Samstag, 25. Juni 2022

Die Trotzigen

Das war ja ein Nervenkitzel! Das lange Fronleichnamswochenende wegfahren bei Hitze und Dürre und die Kübel mit dem jungen Gemüse alleine lassen? Jeder, der noch ganz bei Trost ist, hätte wenigstens für einen Gießdienst aus der Nachbarschaft gesorgt, aber ich bin ja immer aufgeschlossen für neue Erfahrungswerte - und eben nicht  ganz bei Trost. Es war dann auch wirklich heiß am Urlaubsort in Brandenburg, zuhause leider auch. Und so sitzt man an der Havel und fragt sich, ob die Tomaten schon raschelnd trocken geworden sind.

Am Sonntag dann das große Wiedersehen: Alles prima, keine Pflanze lechzte wirklich nach Wasser, einige fingen gerade erst an, sich zu beklagen, aber die Kübel mit Minze, Grünkohl und Tomaten standen wie eine Eins. Auch der Inhalt.

Das hier sind die Tricks, mit denen ich erfolgreich war, die Pflanzen von Donnerstag morgen bis Sonntag mittag ohne fremde Hilfe am Leben zu halten:

  • die Gemüsekübel sind sehr groß, haben also viel Substrat, das ist schon mal ein guter Anfang
  • gleich beim Pflanzen kamen Schafwollpellets mit ins Pflanzloch
  • die Terrassenstühle wurden als Schattenspender vor die Kübel gerückt. Das sah zwar aus wie die Reise nach Jerusalem, hat aber geholfen
  • Alle Kübel hingen an der Flasche und konnten wenigstens ein bisschen Wasser nachziehen - Selbstbedienung!
  • Am Tag zuvor hatte ich die Töpfe so voll laufen lassen, dass der Untersetzer komplett unter Wasser stand. So wird das Substrat einmal komplett gesättigt.
  • Der Durchschlag mit den Glockenblumen wurde in eine große, mit Wasser gefüllte Schüssel gestellt, damit er nasse Füße hat
  • Als letzte Amtshandlung morgens dann noch mal einen Abschiedsschluck oben drauf






Viola, hat funktioniert, was für ein Glück! Und das bei über 30 Grad!

 

In Brandenburg herrschte eine noch viel größere Dürre als bei uns zuhause, das war wirklich nichts für schwache Nerven. Die Gräser sahen aus wie im August, nur wenige Pflanzen blühten überhaupt noch. Auf den Sandböden helfen kleine Schauer zwischendurch auch nicht lange. Doch es gab tatsächlich viele heimische Pflanzen, die sich der Dürre nicht beugten und immer noch etwas für die Insekten boten. Hier standen diese dann auch Schlange, gab ja sonst nichts.

Der Gewöhnliche Natternkopf ist einer dieser Helden. 


Hier tummelten sich Dickkopffalter, Distelfalter, Kohlweißlinge und Bläulinge, dazu die Spalten-Wollbiene (Bilder unten) an der Gelben Resede genauso wie die Dünen-Pelzbiene am Natternkopf, beides sehr seltene Arten. Die Natternkopfmauerbiene war natürlich auch nicht weit.


Mauerpfeffer harrte tapfer aus in der Wiese, die Eselsdisteln überragten auch ohne Wasser alles, sogar am Hang. Johanniskraut, Schafgarbe und Ampfer hockten als letzte grüne Inseln in der Steppe.


 


Ich verstehe gar nicht, warum die Leute sich nicht einfach diese fantastischen Pflanzen in den Garten holen?

Jetzt hat es zum Glück endlich geregnet in Brandenburg, bei uns aber nicht genug, nur ein paar versprengte Schauer. Es ist leider wieder Zeit für den allabendlichen Regentanz. So gern ich auch Experimente mache, aber Wasser von oben ist mir doch am liebsten, da bin ich konservativ.

