Samstag, 10. April 2021

Die fliegenden Teddybären

Bei blauem Himmel kann man im Frühjahr braune Wollknäuel über sich schweben sehen. Ist es ein Vogel, ist es ein Flugzeug oder gar eine bemannte Drohne? Nein, es ist eines der enzückendsten Insekten überhaupt, das da wie ein fliegender Teddybär so festgetackert in der Luft schwebt. Kuschlig wie eine Biene, ist dieses Pelztier doch aus der Nähe betrachtet als Fliege zu erkennen: Der Große Wollschweber (Bombylius major), auch Hummelschweber genannt, hat wie bei Dipteren üblich zwei Flügel, die man nur aber erkennt, wenn das hektische Insekt auch mal stillsitzt, sonst sieht man nur zwei verschwommene Wirbel. Typisch sind die dunkel gefärbten Partien auf den Flügeln.

 


Setzen tut sich der wuschelige Wirbelwind zum Sonnenbaden oder ausnahmsweise auch mal beim Blütenbesuch - der gefährlich lange Rüssel, der so nach Stechmücke aussieht, ist in Wahrheit ein harmloser Strohhalm, mit dem die dicke Fliege aus tiefen Blüten trinkt, stechen kann sie damit nicht. Die wuseligen Stofftiere sind also nicht nur unfassbar niedlich, sondern auch noch sehr gute Bestäuber.





Die Fliege im Pelzmantel ist für Bienen allerdings weniger lustig, denn die Tiere werfen ihre Eier in Bienennester, wo die Larven die Bienenbrut verspeisen. Das tun sie vor allem in Sandbienennestern. Damit das Ei auch in die Brutröhre der Biene gelangt, wird es irgendwie in die Nähe des Nesteingangs geschmissen, denn die Wollschweber sind keine besonders akkuraten Kunstflieger, da geht das Ei auch gern mal daneben. Die Larven bewegen sich zum Glück aktiv auf die Bienenlarve zu, da muss man nicht ganz so genau sein. Damit das Zielen einfacher wird, beschweren die Hummelschweberweibchen die Eier mit Sandkörnern oder Erdpartikeln. Dazu schubbern sie ihren Fellhintern über die Erde wie ein kleiner Staubsauger, um Ballast aufzusammeln. Die Eier passieren bei der Eiablage diese Erdschicht. Das Verhalten kann man an unbewachsenen Bodenstellen oft beobachten.

Eine in Nordamerika heimische Art, Bombylius varius, hat einen schneeweißen Pelzpopo, der sicher beim Erdeschubbern schnell schmuddelig wird.

Seltener als der Große ist der Gefleckte Wollschweber (Bombylius discolor). Er zeichnet sich durch hübsch gepunktete Flügel aus. 

Bombylius discolor


Dieser Teddybär parasitiert in den Nestern der Weiden-Sandbiene (Andrena vaga). 

Andrena vaga

 

Andrena vaga


Die diese große Kolonien gründet, kann man hier auch leicht die Exuvien (leere Larven-Hüllen nach dem Schlupf der Fliege) finden. Auch die Puppen sieht man hier leicht, wenn die Bienen sie einfach mit ausgraben bei ihrem in diesem Fall wenig sozialen Wohnungsbau.

Exuvie von Bombylius discolor


Vermutlich kann so eine frei gelegte Puppe nicht mehr schlüpfen, denn sie weist am Rücken dicke Borsten auf, mit denen sie sich in der Erde verankert. Ohne dieses Widerlager gelingt der unfallfreie Schlupf wahrscheinlich nicht und sie ist Vogelfutter. Die Biene wird's freuen, hat sie so doch aus Versehen bei ihren Erdarbeiten den Feind aus ihrem Umfeld entfernt. 

Puppe von Bombylius discolor, Rücken


Puppe von Bombylius discolor vor einem Nesteingang der Sandbiene, man erkennt hier schon den langen Rüssel

Ein Wolf im Schafspelz also? Man kann einem Bombylius nicht ernsthaft böse sein, denn die Tiere werden nie den Bestand der Wildbienen schädigen. Und so darf man sich ruhig ungeniert freuen über diese harmlosen, hübschen Wollknäuel mit dem langen Rüssel und den beeindruckenden Flugmanövern.

8 Kommentare:

  1. Oh Oh Elke, du bist aber mutig. In aller Öffentlichkeit über etwas schwärmen, das Wildbienen schädigt.... Da könntest du auch gleich über Schottergärten berichten...
    Dieses Fliegtier habe ich wissentlich noch nicht gesehen im Garten, aber ich werde die Augen offen halten. Gestern am ersten wärmeren Tag waren erst mal die HUmeln wieder aktiv. Die Winterheckenkirsche brummte, als würde sie jeden Moment selbst abheben, so viele Hummeln waren da drin.
    Liebe Grüße, der Achim

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    1. *lach* Das dachte ich mir auch gerade!

      ... Ich mag die kleinen Wollknäuel auch sehr gerne. Wobei ich über ihr Werden und Sein noch nicht viel wusste, da hast du mich jetzt echt weiter gebracht. Außerdem sind die Fotos schon beinahe snesationell. Mir gelingen immer nur Fotos von Wollschwebern im Flug, die eher durch ihr Bewegungsmoment bestechen - sprich, sie sind verwackelt.
      LG
      Centi

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  2. Hallo Elke,
    diesen Hummelschwärmer haben wir auch im Garten...schön, dass du ihn hier vorstellst. So tolle Bilder sind uns aber noch nicht gelungen.
    Hab ein feines Wochenende - lieben Gruß, Marita

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  3. Das sind tolle Fotos! Die ersten paar Mal habe ich nur etwas Großes um die Blüten brummen gesehen, die halten ja nie still.

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  4. Liebe Elke,
    das ist ein sehr lehrreicher Bericht über den " Teddy". Bei meiner ersten Begegnung war ich ganz verwirrt, was brummt denn da so laut, dachte ich und erwartete einen Riesenflieger, dann sah ich dieseen Winzling und war total überrascht. Inzwischen habe ich auch schon verschiedene Exemplare gesehen und z. T. auch festgehalten. Über ihr Schmarotzerleben, sich der Aufzucht es Nachwuchses zu entledigen, wußte ich bislang nichts. Ist irgendwie faszinierend aber gemein. So ist eben die Natur, wenn man sie in Ruhe lässt,sorgt sie für das richtige Gleichgewicht.
    Liebe Grüße
    Edith

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  5. Ich finde auch liebe Elke, dass Dir da mit diesen sehr unruhigen "Fliegern" großartige Fotos gelungen sind. Und gelernt habe ich auch wieder etwas, lach. Der Name "Kuckucksbiene" ist ja vergeben im Tierreich (wusste ich auch lange nicht, dass 25 % der Wildbienen parasitär sind). Aber Wollschweber klingt doch viel teddymäßiger als Kuckucksfliege, lach. Vielen Dank für den spannenden Bio-Unterricht. Wünsche Dir eine gute neue Woche. Wurzerl

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  6. Your photos are impressive and so interesting to learn more about these small creatures.

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  7. Hallo Elke,
    ein lustiger Geselle den Du uns da vorstellst, zumindest optisch! Die kleinen Wesen sind so schnell unterwegs, das man sie kaum verfolgen kann. Ich versuche des öfteren Nahaufnahmen von diversen Flugobjekten zu schießen, doch oftmals vergebens. Deswegen Kompliment das Du es immer wieder schaffst diese flauschigen Flieger im Bild festzuhalten. LG...Stephanie

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