Wer möchte nicht mal etwas im Garten anpflanzen, was der Nachbar nicht hat? Zumindest, wenn nebenan auch jemand wohnt, der pflanzenaffin ist und nicht nur Schotter im Vorgarten züchtet, denn so jemanden wird man schon mit dem Stinkenden Storchschnabel übertrumpfen können. Nehmen wir aber mal an, im Nachbarhaus geht es zu wie in England und es wachsen dort die erlesensten Sorten und Arten. Was soll man dem noch entgegensetzen?
Versuchen wir es doch mal mit Parasiten. Das ist gar nicht so leicht, denn diese brauchen eine Wirtspflanze, ohne können sie nicht leben, da sie selbst kein Chlorophyll ausgebildet haben und voll auf Kosten der angezapften Pflanze leben.
Warum also nicht mal die Brennnessel mit der guten alten Nessel-Seide (Cuscuta europaea) bekämpfen? Das sieht dann so aus wie in der Horroshow, wenn die geisterhaft bleichen Triebe an der Nessel hochwachsen, mit ebenso blassen Blüten wie kleine Totenköpfe. Muss man dem Nachbarn dann aber auch erklären, was das sein soll. Nicht schön, aber selten ist sowas - sogar in der Natur, wo die Nessel-Seide hauptsächlich an Flüssen zu finden ist. Und das Tolle ist: Die Nessel-Seide kann auch andere wuchernde Pflanzen, wie Hopfen oder Zaun-Winde befallen. Vielleicht ist sie also ein extravaganter Weg der Unkrautbekämpfung im Garten?
Oder wie wäre es mit der Sommerwurz, Orobanche? Die sind sogar richtig hübsch, sehen aus wir erlesene Orchideen. Sie sind so selten, so selten, dass ich kein einziges Foto von ihnn habe. Ein bisschen Farbe haben sie auch, sind nicht nur bleich und blutarm. Die Efeu-Sommerwurz (Orobanche hederae) kann man auf freigelegten Efeuwurzeln aussäen und dann warten, ob was passiert. Und Efeu hat man ja meist irgendwo im Garten.
Hier eine amerikanische Art, die schon verblüht ist:
Wem das alles viel zu kompliziert ist, versucht es mit Semiparasiten. Die haben selber noch Chlorophyll, machen also auch noch ein bisschen was selbst. Wasser und Nährstoffe nehmen sie aber gern von der Wirtspflanze. Der bekannste Semiparasit ist die Mistel. Man kann versuchen, sie im ausgehenden Winter auf Obstbäume anzusiedeln. Meist scheitern aber alle Versuche, auch mir ist es noch nicht gelungen, selbst mit den potenten Münchner Misteln nicht. Mein Zierapfel hat einfach zu gute Abwehrkräfte.
Wer eine Blumenwiese hat, wird um wirklich wunderschöne Semiparasiten nicht herumkommen: Die Klappertöpfe, die sogar mit den Sommerwurzen verwandt sind. Der Große Klappertopf (Rhinanthus angustifolius) parasitiert an Gräsern und hält so die Blumenwiese für Blumen und sich selbst offen. Man sollte gar nicht erst versuchen, ihn auf einer Fettwiese auszusäen, dagegen kommt er nicht an. Auch ist es schwierig, genug frisches, keimfähiges Saatgut zu kaufen. Hat man ihn zum Blühen bekommen, muss man unbedingt mit dem Mähen warten, bis er sich versamt hat, denn die Pflanze ist nur einjährig. Hat man es mit der Mahd zu eilig, war es ein kurzes Gastspiel.
Der Augentrost ist ebenfalls wunderschön, aber eher auf Weiden ansässig und daher im Garten noch schwieriger anzubauen:
Noch weniger gut erhältlich als Klappertopfsamen sind Läusekräuter. Ebenfalls sehr schöne Blüher, die was hermachen, aber kaum im Handel zu bekommen sind.
Mit den Parasiten im Garten ist es also nicht einfach. Viel leichter ist es, andere Parasiten anzusiedeln: Warum statt Läusekraut also nicht einfach die gute alte Blattlaus? Das macht zwar keinen Eindruck beim Nachbarn, aber immerhin bekommt man die Gelegenheit, mal wieder für das biologische Gärtnern zu werben...