Samstag, 18. Juni 2022

Der Rasen-Rowdy

Normalerweise mag ich meinen Garten nicht mehr so, sobald der Juni anbricht. Dann wird er wuchernd, fordernd und ausufernd. Die Schneckenplage tut ihr Übriges dieses Jahr, um ihn noch weiter zu diskreditieren und zu sabotieren, was die Raspelzunge hergibt.

Dieses Jahr aber scheinen viele Pflanzen ein wenig später zu blühen, sodass meine Gartenliebe noch ein wenig in den Juni hinüber gerettet wird - bis Mitte des Monats gar, ist das zu fassen? Ein rosaroter Grund dafür ist der hier:





Der Fingerhut, der schon seit Jahren im Rasen wächst, freut mich gerade riesig. Und so sehr ich auch vor Kritikern, die lieber Rasen hätten anstelle dieses pinken Partycrashers, beteure, dass Digitalis purpurea zweijährig ist und bald absterben wird, lebt er immer weiter. Nächstes Jahr wird er aber ganz bestimmt nicht mehr da sein! Oder?

Der Methusalem-Fingerhut ist hell rosafarben, die Knospen weiß. Netterweise hat er viele Blütentriebe - und seit letztem Jahr sogar einen rosa Kumpel in haargenau derselben Farbe. Der steht im Beet, bekam im Frühjahr Kompost und ist deutlich imposanter als der Rasen-Rowdy.


Normalerweise finde ich Sämlinge ausschließlich im Rasen, den die Schnecken nur im Notfall betreten. Sobald ich aber so einen Winzling ins Beet setze, ist er am nächsten Morgen gefressen. Der große Fingerhut aber ist im Beet gekeimt und wurde nicht angerührt. Wie kommt das nur? Sind die umgepflanzten Sämlinge so geschädigt, dass die Schnecken ihnen liebend gern den Gnadenschuss geben? Manchmal versteht man  die Schleimer ja nicht.

Die Hummeln, allen voran die Gartenhummel, finden die Blütenrutschbahnen jedenfalls prima, die so ein Fingerhut bietet. 


Der Gefleckte Schmalbock guckt sich das Ganze lieber von außen an:

 

 

Das Innere der Blüten ist so rutschig, dass man sich wundert, wie die Hummel es schafft, entgegen der Schwerkraft Pollen zu sammeln. Und das muss sie ja unbedingt, damit ich auch im nächsten Jahr vielleicht neue Fingerhut-Sämlinge bekommen. Denn wer so langlebig ist, darf mir auch zukünftige Juni-Monate versüßen!

Samstag, 11. Juni 2022

Abschneiden oder dranlassen?

Es ist einer der vielen mysteriösen Mythen, über die man in der Gartenliteratur so stolpert: Man soll die Samenansätze von Tulpen und Narzissen bloß unverzüglich abschneiden, bevor die Zwiebelblume von dem Stress der Nachwuchsförderung völlig erschlafft am Boden liegt. Die Fortpflanzung darf ihnen auf gar keinen Fall erlaubt werden. Wobei Krokusse, Scillas und die anderen kleinen Blümchen aber völlige Narrenfreiheit haben. Und die verausgaben sich nicht, die vermehren sich wie wild. Nur den Großen unter den Blumenzwiebeln soll es bei Strafe verboten sein, Samen anzusetzen? Ausnahme: Zierlauch! Dessen Samenstände sehen ja ganz hübsch aus. Sollte hier der Hase im Pfeffer liegen, ist es am Ende die reine Optik?


Während man Zweijährige wie den Fingerhut auch tatsächlich durch Abschneiden der Samenstände davon überzeugen kann, noch ein weiteres Jahr im Garten zu bleiben, und noch eins und noch eins, hört man bei Stauden ansonsten ja nichts von derartigen Prozeduren, nur bei Tulpen und Narzissen wird dieses Kastrieren empfohlen. Dabei sind sie sowieso oft wahre Diven, die nicht in jedem Jahr blühen möchten, Samenbildung hin oder her.

