Dienstag, 30. August 2011

Senkrecht halten!

Unser Zierapfel "Golden Hornet" hat Haltungsschäden.
Das kommt davon, wenn man immer zwei Meter lange Zweige veranstaltet, die man gerne aufrecht tragen möchte.



Senkrecht stehen tun sie aber nur so lange, bis die Äpfelchen heranreifen. Da die Schwerkraft auch vor Apfelbäumen keinen Halt macht, kann man ab Juli nur noch durch den Garten robben, weil Mr Golden Hornet seine vollbehangenen Äste schrankenartig überall verteilt hat.
Erst habe ich die Schwächlinge noch aufzubinden versucht - bis sich schließlich einer der beiden Leitäste bedrohlich von seinem Geschwister entfernte und gegen Boden neigte.
Bevor also einer der wöchentlichen Stürme, die im Moment so "in" sind, zu massivem Astbruch führt, haben wir den Guten lieber aufgeastet und eingekürzt.


Ich kann euch sagen, sowas macht keinen Spaß. Nicht mit all dem schönen Fruchtbehang und dem gesunden Laub. Man kommt sich ganz schändlich vor, als würde man ein Stück tropischen Regenwald vernichten, denn genauso viel Leben beherbergt jeder einzelne Zweig. Weberknechte, Spinnen, diverse Netzflügler und Marienkäfer rennen um ihr Leben. Schnirkelschnecken aller Altersklassen möchten bitteschön umquartiert werden, weil sie nicht so schnell laufen können.

Um den Lebensmittelvorrat der Vögel muss man sich allerdings keine Sorgen machen. Die Amseln, die die Äpfel erst nach dem ersten Frost überhaupt eines Blickes würdigen, schaffen es seit Jahren nicht mehr, den Baum leerzufuttern. Bis er im Februar dann aussieht wie ein misslungenes Dörrobstexperiment - die verpilzten Fruchtmumien aus 4 Metern Höhe per Hand zu entfernen, ist auch kein Vergnügen!

Aber es wäre doch ein großer Frevel, die Äpfelchen, die an den abgeschnittenen Ästen haften, wegzuwerfen.
Man soll schließlich ein ganz tolles Zierapfelgelee aus ihnen kochen können!

Also kann man die sicher auch prima verschenken und muss kein schlechtes Gewissen haben?



Ja, denkste. Alle lehnten dankend ab: "Keine Zeit." oder "Wir kochen nie was ein." bis hin zu "Die schmecken doch nicht".
Schließlich habe ich sogar beim Tierpark angerufen, aber die wollten auch keine Futterspende, zu sauer seien die Früchtchen. Dabei hatte ich große Hoffnungen in die Wildschweine gesetzt.

Alles muss man selber machen.

Da es sowieso nur regnete, habe ich ein Kilo der besten, gelbsten Äpfelchen zusammengeklaubt, entstielt und den Blütenansatz abgeschnitten.
Entkernen würde zu weit führen, das hält keiner aus, soviel Arbeit ist das.
Halbieren reicht, um Beifang auszuschließen (die Apfelwickler machen auch vor so kleinen Dingern nicht halt), dann alles in den Kochtopf werfen und mit etwa 750ml Wasser aufkochen.

Klingt einfach, ist es aber nicht. Dauert ewig. Zwischenzeitlich kam doch die Sonne raus, was die ganze Plackerei in der Küche nicht verlockender machte.
Zwischenzeitlich hatte ich mir schon Sorgen gemacht, dass das Ganze nicht fruchtig genug werden könnte, denn die Fruchtfliegen-Kunstflieger-Staffel, die gerade in der Küche gastiert, interessierte sich für keinen einzigen Schritt der Zubereitung.

Nach etwa einer Viertelstunde sind die Äpfel schon schön zerkocht, so dass man sie absieben kann, um den Saft aufzufangen. Hier käme jetzt eigentlich der große Auftritt eines Mulltuchs, damit der Saft nicht eintrübt.
Da hatte ich aber irgendwie keine Lust zu. Das muss auch so gehen, schließlich trinke ich auch naturtrüben Apfelsaft.

