Dienstag, 31. Mai 2011

Kirschkarneval

Ich habe den Kirschbaum verkleidet.
Als Scheusal.
Er sieht jetzt aus wie ein Mahnmal gegen die Vermüllung und die Überfischung der Weltmeere in einem.


Das war eigentlich das, was ich mir immer geschworen hatte, nicht zu tun.
Schließlich ist der kleine Baum der Mittelpunkt meines Kleinstgartens und also solcher sehr prominent von überall sichtbar. Und wer die Hauptrolle spielt, der sollte nicht am schlechtesten angezogen sein.

Wenn ich ihn aber nicht einnetze, verschwindet die gesamte Kirschenernte in den Amseln. Bevor sie rot ist.
Also besser ein paar Wochen einen Schandfleck im Garten, als gar keine roten Früchtchen. Die schmecken wirklich gut. Finden die Amseln auch.

Dabei wollte ich doch so gerne ohne das filigrane Machwerk aus Plastik auskommen.
Die Meisenbabies auch, die so gern in den Ästen auf Futter warten.


Also habe ich zunächst auf die abschreckende Wirkung einer Silberscheibe gesetzt, die man bis vor einigen Jahren ständig ungefragt im Briefkasten hatte, um auch außerhalb von Amerika jeden zu vernetzen. AOL gibt es nun nicht mehr. Was uns geblieben ist, ist ein Film mit Meg Ryan. Und mehrere unnütze CDs.
Meine hing nun mitten im Kirschbaum, baumelte lustig vor sich hin und war noch einigermaßen dezent. Im Dunkeln.
Die Amseln jedoch interessierte sie sowieso nicht die Bohne. Und weg waren die Kirschen.


Dann bekam ich das grüne Netz geschenkt. Dummerweise hatte der Schenkende wohl gerade anderes im Kopf, denn es war ein Netz für Obststräucher - elend lang und als Schleppe zu tragen, anstatt groß und quadratisch, um es einmal über den Baum zu werfen.
Daher also die rustikale Wäscheklammerntechnik. Wegschmeißen wäre ja auch nicht die feine Art gewesen.

Früher wäre so etwas nicht möglich gewesen, einen ganzen Süßkirschenbaum mit einem mickrigen Netz vollständig zu verhüllen. Süßkirschen waren mächtige Obstbäume, die man sich tunlichst nicht in den Reihenhausgarten pflanzte, wenn man noch die Sonne sehen wollte und in Frieden mit den Nachbarn leben.

 
Dafür waren diese Bäume aber auch so groß, dass ein einzelnes Amselpärchen sie nicht hätte kahlfressen können. Dazu bedurfte es schon eines mittelprächtigen Starenschwarms mit großem Hunger. Was eine Tautologie ist.
Die Zeiten sind vorbei. Dank moderner Veredelungstechniken bekommt man mittlerweile kleinbleibende Bäume auf der schwachwachsenden Unterlage GiSelA 5 (Giessener Selektion für Avium Nr. 5).


Nun könnte sich jeder Reihenhausgarten eine Süßkirsche gönnen. Tut er aber nicht, das wäre zu einfach. Und so ist meine Gisela die einzige weit und breit. Ohne Bestäuber in der Nähe muss es also eine selbstfruchtbare Sorte sein. Wir haben uns für die Celeste entschieden.
Da der Baum so allein auf weiter Flur ist, ist er eben auch ein echter Insidertipp bei den Amseln.

Aber damit ist Dank des grünen Netzwerks jetzt Schluss. Die Kirschen gehören mir.
Der zerstörte Ausblick auch.

Noch günstiger ist die Gardinenvariante, falls man noch ein größeres Exemplar auf dem Dachboden oder sonstwo auftreiben kann. Falls sie zu schwer ist, sollte man sie dem Baum zuliebe zusätzlich mit Stangen abstützen.
Gewinnt aber auch keinen Schönheitspreis, höchstens die Recyclingmedaille.


