Samstag, 21. September 2024

Blau wie das Meer

Er wächst im Niemandsland zwischen Meer und Festland und kann sich daher nicht entscheiden, ob er blau wie das Meer oder blau wie der Himmel sein möchte: Der Meerkohl (Crambe maritima). Er ist bei uns einzigartig, was sich schon im Gattungsnamen ausdrückt, denn er gehört nicht zu den anderen Kohlvertretern namens Brassica.


An der Ostsee zwischen Kiel und Flensburg wächst er ganz besonders häufig, sogar in Pflasterfugen, wo der Deich befestigt wurde. Seine Blätter sind von diesem unglaublichen Blau und noch dazu zäh wie Leder, fast schon sukkulent. Und diese robuste Konstitution braucht er dringend, denn er muss auch mal der Brandung und vor allem dem oft ruppigen Wind standhalten.

Seine Samenkapseln sind harte Kugeln, die so einiges aushalten. Jetzt im September war er schon verblüht.

Was auffällt: An der Ostsee sah ich deutlich mehr Große Kohlweißlinge fliegen als bei uns. Diese Art ist wegen ihrer gregären Lebensweise, bei der das Weibchen ein großes Eicluster an eine Pflanze legt, seltener als der Kleine Kohlweißling oder der Grünaderweißling, die einzelne Eier ablegen. Sie kommen daher auch mit mickrigen Appetithäppchen von Pflanze aus wie einem zu klein geratenen Grünkohl. Der Große aber braucht schon eine gestandene Pflanze.


Leider war der Urlaub vorbei, bevor ich herausfinden konnte, welchen Schaden die Raupen am Meerkohl anrichten können. Juckt es ihn überhaupt? Die dicken Blätter erlauben vielleicht mehr Fraßschaden als bei gewöhnlichem Kohl. Jedenfalls kann ich mir gut vorstellen, dass die Art danke des Meerkohls an der Ostsee so oft zu beobachten war, immerhin wächst er pestizidfrei heran und niemand sammelt die Raupen ab.








Meerkohl ist auch für uns essbar, nicht nur für Kohlweißlinge. Man sollte ihn aber wild nicht sammeln, da er ständig in Bedrängnis ist durch Urlauber, die in den Dünen herumlaufen oder -liegen, und das Verbauen oder Ummodellieren von Strandabschnitten. Ein Überwuchern durch Kartoffel-Rosen kann ebenso ein Problem sein. Auch Sturmfluten setzen ihm zu, die durch den Klimawandel häufiger werden. Alles in allem sind Kohlweißlinge wohl sein geringstes Problem.


Man kann ihn aber auch im Garten anbauen. Er braucht unbedingt viel Platz um sich herum und volle Sonne, wie er es am Strand vorfinden würde. Er ist eben doch ein sonnenverwöhnter Ostseeurlauber.

Im Botanischen Garten in Frankfurt am Main kann man ihn in eine Dünenlandschaft integriert sehen. Trockenheitsverträglich ist er definitiv.

Ein Tipp also für den wilden, essbaren Garten.

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