Mittwoch, 12. Dezember 2012

Pack den Tiger in den Garten!

Wer wie ich als Kind gebannt vor der Zeichentrickserie "Biene Maja" gesessen hat, der erinnert sich sicher noch an den dicken Willi, den Drohn mit der lustigen Stimme, der mit Maja die Schulbank gedrückt hat. Später erst lernte ich, dass das biologisch eventuell nicht ganz korrekt ist, denn was die männlichen Honigbienen so beigebracht bekommen, beschränkt sich eher auf: "Da ist der Ausgang! Schönes Leben noch!".
Dann dürfen sie zwar mit ein bisschen Glück noch die Königin heiraten, aber ins Familienalbum kommen sie damit am Ende auch nicht. Kurz ist ihr Leben - von royalem Pomp, Ruhm und Ehre keine Spur. Noch nicht mal einen Stachel haben sie, um damit zu bestechen oder einfach nur zur Selbstverteidigung.

Ich möchte nicht respektlos erscheinen, aber ich denke, das Leben der Drohnen der Honigbiene ist nur so mittelaufregend. Geradezu glamourös geht es dagegen bei den wilden Wollbienen zu, bei denen die Männchen größer und dominanter sind als die Weibchen und dabei relativ langlebig. Die Drohnen dieser tigerartig gestreiften Wildbiene sind die ganz großen Helden und echte Draufgänger!

Wer also statt des gemütlichen Honigbienenschleckens packende Verfolgungsjagden, Sex and Crime und ganz viel Action in seinem Garten sehen möchte, aber vor der Haltung von Großwild inklusive Tigern zurückschreckt, dem sie das Anlocken der Großen Wollbiene (Anthidium manicatum) ans Herz gelegt. Im Sommer braucht man dann keinen Fernseher mehr, denn spannender als "Biene Maja" ist das Beobachten allemal.

Mit den Waffen eines Mannes (Mitte)



In Wild-West-Manier überfallen sie unschuldige Blütenbesucher und verteidigen gleich einen ganzen Harem aus mehreren Weibchen inklusive deren Futterpflanzen. Kurz: Mit Drohne Willi haben sie in etwa soviel gemein wie ein Kampfhubschrauber mit einem Heißluftballon.

Sogar bewaffnet ist das Männchen bei dieser Art - nicht bis an die Zähne, aber mit gefährlichen Dornen und Spitzen am Hinterleibsende. Damit sollen sie dank einiger Nahkampferfahrung in der Lage sein, andere Insekten flugunfähig zu kratzen, denn bei Konkurrenz an den Futterpflanzen verstehen sie keinen Spaß, schließlich sind sie nicht die Wohlfahrt. Für Menschen allerdings sind diese Piekser keine Gefahr - der Drohn interessiert sich noch nicht mal für so große Wesen wie uns.

Man sollte sich also ruhig einmal mit einer Tüte Popcorn bewaffnet in ein Wollbienen-Revier setzen, es lohnt sich: Bei ihren Aktivitäten zuzuschauen ist in jedem Fall unterhaltsamer als Tatort oder Verbotene Liebe.
Auch das Paarungsverhalten der Wollbiene ist nichts für schwache Nerven: Immer wieder patroulliert der viel größere Drohn um die Blüten herum, schwebt ein bisschen auf der Stelle, wenn er ein Weibchen entdeckt hat, um sich dann pfeilschnell und überfallartig die Auserwählte zu schnappen für ein kleines Techtelmechtel.

Szenen einer Ehe

Bei soviel Aufregung im Bienenrevier ist dann auch schnell die Luft raus und Mister Macho braucht eine Verschnaufpause, vorzugsweise in der Sonne.

Wer die wilden Kerle also in seinem Garten zu Gast haben möchte, der muss nur die passenden Futterpflanzen anbieten. Die Wollbienen erscheinen dann plötzlich aus dem Nichts, obwohl man sie in der näheren Umgebung vorher nie gesehen hat. Da die Weibchen ihre im Boden oder in Spalten liegenden Niströhren mit Pflanzenwolle auskleiden, brauchen sie stark behaarte Pflanzen wie Woll-Ziest (Stachys byzanthina), Strohblume (Helichrysum), Kronen-Lichtnelke (Lychnis coronaria) oder Deutschen Ziest (Stachys germanica).

