Vom Sofa aus die gefiederten Gartenbewohner zu beobachten ist einfach die beste Winter-Unterhaltung.
Für eine zünftige Vogel-Olympiade braucht es allerdings ein bisschen mehr als nur einen schnöden Meisenknödel. Da wird zwar auch schön dran gebaumelt und geturnt, aber nicht alle Vögel sind so artistisch begnadet.
Die Amseln in der Disziplin Schnabelweitaufsperren am Zierapfel zu beobachten ist genauso vergnüglich wie Hochsprung an den Hagebutten oder Laub-Weitwurf beim Würmersuchen.
Zierapfel (Golden Hornet) vor dem Frost und damit amseluntauglich
Amsel am Zierapfel (Golden Hornet) - nach dem Frost als braune Matsche schmeckt's dann auch
Für die Frühbucher unter den Zugvögeln sind Holunder oder Felsenbirne ein echter Renner - sie reifen so früh, dass sie als Wegzehrung für die Mönchsgrasmücken dienen.
Gimpel und Rotkehlchen üben sich gern im Klettern am Waldgeißblatt. Die roten Beeren zu erhaschen ist gar nicht so einfach - die langen Ranken biegen sich schnell unter dem Gewicht eines dicken Dompfaffs. Das leichtere Rotkehlchen schnappt die Früchte am liebsten im gekonnten Schwirrflug.
Wildrosen stehen ganz oben auf der Speisekarte:
Mit Kartoffelrosen kann man Grünlinge locken. Die winzigen Hagebutten der Büschelrose (Rosa multiflora) schmecken besonders vielen Vögeln. Selbst die korpulenten Amseln ernten sie entweder im Sprung vom Boden aus oder in waghalsigen Balancierakten an den dünnen Rispen.
Rosa multiflora
Hagebutten von Bodendeckerrosen nehmen sie aber ebenso gern.
Wilder Wein, Rotdorn, Efeu und Cotoneaster sind ebenfalls ein gutes Lockmittel.
Cotoneaster
Efeu
Erst wenn die ganzen Leckereien schon weggefressen sind, nimmt die Amsel zur Not auch von den Purpurbeeren Kenntnis, aber man hat den Eindruck, dass sie das äußerst widerwillig zu sich nimmt.
Purpurbeere ( Symphoricarpos purpurea)
Wenn es ihnen schmeckt, bedanken sich die Vögel auf ihre Art: Als fliegende Gärtner beglücken sie uns mit etlichen Rosensämlingen, Holunderschößlingen oder Waldgeißblatt-Babies.
Manchmal sind sogar echte Überraschungen dabei - bei mir haben die Vögel bereits erfolgeich einen Hartriegelstrauch gepflanzt und als besondere Entdeckung einen Runzelblättrigen Schneeball (Viburnum rhytidophyllum).
Und wer einmal versucht hat, Wildrosen oder überhaupt Rosen selbst aus Samen heranzuziehen, weiß diese Dienste sehr zu schätzen. Um die hartnäckige Keimruhe zu brechen braucht es nämlich einen lauten Weckruf und die beste Überzeugungskraft haben Mietmägen, am besten fliegende. Ohne diese Hilfe kann man an der Rosenvermehrung über Samen schon mal verzweifeln.
Wir müssen nur noch die neuen Pflanzen finden, ausgraben und an eine passende Stelle setzen - oder weiterverschenken (zur Not an den Kompost, wenn sich kein anderer Abnehmer finden lässt).
Bei manchen Rosensämlingen bin ich mir so gar nicht sicher, ob das tatsächlich wilde sind: Sieht dieses Exemplar nicht eher aus wie eine "Edel"-Rose?
(Eigentlich wollte ich auch einen ganz anderen Sämling zeigen, aber nun hat er kein Laub mehr, Sternrußtau sei Dank. Also, Pilzkrankheiten hat die neue Rose schon mal wie eine große - noch ein Merkmal, dass auf eine Edelrose hindeuten könnte.)
Da die Vögel auch die dicken Kletterrosen-Hagebutten nicht verschmähen, wenn nichts anderes mehr zur Hand ist, kann ich mir gut vorstellen, dass sie hier eine neue Rosenzüchtung kreiert haben - in Zusammenarbeit mit den Hummeln und Bienen natürlich.
Ich werde die neue Rose auf jeden Fall gut im Auge behalten - wer weiß, was daraus wird - vielleicht die blaueste Rose der Welt oder die erste Rose, die schon im Januar blüht? Oder eine, die man schon aus zehn Metern Entfernung riechen kann (ein Wohlgeruch soll es natürlich sein)?
Man wird doch noch träumen dürfen...
Wenn man nicht schon im Herbst die Staudenbeete abräumt, bekommt man noch mehr Gelegenheiten, Vögel beim Geräteturnen zu beobachten:
Folgende Staudensamen habe ich schon mit eigenen Augen in Vogelmägen wandern sehen:
- Oregano
- Verbena bonariensis (Birkenzeisig!)
- Zitronenmelisse
- Braunelle
- Fette Henne
- Hohlzahn
- Heil-Ziest
- Echtes Herzgespann
- Wermut
- Johanniskraut
- Kronen-Lichtnelke
- Phlox
- Malven (Meisen)
- Samen von Clematis alpina (Meisen)
- Beeren der weiblichen Zweihäusigen Zaunrübe (Sumpfmeise)
Das Ganze geschieht natürlich nicht ganz selbstlos, denn ein schöneres Wintervergnügen als die Vogelwelt zu Gast am kalten Gartenbuffet zu haben, kann man sich kaum vorstellen. Noch ist Zeit zum Vogelfutter Pflanzen.