Also freue ich mich gleich doppelt auf den Tag, an dem meine Gisela feierlich enthüllt wird.
Denn dann gibt es süße Kirschen und endlich wieder einen richtigen Baum im Garten ohne Zusatzstoffe.

Donnerstag, 26. Mai 2011

Das Ende ist nah, oder?

Ein Datum kann sich für jeden anders anfühlen.
Während es den einen in Ehrfurcht erstarren lässt, etwa weil sich sein Alter mit einem Mal ohne Rest durch Zehn teilen lässt, lässt es jemand anderen völlig kalt.

 
Auch volkstümliche Daten wie Freitag der 13. oder gar der 11.11. sind Geschmackssache, entweder man verbindet etwas damit oder nicht.

Wo aber für jeden ganz individuell der Spaß aufhört, ist das gute alte Mindesthaltbarkeitsdatum, auch unschön Verfallsdatum oder einfach nur MHD genannt.



Das Überschreiten desselben ohne vollständigen Verzehr eines Nahrungsmittels lässt einen ins Grübeln geraten. Ein wenig kann man es immer guten Gewissens strecken, aber irgendwann ist Schluss damit.

Es muss sich dabei nicht immer um Lebensmittel handeln, die uns schon über Wochen und Monate im Kühlschrank Guten Morgen gewünscht haben.

Es kann durchaus passieren, dass wir ein eben im Supermarkt erlegtes Stück erst genüsslich zum Abendbrot verspeist haben und dann beim routinemäßigen Blick auf das Mindesthaltbarkeitsdatum mit Entsetzen eine böse Übertretung feststellen. Supermärkte sind leider nicht unfehlbar. Was folgt, ist ein unterhaltsamer Abend, an dem man jedes noch so kleine Lebenszeichen seines Magen-Darmtraktes mit Argwohn zur Kenntnis nimmt. Kein schönes Gefühl.

Auf der anderen Seite kann man mit dem Verfallsdatum für einigen Gesprächsstoff sorgen - wer bei der Gammel-Olympiade das älteste Exemplar hervorzaubert, hat gewonnen. Am besten eignen sich dazu luftdicht verpackte Lebensmittel, die optimalerweise auch noch eine undurchsichtige Verpackung haben. Solche Wettkämpfe finden bevorzugt in Firmenküchen statt bei der jährlichen Kühlschrankinventur. Meist geht ihnen eine hochnotpeinliche und bebilderte Email voraus.

Eine der wenigen Warengruppen, wo wir getrost auf das Mindesthaltbarkeitsdatum auf der Packung pfeifen können, ist Saatgut. Pflanzensamen halten mehr aus als man denkt. Zugegeben, manche Mimosen keimen auch wenige Stunden jung nicht sonderlich gut. Andere dagegen können steinalt werden und wie Phoenix aus der Asche auferstehen.


Wer ganz sicher gehen möchte, macht eine Keimprobe auf feuchtem Küchenpapier. Bei manchen Kandidaten kann man sich das auch gleich sparen.

Diese Erbsen hier (aus der schon etwas derangierten Packung oben) heißen nicht nur Kleine Rheinländerin, sondern sind auch eine echte rheinische Frohnatur, die auch Ewigkeiten nach Ablauf des empfohlenen Zeitpunkts noch alles geben. Die Packung ist wirklich von 2003 und wird einfach nicht leer!




Wer das ganz große Glück hat, noch freie Stellen im Garten zu sehen, der kann einfach alle abgelaufenen Samen dorthin verklappen. Manche Saat wird garantiert aufgehen, zur Überraschung aller.
Also bloß nicht in den Müll schmeißen!

Schließlich hätten es viele Pflanzen nicht so weit gebracht in der Evolution, wenn sie sich schon in wenigen Jahren entkräften ließen.
Selbst, wenn sie den ersten runden Geburtstag feiern, sind sie noch taufrisch.

Sonntag, 22. Mai 2011

Weiberwirtschaft

Achtung, der folgende Beitrag ist nicht für Zartbesaitete oder Menschen, die keine kleinen Krabbeltiere leiden können!
Lest ihn auf eigene Gefahr oder schaltet im Zweifel um auf einen anderen Blog!