Hat man den Saft erfolgreich aufgefangen und gewogen, kann man mit der passenden Menge Gelierzucker noch mal alles aufkochen und nach 3 Minuten in Gläser abfüllen.

Das Endergebnis sieht aus wie Marmelade und schmeckt wie Apfelmus, süß auf jeden Fall, aber etwas würziger als von großen Äpfeln. Also nennen wir es doch einfach Zierapfelkonfitüre.
Mein Mann war jedenfalls begeistert, als er probiert hat.

Vorher-Nachher-Bild
Als ich fertig war, hat es auch wieder geregnet.

Habt ihr noch Ideen, was man Sinnvolles mit dem Apfelsegen anstellen kann? Kränzestecken vielleicht?

Sonntag, 28. August 2011

Die Standortfrage

Standortgerechtes Gärtnern ist günstiges Gärtnern.
Schattengewächse auf einem Platz an der Sonne werden bei guter Bewässerung zwar möglicherweise einige Zeit durchhalten, Sonnenanbeter mit einem Schattendasein abzuspeisen, aber führt selten zum Erfolg - erst wird das Blühen eingestellt, dann das Leben. Dieses Siechtum kann Jahre dauern, geblüht wird aber auf gar keinen Fall.
Eventuell versetzen die Schnecken dem gebeutelten Grün auch frühzeitig den Gnadenstoß - denn die wiederum gedeihen sehr gut im Schatten.

Phlox und Fette Henne am sonnigen Standort

"Wie hältst du's mit dem Standort?" ist also die Gretchen-, pardon, die Gärtnerfrage, möchte man nicht ständig Zeit im Gartencenter verbringen, um ehemals Grünes zu ersetzen.

Manchmal rettet die verschatteten Pflanzen aber auch die beherzte Schere, zumindest wenn man sie bei anderen anwendet: Eine neue Frisur für zu groß gewordenen Sträucher oder das Aufasten von Bäumen ist die günstige, aber schweißtreibende Variante, seine Belegschaft neu zu Höchstleistungen zu motivieren.
Ist der Schattenspender sogar eine ausufernde Wildrose, sollte man vorher diverse Nahkampftechniken geübt haben.

Herbstanemone (Anemone hupehensis) für Halbschatten

Gartenanfänger, die die richtigen Pflanzen für die jeweiligen Standorte suchen, brauchen allerdings mehr als eine Schere. Am besten ein Buch, das sich genau mit dieser Problematik beschäftigt.

Ein brandneues, günstiges ist gerade im Ulmer-Verlag erschienen:

Die 300 besten Pflanzen für jede Gartensituation (Martin Haberer 2011. 192 Seiten, 309 Farbfotos, Klappenbroschur. € 9,90)
















Martin Haberer ist Autor mehrerer Pflanzenratgeber, die Identifikation und Auswahl erleichtern sollen.

Das kleine Taschenbuch beschreibt 300 winterharte Stauden bzw. Gehölze für die 5 häufigsten Gartensituationen:
  • Ein Platz an der Sonne
  • Schatten und Licht
  • Schöner Schatten
  • Steine, Sand und Mauerritzen
  • Keine Angst vor nassen Füßen
Wie diese Standorte zu erkennen sind (Sonnenscheindauer etc.), ist zu Beginn eines jeden Kapitels nachzulesen.
Nicht nur Pflanzen lieben Mauerritzen

Jede Doppelseite zeigt 4 Pflanzenportraits mit je einem Foto und fachkundiger Beschreibung. Wuchsform und Blütezeit sind angegeben sowie Geselligkeit bei Stauden. Bei Gehözen kommen noch Angaben zu sommergrünem, teilimmergrünem oder immergrünem Blatt und seinen Maßen hinzu.

Eine Seite aus dem Kapitel "Licht und Schatten" - Actaea alba könnte mir schon gefallen...
 
Je ein Pflanzplan als Aquarell für ein sonniges und ein schattiges Beet findet sich zum Ausklappen vorn und hinten im Buch. Als Zugabe gibt es einen Blühkalender für die vorgestellten Arten.