Ich habe diese Plackerei auch brav jahrelang mitgemacht und bin mühsam mit der Schere hinter jeder Narzisse und Tulpe hergerannt. Dann habe ich es einfach mal gelassen und wollte mal sehen, ob dann die Welt untergeht. Narzissen können tatsächlich super Samen bilden, die richtig große Klunker sind. Die werde ich einfach mal aussäen, sie sollen Dunkel- und Kaltkeimer sein. Auch Zierlauch keimt erst im nächsten Frühjahr.



 


Bei den Tulpen ist es noch weniger ersichtlich, warum man sie abschneiden soll, denn meistens entsteht statt einer Samenkapsel etwas verschrumpelt rosinenartiges. Die meisten Blüten werden offenbar gar nicht erst bestäubt und die Pflanze lässt sie von sich aus verkümmern. Aber dann sah ich diese Tulpe, links zum Vergleich eine unverkennbar unbefruchtete:


 

Ein Kawenzmann von Samenkapsel! Hier erwarte ich ähnlich große Samen wie bei der Narzisse. Und die werden dann auch ausgesät, so! Anarchie im Garten!


Samstag, 4. Juni 2022

Pelzige Plage

Vögel füttern  - das ganze Jahr über - ist toll. Vor allem für die Vögel. Die Spatzen konnten so ihre Population vergrößern, die verlassen sich drauf, dass es in meinem Garten immer etwas zu spachteln gibt. Lästig ist lediglich diese eine verkorkste Kohlmeise, die nur jeden zehnten Sonnenblumenkern als akzeptabel betrachtet und neun auf den Boden wirft, obwohl kein Unterschied zu erkennen wäre, warum nur der eine Kern was taugt. Blaumeisen speisen viel manierlicher.

Plötzlich aber war der Futterspender abends noch reichlich gefüllt und morgens leer. Auch die irre Kohlmeise steht doch nicht mitten in der Nacht auf und holt sich was zu naschen?

Dabei hatten wir uns schon eine schöne schwebende Konstruktion ausgedacht, um Nager nachts vom Futter fernzuhalten: Das Futter schwebte über der Terrasse, aufgehängt an einer dünnen Schnur, gespannt zwischen Rosenbogen und dem Markisenkasten. Kein Nager wurde je wieder in flagranti am Futter erwischt.

Nun war ein anderes Tier im Rennen, das auch Schraubgläser mit Erdnussbutter für die Vögel aufbekommt. In dem Moment, wo ich morgens das leere Glas auf dem Rasen gefunden habe, war klar: Hier arbeitet jemand mit Intelligenz und kleinen Patschehändchen, die geschickt alles auffummeln können: Ein Waschbär.

Hier ist ein urbanisierter Stadtbär sogar mittags in einem Park unterwegs, so bunt hat es unser Pelztier aber noch nicht getrieben:

 


Aber wie schaffte es der pelzige Plagegeist an das Futter am Schnürchen? Fußspuren auf dem Terrassentisch verleiteten mich zu der irrigen Annahme, dass der Kerl springen kann. Also die Schnur noch höher aufgehängt und das eine Ende oben im Fenster befestigt. Morgens war der Spender wieder leer - eine Kamera musste her.

Und das kam dabei heraus:


 

Ist das nicht unfassbar? Spiderman bei Mission Impossible auf frischer Tat ertappt. Nicht umsonst haben Waschbären eine Verbrechermaske im Gesicht.

Nun bleibt das Futter nachts im Haus, basta. Die pelzige Plage hat das Nachsehen. Ich will den Waschbärbauch ja nicht noch mehr mästen mit dem teuren Vogelfutter. Er sucht natürlich noch:


 

"Eine Frage: Wäre es möglich, hier Essen zu bestellen, wenn's keine Umstände macht? Nee? Na gut, dann schau ich noch mal im Rosenbogen..."



Habt ihr auch Waschbären im Garten und eine wirksame Lösung gefunden, sie zu vertreiben oder wenigstens vom Vogelfutter fernzuhalten? Bewegungsmelder mit Flutlicht scheinen sie schon mal nicht zu mögen. Vorerst...