Samstag, 27. April 2024

Hasenglöckchen - wunderschön oder Wahnsinn?

Hasenglöckchen - das sind die blauen Blümchen, die in englischen Wäldern und Parkanlagen blaue Blütenteppiche bilden und jeden vor Bewunderung niederknien lassen. Wobei ich glaube, dass so ein Anblick auch in England nicht allgegenwärtig ist und man nicht so oft niederknien muss. Irritierend ist dann, wenn man sowas zuhause nachpflanzen möchte, und die Synchronisation bzw. Übersetzung Blue Bells mit Glockenblumen übersetzt. Und dann steht man da und sucht verzweifelt die eine Glockenblume, die so verblüffend nach Hyazinthe aussieht und so verblüffend früh blüht.

Es sind keine Glockenblumen, sondern Hyacinthoides, also Hasenglöckchen. Sie stehen der Hyazinthe nah und sind Zwiebelblumen. Es gibt das heimische Atlantische Hasenglöckchen (Hyacinthoides non-scripta), und das eingeschleppte Spanische (Hyacinthoides hispanica). Meist bekommt man das Spanische. Und dann gibt es dummerweise auch noch einen Hybriden, denn die beiden sind nah miteinander verwandt und kreuzen sich munter: Hyacinthoides hispanica × Hyacinthoides non-scripta = Hyacinthoides ×massartiana.

Egal, welches Hasenglöckchen man im Garten hat: Es mag gern frische Böden im Halbschatten und lichten Schatten. Und es vermehrt sich gut, bildet reichlich Samen und sät sich selbst aus, ist also zum Verwildern geeignet. Das lässt es sich nicht zweimal sagen, und so tauchte neulich in einer Gartenzeitschrift auch die Frage auf, wie man die Biester eindämmen kann (wer es wissen möchte: Blätter immer wieder abschneiden, Samenstände sowieso, die Zwiebeln aber sitzen meist zu tief, um sie auszugraben).


Ich habe auch Hasenglöckchen im Garten und, ja, sie sind sehr raumgreifend. Das Laub ist massiv und braucht ordentlich Platz. Die Blüten sind aber einfach umwerfend und die Pflanze wird von Schnecken kaum beachtet - Hasenfüße sind sie jedenfalls nicht! Im Gegensatz zu Traubenhyazinthen, die ich einfach nicht zum Blühen kriege, lieben Hyacinthoides meinen Garten, vermehren sich und blühen üppig. Der lichte Schatten ist genau ihr Ding. Tatsächlich kommen sie vor allem im hinteren Teil vor, wo die beiden Apfelbäume stehen.

Sie begnügen sich auch nicht damit, Blue Bells zu sein, nein, ich habe welche in Rosa und Weiß. Die ersten waren Ableger, dann verliert es sich, ich kann nicht sagen, woher die vielen Farben stammen.

So entstehen bunte Bild, wenn die kleinen Zwiebelblumen mit dem großen Ego beieinander wachsen.







Neben Akeleiblättriger Wiesenraute



Die Bach-Nelkenwurz (Geum rivale) passt mit ihren Pastelltönen gut dazu und auch das Einjährige Silberblatt oder Prärielilien (Camassia) sind prima.

Auch Zwerg-Herzblumen (Dicentra formosa) passen gut, wie hier im Rombergpark, Dortmund:



Ich möchte die robusten Glöckchen jedenfalls nicht missen!

Samstag, 20. April 2024

Symbiosen im Garten und anderswo

Im Garten hat es man ständig mit Symbiosen zu tun. In luftiger Höhe wachsen Flechten an den Bäumen, die nicht nur den Baum als prima Parkplatz benutzen, sondern selbst ein Gemischtwaren-Organismus sind, da sie eine Symbiose aus Pilz und Alge darstellen. Was man häufig gar nicht sieht, denn viele sind nicht mal ansatzweise grün.