Wer seinen Garten nur mit einheimischen Pflanzen einrichten möchte, oder sich für Fernöstliches interessiert, findet die Herkunft der Arten angegeben.
Bei den Stauden findet sich ein kurzer Satz zur Vermehrung (oder wie man sie unterbindet) - vielleicht muss man also gar nicht ins Gartencenter, sondern kann seinen Nachbarn fragen.

Junges Herbst-Alpenveilchen


Falls doch, ist das Büchlein handlich genug, um als bebilderter Einkaufsführer seine Dienste zu leisten.
Die meisten Pflanzen wird man auch genau dort antreffen, ist doch wenig Extravagantes dabei, wie zum Beispiel die Ramonda oder das Goldtröpfchen.

Ob die angegebenen Arten auch die eigenen Top 300 wären, darüber lässt sich trefflich streiten.
Die Nadelgehölze wären nicht meine erste Wahl gewesen - gleich 4 Wacholderarten sind vertreten sowie der Zwerglebensbaum, die Nest- und die Zuckerhut-Fichte sowie noch viele weitere Immergrüne. Andere Gärtner aber freuen sich aber vielleicht über diese Auswahl.

Wann immer ich an einen meiner Superstars gedacht habe, habe ich sie sofort im Buch nachgeschlagen und bin meistens fündig geworden: Meine Lieblinge wie Frauenmantel, Sonnenhut, Akelei, Wollziest, Walzenwolfsmilch und Sempervivum waren dabei.
Den zum Friedhofsgewächs vedonnerten Ysander aber hätte ich gerne gegen meinen Favoriten, das Lungenkraut eingetauscht  - die allgegenwärtige Besenheide gegen meine liebsten Hummelblumen Brandkraut und Katzenminze.

Überhaupt fehlen meist Angaben zur Insektenfreundlichkeit der Pflanzen - die Forsythie, die nun nicht gerade als Bienenweide bekannt ist, ist leider auch verzeichnet. Stattdessen hätte ich mir eine Wildrose gewünscht.

Fazit: Wer keinen waschechten Naturgarten anlegen möchte, nicht gerne nach Raritäten sucht, sondern einfach nur schnell die richtigen - und vor allem robusten, pflegeleichten Pflanzen für seine Gartenstandorte sucht, ist mit dem kleinen Büchlein sicher gut beraten. Anfänger können es zusätzlich als Bestimmungsbuch der gängigen Gartenpflanzen verwenden. Aber auch fortgeschrittene Gärtner werden es gern zur Hand nehmen, um die Pflegetipps und Vermehrungsratschläge zu konsultieren - und vielleicht doch noch unbekannte Schöne zu entdecken.

Mittwoch, 24. August 2011

Landmarken

Wer eine Fernreise machen möchte, muss früh aufstehen.
So früh, dass es sich wie mitten in der Nacht anfühlt und man doch spontan lieber auf die Reise verzichten möchte. Aber Kneifen gilt nicht.
So früh, dass jedes Flusstal, dessen man aus dem Zugfenster ansichtig wird, mit Begeisterungsstürmen und dem Wunsch nach einem Nothalt quittiert wird, so dekorativ liegt der Nebel über den Wiesen.
Später dann, auf dem Weg zwischen Hannover und Berlin, fehlen plötzlich die markanten Landmarken weitestgehend.
Wo die innerdeutsche Grenze einmal war, ist nicht mehr auszumachen, und man merkt, was man bei einer Zugfahrt entbehrt: Diese unübersehbaren Hinweisschilder in freundlichem Braun, die jede Autobahn zieren, und auf die nächsten Städte oder Sehenswürdigkeiten der Region hindeuten.
Selbst die kleinsten Landstraßen beschriften voller Stolz jeden noch so winzigen Fluss.
Im Zug dagegen: Nichts. War das gerade die Elbe, an der wir vorübergerast sind?
Nur mit einer gut ausgeprägten Nackenmuskulatur und ebensolchem Reaktionsvermögen schafft man es gerade so, am nächsten Bahnhof, der in Sekundenbruchteilen vorbeizieht, die Ortsangabe zu entziffern:
"Schönhausen a. Elbe". Gut, das wäre geklärt.

