Samstag, 28. August 2021

Zaunansichten

Die meisten Gärten haben Zäune. Sie sind ein probates Mittel zur Reviermarkierung, da setzt der Mensch im Gegensatz zum Hund lieber optische Marker. Zäune halten Tiere draußen oder drinnen, ganz wie man möchte und je nachdem, ob man eine eigene Menagerie hat oder eher wiederkäuende Vierbeiner aus dem Wald in den Garten spazieren könnten.

Zäune können richtig teuer werden, doch es gibt Mittel und Wege, vorhandenes Begrenzungsinventar aufzuhübschen, ohne es wegzuwerfen, oder preiswerte Zäune zu bauen aus Dingen, die man sowieso herumliegen hat.


 

Hier lassen sich folgende Zauntypen unterscheiden:

 

  • Der Upcycler: Schöne Skier im Souterrain? Prima, wenn es genug sind, einfach daraus einen Zaun bauen, der sogar so hoch ist, dass er so bunten wie rasanten Blickschutz bietet. Richtig stilecht ist er natürlich nur in Wintersportgegenden, wo auch die Versorgungslader mit alten Skiern besser ist. Flachlandtiroler können auch alte Schallplatten nehmen.


 

  • Der Aufgehübschte: Der alte Metallzaun sieht doof und spießig aus und vor allem passt er gar nicht zum Bauerngarten, der sich dahinter breitmacht? Bloß nicht zum Altmetallhändler bringen, sondern einfach schöne Zweige zwischen die Streben flechten, schon ist alles stilecht. Das geht auch super mit Stabgitterzäunen und ist allemal besser, als Kunststoffbahnen hinein zu winden, um Blickschutz zu erreichen. Einem ollen Maschendrahtzaun kann man einfach eine Heidekrautmatte überwerfen oder einen Flechtzaun davor setzen, denn er wäre weggeworfen vermutlich eine Recycling-Katastrophe, so kunststoffbeschichtet wie er ist.
 

  • Der Schwebende: Aus Holz, aber lange haltbar sind Staketenzäune, die man an Metallstangen so anbringen kann, dass sie ohne Bodenkontakt auskommen, was dem Kastanien-Holz gut tut. Sie können auch an vorhandene Zäune gebunden werden und sie so geschickt kaschieren.

 

 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
  • Der Gerettete: Nichts ist schöner als alte Tore oder Zäune auf dem Sperrmüll oder Recyclinghof zu finden, die schon Patina haben. Sie können spielend leicht einen individuellen Zaun ergeben, der auch mal Rost ansetzen darf.


 


  • Der Ungekämmte: Was immer reichlich im Garten anfällt sind Äste. Sie können bei ausreichend Platz geschichtet werden, am besten zwischen senkrechte Holzstämme, die versetzt in den Boden gerammt werden und so den kunterbunten Asthaufen halten. Dieser Totholzzaun ist nicht gerade schlank, aber für Pilze und Gartentiere ein toller Lebensraum. Und wenn die Unterschicht verrottet ist, kann man oben neues Material aufschichten - alle Jahre wieder.



Welches ist dein Lieblings-Zauntyp - oder habe ich einen vergessen?


Samstag, 21. August 2021

Lustiges Gelb

In Zeiten des Klimawandels muss man sich fragen, ob Phlox und Hortensie nicht ausgedient haben. Dieses jahr kommen sie noch glimpflich davon, aber in den Dürrezeiten kann man gleich eine Standleitung zu ihnen legen, um sie ausreichend zu bewässern. 

Dieser kleine Phlox hier ist im Halbschatten bis Zuvielschatten sogar noch hart im Nehmen. Dieses Jahr freut er sich über den Regen und blüht, was er nicht jedes Jahr tut. Die Pflanze habe ich übrigens 2010 an einem Blumenmarkt aufgelesen, wo er verschenkt wurde, weil er verblüht war. Dieser Phlox ist zwar stur und macht nie mehr als einen Blütentrieb, aber dafür überlebt er an einer unwirtlichen Stelle - vielleicht, weil es dort nicht so sonnig ist und er deswegen nicht so sehr unter Dürreperioden leidet. Wäre doch schade, so einen alten Phlox-Freund an den Klimawandel zu verlieren...

