Gräser im Garten kommen gleich nach Hochbeeren, sie sind Trend - zwischen all den eher rundblättrigen Stauden sind ein paar hervorstechende Blatt-Dolche ja auch nicht verkehrt. Im Gegensatz zu rigiden Hochbeeten wiegen sich die Gräserblüten im Herbst in jedem lauen Lüftchen und leuchten bei Gegenlicht wie weiland die Prärie.
So weit die graue Gras-Theorie. Praktisch habe ich in meinem Garten mehrere Seggenarten, wie zum Beispiel Carex 'Icedance' und 'Evergold' mit ihren gestreiften Blättern. Die Blüten erscheinen allerdings sehr früh und ihre Stängel sind kurz, da wiegt sich ein Hauch von Nichts im Wind und schon gar nicht mehr im Spätsommer. Außerdem neigt Carex 'Icedance' sehr dazu, in die Breite zu gehen und sich wie ein Platzhirsch aufzuführen. Von wegen Tanzen - diese Segge führt höchstens einen unbeholfenen Walzer aus und walzt sich eben mit Freuden und ohne jegliches Rhythmusgefühl durch die Beete.
Jeder gegen jeden: Carex 'Icedance', Schneeglöckchen, Trachystemon orientalis und Wunder-Lauch |
Hübsch gestreift wie ein Zebra ist auch Calamagrostis x acutiflora 'Overdam'. Dieses Reitgras wäre immerhin in der Lage, später wogende Blüten zu bilden, allerdings knicken sie in meinem Garten sofort um und sehen nicht nach Gartenzeitschrift, sondern nach Unfall aus. Es ist wohl zu schattig für ein ausgefeiltes Blatt-und-Blüten-Ballett. Aus der Traum vom Gräsermeer, das in der Sonne glitzert.
Calamagrostis x acutiflora 'Overdam' |
Um den Storchschnäbeln, Anemonen, Helleborus, Primeln, Brandkräutern und dem Rauling optisch Paroli zu bieten, müssen es aber gar nicht unbedingt waschechte Gräser sein. Auch andere Pflanzen mit lanzettlichem Laub ergeben einen guten Kontrast und blühen sogar noch für Insekten - oder sind essbar, was man von Gräsern eher nicht behaupten kann, wenn man kein Huftier ist.
Hübsche grasartige Horste bilden zum Beispiel Taglilien. Sie treiben früh aus, sind robust und ihre Blüten eine Delikatesse.
Essbar ist auch der Wunder-Lauch (Allium paradoxum). Seine Blätter sind schlank und grasähnlich und nicht so korpulent wie die des Bärlauchs. Wunder-Lauch blüht früher als der Bärlauch, seine Blätter lassen sich genauso verwenden. Später bilden sich scharf schmeckende Zwiebeln zwischen den weißen Glöckchen-Blüten, die aber kein Knoblaucharoma haben.
Die anderen, gängigeren Geophyten dürfen jetzt im Frühjahr auch nicht vergessen werden. Unter ihnen gibt es einige mit grasähnlichem Laub, das schöne Szenen ergibt, wenn es Blüten umspielt. Sie sind zwar jetzt schon längst verblüht, doch gerade Schneeglöckchen- und Krokuslaub ist sehr attraktiv und ergibt im Frühjahr eine Mini-Prärie. Krokuslaub hat ja immerhin auch einen hübschen weißen Mittelstreifen, als wäre es mit Panaschierung gezüchtet worden.
Da biste platt: Manchmal entsteht allerdings der Eindruck, als wäre eine Lawine über den Krokus hinweggewalzt. Zwischen anderen Stauden eingebettet werden die Blätter weniger haltlos.
Hier umspielen die Blätter der Hasenglöckchen und einiger Prärielilien (Camassia) die Blüten einer Lenzrose. Danaben wieder Bärlauch bis zum Horizont, soviel kann man gar nicht essen, wie der wuchert.
Vorsicht ist nur bei Herbstzeitlosen geboten. Ihr Laub ist nicht filigran und grasartig, sondern eher matronenhaft und platzeinnehmend. Außerdem sammeln sich hier sämtliche Nacktschnecken der näheren und weiteren Umgebung. Das kann man gut nutzen, um sie einzusammeln, denn das Laub ist ein Magnet für groß und klein.
Während ich im Garten also unter den Gräsern eher die Wucherer und die Umkipper vereine, erfreuen mich die Geophyten doch mehr als dass sie mich ärgern. Und wenn ich auch keinen opulenten Präriesommer habe, so zaubern sie immerhin ein bisschen Wiesenflair ins Frühjahr.