Aber im Zug hat man ja zum Glück andere Zerstreuungen. Man kann beispielsweise ein Buch lesen, bei Tempo 150 die sanitären Anlagen besuchen oder die Räusperfrequenz des Hintermannes analysieren. Dinge, die man im Auto nicht so gut kann.
Im Kraftfahrzeug fehlen zudem die manchmal unfreiwillig komischen Lautsprecherdurchsagen: "Wir möchten sie nun auf unseren astronomischen Service aufmerksam machen!". Die Preise zumindest sind wirklich mehr astronomisch als gastronomisch, aber was tut man nicht alles für einen Morgenkaffee.

Irgenwann schließlich kommt man möglicherweise dort an, wo man hinwollte, in unserem Fall in Potsdam, genauer: Park Sanssouci.

Völlig überraschend ist das riesige, sehenswerte Parkgelände mit eingestreuten Prunkbauten kostenlos zu besichtigen, welch ein Glück! Und es hat sogar eine eigene Haltestelle!
Es lohnt sich, bis zum Bahnhof "Park Sanssouci" durchzufahren - das schafft man vom Berliner Hauptbahnhof aus in einer guten halben Stunde - um dann durch den Park, die Innenstadt und die Freundschaftsinsel bis zum Potsdamer Hauptbahnhof zurückzulaufen.

Landmarken gibt es genug - Schlösser, alte Bäume, bunte Wiesen und viele Blumen!

Es gibt große Prachtbauten aus alten Zeiten zu besichtigen, aber auch die kleinen Dinge am Wegesrand, wie dieses männliche Dornröschen hier am Neuen Palais:


Die Orangerie hat traditionell besonders viel für Gourmetgärtner zu bieten - es gibt Süßes und Saures, angefangen von Zitronen bis hin zu Salbei, Mangold, Artischocken, Basilikum und Lavendel:


Mangold mit Fontäne
 
Der Aufgang zur Orangerie

Mangold, Salbei und Basilikum


Weiter führt der Weg an einer Windmühle vorbei zu den Neuen Kammern:


Auch hier viel Gärtnerisches, hauptsächlich mit Einjährigen gestaltet und sehr formal:


Am Schloss Sanssouci angekommen schließlich weiß man gar nicht mehr, wohin man zuerst schauen soll:
Auf das Schloss selbst mit seinem atemberaubenden terrassenartig angelegten Aufgang - oder auf die überquellenden Blumenbeete mit Tagetes, Cosmeen, Spinnenblumen, Löwenmäulchen, Malven und Salbei:






Hat man genug vom Leben der Schönen und Reichen vergangener Zeiten, läuft man ein Stück weiter, durchquert das Brandenburger Tor (Potsdam hat - natürlich - ein eigenes) und die Innenstadt, bis man kurz vorm Hauptbahnhof auf die Freundschaftsinsel stößt.
Auch dieses botanische Highlight ist kostenlos zu besichtigen!
Die Insel wurde bereits von Karl Foerster gestaltet und ist angelegt wie ein botanischer Garten - mit vielen Pflanzenschildern und Züchtungen, die noch auf den Meister persönlich zurückgehen.
Außerdem findet man hier noch Rosensorten aus DDR-Zeiten.

Federmohn

Die Havel  - von Bergenien flankiert


Sonnige Spätsommerbepflanzung

Torhäuschen mit den Kuppeln der Nikolaikirche und des Alten Rathauses


Man hätte noch ewig bleiben können, aber irgendwann mussten wir doch zurück zur nächsten Landmarke - dem Berliner Hauptbahnhof....

Sonntag, 21. August 2011

Grüne Bohnen

Warum ist Kaffee eigentlich so teuer?
So langsam bekomme ich eine leise Ahnung.