Und dann wären da noch die Pflanzen, die andere für sich einspannen, um ihre Samen zu verbreiten. Die einen kleben ein bisschen was zu Naschen an den Samen, das Elaiosom, um die Ameisen als Kurier einzuspannen. Die futtern die Leckerei weg und lassen das Samenkorn liegen. So keimt es nicht in direkter Nähe der Mutterpflanze und macht ihm keine Konkurrenz. Das ist eine echte Symbiose, wohingegen das Kletten-Labkraut Pelztiere für sich engagiert und ihnen die Samen ins Fell klebt. Das ist eine einseitige Beziehung, da sich das Tier meistens nicht über das hartnäckige Ding freut, das es schlecht wieder aus dem Fell bekommt.

Auch im ganz Kleinen gibt es Symbiosen. Regenwürmer und andere Destruenten nutzen Bodenbakterien im Darm, die ihnen dabei helfen, Lignin und Cellulose zu verdauen. Im Gegenzug bietet ihnen das Tier ein schönes feuchtes, geschütztes Milieu und eine Mitfahrgelegenheit in Gebiete, wo so eine Mikrobe von alleine nicht hinkommt. Für ein Bakterium ist ein Wurm schon ein D-Zug.

Auch Biene und Blüte bilden eine Symbiose. Das nutzt dann wiederum uns, wenn wir die Früchte der Bestäubung ernten wollen.





Manchmal versucht sich sogar die Grüne Stinkwanze im Bestäuben:


Die Bestäubung durch Insekten ist sicher die bekannteste Symbiose neben der Mykorrhiza, bei der Pilz und Pflanze sich gegenseitig fördern.

Wo man diese Beziehungen beobachten kann und welche es gibt, erklärt das Buch "Symbiosen beobachten - Feldführer für unsere Wälder, Wiesen, Äcker, Seeufer und Stadtnatur", von Andreas Gigon und Felix Stauffer, erschienen im Haupt-Verlag.


 

Das Cover macht schon Lust auf mehr.


Streifzüge durch die im Titel aufgeführten Biotope zeigen, was man wie beobachten kann. Es sind auch einseitige Beziehungen aufgeführt wie eben das Bewachsen von Ästen mit Moos oder Flechten, bei denen die Pflanze immerhin nicht geschädigt wird.

Beispiele für Blüten-Bestäuber-Beziehungen zeigen in jedem Kapitel, welche Pflanzen welche Insekten anlocken können. Oft sind die Erkenntnisse auch überraschend oder nicht so offensichtlich, wie der Hunde-Urin im Park, der das Gras wachsen lässt. Oder die Klebausbreitung von Ampfersamen, auf die ich selbst noch nie geachtet habe.

Skizzen mit einem Gesamtüberblick zeigen die Wechselwirkungen noch mal am Ende eines Kapitels. Erhellend sind auch einige Tabellen, wie die mit den Wechselwirkungen einzelner Pflanzen des Buchenwaldes - welche werden durch Insekten bestäubt, welche bedienen Mykorrhiza oder nutzen Tiere zur Samenausbreitung?

Im letzten Kapitel legen die Autoren dar, ob auch der Mensch Symbiosen mit Nutztieren oder -pflanzen eingeht. Sie sind der Meinung, dass die Wechselbeziehungen in der Forschung zu kurz kommen und eher über Fraßschäden und Konkurrenz geforscht wird. Sie stellen die Frage, ob dies eine männliche Sichtweise wäre und Frauen anders forschen? Ich ertappe mich allerdings auch oft dabei, zwar die Ameisen als Samen-Sherpas zu würdigen, aber dann doch wegen der Schnecken eher mein Augenmerk auf schädliche Einflüsse zu haben.

Das Buch regt also sehr schön zum Nachdenken an und auch zum Beobachten und Entdecken, egal, ob im Park, im Garten, auf der Wiese oder an einem Gewässer.

Samstag, 13. April 2024

Der Schneck muss weg!

Geht es auch auch so? Dank des milden Winters laufen die Nacktschnecken mal wieder Amok im Garten. Ich hatte ja bereits mein Leid geklagt, dass kaum Blüten zu sehen waren, weil Schneeglöckchen, Scillas und Narzissen feinsäuberlich und feinschmeckerisch entmannt wurden.