 


Sind heimische Pflanzen härter im Nehmen? In den letzten Jahren fiel eine Staude positiv, auf, wie sie völlig ungewässert am Wegesrand vor sich hin blühte, und das sogar in fröhlichem Gelb. Lebensfreude trotz Trockenheit? Das ist der heimische Rainfarn (Tanacetum vulgare). Er treibt seine Wurzeln so tief ins Erdreich, dass er mit Wasser auch bei Dürre noch lange Zeit versorgt ist.






Die Pflanze mit den knöpfchenartigen gelben Blüten wuchert zwar stark, aber vielleicht ist das genau das, was man im Garten gebrauchen kann, wenn es nicht  regnet? Eine Staude mit Zukunft also. Außerdem kann man mit Inselbeeten im Rasen gut gegen das Gewucher angehen.

Und so konkurrenzstark ist er dann auch wieder nicht, jedenfalls scheiterte eine Ansiedlung im Null-Euro-Beet kläglich, da ließ er sich von Nachbarpflanzen unterbuttern. Wuchern tut er, wenn er genug Sonne bekommt und schwächere Nachbarn.

Die Blüten haben zwar keine Zungenblüten und sehen vielleicht nicht so umwerfend fröhlich aus wie die einer Margerite, aber dafür blüht der Rainfarn lang und hat seinen ganz eigenen Charme. Er ist eben der Minimalist der Mittelstreifen und Fahrbahnränder.

Außerdem ist er unterhaltsam, denn viele Insekten besuchen die Blüten, hier ist immer was los.

Seidenbienen, Käfer, Schwebfliegen, andere Fliegen und Maskenbienen kann man finden, unter den Schmetterlingen sind es meist kleinere Arten wie der Kleine Feuerfalter und das Kleine Wiesenvögelchen. Sie mögen es meist nicht, wenn ihnen eine Bienen zu nahe kommt.





Die Seidenbiene grast Knöpfchen für Knöpfchen den Rainfarn ab, bis mal wieder ein aufdringliches Männchen auf sie zustürzt:

Rainfarn ist also eine Hotspotpflanze, was Insekten angeht, kann aber noch viel mehr: Da die ganze Pflanze duftet, viele sprechen auch von Gestank, soll ihre bloße Anwesenheit Kartoffelkäfer vertreiben können. Rainfarn ist eine Färbepflanze und vielleicht nicht mehr ganz zeitgemäße Heilpflanze, da er schnell giftig wirken kann.

Und wem das ganze Gelb zu langweilig ist, der kann mal schauen, ob er so komische grüne Kelche an den Blüten entdeckt, die aussehen, als wäre der Rainfarn lieber eine Tulpe.

 

Doch die Pflanze macht das nicht freiwillig, die Rainfarngallmuecke (Rhopalomyia tanaceticola) zwingt ihn zu dieser Persönlichkeitsstörung.

Soviel Spaß und so viele Möglichkeiten zu Entdeckungen hat man doch meist nur mit heimischen Pflanzen...


_________________________

...und aus der beliebten Rubrik "Bei Verwendung der Autokorrektur Hure bewahren" ein weiterer rätselhafter Fall zum Rätseln für euch: "es gibt kein Unkraut, nur Beiruter" - gelesen in einer Rezension zu "Der Giersch muss weg!".

Samstag, 14. August 2021

Gartenbloggertreffen - geht das?

