So, liebe Gemüseindustrie, lieber Bauernverband und sonstige mit der Agrarwirtschaft verschwägerte Leser, dieser Beitrag wird euch nicht gefallen. Denn er wird alles andere als verkaufsfördernd sein, aber zu meiner Verteidigung möchte ich ausdrücklich und ganz entschieden betonen: Es ist ein Notfall. Wirklich. Da der Grüne Daumen nämlich im Winter nichts zum Austoben hat, muss er stattdessen mit dem Essen spielen. Aber nur in bester Absicht und nicht verschwenderisch. Im Gegenteil.
Wir wollen nämlich aus gebrauchten Frühlingszwiebeln neue machen. Geht ganz leicht: Alles, was man dazu braucht, sind - nicht ganz überraschend - Frühlingszwiebeln und ein bisschen Wasser. Hat man aus den grünen Bestandteilen einen leckeren Quark oder ein wahnsinnig gutes Wok-Gericht zubereitet, bleibt sehr viel Zwiebel übrig - dieser weiße, schlanke Teil mit Wurzeln dran. Den kann man einfach in eine Vase stellen, ein paar Wochen warten - und schon gibt es neues Grün frei Haus! Gerade zu dieser Jahreszeit, wo das schlanke Gemüse von weit her kommt, macht es besonders viel Sinn, es noch mal wiederzubeleben.
Damit das gelingt, sollte man so kurz vor dem weißen Wurzelbereich aufhören mit dem Schneiden, so dass ein grüner Blattansatz übrig bleibt.
Nachgewachsen - man kann den Schnittpunkt noch erkennen |
Dann hat die Zwiebel genug Kraft, um mit ihren gespeicherten Reserven noch einmal neues leckere Laub zu produzieren. Wenn die Temperaturen und die Jahreszeit es erlauben, können die Pflanzen alternativ auch in den Garten gepflanzt werden an einen sonnigen Platz. Dort wachsen sie sich bei guten Bedingungen noch zu einer schönen neuen Zwiebel aus, vielleicht sogar mit Blüte im nächsten Jahr.
Aber auch in der Vase auf der Fensterbank bekommt man mindestens noch eine neue Ernte hin, bis die Pflanzen dann langsam mal in Erde gesteckt werden möchten, denn ein so hoher Wasserstand ist auf Dauer nicht ihre Sache. Vielleicht machen sie eingetopft sogar als äußerst nützliche Zimmerpflanze eine gute Figur?
Dieser Art der Beschäftigungstherapie für gelangweilte Grüne Daumen eignet sich insbesondere, wenn man
- konventionelle Frühlingszwiebeln zu Bioware aufbrezeln möchte
- hoffnungslos eingeschneit ist und nicht zum Gemüsehändler kommt
- nie weiß, wann der nächste Heißhunger auf Frühlingsquark sich meldet
- gerade keine dekorativen Zimmerpflanzen oder Schnittblumen zur Hand hat
Ganz und gar nicht geeignet ist diese Methode für Menschen, die lieber das weiße untere Ende der Frühlingszwiebel mögen, denn das wächst leider überhaupt nicht nach, wenn man die Blätter allein ins Wasserbad stellt. Auch muss man sich keiner Illusion hingeben, dass die lustig bunten Gummibänder nachwachsen, von denen die Strünke so verkaufsfördernd zusammengehalten werden...
Aber ansonsten ist der zweite Frühling der Frühlingszwiebel eine tolle Beschäftigung für dunkle Wintermonate, die einem wieder mal Ehrfurcht-heischend beweist, wie viel Kraft doch in jedem noch so dünnen pflanzlichen Speicherorgan steckt. Hoch lebe Allium fistulosum!