Samstag, 28. September 2019

Kugeln am Stiel

Das ist ja mal wieder typisch. Während überall anders der Efeu entweder flach an einer Mauer klebt oder über und über blüht, lässt meiner sich mal wieder alle Zeit der Welt und streckt nur unvollendete Knospen aus. Durch seine Trödelei hat er jetzt wohl das Sommerwetter im September verpasst. Das wird er dann selber merken, was er davon hat, denn ohne Blütenkugeln bei warmem Wetter kommt auch die illustre Schar der Bestäuber nicht vorbei. Und dann gibt es keine Früchte.

Und bei so einer blütenreichen Efeuwand weiß man gar nicht, was man schöner finden soll: Die grünlichen Kugelblüten oder die vielen Insekten, die unermüdlich daran herumschwirren. Zugegeben, Efeu eröffnet kein Feuerwerk an bunten Farben, Düften oder riesigen Blüten, aber die runden Dinger beeindrucken in der Masse, was man diesem vermeintlichen Friedhofsgewächs gar nicht zugetraut hätte.



Und Friedhofsstimmung herrscht hier nun wirklich nicht, eher ausgelassene Feierstimmung unter den Insekten - zur Flugshow kommen sie alle: Die Kundschaft besteht aus Wespen, Hulmmeln und Honigbienen - die Feldwespe  lässt es sich schmecken:



Jetzt lockt der Efeu aber auch die im Spätsommer fliegenden Schwebliegen-Arten in Scharen.

Dieses dicke Ding hier ist die Hornissenschwebfliege (Volucella zonaria). Es gibt eine sehr ähnliche Art Volucella inanis, da dieses Exemplar mir aber ihren Bauch gezeigt hat, weiß ich, dass es auf jeden Fall eine V. zonaria ist, denn nur sie hat die breiten schwarzen Streifen auf der Unterseite.



Das hier ist ein weiterer meiner besonderen Lieblinge: Die Totenkopfschwebfliege, so benannt nach ihrer Rückenzeichnung, die aber genauso gut ein Batman-Emblem darstellen kann.


Sie ist unverwechselbar und fällt in der Masse durch ihre bunten Farben auf.

Und das hier links ist die Hottentottenfliege (Villa hottentotta), sie ist mit dem Hummelschweber verwandt und wie er ein Brutparasit. Nur bei wem scheint man nicht so recht zu wissen:


Die Mistbiene ist um diese Zeit sehr häufig unterwegs. Sie imitiert perfekt eine Honigbiene, wirkt aber dicklicher und hat größere Augen.


Wenn man ganz großes Glück hat, kommen auch Schmetterlinge an den Efeu. Der Admiral liebt die Blüten besonders.


In südlichen Regionen muss man die Bienen genau studieren, denn es könnte die zarte Efeu-Seidenbiene dabei sein.



Es lohnt sich also immer, einen Efeu bis zur Blütenreife zu ziehen - und sei es nur ein kleiner Strauchefeu, der klettert nicht und bleibt garantiert zahm und klein:


Die große Blütenshow findet an ihm aber auch statt - und so hat man stundenlang was zu gucken, ohne sich den Hals dabei zu verrenken!

Samstag, 21. September 2019

Natur- versus Nutzgarten?

Der Phlox hat Mehltau. Das sieht nicht so unbedingt repräsentativ aus, zumal die Pflanzen längst verblüht sind. Ich wollte auch gerade zur Schere greifen, da entdeckte ich Marienkäfer auf dem verpilzten Laub. Es waren Exemplare der Gattung Thea, die mittlerweile leider umbenannt wurde in das unaussprechliche Psyllobora vigintiduopunctata. Egal, ich rede diese Käferchen, die von Mehltau geradezu besessen sind und sich davon ernähren, weiterhin mit Thea an.


Es braucht auch gar nicht unbedingt eine wuchernde Wildnis aus (meistens der invasiven Armenischen) Brombeere, um einen Garten für Tiere anzulegen. Denn Insekten brauchen eine Vielfalt an Blüten, manchmal Pilze, offene Bodenstellen und meist auch reichlich Sonne. Es können sogar nicht-heimische Pflanzen einen gewissen Nutzen haben, wie das Beispiel Phlox zeigt, der zusätzlich von Nachtfaltern besucht wird.

Auch ein Nutzgarten ist daher nicht per se naturfern, Mischkultur mit Blumen und ein mit Gartenabfällen gemulchter Boden helfen vielen Lebewesen, oben wie unten. Außerdem bildet sich durch Mulch mehr Humus, was wiederum mehr CO2 bindet.





Hinzu kommt, dass die meisten Gärtner, die einen Gemüsegarten anlegen, grundsätzlich ein Faible für Pflanzen haben, und oft auch Staudenbeete mit vielen Blüten - und damit auch vielen Insekten - anlegen. Jedes selbst angebaute Gemüse muss darüber hinaus nicht von weit her angekarrt werden, hat keine Bienengifte und keine Plastikverpackung gesehen.

