also so genügsam seid, dass euch 'Rozanne' reicht, seid froh. Ich dagegen werde spätestens ab September wieder vergessen haben, welchen Riesenkraken ich da in meinem Beet habe und ihr irgendeinen zum Scheitern verurteilten Nachbarn daneben pflanzen. Gier schlägt Gedächtnis, das wird wohl immer so bleiben.

Montag, 20. Mai 2013

Verdammt schöner Storchschnabel

Manche Stauden haben einen selten blöden Namen. Da wäre zum Beispiel der Braune Storchschnabel (Geranium phaeum). Poetisch klingt das ja nun nicht gerade, und schon gar nicht so, als müsste man die Pflanze unbedingt im Garten haben. Schlimmer hat es wohl nur noch sein Verwandter, der Stinkende Storchschnabel (Geranium robertianum), getroffen. Nun gilt der wiederum als Unkraut, so dass viele Gärtner sagen werden, dass er den Namen ganz zu Recht hat, schließlich sei mit dem kein Staat zu machen. Dabei ist der eigentlich auch ganz hübsch.

Der Braune Storchschnabel ist wiederum so schön, dass er nun wirklich was Besseres verdient hätte. Fast möchte man glauben, er wäre benannt worden, als alle anderen Geranium schon klangvolle Bezeichnungen hatten. Es war vielleicht schon spät geworden und im Zwielicht des Mai-Abends sahen seine Blüten mit zusammengekniffenen Augen irgendwie braun aus. Schon hatte er seinen Namen weg. Nun sind seine Blüten wirklich sehr dunkel, das muss man ja sagen. Trotzdem sind sie eher lila. Ich schlage daher andere Namen vor. Wie wäre es zum Beispiel mit "Verdammt schöner Storchschnabel" oder "Unverzichtbarer Storchschnabel"?

Zu seinem Glück haben wenigstens die Sorten etwas nettere Namen abbekommen: Da wäre zum einen die starkwüchsige Variante "Lily Lovell". Dann hätten wir da noch "Joan Baker", "Margret Wilson", und "Rose Madder". Alles hübsche Frauennamen also. Die eher männlichen Vertreter hören auf Bezeichnungen wie "Stillingfleet Ghost", "Saturn" oder "Samobor".

Die beiden letzteren, "Saturn" und "Samobor", zeichnen sich durch eine attraktive dunkle Zeichnung auf den Blättern aus, wie frisch aus dem Tattoo-Studio. Und die ist jetzt tatsächlich und wahrhaftig braun!



Auch die einfache grünlaubige Naturform ist schön. An einem halbschattigen Standort machen alle Varietäten immer eine gute Figur, sind auch nach einem Platzregen standfest und eine exzellente Bienen-, aber keine Schneckenweide. Egal, welche Farbe das Blatt hat, die wilden Kerle säen sich mit Begeisterung überall aus. Von Geranium phaeum muss man also nur eine einzige Starterpflanze kaufen oder sich schenken lassen, und schon kann der Spaß losgehen. Fortpflanzung scheint sogar so ein wichtiger Punkt auf ihrer Agenda zu sein, dass die Sämlinge oft bereits im nächsten oder übernächsten Jahr blühen.


Das eigentlich Erstaunliche aber ist, dass die Sämlinge der braunlaubigen Vertreter wieder eine mehr oder weniger ähnliche Blattzeichnung aufweisen können wie ihre Eltern. Mal sind es nur dunkle Punkte, mal das ganze Programm. Selbst an einer einzigen Pflanze kann die Zeichnung variieren. Mein Garten hat das jetzt mehrere Jahre lang geübt und zeigt mittlerweile an allen möglichen und unmöglichen Stellen grün-braune Blätter. Selbst im Rasen wird gekeimt, was das Zeug hält.


Jetzt warte ich noch sehnsüchtig darauf, dass vielleicht mal einer der Sämlinge seinen Namen vergisst und in Weiß blüht. Zu kaufen gibt es so eine Sorte nämlich schon, allerdings mit rein grünen Blättern - sie heißt nicht ganz überraschend Geranium phaeum 'Album'. Braun ist an der nun gar nichts mehr.