/* Werbung */

Während der Corona-Krise fühlt man sich doch oft wie ein Kandelaber-Kaktus in der Wüste: Immer auf Abstand und bloß keinen an sich heran lassen. Nur, dass der Kaktus keine Maske tragen muss. Und so vereinsamt man als Gartenenthusiast etwas. Kaum Gartenbesuche, kaum Treffen mit echten Menschen, alles virtuell und bloß nicht zum Anfassen. Doch dieses Jahr ist anders - endlich fand wieder das Gartenbloggertreffen bei Volmary in Münster auf dem Kadelnhof statt, natürlich unter Beachtung der 3G-Regeln (geimpft, getestet, genesen).

Das Treffen stand unter dem Motto Flowerpower, worauf schon der prächtig erhaltene VW-Bulli gar nicht so dezent hindeutete. Damals hatten Autos noch eher ein nettes Gesicht, vor allem natürlich bei der Aussicht:





 

Es durften Blumenkränze geflochten werden, auch einen Yogaworkshop gab es.


 

Ich muss gestehen, dass ich viele von den Workshops geschwänzt habe, weil das blumige Gelände einfach so verführerisch ist und man die kurzen Momente mit Sonne nutzen musste, um Fotos zu machen. Aber das ist das schöne am Bloggertreffen: Man muss nichts, man hat kein strenges Programm, sehr angenehm.

 


Besonders beliebt bei den Insekten war wieder die Wilde Möhre 'Dara' mit ihren rötlichen Blüten - jede ein Unikat.



 



 

Hierauf allerdings die winzigen Fliegenspießwespen zu fotografieren, war nicht so einfach. Als ich es endlich geschafft hatte, ein Tier scharf zu bekommen, flog eine riesige Fleischfliege heran und versuchte sich auf die Wespe zu setzen, die es verständlicherweise nicht gut fand, als Sofa herhalten zu müssen, und lieber verschwand.


Der Gemüserundgang inklusive der Tomatengewächshäuser war aber sehr interessant, den habe ich mir nicht entgehen lassen.


 

Bei den Tomaten sieht man, dass hier mit Nützlingen gearbeitet wird, überall hingen geheimnisvolle Tütchen. Das Gewächshaus ist an den Seiten offen und damit nicht nur gut durchlüftet, sondern erlaubt auch Hummeln den Zuflug, was es unnötig macht, ein eigenes Volk hinein zu stellen.

Erfreulicherweise sind die Töpfe, in denen Volmary die Pflanzen verkauft, aus recycltem und recyclingfähigem Kunststoff.

Die Tomatenchallenge  fand auch wieder statt, es wurden fast nur grüne Tomaten eingereicht. Weil es dieses Jahr nicht so warm und sonnig ist, wie Tomaten es gern hätten, kommen die Früchte nicht so richtig in die Pötte.

Es gab auch wieder palettwenweise Pflanzen, Blumenerde und andere Gartenutensilien geschenkt, man durfte sich bedienen. Ich habe nur zwei Farne für die schattige Bärlauchecke mitgenommen, weil ich mit dem Zug gefahren war und mein Fahrrad am Bahnhof stand.

Es war in jedem Fall ein schöner Tag, es blieb viel Zeit zum Quatschen, was wir alle sehr genossen haben. Endlich wieder fachsimpeln mit Gleichgesinnten. Hoffen wir, dass auch nächstes Jahr wieder ein Gartenbloggertreffen stattfinden kann!





Samstag, 7. August 2021

Bittersüß

Ein altbekanntes Gärtnergesetz besagt: Wer Rosenzweige schreddert und sie auf den Beeten in Umlauf bringt, wird mit Schmerzen beim Jäten nicht unter zwei Monaten bestraft. Und ich kann euch sagen, es ist wirklich so! Wie oft habe ich schon arglos in ein Beet gegriffen, um das Pfennigkraut von einer zarten Pflanze wegzujäten, und dabei nicht mit Gegenwehr gerechnet. Das Pfennigkraut ist auch nicht bewehrt, doch es lagen vor ein paar Wochen geschredderte Rosenzweige als Mulch auf dem Beet. Strafe muss sein.