Wald-Ziest (Stachys sylvatica)


Das allerbeste Lockmittel mit dem Prädikat "Wollbienes Liebling" ist das Herzgespann (Leonurus) - eine große Staude mit brennnesselähnlichen Blättern und kleinen Lippenblüten, die unermüdlich blüht. Ziestarten wie der auch zur Nistmaterialgewinnung benutzte Woll-Ziest, oder auch Heilziest und Wald-Ziest, sind andere passende Pflanzen. Sogar an Purpur-Leinkraut (Linaria purpurea) und Salbei (Salvia officinalis) konnte ich die Tiere schon beobachten.

Wer findet das Weibchen auf dem Bild in der Mitte?
Zum Glück sind diese Pflanzen nicht teuer, lassen sich leicht durch Ausläufer vermehren (Woll-Ziest, Wald-Ziest) oder aus Samen gewinnen (Heil-Ziest, Herzgespann, Kronen-Lichtnelke, Strohblume). Allen ist gemeinsam, dass sie nicht viel vom Leben erwarten, und weder viel Pflege noch viel Wasser brauchen. Nur genug Sonne soll es sein. Das finden die Bienen aber auch. 

Weibchen an Leinkraut




Den haarigen Woll-Ziest kann man sicher von irgendeinem Nachbarn bekommen, denn er wuchert sehr stark. Man muss nur darauf achten, eine wirklich blühfreudige Sorte zu erhaschen und nicht die allgegenwärtige, aber blühfaule "Silver Carpet", denn die ist nur der halbe Spaß, auch für die Bienen.

Für schnelle Erfolge sollte man noch unbedingt das Herzgespann auftreiben, dann lassen sich die Wollbienen schnell blicken und der Garten bekommt das Flair der Serengeti. Wenn auch nur im Kleinen.

17 Kommentare:

  1. Wunderbarer Ausflug in die Welt der Bienen...na da wollen wir doch im nächsten Jahr mal versuchen, die Wollbiene anzusiedeln...LG Lotta.

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  2. Da habe ich wieder einmal viel gelernt. Da ich die genannten Pflanzen fast alle im Garten habe denke ich, dass es in meinem Garten vielleicht schon Wollbienen gibt. Angeregt durch Deinen Post werde ich im nächsten Sommer mal genauer hinsehen.
    Liebe Grüße von Marie

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  3. So, etwas spät bzw. früh bin ich gekommen, aber das muss heute noch sein. Ach Elke, sehr süß hast du das wieder beschrieben. Ich sehe, auch auf diesem Gebiet bist du ein echter Profi. Aber ich kann auch punkten, denn Herzgespann wächst in meinem Garten auch. Habe ich geklaut auf einem Acker. Und die wächst wirklich gnaden- äh, wollte sagen anspruchslos in jedem Blumentopf. Die mögen die Hummeln auch. Dass die Wollbienendrohnen so unterschiedlich aussehen, wusste ich noch nicht. Vielleicht habe ich die Kämpfchen am Blütenkelch missinterpretiert und das war nur Macho-Anmache? Wer weiß, nächstes Jahr werde ich genauer hinschauen. Deine Fotos sind ja wieder spitze. Das schaffe ich leider nicht, so Kleingetier scharf und schnell auf die Platte zu bannen.
    Liebe Grüße, Johanna

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  4. Sex and Crime *kicher* ich höre immer nur summen!
    Werde nächsten Sommer GANZ GENAU hinhören....*lach*
    Lg Carmen

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  5. Schon wieder was dazugelernt, danke! Wahrscheinlich hab ich diese wilden Kerle schon im Garten, die passenden Pflanzen auf jeden Fall. Aber da man ja nicht sieht, was man nicht kennt.... Und deine Bilder sind großes Kino!!

