Samstag, 26. September 2020

Das Lexikon der vermissten Gärtnerbegriffe (und Buchvorstellung)

Kennt ihr das Buch "Der tiefere Sinn des Labenz: Das Wörterbuch der bisher unbenannten Gegenstände und Gefühle"? Darin werden Ortsnamen umgemünzt in Begriffe, die schon lange im Wörterbuch gefehlt haben. Und geht es uns Gärtnern nicht auch immer so, dass wir eine neue Wortschöpfung bräuchten, um ein Missgeschick oder ein Gefühl, das wir bei der Gartenarbeit erleben, auszudrücken, ohne einen ganzen Roman für seine Beschreibung aufsetzen zu müssen? Das endet meistens in einer kapitalen Wortfindungsstörung, weil es dieses Wort einfach nicht gibt. Das ist doch ganz und gar ärgerlich!

Hier daher ein kleiner Versuch, neue Wörter für die Gartenarbeit zu finden - alle sind ursprünglich Ortsnamen, die ich umgemünzt habe in gärtnerische Begriffe:

  • Atsch: Das Geräusch, das ein Ast macht, der uns mit Schmackes ins Gesicht schlägt bei dem Versuch, ihn abzuschneiden oder festzubinden. 
  • Bräunrode: Ein Gehölz so stark zurückschneiden, dass es nicht mehr oder nur noch spärlich austreibt und früher oder später abstirbt.  


 

  • Bruchsal: Auf die Mühsal beim Herausziehen der Ranken von Zaun-Winde oder Wildem Wein aus den Rosen oder anderen Sträuchern folgt auf den Fuß die Bruchsal: Ein Ast bricht garantiert dabei ab und wir ärgern uns eine Woche schwarz. Passiert mir ständig beim Versuch, eine Ranke vom Wilden Wein aus dem Pfaffenhütchen zu zerren.


 

  • Dürrholz: Völlig verrockneter Strauch, dessen Zustand entweder auf Wühlmäuse zurückgeht oder der immerwährenden Hitze ohne Regen geschuldet ist oder beidem. 
  • Kaköhl: Wenn man morgens nichtsahnend in den Garten geht und das Beet mit der Sommerblumenansaat nur noch aus einem nicht völlig verscharrten, noch frischen Katzenkothaufen besteht.
  • Kiesbert: Der Nachbar, der seinen Vorgarten in eine Steinwüste bar jeder Bepflanzung umgewandelt oder höchstens mit einem dahinsiechenden Buchsbaum garniert hat.
  • Kleenerich: Dieser eine Sämling, der mickrig und viel zu schwach ist, den wir aber trotzdem hingebungsvoll päppeln, weil wir die Aussaat insgesamt vergeigt haben → Kaköhl → Schmölz
  • Klein Wanzleben: Die eine Stelle im Garten, wo sich die Feuerwanzen zur Vollversammlung treffen. 


 

  • Mürmeln: Das ganz leise, kaum hörbare Vor-sich-Hinmurmeln im Gartencenter, um sich selbst per Gesprächstherapie davon zu überzeugen, dass man keinen Platz hat für auch nur eine weitere Staude. Sorgt meistens für irritierte Blicke bei den anderen Kunden.
  • Niederkleen: Das stundenlange Hocken in gebückter Haltung auf dem Rasen, um den Weißklee herauszuklauben, was nicht selten in einem ausgewachsenen Muskelkater und einer Verspannung endet.


 

  • Neusorg: Eine neue Pflanze ist eingezogen und wirft plötzlich Fragen auf, wie die der Überwinterung, weil man im Übereifer ignoriert hat, dass sie nicht völlig frosthart ist. Oder man hat eine solche Pflanze geschenkt bekommen und muss sich jetzt kümmern.


 

  • Schadewohl: Dieses unglaubliche Gefühl von Ärger und Selbsthass, wenn man den falschen Ast abgeschnitten hat, nämlich den einzig lebenden unter zig toten oder den der wertvollen immergrünen Clematis zwischen den alten Wickentrieben.
  • Schmölz: Das Dahinschmelzen (meist über Nacht) einer mühsam selbst herangezogenen Pflanze unter dem Ansturm von Schnecken. Man könnte auch sagen: Die Verwandlung einer Pflanze in eine Schleimspur.



 

  • Schrick: Der kleine, aber am Ende erfreuliche Schreck, den man bekommt, wenn beim Unkrautzupfen im Beet plötzlich etwas wegspringt, das sich am Ende als Frosch entpuppt.