Wäre das nicht was Feines - ein braungefleckter Nachkomme von Samobor mit reinweißer Blüte in meinem Garten? Ich würde der neuen Kreation auch einen ganz wunderbaren Namen geben, versprochen!

Mittwoch, 21. September 2011

Unter Beschuss

Wenn man so gemütlich auf der Terrasse sitzt und es plötzlich in der Staudenrabatte oder am Rosenbogen laut knackt und knistert, sollte man in Deckung gehen.
Es wird scharf geschossen!
Die Munition sind Samen verschiedenen Kalibers.
Die allergrößten liefert der Kugelhagel der Staudenwicke. Die meisten fallen fruchtlos, aber lautstark auf die Terrassenbohlen, wo man sie dann aufsammeln kann zwecks erneuter Aussaat oder zum Weiterverschenken. Die sind auch wirklich reif, da kann man ganz sicher sein.

Zurück bleiben kunstvoll verdrehte leere Schoten:


Auch der Wiesenstorchschnabel kann in dieser Disziplin mithalten. Kaum erhebt man sich mal von seinem Sitzplatz, um Wickenmunition einzusammeln, liegt schon ein Samen von ihm auf dem Sitzkissen - fachgerecht und zielsicher dorthin geschleudert mit Hilfe seines ausgeklügelten Samenkatapultes:


Etwas dezenter, aber ebenso wirkungsvoll sind die salzstreuerartigen Samenkapseln der Roten Lichtnelke, die sich beim Anrempeln in alle Richtungen entleeren und dabei so schön klappern. Wenn man die Samen sammeln möchte, muss man sie nur in einen Briefumschlag entleeren. Wie praktisch.


Ein wahrer Weltmeister im Weitsprung bzw. Samenweitwurf aber ist ein selten gepflanzter Storchschnabel, der darüberhinaus den Rekord im Dauerblühen einer Wildart hält: Geranium nodosum, der Knotige Storchschnabel.

Inmitten von Rodgersia

Unreife Samenstände und Knospen gleichzeitig



Aktenkundig in meinem Fotoarchiv wurde er das erste Mal im Mai, seitdem schiebt er ununterbrochen neue Blüten nach. Und schießt Samen von sich. Ich habe Linienrichter gespielt und bin auf eine Wurfweite von 3,50 Metern Luftlinie gekommen. Respekt! So gut war ich zu Schulzeiten nie im Weitsprung, und ich bin viel größer!

Geranium nodosum hat schönes, glänzendes Laub.


Das Tolle an ihm ist, dass er auch mit trockenem Schatten vorlieb nimmt. Er ist zimperlicher bei Trockenheit als Geranium macrorrhizum, aber immerhin.

Sein Samenkatapult ist dem von Geranium pratense äußerst ähnlich:


Bei mir arrangiert es sich wunderbar mit Rodgersia.
Seine Blüten passen schön zu den filigranen Blütenständen der Heuchera:



Bei Insekten ist er außerdem beliebt, aber nicht bei Schnecken, was ihn noch empfehlenswerter macht.

Durch sein Samenkatapult besiedelt er ständig neue Bereiche im Garten, immer auch gern im Schatten und in trockenen Blumenkübeln, wo er auch ohne Verhätscheln, da meist unbemerkt, zum Jungpflänzchen heranwächst.
Der kleine Revolverheld eignet sich daher hervorragend zur Verwilderung unter Gehölzen, wo er stets seine zartrosa Blüten aus dem perfekten Laub streckt.

Kaufen muss man also nur eine Pflanze. Weitere kommen ganz von allein - dank seiner Schießwütigkeit.


PS: Zu Guter Letzt möchte ich mich noch bei Jana bedanken, bei deren Blogverlosung ich diese wunderschöne Tilda-Schnecke nebst Reisegepäck gewonnen habe:


Obwohl sie sich wirklich ausnehmend gut in meiner Rosa multiflora macht, werde ich sie doch lieber ins Haus holen, damit sie dort schmückt. Vielen, vielen Dank, Jana!