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  6. Hallo Elke,
    werde mir dann meine Ziestpflanzen und Lichtnelken im nächsten Jahr mal öfter ansehen anstatt jeden Sonntag den Tatort zu gucken!!!! :) :)
    Danke für den tollen Post!
    Dir noch ein schönes Adventswochenende
    Dagmar

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  7. Danke Elke
    Danhalte ich im Sommer mal Ausschau nach den Wollbienen. Ich muss ehrlich sagen bisher war für mich Biene gleich Biene...
    Grüess Pascale

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  8. Was du alles weißt - und gleich Drohne von hinten!
    Ich guck aber doch lieber Tatort,bzw. NAVI CIS, die Bienen sind ja am nächsten Tag auch noch da!

    Sigrun

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  9. Liebe Elke,
    Das ist wieder so interessant!
    Ich werde mal drauf achten, ob ich auch solche
    Bienchen habe. Zwei drei Pflanzen wachsen bei mir auch :-)
    Ganz viele liebe Adventsgrüße Urte

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  10. Hallöchen liebe Elke.
    Habe wieder was gelernt was Bienen anbetrifft.Schon ein interessantes Völkchen.Wollbienen habe ich noch nie gehört.Aber nur die Elke fragen die weiß vieles von Pflanzen und Tierchen.
    Deine Fotos sind klasse.
    Genau Elke man kann die Herzen umgestalten im Sommer gibt es dann Rosenbildchen.HIHI.Praktisch muss es auch sein -------nicht immer neues.HIHI.
    Schöne Adventszeit mit Gemütlichkeit.Liebe GRüße Jana.

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  11. wieder ein seeeehr interessanter Beitrag Elke!
    Da könnte ich doch glatt den Bienen zuliebe noch einen Stachys in den Garten holen - oder das Herzgespann (allein schon wegen des Namens).
    Viele Grüße von Renate

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  12. So wie du die Wollbienen beschreibst hat man nur noch den Wunsch....selbst welche im Garten zu beherbergen!
    Ich habe wie immer mit Genus deinen Beitrag gelesen und wieder vieles gelernt!...Dankeschön, Elke!
    Herzlichst Zaunwinde

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  13. Haha, dann darf ich mich wohl im nächsten Jahr auch auf diese spannenden summenden Pelzträger freuen, denn ich hab zwei Sorten Ziest im neuen Garten (Wollziest und Rosa Ziest).
    Ein tolles Tierportrait hast Du hier verfasst, liebe Elke - interessant und witzig. Typisch, aber mal wieder - kaum haben die Männchen irgendwo die Oberhand, geht's rabiat zu ;o).

    Herzliche Grüße und ein schönes 3. Adventswochenende,
    Iris

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  14. Hoi Elke
    Wow, wieder so spannend geschrieben. Und ich gesteh's... so genau hingeschaut habe ich noch nicht und ich bin nicht sicher, ob ich den Unterschied erkannt hätte von einer Biene zur Wollbiene... nicht zu Willi, den hätte ich bestimmt erkannt. Sass nämlich damals auch vor der Kiste :o)... und erinnere mich jetzt gerade wieder an seine lustige Stimme.
    Sehe gerade, dass Du auch das italienische Leinkraut im Garten hast. Das ist toll gell? Wandert von ganz alleine im Garten rum und lässt sich nieder, wo es ihm gerade gefällt.
    Hab einen schönen 3. Advent.
    En liebe Gruess
    Alex

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  15. Liebe Elke
    Ich gestehe, ich hab noch nie was von Wollbienen gehört! Und wieder einmal mehr bin ich beeindruckt davon, was du uns darüber zu berichten weisst und natürlich wieder einmal in der unverkennbaren Elke-Manier! Spannend, echt.
    Ich wünsch dir einen richtig schönen 3. Advent und schick dir einen herzlichen Gruss
    Ida

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  16. Ein sehr informativer Post. Im alten Garten habe ich auch mal ein leere Bienenwabe gefunden, die von fremden Bienen ausgeraubt wurde. Es ist schon sehr interessant diese Insekten genauer zu beobachten.

    lg kathrin

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  17. ... der wollige Fingerhut (digitalis lanata) lockt die wollbiene ebenfalls.
    seine blüten sind sogar beliebte schlafplätze.

    schöne grüsse
    kurt

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