 

  • Trügleben: Der Zustand eines Gehölzes, das im Frühjahr die Blätter verweigert, aber noch ein bisschen grün aussieht, wenn man an der Rind kratzt, obwohl es längst tot ist.
  • Wiebelsaat: Samenkörner, die so klein sind, dass sie beim kleinsten Windhauch zum Nachbarn hinüberfliegen und daher eine Qual beim Aussäen sind.
  • Zwischenwasser: Ein schnelles Blumengießen zwischen Frühstück und Zur-Arbeit-Gehen, um bei großer Hitze die Kübelpflanzen vor dem sicheren Tod zu bewahren und bis zum Abend halbwegs frisch zu halten

 

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...und nun zu etwas völlig anderem: Weil ich lernen wollte, wie man aus Brennnesseln Fasern gewinnt und wie das mit dem Märchen "Die sieben Schwäne" noch mal war, habe ich "Das Brennnessel-Buch" von Mechtilde Frintrup aus dem at-Verlag gelesen.

 



Der magische Teil (Signatur, das Pflanzenwesen, "das dritte Auge erwecken") war zwar nichts für mich, doch im praktischen Teil habe ich viele interessante Anwendungen gelernt, von tollen Rezepten über Pflanzenfarbe bis hin zum Spinnen der Fasern. Frau Frintrup ist auf diesem Gebiet Expertin und hat schon selbst Kleidungsstücke angefertigt. 

Wie man wann aus der Pflanze grobe und feine Fasern gewinnt, um einen Faden zu spinnen oder Seile herstellt, wird gut in Wort und Bild erklärt. Ich habe erfahren, dass die Kunst der Textilherstellung aus Brennnesseln auch heute noch Anwendung findet, sogar extra dafür Sorten gezüchtet werden und man Kleidung aus Brennnesselgewebe kaufen kann. Meistens wird jedoch die verwandte Ramie (Boehmeria nivea) verwendet, die neuerdings immer mehr als Gartenstaude gepflanzt wird - da ergeben sich doch ganz neue Anwendungsfälle und rückt sowohl Ramie als auch Brennnessel im Garten in ein ganz neues Licht!

Über die Ramie als Gartenstaude hat Katrin Lugerbauer schon öfter berichtet. Sieht die Pflanze nicht klasse aus?

Gut, dass im Brennnessel-Buch auf den Nutzen für Schmetterlinge hingewiesen wird. Auch das Märchen "Die wilden Schwäne" ist mir jetzt wieder präsent!

Wer mehr über dieses eigentlich verhasste Unkraut wissen möchte, ist mit dem Buch gut beraten. Ich werde im Winter tatsächlich versuchen, daraus Fasern zur Verwendung als Gartenschnur zu gewinnen!


Samstag, 19. September 2020

Der Garten im Hochsommer

Wenn ein Garten eines kann, dann ist es zu überraschen. Immer wieder aufs Neue. Da denkt man, man kennt seine winzige Parzelle in und auswendig, aber Pustekuchen. Jedes Jahr bietet der Garten einige Innovationen, ob man die mag oder nicht.

Dieses Jahr war das Jahr des Malvenrosts. Dieser blöde Pilz lässt Malvenblätter aussehen, als hätten sie die Pest oder die Masern, jedenfalls sieht es erst unschön aus und dann vertrocknen die befallenen Blätter. 

Anfang Juli war noch alles wie immer, alles rosig, dann trat Agent Orange auf den Plan und schnell spielte die Malve Chamäleon und wurde orange und braun. 




Den Rostpilz hatten die Malven jedes Jahr und so dachte ich auch diesmal, wird schon werden. Wurde es aber nicht. Die Stockrose ist eingegangen und auch einige Moschusmalven. Die Buschmalve ist jetzt sehr durchsichtig, treibt zum Glück wenigstens an manchen Stellen wieder aus.


Ich habe aber auch irgendwann versucht, gegen den Malvenrost mit deinem 70er-Jahre-Orange eine Nulltoleranzpolitik zu betreiben. Dazu war ich extra im Gartenfachgeschäft und habe mir alle Fläschchen zeigen lassen, die da waren. Manche Präparate waren gefährlich für Wasserorganismen, andere sollte man nicht einatmen und nach der Behandlung die Kleidung wechseln. Oder war es verbrennen? Die schieden schon mal alle aus. Am Ende ist es ein kleines harmloses Präparat ohne Warnhinweise aber mit Pflanzenstärkungsmitteln und ein bisschen Schwefel geworden, denn Schwefel mögen blattbewohnende Pilze nicht.

Ob es an der unermüdlichen Behandlungsaktion mit dem Stinkenebel lag oder Zufall war? Jedenfalls haben zumindest die Buschmalve und der selbstgesäte Eibisch überlebt.

Die Äpfel vom Säulenapfel 'Arbat' sind dieses Jahr recht viele, aber viel zu viele bekommen ebenfalls einen Pilz (Frucht-Monilia), werden braun und fallen noch nicht mal ab, damit sie noch mehr Äpfel anstecken können:


Andere Überraschungen sind weniger schlimm. Das Herzgespann sät sich plötzlich aus und zwar in einer Weise, die man schon als aggressiv bezeichnen kann. Hat es vorher nie getan, nur ganz leise und zaghaft. Jetzt ist es überall und wächst innerhalb von einer Saison zu einer blühfähigen Pflanze heran.