Die Ausaat der Kaffeebohnen von Coffea arabica ist nämlich nicht so einfach, wie es die schiere Größe des Samens vermuten lässt.
Zunächst einmal ist natürlich die Farbe ganz entscheidend für das Gelingen - braune Bohnen weigern sich beharrlich, Leben zu zeigen - selbstredend, dass man keine gerösteten verwendet.
Stattdessen braucht man frische grüne Bohnen, höchstens das Hellbeige nach dem Trocknen ist noch zu tolerieren. Nur schokobraun sollten sie eben lieber nicht sein, wenn es nicht in völligen Frust ausarten soll.

Geröstete und zwei ungeröstete Kaffeebohnen zum Vergleich

Denn den Frust hat man sowieso. Wer schnelle Erfolge sehen möchte, der sollte lieber Kapuzinerkresse oder Erbsen aussäen. Kaffee aber ist nichts für schwache Nerven - das gilt für die Samen wie für das fertige Getränk gleichermaßen - der Apfel fällt nicht weit vom Stamm.


Da mein Kaffeestrauch "Tom Bohnen" dieses Jahr Unmengen an Kaffeekirschen produziert hat, kann ich mittlerweile von erhöhter Frusttoleranz sprechen, denn ich habe es durchgezogen, jawoll!
Anstatt mir ein Schnapspinnchen voll von eigenem Kaffee zu brühen, habe ich die Aussaat in Angriff genommen.

Kaffee - Blüte

Frucht - noch grün hinter den Ohren

Und was soll ich sagen: Kaum wartet man mal zwei bis drei Monate, gießt fleißig, murmelt Beschwörungsformeln und kleinere Flüche, regt es sich auch schon im Kaffeekindergarten.

So funktioniert die Aussaat:
Pro Kaffeekirsche lassen sich zwei Bohnen gewinnen, indem man das rote Fruchtfleisch gründlich entfernt - das man übrigens essen kann, schmeckt sogar gar nicht mal so schlecht!

Wartet man solange, bis die Frucht schon ganz schrumpelig braun geworden ist, gelingt die Aussaat auch, nur will man die Hülle dann nicht mehr verspeisen.

Ob man die Anwärter auf die Aussaaterde legt oder hineinsteckt, interessiert die Samen nicht die Bohne.

Auch stundenlanges Einweichen im Wasserglas vor dem Pflanzen scheint keine signifikante Beschleunigung zu bewirken, allenfalls erntet man komische Blicke, wenn Besucher des Treibguts ansichtig werden.
Allein die Temperatur könnte noch einen größeren Einfluss haben. Bei Zimmertemperatur jedenfalls fühlt man sich um Jahre gealtert, bis endlich etwas passiert.

Irgendwann keimen sie aber doch alle - die unterirdischen haben höchstens einen weiteren Weg, weil sie sich erst an die Erdoberfläche kämpfen müssen.

Was dann folgt, nenne ich das Herkulesstadium - die Keimlinge tun wochenlang nichts weiter, als den Stiel mit dem Samen obenauf immer höher zu schieben, die kleinen Kraftprotze.

 
Wenn ihnen der Ausblick dann endlich zusagt, beginnen sie, die Samenhülle auseinander zu drücken.
Auch das läuft in quälend langsamem Tempo ab, bis die Ungeduld siegt und man sich die Kleenen schließlich vorknöpft, um Geburtshilfe zu leisten.
Die Kerlchen sind robuster als sie aussehen - die kann man sich einfach schnappen und ihnen die Reste der Kaffeebohne vom Leib reißen. So leicht knicken die nicht ein.

Der vordere Keimling sprengt die Kaffeebohne


Sind die Keimblätter erstmal entfaltet, und fühlt sich der Kaffeebohnendompteur schon stolz wie Oskar, geht das Ganze ein bisschen schneller vonstatten.

Keimblätter voll entfaltet

Die ersten richtigen Blättchen lassen nicht lange auf sich warten.
Jetzt kann man ans Umtopfen denken.