Aber was soll man tun, wenn man hauptsächlich Rosenäste hat, die wuchernd um sich greifen und geschnitten werden müssen? Mulch bleibt Mulch, auch wenn er bis an die Zähne bewaffnet ist. Ich bin ja auch selbst schuld, weil ich so viele raumgreifende Rosen im Garten verteilt habe.

Und so arbeite ich schon an meinem nächsten großen Gartenirrtum, der hoffentlich glimpflich ausgeht. Ich habe nämlich die fixe Idee, den Bittersüßen Nachtschatten (Solanum dulcamara) im Garten anzusiedeln, weil sowohl Blüten als auch Früchte so hinreißend sind.



Diese heimische Pflanze kann man oft an Gewässerrändern ranken sehen, sie kommt aber auch mit trockenen Standorten klar. Am Gehölzrand wäre sie passend, wo sie in andere Sträucher, zum Beispiel wuchernde Rosen, hineinklettern könnte.

Die Blüten sind lila mit gelber Mitte und typisch Nachtschatten.


 

Danach reifen rote, natürlich giftige Beeren, die zunächst, wie Früchte das nun mal so tun, in Grün starten. Da immer neue Blütenknospen aufgehen, reifen die Früchte nacheinander von Grün nach Rot, was ein herrliches Farbspiel erzeugt.



Als ich einmal ein ähnliches Spektakel mit Zier-Peperoni versucht habe, die auch in allen möglichen Farben abreifen, hat es die Pflanze im kurzen mitteleuropäischen Sommer nicht geschafft, überhaupt Früchte zu produzieren, und seien sie noch so farblos. Das kann mit dem Bittersüßen Nachtschatten nicht passieren, der kommt schließlich von hier.

Ein bisschen Sorgen machen mir ja die Nacktschnecken, aber da hat der Bittersüße Nachtschatten ein Trick gelernt: Wird er angeknabbert, produziert er eine Zuckerlösung, die er direkt aus der Wunde abgibt. Das war vorher nur von Nektarien bekannt, diese Pflanze kann es jedoch auch ohne vorher spezielle Organe für diesen Zweck ausgebildet zu haben. Der süße Saft lockt Ameisen an, die fortan auf den Nachtschatten aufpassen und Fraßfeinde wie Flohkäferlarven und Schnecken abwehren. Vor allem die Flohkäferlarven werden von den Ameisen bekämpft - denn so eine gute Nektarbar muss man sich schließlich warmhalten. Dies haben Wissenschaftler der Freien Universitätguenstiggaertnern Berlin in Zusammenarbeit mit niederländischen Wissenschaftlern der Radboud Universität in Nijmegen entdeckt.

Schwarze Wegameisen (Lasius niger) fressen den Wundnektar des Bittersüßen Nachtschattens (Solanum dulcamara)
Quelle: Tobias Lortzing

 
Rote Wegameisen (Myrmica rubra) sammeln den Wundnektar an einem Blatt des Bittersüßen Nachtschattens (Solanum dulcamara)
Quelle: Tobias Lortzing

Auch Nacktschnecken sollen die Ameisen vertreiben. Das klingt doch wie nach einer Pflanze für meinen Garten! Die Samen soll man direkt im Frühjahr aussäen können oder auch schon ab September. Hoffentlich wuchert der Nachtschatten dann aber nicht zu sehr, wenn ich ihm das Gartentor erstmal geöffnet habe... Sonst bin ich eben auch daran wieder selbst schuld. Das kenne ich ja schon. Immerhin hat Solanum dulcamara keine Stacheln., so bittersüß ist er dann doch nicht.


Die Publikation

Lortzing, T., Calf, O.W., Böhlke, M., Schwachtje, J., Kopka, J., Geuss D., Kosanke, S. van Dam, N.M. and Steppuhn*, A. (2016): „Extrafloral nectar secretion from wounds of Solanum dulcamara“, in: Nature Plants. Doi: 10.1038/NPLANTS.2016.56