Dafür fand ich in einer raffinierten Blatttasche eine Raupe an diesem neuen Herzgespann, das sich so einnehmend auf dem Rasen herumräkelt, als wäre es schon immer hier zuhause gewesen.



Sie stellte sich auf Nachfrage im Lepiforum als Brennnessel-Zünsler heraus und ich hatte eine bischer nicht dokumentierte Futterpflanze gefunden.

Die Hängepolster-Glockenblume wächst aus allen Löchern des Durchschlags heraus, das ist ebenfalls eine schöne Überraschung:


Die Kapuzinerkresse wurde im August schon recht mickrig, aber kaum dreht man ihr den Rücken zu und macht Urlaub, dreht sie plötzlich wieder richtig auf:


Gab es bei euch dieses Jahr auch Überraschungen im Garten?



Samstag, 12. September 2020

Die Demokratisierung des Gemüses

Die Demokratisierung des Gemüses, sprich: Gärtnern für alle in der Stadt und ganz ohne Zäune und Wachschutz, geht das? Kommt drauf an. In Städten oder Stadtvierteln, in denen Vandalismus stärker wuchert als Giersch, Zaunwinde und Knöterich zusammen, wird es sicher anstrengend. Selten wird man eine besondere Tomatensorte dazu gepflanzt bekommen, eher verschwindet eine besondere Tomate in fremden Mägen. Wenn das mühsam gezogene Gemüse also von Leuten geklaut wird, die sich nie drum gekümmert haben, oder die schönen Hochbeete auf dem öffentlichen Platz von Graffiti statt Blumen geschmückt werden, kann einem die Lust am Grün für alle, die keinen eigenen Garten haben, sicher schnell vergehen.

Alles vergebliche Liebesmüh also mit dem demokratisierten Gemüse? In manchen Städten scheint es doch zu klappen. In Coburg, Bayern, kann man zunächst einen Garten mit Blumen und rotem Grünkohl bewundern, der aber hinter Gittern verschlossen liegt und nicht betreten werden kann. Kunststück also, dass der Kohl noch da ist?



Ohne Zaun stehen diese Kübel herum, gänzlich grafittifrei und ohne eine einzige Einwegflasche zwischen den Blumen:


 

Dahinter die Treppe hinauf gibt es aber schöne Hochbeete aus Cortenstahl, der immer vor Rost so schön errötet, während man selbst bei diesem edlen Hochbeet ganz blass vor Neid wird. Bepflanzt ist es mit Salbei, Erdbeeren, Ringelblumen, Zucchii, Kapuzinerkresse und Duftverbene als kleiner Lufterfrischer für zwischendurch.




 Dahinter steht noch ein ausgeklügelter Erdbeerturm.


Das alles wird betreut vom Grünflächenamt und kommt gut gewässert, aber ohne Grafitti oder Vermüllung daher. Was hat Coburg, das andere Städte nicht haben?

Auch nett ist der "Stinknormale Stadtgarten" in Rathenow, Brandenburg. Hier findet man ebenfalls keinen Stein des Anstoßes. Der Park, in dem der Gemüsegarten liegt, gehört zum ehemaligen Gelände der Bundesgartenschau 2015 in Rathenow und hat daher einen Zaun drum herum, der vielleicht auch nachts ganz geschlossen wird.

 

Hier gibt es eine gigantische Feuerbohne in einem Ziegelsteinbeet.

 


Obstspaliere von Apfel bis Kirsche rahmen die Beete kunstvoll ein. Ein Riegel Spalierobst zeigt sogar Herz. Was so akkurat gezogen wurde, stammt ganz sicher noch aus BUGA-Zeiten.






Ganz so stinknormal ist dieser Stadtgarten also doch nicht...

Wie ist es in eurer Stadt? Gibt es öffentliche Gemüsegärten und wenn ja, wie klappt es damit?

 


Samstag, 5. September 2020

10 Jahre Günstig Gärtnern!

Wer aufgepasst hat, wird es bemerkt haben: Das 10jährige Blog-Jubiläum von Günstig Gärtnern war eigentlich im April. Aber da war so viel anderes los, dass ich das Feiern irgendwie verpasst habe.

Das hier war übrigens der allererste Blogartikel:

Unkraut?

Nun also, Tusch, Fanfare, Applaus: Heute wird nachgefeiert! Wer hier schon 10 Jahre mitliest, hat sich eine Belohnung verdient. Und darum will ich gar keine große Rede halten oder eine Riesenfeier schmeißen, sondern einfach mal wieder eine Verlosung machen!

Hinterlasst bis zum 30.9. einen Kommentar hier und schreibt mir, welches Gartentier ihr am liebsten fördern möchtet. Und schon könnt ihr ein Exemplar von "Meise mag Melisse" gewinnen!


 

Der Rechtsweg ist ausgeschlossen. Ich bitte um Verständnis, dass ich nur nach Deutschland versende.