Keimling mit den ersten beiden Blattpaaren

Hier stehen sie nun, meine Kaffeeknirpse - mit selbstgebasteltem Namensschild - aus einem Eisstiel, einem Schaschlikspieß, Holzleim und ein bisschen Farbe:


Wichtig ist, dass sie keine pralle Sonne bekommen.


Die kleinen Pflänzchen sind ein schönes Geschenk für Menschen mit dem grünen Daumen (hier ist jetzt auch wieder grün wichtig, damit das ganze Theater nicht für die Katz war), und auch die aussaatfähigen Kaffeebohnen sind eine begehrte Tauschwährung.
Kaffeepflanzen kaufen ist doch langweilig, wenn man so einen Nervenkitzel kostenlos geboten bekommt!

Im Moment habe ich allerdings keine Devisen mehr - die neue Ernte reift aber schon heran, so dass ich auch nächstes Jahr wieder offen bin für Tausch-Avancen!
Dann können wir auch gerne eine Kaffeezucht-Selbsthilfegruppe gründen.

Dienstag, 16. August 2011

Sonnige Gemüter

Jeder liebt Sonnenblumen.
Die allesüberragende Asteracee mit dem sonnigen Gemüt ist nicht nur eine imposante Erscheinung, sie ist auch von ansteckender Fröhlichkeit.
Ja, Sonnenblumen können einem den Kopf verdrehen. Das ist durchaus wörtlich gemeint - beim Radeln schnurstracks an einem Garten mit einer größeren Sammlung der gelben Riesen vorbeizufahren, ist eine Herausforderung - beim Hinterherschauen immer auf Hindernisse achten!



Als ausgleichende Gerechtigkeit lassen sich Sonnenblumen aber auch ganz leicht die Köpfe verdrehen. Leider nicht vom Gärtner, so viel Respekt haben sie dann doch nicht.
Stattdessen himmeln sie gerne unseren liebsten Himmelskörper an und folgen im Knospenstadium stets dem Tageslauf der Sonne.
Geöffnete Blüten hören bald auf mit diesem anstrengenden Ehrfurchtsgebahren. Sie schauen dann lieber stoisch nach Osten.

Wer nun so tun möchte, als würden seine Zöglinge allein ihn anhimmeln, der rücke einfach den Liegestuhl mit dem Sonnenstand immer ein Stückchen weiter - die Knospe wird brav folgen.

Möchte man noch mehr Anerkennung erhaschen, suche man sich gleich ein ganzes Feld voll von diesen gigantomanischen Pflanzen:
Einer Armee aus Blumen gleich stehen sie da, die Augen geradeaus - der Betrachter kommt sich vor wie ein Rockstar, scheint ihm doch die ungeteilte Aufmerksamkeit aller anwesenden Blumen zuteil zu werden, denn die geöffneten Blüten schauen stets mehr oder weniger in dieselbe Himmelsrichtung, nach Osten, wenn alles gut läuft.


Sonnenblumen sind kinderleicht zu ziehen und auch deshalb so beliebt.
Die Anzucht aus den großen Samen gelingt leicht. Wenn man Glück hat, haben das sogar schon die Vögel erledigt, wenn sie bei der winterlichen Fütterung etwas vergessen haben.

Superblume hat allerdings eine verwundbare Stelle: Wenn der Garten einer Schneckenbegegnungsstätte gleicht, tut man gut daran, die Sämlinge zunächst in Töpfen vorzukultivieren, bis sie eine Respekt einflößende Größe erreicht haben. Ansonsten verschwinden die Keimlinge spurlos über Nacht oder sind nur mehr Gerippe - und das ist wirklich ein ganz und gar trauriger Anblick.
Werden sie von den Schnecken aber verschont, legen die Einjährigen ein Wachstumstempo an den Tag, das gestandene Sträucher blass vor Neid werden lässt.


Wenn alles geklappt hat, kann man sich im Spätsommer an seinen riesenhaften Standup-Comedians erfreuen - denn dass Sonnenblumen einen Sinn für Humor haben, steht ja wohl außer Frage.