Und zwar schleunigst, denn hier geht es um unbefleckte Empfängnis, biblische Plagen und die Erlösung von denselben.

Letzte Warnung!

Zu spät, jetzt müsst ihr lesen:
Diese immer gleiche Plage, von der hier die Rede ist, gibt es jedes Jahr wieder. Und ich meine jetzt nicht Ostern, Weihnachten oder die Fußballbundesliga, sondern die wundersame Vermehrung der Blattläuse - eine Erscheinung, die quasi über Nacht hereinbricht und keinem Gärtner so recht gefällt.

 
 
Sieht eine Blattlaus an und für sich ja durchaus noch ganz hübsch aus - vor allem im Vollbesitz von Flügeln - graut es vielen Menschen beim Anblick von Massenansammlungen der flugunfähigen Nachkommen.
Das alles verdanken wir nur wenigen geflügelten Wesen, den Fundatrixen, die auf Pflanzen ihrer Wahl landen und dort völlig ohne Männchen lebende Junge gebähren, bis wir vor lauter Läusen die frischen Triebe nicht mehr sehen. Weiberwirtschaft eben.


In Grün ist auch alles noch halb so wild, denn diese Blattläuse kann man von weitem noch gut übersehen, wenn man möchte (außer sie besitzen die Impertinenz, auf purpurnem Laub für Kontraste zu sorgen, siehe weiter unten).


Die schwarzen Vertreter allerdings zeigen uns in geradezu arroganter Selbstsicherheit, dass sie keine Tarnung nötig haben. Werden sie doch auch von kleinen Bodyguards begleitet, die ihren Honigtau als Schutzgeld erpressen:



 
Ameisen machen sich durch diese Viehhaltung nicht eben beliebt bei Gärtnern, obwohl man ihnen fairerweise eine gewisse Raffinesse nicht absprechen kann.

Aber wer wird denn bei diesem Anblick gleich zur Giftspritze greifen? Das ist nicht nur teuer, sondern eben vor allem giftig - nicht nur für Blattläuse, sondern viel zu oft auch für Bienen und nützliche Blattlausräuber.

Und noch dazu völlig unnötig, denn es gibt andere Mittel: Entweder selbst Hand anlegen und die Rosenknospen mechanisch freiquetschen oder ganz lässig mit dem Wasserstrahl - möglichst wohldosiert und ohne die Knospen gleich mit wegzuduschen.

Die Kavallerie ist aber auch schon längst da, denn lange vor uns haben sie die explosionsartige Vermehrung der saugenden Zunft bemerkt.

Wer genau hinschaut, kann schon die ersten Schwebfliegeneier finden - die daraus schlüpfenden Larven sind wahre Fressmaschinen (hier sieht man das weiße Ei unten links):



Weitere nützliche und hübsche Raubritter im Kampf gegen die biblische Plage sind die allseits beliebten Florfliegen und natürlich die Marienkäfer:



Meist ganz und gar unentdeckt bleiben die kleinsten unter den Nützlingen- die winzigen Blattlausschlupfwespen, kaum größer als ihre Beute. Sie injizieren ein Ei in ihr Opfer, die Larve frisst die Laus von innen her auf, bis diese abstirbt - erkennbar an der bräunlichen Farbe der Blattlaus, hier im Bild rechts:


Die ist jedenfalls mause-, pardon: lausetot.

Also nur keine Panik - es gibt schließlich Schlimmeres, Zecken zum Beispiel- oder die Fußballbundesliga.
Früher oder später ist die ganze Läuseplage sowieso gegessen.
Natürlich nie komplett - schließlich muss nächstes Jahr wieder alles von vorne losgehen...

Mittwoch, 18. Mai 2011

Eisessen gegen das Vergessen

Ich kann mir keine Namen merken.
Das ist schlimm und oftmals allzu peinlich.
Wenn jemand Unbekanntes anruft und mir seinen Namen nennt, habe ich ihn auch schon vergessen.
Allerdings ist das wohl das falsche Wort, denn man kann ja nur etwas vergessen, was man schon einmal wusste, aber dazu kommt es erst gar nicht. Der Name rauscht einfach so durch, ohne sich auf dem Weg kurzzeitig festzusetzen. Das funktioniert nicht nur am Telefon ganz hervorragend, sondern auch wenn sich Menschen persönlich bei mir vorstellen.