Und dann liegen auch noch überall abgefallene Birkenkätzchen auf den Pflanzen, die von weitem aussehen wie eine Nacktschnecke und sofort Schnappatmung bei mir hervorrufen.


Was hilft eigentlich wirklich? Kaffeeprütt habe ich jetzt in mehreren Lagen um die Schwarznessel drapiert, die dennoch einfach nicht hochkommt, weil sie jede Nacht wieder auf die Höhe einer Briefmarke zurechtgestutzt wird. Auch Schafwolle, selbst in dicken Teppichen, hatte bei mir keinen durchschlagenden Erfolg.

Dann wird immer geraten, Nützlinge zu fördern. Feuersalamander zum Beispiel fressen nicht nur Regenwürmer, sondern auch Nacktschnecken. Im Botanischen Garten haben wir zusätzlich zu Kröten und Mauereidechsen einen Bestand von mehreren Tausend Feuersalamandern, einen der größten in NRW, und trotzdem werden nächstens die wertvollen Anzuchten vernichtet. So einfach scheint es also nicht zu sein und die Gleichung viele Nützlinge = keine Schneckenplage scheint nicht aufzugehen.

Glühwürmchen habe ich sogar im Garten, aber auch die schaffen es nicht, eine Plage zu verhindern.

Dazu kommen immer neue gefräßige Arten, die eingeschleppt werden, wie die Gefleckte Weinbergschnecke oder der Gewächshausschnegel.

Der ärgste Feind der Nacktschnecken ist nun mal Frost, und der ist vom Aussterben bedroht. Dadurch kommen auch wehleidige Arten aus dem Mittelmeerraum prima über den Winter.

Jetzt fand ich sogar einige Schleimer an Wald-Ziest, Bärlauch und Gilbweiderich, was sie normalerweise nicht anfressen.

Immerhin gibt es tatsächlich Pflanzen, die sie überhaupt nicht mögen. Die Akeleiblättrige Wiesenraute zum Beispiel, die wird wie die Akelei auch komplett ignoriert, nicht mal bestiegen.



Auch das Hasenglöckchen kommt mehr oder weniger ungeschoren davon, vor allem aber kann es blühen!


Die Frühlings-Braunwurz (Scrophularia vernalis) wird ebenso verschmäht.


Der Gemüse-Ampfer schießt endlich so ins Kraut, dass zwar immer noch Anschläge auf ihn verübt werden, was sich in Löchern oder durchgebissenen Blattstielen äußert, aber im Großen und Ganzen scheint er über den Berg zu sein.



Dieser Anblick in einem Schaugarten hat mich das Fürchten gelehrt, denn so groß kann der Gemüse-Ampfer mal werden (trotzdem hat er Löcher):


Meine neue Wald-Anemone, eigentlich schneckenverträglich, hatte schon so schöne Knospen, die aber in einer Nacht- und Nebelaktion abgebissen wurden. Sie lagen daneben und es gab Schleimspuren, also war es keine Maus.


Um das Einjährige Silberblatt muss ich immer kämpfen, es kommen nur die stärksten Pflanzen zur Blüte. Die, die an ungünstigen Stellen stehen oder ein Zeichen von Schwäche zeigen, werden aufgefressen und gründlich zugeschleimt.


Neu im Garten ist der Scharfe Hahnenfuß, den ich aus dem Müll gerettet habe. Bei dem kann es noch sein, dass die Blüten dran glauben müssen. Er zeigt schon Knospen und sich auch sonst ganz dankbar für seine Rettungsaktion.


Ein echter Lichtblick ist die Gewöhnliche Erdkastanie (Bunium bulbocastanum), ein heimischer Doldenblütler mit essbaren Wurzeln, der fröhlich wächst und den die Schnecken komplett in Ruhe lassen.





Obwohl man es also schafft, einen immerhin grünen Garten zu bekommen, bin ich ehrgeiziger. Ich hätte gern Schneeglöckchenblüten und Narzissen, aber was tun außer immerzu Razzia zu machen?