Als Beweis mögen diese seltenen Bilddokumente dienen, die die Sonnenblume mit dem Schalk im Nacken zeigen:

Hier demonstrieren mehrere Exemplare, was sie vom Vermummungsverbot halten:



Dieser Spaßvogel hat sich als Osterhase verkleidet - nicht ganz die passende Jahreszeit, aber dafür täuschend echt, wie ich finde:



Im Gesichter-Schneiden sind die ungefüllten Sorten den gefüllten übrigens um Längen voraus!
Finden die Bienen, Hummeln und Schwebfliegen sowieso.

Also, holt euch die fröhlichen Blumen - ab jetzt ist Zeit, nach Samen besonders schöner Exemplare Ausschau zu halten!

Freitag, 12. August 2011

Majestätsbeleidigung

Vor das Rosen-Pflanzen hat der Gärtner das Grübeln gesetzt:
Passt der Standort? Ist er sonnig genug? Weht auch ein Lüftchen, das die empfindlichen Blätter schnell abtrocknen lässt, damit sich keine entstellenden Pilzkrankheiten breitmachen?

Und vor allem: Hat dort bereits eine Rose gestanden?
In der Gartenliteratur gilt es nämlich als grob fahrlässige Majestätsbeleidigung, eine Rose ohne viel Aufhebens, und vor allem ohne kompletten Bodenaustausch bis hinunter zum Erdkern, an eine Stelle zu pflanzen, wo vorher schon ein Artgenosse stand.

Die Rose vergiftet sich selbst den Boden, so steht es geschrieben.
Ihre Hoheit möchte wohl nicht, dass jemand geringeres ihre Nachfolge antritt.
Ein paar Meter weiter gerne, aber bitte nicht genau dort, wo ihre Durchlaucht ihre Wurzeln hat schweifen lassen.

Und so greifen Gärtner weltweit zum Spaten, um möglichst viel vom verseuchten Erdreich abzutragen, möglichst außer Sichtweite der neuen Pflanze irgendwo zu verklappen, und mit neuer Erde (meistens zu allem Übel auch noch angereichert mit Torf) zu versehen.

Auch ich war einigermaßen verunsichert, als ich bei einer Pflanzentauschbörse unverhofft zu einem Ausläufer der Rose de Resht kam.


So plötzliche Neuzugänge stellen den pflanzensüchtigen Reihenhausgärtner vor gewisse Probleme.
Oft bleibt nichts anderes übrig, als den akuten Platzmangel durch Mord zu kurieren: Mord an den vorhandenen Pflanzen.
Als Bauernopfer kam eine sich allzu ausufernd gebährdende Wildrose im Vorgarten in Frage, derer ich sowieso schon drei Exemplare im Garten angesammelt hatte. Diese eine sollte weichen, sie hätte den verfügbaren Platz früher oder später ohnehin gesprengt.

Den sicheren Tode meines neuen Röschens also vor Augen, falls ich kein Sondereinsatzkommando "Bodenaustausch" einberief, beschloss ich zunächst, eine zweite Meinung einzuholen.

Im Gartenfachgeschäft in der Innenstadt mit der legendär guten Beratung fragte ich daher, ob eine Bodenkur oder sonstige Dekontaminierungsmaßnahmen von Nöten seien, um die Hinterlassenschaften einer dreijährigen Wildrose zu beseitigen.
"Nein," sprach der Experte, "nach der kurzen Zeit ist das noch nicht so tragisch."

Prima, das wollte ich hören!
(Zum Dank für die exzellente Beratung in diesem Geschäft kaufe ich öfter dort unbesehen Gartenzubehör, nur um dann später zu merken, dass es auch nicht teurer war als im Gartencenter).

Nach zwei Jahren ohne Bodenaustausch, etwas Kompost und ein bisschen Dünger nach der ersten Blüte, ist Klein-Rose de Resht mittlerweile auch zur Höchstform aufgelaufen:
Zwar immer noch ein Dreikäsehoch im Vergleich zur Buchshecke, aber reich an Knospen, völlig blattgesund und umwerfend duftend.

 

 




Selbst im Verblühen zeigt sie noch Würde:



So zimperlich ist ihre Majestät also doch nicht immer...