Pflanzennamen kann ich mir dafür jederzeit gut merken.
Zu meinem Mann sage ich zum Beispiel Sätze wie: "Können wir auf dem Weg zum Supermarkt noch am Schrebergarten vorbeigehen, damit ich schauen kann, ob der Trachystemon, der durch den Zaun wächst, schon Samen angesetzt hat?"

Leider reagiert mein Umfeld in der Regel eher verstört auf solche Sätze. Auch karrierefördernd ist diese Fähigkeit nicht gerade - im Gegensatz zu der Gabe, sich Personennamen einprägen und bei Bedarf reproduzieren zu können.

Pflanzennamen zu kennen nützt jedoch wenig, wenn man nicht mehr weiß, in welchen Topf man nun welche Tomatensorte gesetzt hat, oder wessen Samen in den Anzuchtbehältnissen keimen.
Ganz verheerend ist es, wenn man sich nicht mal mehr erinnern kann, dass man überhaupt schon etwas in einen Kübel gesät hat - eine Doppelbelegung finden nicht alle Sämlinge gelungen.


Schöne Schildchen müssen also her!

Kostenlose mit Botschaft gibt es bei der Aktion "Sei kein Torfkopp" des BUND.
Wer sich dort zum toffreien Gärtnern bekennt, bekommt Pflanzenstecker zugeschickt, die man öffentlichkeitswirksam platzieren kann. Dass sie nur in torffreie Erde gesteckt werden, ist natürlich Ehrensache!


Eine andere günstige Möglichkeit sind Eisstiele und Pommesgabeln aus Holz - so kann man den kleinen Sünden noch das gewisse Extra abgewinnen.
Eisessen kann also durchaus sinnvoll sein - zur Not kann man das auch delegieren, an Kinder zum Beispiel.



Da diese Holzstücke aus Buchenholz und natürlich lebensmittelecht sind, gehören sie sowieso eher auf den Kompost als in den Restmüll, auf jeden Fall aber in den Garten!
Etwaige Schokoladenreste lutscht die Spülmaschine vorher gerne ab.

Mit wasserfester Farbe beschriftet zeigen die Stecker lange, wer wo wächst - auch nach Jahren sehen sie noch gut aus - Hartholz eben:


Eisstiele nehmen die Farbe besser an, dafür kann man die Pommesgabeln sogar zum Pikieren verwenden!

Exemplare mit Brandzeichen sind eine Herausforderung - entweder man findet eine kennzeichnungspflichtige Pflanze mit dem Beinamen "Magnum" (Ornithogalum magnum vielleicht?) oder man dreht den Stiel einfach um.


Der Fantasie sind keine Grenzen gesetzt - wenn es hart auf hart kommt, kann man mit den Eisstielen auch lustige Nacktschneckenkatapulte basteln oder freie Plätze im Beet markieren, denn die nächste Blumenzwiebelpflanzaktion kommt bestimmt.

Gibt es denn etwas Schöneres als Eisessen im und auch für den Garten?

Sonntag, 15. Mai 2011

Hotelcheck - Teil 2

Herzlich Willkommen zum zweiten Teil der Reihe "Käufliche Insektennisthilfen - Nur künstlerisch oder auch ökologisch wertvoll?".
Solitäre Bienen und Wespen sind zwar eben staatenlos, aber müssen ja nicht auch noch wohnungslos bleiben.


Die Aesthetik der Nisthilfen ist den Insekten ziemlich egal, Hauptsache, sie ermöglichen eine erfolgreiche Brut.