Vor ein paar Wochen konnte ich einen Blick in so einen vielfältigen, nämlich Achims Garten, werfen, den viele sicher als leidenschaftlichen Gemüseanbauer und Selbstversorger kennen.





Und dort, am Zaun des Gemüsegartens, habe ich ihn gefunden - IHN, den ich bisher für eine Legende hielt, weil ich ihn nie mit eigenen Augen gesehen hatte: Den Malven-Dickkopffalter (Carcharodus alceae). Nun, um genau zu sein, habe ich den sehr hübschen, kleinen Falter auch gar nicht gesehen, aber seine Raupen. Die hockten nämlich an den Wilden Malven und den Stockrosen an mehreren Stellen im Garten. Und sie gelten als recht selten!

Die grauen, immer etwas pummelig wirkenden Raupen erkennt man gut an ihrem gelben Halsband, als hätten sie auch eine Hundesteuermarke und einen Besitzer. Die Larven fressen Löcher in die Blätter von Malvenarten und lümmeln manchmal ganz offen auf dem Laub herum.





Als Versteck klappen sie den Blattrand um, spinnen ihn fest und sitzen dann verborgen in dieser Nische. Wenn man die umgeklappten Blätter einmal gefunden hat, findet man sie auch an anderen Pflanzen recht schnell.






Diese jetzt gefundenen  Raupen überwintern auch in diesem Blattumschlag und verpuppen sich im nächsten Jahr darin, daher sollte man die Stockrosen nicht zu früh abschneiden oder das heruntergefallene Laub wegwerfen.

Bei Achim im Gewächshaus wurde dann noch einer der Haus- und Hof-Laubfrösche vorgeführt (einen weiteren habe ich nur gehört, aber nicht gefunden), außerdem gibt es im Garten Holzbienen, Feuer- und Streifenwanzen, die Lauch-Maskenbiene und viele andere Insekten. Auch gab es schon eine Schwalbenschwanzraupe im Gemüsegarten.







Ein kombinierter Nutz- und Ziergarten kann daher sogar mehr Arten beherbergen als eine Wildnis aus Armenischen Brombeeren. Die Mischung aus verschiedenen Blüten, Bodenarten, Holz und Steinen in unterschiedlichen Belichtungssituationen schafft ein Mosaik aus vielen Nischen, die eine große Artenvielfalt fördern.

Und für den Magen gibt es auch noch was, hier die Geschenke aus Achims Garten, die wir mit Genuss verzehrt haben - bis auf die kleinen Etagenzwiebeln, die habe ich eingepflanzt:





Danke an Achim für seine Gastfreundschaft, das Gemüse und die Laubfroschsafari!

Samstag, 14. September 2019

Zwiebellook im Garten

Sie sind klein, blau und schauen ganz zwiebelblumen-untypisch gern schon im Spätsommer nach dem Rechten: Die Traubenhyazinthen legen gern noch vor dem Winter ihr Handtuch aufs Beet, um sich den Platz zwischen den Stauden rechtzeitig zu blockieren. Blühen tun sie dann noch nicht, aber das Laub ist schon mal am Platz und hat reserviert.







Bei meiner Mutter im Garten kann man die Anatomie der Traubenhyazinthe jetzt ganz genau studieren: Die Zwiebeln stehen so dicht und vermehren sich so sagenhaft gut, dass sie sich gegenseitig nach oben an die frische Luft drängen und dort herumliegen wie Kieselsteine.

 

Ihr sind die vielen Pflänzchen mittlerweile etwas lästig, sodass ich eine Tüte voll loser Zwiebeln mitgenommen habe, damit die mittlerweile vom Buchsbaum geräumten freien Plätze im nächsten Jahr blau blühen werden.

Katrin Lugerbauer weist in ihrem neuen Buch "Blütenreich - Ausdauernde und außergewöhnliche Gestaltungsideen mit Blumenzwiebeln und Stauden", frisch erschienen bei blv, auch auf das Problem mit den Traubenhyazinthen hin, die mit ihrem, wie sie es nennt, labberigen Laub nicht überall schön aussehen.


Wer Katrins Garten von ihrem Blog her kennt, weiß, dass sie wunderschöne immerblühende Beete mit Zwiebelblumen, Knollenpflanzen und Stauden gestalten kann und sie standortgerecht einsetzt.

Und so beschreibt sie auch in diesem Buch, wie man die Problemfälle Tulpen und Narzissen am Leben erhält, damit sie nicht nur eine Saison halten, und was eigentlich oft das Problem bei diesen Diven ist: Tulpen mögen keine anhaltende Bewässerung der Beete, da sie gern einen Trockenschlaf halten, denn sie sind an sommerliche Dürre in den Steppen Asiens angepasst.