Samstag, 6. April 2024

Regenzeit

Normalerweise beschwere ich mich nicht über Regen. Der war in den letzten Jahren auch so ein seltenes Ereignis, dass ich mich ohne zu murren sogar klaglos durch eine ganz Regenwoche geschlagen habe. Aber das kam selten vor. Dieser Dauerregen aber, jeden Tag aufs Neue ohne eine Pause und das schon seit dem Winter, macht aber selbst mich langsam fertig. In den Garten gehe ich nur noch zur Schneckenrazzia. Für die gibt es nämlich kein schlechtes Wetter, nur schlechte Kleidung.

Die Wettervorhersage für Ostern hatte auch gründlich daneben gelegen. Vom sonnigen Wetter blieb am Ende nicht mehr viel übrig. Wir hatten uns wegen der rosigen Aussichten auf einem Campingplatz nahe Appeltern in den Niederlanden eingemietet und dann fiel die angekündigte Sonne nahezu komplett aus. Es kommt mir so vor, als wäre die Wettervorhersage auch schon mal zuverlässiger gewesen oder ist man nur verwöhnt durch die heutigen Möglichkeiten, online ortsgenau nachschauen zu können? Der Rasen wurde jedenfalls immer schlammiger und am Ende musste uns der campingplatzeigene Bagger vom Platz ziehen. Camping-Feeling wie bei Wacken, nur mit besseren Duschen.

Trotzdem stand natürlich ein Osterbesuch in den Gärten von Appeltern an, die hatte ich bisher nur im Spätsommer gesehen. Leider zeigte sich dort kein bisschen Sonne, so dass es nicht den von den letzten Besuchen gewohnten Glanz hatte.

Was mit sonst nicht aufgefallen ist, weil er nicht geblüht hat und ihm im Spätsommer andere Pflanzen die Show stehlen: Überall steht Rauling herum (Trachystemon orientalis). Er wirkte großblättriger als meiner.




An einer feuchten Stelle fand ich eine Kombi aus Pestwurz und Lysimachia ciliata 'Firecracker'. Das macht den Boden dicht und 'Firecracker' wächst später durch die Pestwurz einfach hindurch.



Andere Bodendecker-Kombis bestehen aus Geranium phaeum und Lungenkraut:



Eine weitere reizvolle Zusammenstellung unter Bäumen bestand aus Lenzrosen, Bergenien, Kriechendem Günsel und Mandelblättriger Wolfsmilch.






Ein Garten, der das Thema Recycling zum Thema hatte, zeigte Mauern aus gebrauchten Steinen und Dachziegeln. Das Ganze war mit Kaukasus-Beinwell und Katzenminze bepflanzt. Der Weg wurde aus zerkleinerten Ziegelsteinen angelegt.





Auch andere Gartenteile mit dem Thema Naturgarten zeigten Mauern aus wiederverwendeten Materialien.







In der Mauer sieht sogar Unkraut richtig gut aus.


Wenn man genug Pfirsiche, Aprikosen und sonstige Steinfrüchte isst, kriegt man auch diesen interessanten Wegbelag hin, der ganz nett unter den Füßen geknackt hat, also auch akustisch nicht schlecht.



Wenn man genug Besteck übrig hat, kann man sich Kunstwerke für den Garten basteln, die nicht rosten.


Die aufgespießten Blumenzwiebeln allerdings taten mir leid.


Immer wieder schön ist der Gartenzaun mit den alten Geräten, die hier zum Ausstellungsstück werden:



Als Geophyten waren neben Narzissen die Frühlings-Knotenblumen (Leucojum aestivum) allgegenwärtig. Sie wachsen auf dem schweren, lehmigen Boden sehr gut, es ist immer ausreichend feucht.




Auch Schachbrettblumen wurden oft verwendet.


Besonders gut gefiel mir dieser Obstgarten mit dem alten Birnbaum, der daneben wirkte durch das rotgestrichene Gartenhaus.



Auch wenn die Gärten also ohne Sonne auskommen mussten an dem Tag, war es doch spannend, die vielen Ideen zum günstigen Gärtnern zu sehen.