Apropos Aesthetik: Das Umfeld des Bienenhotels kann ruhig mal mit allerhand Gerätschaften verunstaltet werden. Selbst, wenn man einen Wäscheständer kurzfristig vor die Nisthilfe steht, macht das nichts: Da wird geschickt drumherum navigiert. Was allerdings passieren kann ist, dass das schicke Gerät mit Dreck beworfen wird - das machen die Bewohner nicht aus böser Ansicht oder weil ihnen das Muster der Bettwäsche nicht gefällt, sondern weil sie die Röhren von den Hinterlassenschaften der letzten Brut befreien müssen. Sie bleiben dabei immer friedlich, auch wenn wir den Trocknungsgrad der Wäsche testen.
Stichtage wird es also auf keinen Fall geben.


Bienenhotel Terrakotta

Kostenpunkt: Etwa 19 Euro
Material: Gebrannter Ton, in Handarbeit getöpfert
Maße: Höhe 25 cm, Breite 12,5 cm, Tiefe 7 cm;
Gewicht: ca. 3,5 kg

Hotel "Zur Wilden Biene" - Unverwüstliche Nisthilfe aus gebranntem Ton, liebevoll verziert.
Auch wenn dieses (schon ältere) Exemplar hier aussieht wie nach einem mittleren Wohnungsbrand, ist es trotzdem uneingeschränkt zu empfehlen. Die geschwärzten Stellen (vermutlich vergammelter Pollen, der nicht bis in die Zellen gelangt ist) rühren sicher daher, dass dieses Bienenhotel regengeschützt aufgestellt ist. Das muss es gar nicht, denn es ist absolut witterungsbeständig. Mit ein bisschen Regen würde es auch wieder sauber.



Außer durch grobe Gewalteinwirkung wird man diese Nisthilfe nicht kleinkriegen können.
Spechte jedenfalls werden keine Freude daran haben.

Die im abgeschrägten oberen Teil angebrachten Löcher lassen sich entweder für eine Kordel oder Draht zum Aufhängen nutzen - oder so wie hier für große Schrauben, mit denen das Hotel sicher befestigt werden kann:


In der Nahaufnahme zeigt sich, wie frequentiert es ist - selbst die kleinsten Löcher sind belegt:


Fazit: Liebevolles Design, haltbare Ausführung - auch von den Bewohnern gibt es die volle Punktzahl!



Kostenpunkt: Etwa 77 Euro.
Material: Korpus aus Holzbeton mit eingesetzter wetterfester Holzvorderwand ohne chemischen Schutz.
Innenleben: Durchsichtige Niströhren mit unterschiedlichen Durchmessern.
Farbe: Sandfarben/Naturgelb, Einsatz dunkel
Maße: H 33 x B 21 x T 15 cm
Gewicht: ca. 9,2 kg


Diese Nisthilfe erinnert an eine herrschaftliche Villa in Gelb.
Sie bietet nur wenige Niströhren, wartet aber mit einem bemerkenswerten Innenleben auf: Die Holzfront lässt sich abnehmen, so dass man die Entwicklung der Brut verfolgen kann, die dazu in Plexiglasröhren leben muss.
Die Idee ist sicher gut und durchaus paedagogisch wertvoll, denn so kann man das Privatleben der Insekten verfolgen, ohne ihnen zu schaden.
Das genau ist leider auch das Problem mit dieser Nisthilfe: Ob wir hineinschauen oder nicht, die Brut wird möglicherweise ganz vollautomatisch geschädigt: Da die Röhren nicht belüftet sind, kann sich erst Kondenswasser, dann Schimmel bilden. Das überleben die Larven nicht.
Wildbienenexperte Dr. Paul Westrich hat dazu eindrucksvolles Bildmaterial.

Daher kann man von dieser recht teuren Konstruktion eher abraten (Verpilzung lässt sich billiger im eigenen Kühlschrank verfolgen), die dazu noch recht wenig Wohnraum bietet.


(Dank Blogger, der wohl meinen letzten Beitrag nicht wie angekündigt temporär, sondern offenbar für immer gelöscht hat, musste ich alles noch einmal schreiben (auch eure Kommentare sind weg) - sollte Freitag der 13. etwa doch seine Berechtigung haben?)