Dieses Jahr nach dem letzten Dürresommer waren auch meine Tulpen besonders schön.



Düngen sollte man sie im Frühjahr, falls sie nur noch Blätter treiben. Wann und womit ist auch Thema des Buches und Katrin beschreibt anschaulich auch ihr persönliches Dilemma mit dem Düngen: Mineralisch und schnell oder organisch und dann oft zu spät? Ihren Tipp mit dem organischen Flüssig-Tomatendünger werde ich nächstes Frühjahr mal ausprobieren.


Die Vermehrung wird ebenso beschrieben wie Probleme mit Krankheiten und Schädlingen, aber auch das Thema Zwiebelblumen für nette Insekten bekommt einen Platz.



Auch im Spätsommer gibt es mehr als Dahlien, hier Allium senescens mit Kleinem Feuerfalter und Distelfalter:





Natürlich ist vor allem die Kombination mit Stauden ein großer Punkt - wie schafft man es, dass immer etwas blüht und das einziehende Laub der Zwiebelblumen nicht stört? Welche Stauden harmonieren mit welchen Zwiebeln und Knollen?

 


Mir hat das Buch gut gefallen, es hat tolle Bilder, viele Insidertipps und kommt gerade zur rechten Zeit: Jetzt können Blumenzwiebeln gepflanzt werden! Und wenn es nur die überzähligen aus Mutters Garten sind...

Samstag, 7. September 2019

Schnurren im Schlosspark

Wenn das Schnurren einer Katze für längere Zeit das lauteste Geräusch ist und kein Verkehrslärm die Ruhe stört, dann muss es Montag sein in Dennenlohe. Der Schlosspark ist immer einen Besuch wert, aber unter der Woche hat man ihn fast für sich allein, kann in allen Sitzgelegenheiten faulenzen und die kleine rot-weiße Katze ist so unterkuschelt, dass man sie gleich auf dem Schoß hat, Schnurren inklusive.



Nachdem ich Dennenlohe im März bei Dauerregen gesehen habe, wollte ich den Park auch noch einmal im Sommer besuchen. Und da ist einiges anders: Die Frösche quaken, wenn sie sich unbeobachtet fühlen, sind aber sofort mit einem satten Platsch im Wasser, sobald man zu genau hinschaut, man könnte ja ein Reiher sein, da weiß man nie.




Dann gibt es komische, riesige Gehäuseschnecken im Wasser, die bei Zugriff rasch einen passgenauen Deckel über die Öffnung im Gehäuse ziehen.



Ach, ihr wolltet auch was vom Schlosspark sehen? Na, gut, hier der Blick über den See mit Seerosen:


Weiter geht es zu einem Lotos-Tümpel, wo die Pflanzen blühen und anschließend ihre duschkopfförmigen Samenstände über die Blätter strecken:





Plötzlich fühlt man sich wie in der Wüste: Agaven hocken an einer Steinmauer, mit Königskerzen, Muskateller-Salbei, Blauraute, Walzen-Wolfsmilch und anderen vergesellschaftet:





Ein Steg führt durchs Schilf und man betritt wieder eine ganz andere Welt: Ein Häuschen mit Gebetsmühle wie frisch aus dem Himalaja arbeitet unermüdlich sich hin, oben auf dem Hügel steht ein Tempel:





Von hier aus hat man einen tollen Ausblick über den Rest des Geländes, wo in der Ferne auf der nächsten Anhöhe Blumen locken, nichts wie hin!



Dort sind zwischen Steinen Beete angelegt, schön nach Farben bepflanzt. Hier tummeln sich Blattschneiderbienen, Große Wollbienen, Kleine Feuerfalter und Hornissen an den Blüten.








In der Ferne lockt ein Felswall mit Steinskulpturen, um dorthin zu gelangen, muss man durch Blumenwiesen laufen. Die Wege sind einfach hineingemäht, so sind sie jedes Jahr ein bisschen anders. Bläulinge flattern umher und die Gelbbindige Furchebienen interessiert sich für alles, was lila blüht: Disteln und Flockenblumen.







Wälle mit Sonnenblumen und sonnenblumenähnlichen Blumen strahlen weithin in Gelb. Hier wachsen Weidenblättrige Sonnenblume, Becher- und Kompasspflanze.






Der Felshang schließlich ist mit unzähligen Rosen bewachsen, die jetzt Hagebutten tragen. Ganze Familien von Grünlingen futtern sich hier durch.



Dennenlohe ist sicher nichts für Ordnungsfanatiker, die Rosen in Reih und Glied erwarten und keine spontan erscheinenden Pflanzen sehen wollen. Für mich war es genau die richtige Mischung aus wilden Wiesen mit heimischen Kräutern und gärtnerisch bearbeiteten Bereichen.

Und wenn ich noch mal wiederkomme, schaffe ich es vielleicht auch, einen der großen Frösche zu fotografieren.