Freitag, 6. Mai 2011

Zeit bringt Rosen

Zeit ist Geld. Diese Aussage ist so trivial wie richtig.
Auf viele Lebensbereiche trifft sie zu - angefangen vom Telefonieren ganz ohne Kabel und außer Haus bis hin zum Bahnfahren (je höher die angestrebte Reisegeschwindigkeit, desto leerer das Konto).

Ganz besonders viel Geld kostet die Zeit anderer Leute - das kann jeder bestätigen, der schon einmal einen Handwerker beauftragt hat.
Weil "Zeit anderer Leute" nicht so richtig schön klingt, nennt man sowas dann "Dienstleistung".

Natürlich kostet auch die Zeit des Gärtners etwas: Große, stattliche Pflanzen, in die jemand über einen großen Zeitraum Dünger und Herzblut investiert hat, wechseln grundsätzlich für mehr Geld den Besitzer als kleinere Exemplare, die noch nicht soviel hermachen.

Da hat man dann die Qual der Wahl: Soll es schnell gehen oder gönnt man sich die Zeit und wartet mit unendlicher Geduld auf die erste Blüte?

Eine dieser wunderschönen Geduldsproben sind die Strauchpfingstrosen.
Von der Keimung bis zur ersten Blüte kann gut und gerne eine Dekade ins Land streichen.

Dass es sich durchaus lohnen kann, gerade die Wildarten selbst zu ziehen, erlebe ich dieser Tage selbst.


Leider war ich bei der Geburtsstunde meiner Strauchpfingstrose nicht dabei, denn ich habe sie aus einem anderen Garten als Keimling mitnehmen dürfen. Sie hatte noch ihren olivengroßen, glänzend schwarzen Samen bei sich, also musste sie noch ziemlich grün hinter den Ohren sein.
Leider schweigt das Gartentagebuch über das genau Datum, das ist keine Glanzleistung meinerseits. Aktenkundig wurde sie das erste Mal im Jahre 2006. Da das Beet, in das ich sie pflanzte, erst 2005 dem Rasen abgerungen wurde, wird das vermutlich ihr Pflanzjahr sein.

Jahrelang sah sie dann etwa so aus, mit fortschreitender Verholzung und Stammbildung:


Relativ unspektakulär also, aber da muss man durch.

Mittlerweile lebt sie seit 6 Jahren in meinem Garten, die Pflanze selbst wird höchstens ein Jahr älter sein.
Im in diesem Fall ganz und gar nicht verflixten siebten Jahr also zeigten sich im April kugelige Knospen.
Die Sensation war perfekt!
Doch welche Farbe würde es werden? Es kamen immerhin eine gelbe (Paeonia lutea) und eine rote (Paeonia delavayi) als Eltern in Frage.

Langsam kristallisierte sich heraus: Die Blüte wird rot sein! Was war das aufregend!
Das Öffnen der ersten Knospe war wie Ostern und Weihnachten zusammen.



Die Blüten nicken und eigentlich kann man sie nur aus Ameisenperspektive so richtig würdigen, aber das macht nichts. Schließlich hat der Gartengast aus dem Himalaya einen Sonderstatus - dieses geheimnisvoll dunkelrote, unbeschreiblich duftende Wunderwerk könnte auch in Mausgrau daherkommen, es wäre immer noch eine Pfingstrose, und zwar meine, ganz allein meine: Meine selbstgezogene, blühende Geduldsprobe.


Und plötzlich ist die jahrelange Warterei vergessen.
Alles, was diese Pflanze gekostet hat, ist Zeit. 
Zeit und ein bisschen Zuwendung.
Das war es in jedem Fall wert.


Sonntag, 1. Mai 2011

Hotelcheck

Bienenhotels kann man ganz einfach und günstig selbst bauen.
Das müssen keine Paläste sein.
Was aber, wenn man die guten Stücke aus Platzmangel direkt auf der Terrasse oder dem Balkon präsentieren muss und Onkel Otto oder Tante Trude beim Kaffeeklatsch die Nase rümpfen könnten bei unserer geballten Bastelwut? Improvisationstalent, Artenschutz und Sparsamkeit zählen in solchen Momenten nicht, das kennen wir alle nur zu gut - und das Bienenrotlichtviertel direkt neben dem Kaffeetisch oder dem Grill wissen die wenigsten ausreichend zu würdigen.


Entweder man kann durch wahnsinnig gutes Backtalent von den windschiefen Nisthilfen ablenken oder muss dem Besuch einen Blumenkohl ans Ohr quasseln, auf dass er seine Umgebung gar nicht erst allzu genau wahrnimmt - oder aber doch in den sauren Apfel beißen und ein schmuckes Bienenhotel vom Profi käuflich erwerben.

Schließlich sollten die Hersteller sich doch mit so etwas auskennen, und nicht nur formschöne, sondern auch funktionale Nisthilfen anbieten, oder?

Die Bienen und Wespen haben selbst mitgemacht und als Hotelkritiker inkognito folgende Herbergen getestet:

Insektenhäuschen Wilde Biene /"Holzbiene", u.a. von Keimzeit-Saatgut

Kostenpunkt: Etwa 13 Euro
Material: Weichholz schichtverleimt, außen behandelt. Haltekette zum Aufhängen (Besonderes Merkmal: Nicht rostfrei).
Maße: ca. 17 x 15 x 8 cm, Gewicht ca. 500g


Auf dem Etikett von meinem Testexamplar steht "Made in China" - was werden die Bienenmaden in Deutschland dazu sagen?
Nicht viel, wie sich seit mittlerweile zwei Jahren zeigt:
Das Hotel ist zwar dem Aussehen nach die Nisthilfe der Herzen, aber die Insekten haben andere Maßstäbe. Die Bohrlöcher werden fleißig inspiziert, aber immer für absolut untauglich befunden.

Man sieht auch, wo der Hase im Pfeffer liegt: Weichholz ist ungeeignet, da es reißt und splittert.
In so eine Bruchbude möchte selbst diese Lehmwespe (Ancistrocerus) bei näherer Überprüfung doch nicht einziehen:


Hier zeigt sich ein weiterer Baumangel: Das schichtverleimte Holz reißt auseinander - zum Glück war keine Insektenbrut in den Röhren!


Diese "Holzbiene" fällt also leider komplett durch.
Bestenfalls als Deko-Objekt ist sie zu gebrauchen, man muss aber hoffen, dass wirklich kein Insekt einzieht - es würde ihm nicht gut bekommen.

Design gut - Ausführung mangelhaft: Keine Sterne.


Insekten-Nistblock von Schwegler aus Holzbeton

Kostenpunkt: Etwa 20 Euro
Material: Schwegler Spezial-Holzbeton. Metall-Aufhängebügel, rostfrei.
Farbe: naturgelb
Maße: 14 x 8 x 26 cm
Gewicht: ca. 3,7 kg


Diese Nisthilfe hat den Charme eines Plattenbaus, kommt aber in ansprechendem Gelb daher.
Das Design ist eher klotzig, aber die Insekten achten auf so etwas nicht und sind hochzufrieden mit diesem Hotel.

Ancistrocerus nigricornis und andere solitäre Wespen sowie die Mauerbienen sind gerne eingezogen:


Hier kann man gut anhand der verschlossenen Löcher sehen, wie hoch die Annahmequote ist:


Wichtig sind auch viele verschiedene Lochdurchmesser, eine Anforderung, die diese Nisthilfe erfüllt - von ganz dünn bis groß genug für dicke Mauerbienen ist alles dabei.

An den Ecken scheint es, als würde der Holzbeton abbröckeln, aber so sah der Block von Anfang an aus und sein Zustand verschlechtert sich nicht weiter.
Witterungsbeständig ist er auch ohne Unterstand, nur einen technisch begabten Specht sollte man womöglich nicht in seine Nähe lassen.

Alles in allem eine brauchbare Nisthilfe. Einen Punkt Abzug gibt es für die Bröckeloptik am Rand.

Fortsetzung folgt...